Willkommen auf den Seiten des Auswärtigen Amts

„Amerika ist mehr als das Weiße Haus.“

02.10.2018 - Interview

Außenminister Heiko Maas im Interview mit Spiegel Online.

Herr Minister, Sie reisen diese Woche in die USA, treffen Ihren Amtskollegen. Wie steht es nach knapp zwei Jahren Donald Trump um die deutsch-amerikanischen Beziehungen?

Besser als manche denken. Wir haben trotz aller Differenzen nach wie vor einen funktionierenden Dialog. Außenminister Mike Pompeo schätze ich als Kollegen und Gesprächspartner. Er nimmt unsere Argumente auf und geht konstruktiv mit ihnen um …

… anders als US-Präsident Trump?

Die letzten Entscheidungen werden nun mal im Weißen Haus getroffen. Aber: Wir werden die Beziehung zu den USA nicht von einzelnen Tweets abhängig machen. Unsere Partnerschaft besteht aus mehr als 280 Zeichen bei Twitter. Amerika ist mehr als das Weiße Haus. Und die USA bleiben unsere engsten Partner außerhalb Europas.

Vor der Uno-Generalversammlung in New York hat Trump gesagt, er lehne „die Ideologie der Globalisierung“ ab und begrüße „die Doktrin des Patriotismus“. Wie wollen Sie sich denn da konstruktiv austauschen?

Globalisierung und Patriotismus müssen keine Gegensätze sein. All die großen Herausforderungen – etwa die Migrations-, Klima- und Handelspolitik – sind nur gemeinsam zu lösen. Wir werben bei den Amerikanern dafür, dass die internationale Zusammenarbeit Grundlage der Politik bleibt.

Sie setzen auf die „Allianz der Multilateralisten“, brachten es während der Uno-Generalversammlung in New York aber allein auf ein öffentlichkeitswirksames Treffen – mit den Kanadiern. Reicht das, um Trump Paroli zu bieten?

Ihre Beschreibung deckt sich nicht mit dem, was ich in New York erlebt habe. Ich bin in jedem meiner zahlreichen Gespräche darauf angesprochen worden. Mein Eindruck war, dass die Anhänger des Multilateralismus in der Uno-Generalversammlung die große Mehrheit bildeten.

Sie spielen auf den Moment an, als Trump während seiner Rede ausgelacht wurde, weil er mit seinen vermeintlichen Erfolgen als Präsident prahlte. Warum nennen Sie Ihre Truppe nicht einfach Anti-Trump-Allianz?

Darum geht es überhaupt nicht. Eine Konfrontation mit den USA ist der Sache des Multilateralismus nicht dienlich.

Haben Sie die Amerikaner gefragt, ob sie bei Ihrer Allianz mitmachen möchten?

Das Netzwerk, das wir uns vorstellen, steht gleichgesinnten Partnern offen, die gemeinsam für den Erhalt der regelbasierten internationalen Ordnung, für die Verteidigung des Multilateralismus eintreten wollen. Das gilt selbstverständlich auch für die USA. Zurzeit scheint im Weißen Haus allerdings leider eher die Ansicht vorzuherrschen, man könne mit Wirtschaftssanktionen und größtmöglichem politischen Druck gegenüber Dritten eigene Interessen durchsetzen.

Es gibt eine Videosequenz von Ihnen, die sie schmunzelnd zeigt, als Trump während seiner Uno-Rede die deutsche Energiepolitik kritisiert. Ihre Reaktion blieb nicht unbemerkt, in den USA wurden Sie als Trump-Gegner gefeiert. Schmeichelt Ihnen das?

Nein. Aber: Trump hatte die angebliche Abhängigkeit der Gasversorgung Deutschlands von Russland angesprochen. Ich bin gerne bereit, über das Thema zu diskutieren, jedoch auf der Basis von Fakten.

Haben Sie Kollegen in New York darauf angesprochen?

Ja. Kritisiert hat es aber keiner.

Im US-Fernsehen lief der Ausschnitt rauf und runter.

Offenbar. Wir wurden auch im Restaurant freundlich von der Bedienung begrüßt, die es in einer Late-Night-Show gesehen hatte. Es hat also der deutsch-amerikanischen Freundschaft nicht geschadet.

Gegenüber Russland haben Sie in den vergangenen Monaten einen härteren Ton angeschlagen. Was ist der Vorteil gegenüber den weicheren Ansätzen Ihrer Vorgänger Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier?

Mein offener und klarer Umgang mit Kritik an der russischen Regierung hat nicht zu einer neuen Eiszeit geführt. Im Gegenteil: Die russische Seite bemüht sich stärker um Austausch mit Deutschland. Wir haben mit Moskau mittlerweile mehr Dialog, als vor Antritt dieser Bundesregierung im Frühjahr. Und das war auch genau mein Ziel.

SPD-Chefin Nahles hat eine militärische Beteiligung an einem Schlag gegen Syrien kategorisch ausgeschlossen, auch wenn das Assad-Regime beim Kampf um Idlib Giftgas einsetzen sollte. Sie schienen da in bisher weniger kategorisch. Was gilt?

Diese Entscheidung würde am Ende nicht die Regierung, sondern der Bundestag treffen, weil es für einen solchen Einsatz eines Parlamentsmandats bedürfte. Insofern hat Andrea Nahles ihre Position für ihre Fraktion deutlich gemacht. Die gilt.

Spielt die Position des Außenministers dabei keine Rolle?

Andrea Nahles und ich haben uns eng abgestimmt. Ich konzentriere meine ganze Arbeit darauf, dass eine solche Entscheidung nicht erforderlich wird. Wir müssen alles tun, um den Einsatz von Giftgas und eine humanitäre Katastrophe in Syrien zu vermeiden.

[...]

Interview: Sebastian Fischer und Severin Weiland
www.spiegel.de

Schlagworte

nach oben