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„So, wie der Sicherheitsrat in den beiden Jahren agiert hat, ist er allenfalls noch bedingt handlungsfähig“
Außenminister Heiko Maas im Interview mit der dpa zur Bilanz der zweijährigen deutschen Mitgliedschaft im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen
Frage: Im UN-Sicherheitsrat hat Deutschland einige Projekte angeschoben. Gleichzeitig waren die beiden Jahre von der gegenseitigen Blockade der ständigen Mitglieder geprägt. Ist das Gremium der derzeitigen Weltlage überhaupt noch gewachsen?
Heiko Maas: So, wie der Sicherheitsrat in den beiden Jahren agiert hat, ist er allenfalls noch bedingt handlungsfähig. Das hängt damit zusammen, dass die Zusammenarbeit insbesondere zwischen den USA, Russland und China nicht funktioniert hat. Es war schwierig und teilweise auch ernüchternd im Sicherheitsrat in den letzten beiden Jahren. Dabei wird dieses Gremium gerade heute dringend gebraucht. Immerhin gibt es Hoffnung, dass mit der neuen amerikanischen Führung die Vereinigten Staaten auch ihre internationale Rolle anders wahrnehmen oder sie überhaupt wieder wahrnehmen.
Frage: Glauben Sie denn, dass es damit vielleicht auch eine neue Chance geben könnte, bei der Reform des Sicherheitsrats endlich weiterzukommen?
Maas: Das hoffen wir sehr. Jetzt tritt ein amerikanischer Präsident an, der die internationale Zusammenarbeit hervorhebt, der wieder zurück will ins Pariser Klimaabkommen, der wieder zurück will in die Weltgesundheitsorganisation und uns hoffen lässt, dass er auch wieder zurückkommt ins Atomabkommen mit dem Iran. Das ist eine ganz andere Strategie in der Außen- und Sicherheitspolitik. Damit könnte eine neue Grundlage dafür entstehen, die Reform des Sicherheitsrates oder die Reform der Vereinten Nationen insgesamt wieder ernsthaft und zielgerichtet zu diskutieren. Es liegt aber auch nicht nur an den Vereinigten Staaten. Bisher haben Russland und China alles blockiert, was von Generalsekretär Guterres vorgelegt worden ist. Aber ich glaube, wenn diejenigen, die den Reformbedarf erkennen, wieder zusammenspielen, wird es auch wieder Chancen auf Ergebnisse geben.
Frage: Deutschland wird sich in sechs Jahren wieder für einen der rotierenden Sitze im Sicherheitsrat bewerben. Können Sie sich denn vorstellen, dass sich bis dann etwas getan hat?
Maas: Wünschen würde ich mir, dass wir dann gar nicht mehr zu dieser Wahl antreten müssten, sondern dass wir bis dahin permanentes Mitglied im Sicherheitsrat sind. Aber Prognosen sind in dieser Frage aufgrund des derzeitigen Stillstands schwer. Die Notwendigkeit einer Reform des Sicherheitsrates und der Vollversammlung ist allerdings so offensichtlich, dass ich doch schwer hoffe, dass zum Zeitpunkt der nächsten deutschen Mitgliedschaft im Sicherheitsrat ein Teil der Reformprozesse nicht nur abgesegnet sein wird, sondern auch schon umgesetzt ist.
Frage: Ist das Projekt eines gemeinsamen europäischen Sitzes im Sicherheitsrat mit dem Austritt Großbritanniens aus der EU eigentlich gestorben?
Das Projekt ist nach wie vor richtig und deswegen werden wir es auch weiter verfolgen. Aber da wir uns nicht darauf verlassen können, dass das in absehbarer Zukunft umgesetzt werden kann, wird ein eigener deutscher Sitz im Sicherheitsrat unser vordringliches Ziel bleiben.
Interview: Michael Fischer