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Statement von Außenminister Heiko Maas anlässlich des Briefings des VN-Sicherheitsrats zur Bewahrung des humanitären Raums

01.04.2019 - Rede

Unsere Aussprache hat eines verdeutlicht: Wir sind alles andere als gleichgültig gegenüber menschlichem Leid. Wo Hilfe benötigt wird, muss gehandelt werden.

Unsere Aussprache hat aber leider noch eines gezeigt: Dies zu tun - zu helfen, wo es nötig ist - wird immer schwieriger. Denn an vielen Orten dieser Welt schrumpft der humanitäre Raum.

Bewaffnete Konflikte sind heute komplexer als jemals zuvor.

  • Sie dauern länger und finden zunehmend in urbanen Räumen statt.
  • Immer mehr nicht-staatliche Akteure, Rebellengruppen oder Terroristen sind daran beteiligt. Und zwar nicht nur in Syrien, wo diese Zersplitterung besonders auffällig ist.
  • Angriffe auf Krankenhäuser und medizinisches Personal sind traurige Normalität – das hat auch unsere Sitzung heute Morgen deutlich gemacht.

Statt das humanitäre Personal zu schützen, wird ihre Arbeit immer gefährlicher.

Jemen, der Nord-Osten Nigerias und die demokratischen Republik Kongo sind nur einige Beispiele.

Meine Damen und Herren, so wichtig es ist, dass der Sicherheitsrat sich mit diesen Tragödien beschäftigt. Reden reicht nicht. Wir müssen handeln. Drei Punkte sind dabei besonders bedeutend, wie die heutige Diskussion gezeigt hat:

Erstens: Die Wahrung der humanitären Prinzipien. Diese Prinzipien sind kein Selbstzweck. Sie sind eine Überlebensversicherung für die Helfer – und jene, die sie mit Hilfe versorgen.

Deutschland als zweitgrößter bilateraler Geber lehnt jede politische Instrumentalisierung humanitärer Hilfe ab. Denn nur wenn nicht in Frage steht, ob Helfer neutral und unabhängig sind, entsteht humanitärer Raum.

Humanitäre Helfer leben diese Prinzipien Tag für Tag – oft unter großen Gefahren. Für diese wertvolle Arbeit verdienen sie unseren Dank und unsere volle Unterstützung!

Meine Damen und Herren,

Humanitärer Raum kann nur dort entstehen, wo Regeln gelten.

Doch nur wer die internationalen humanitären Normen kennt, kann diese auch bewusst anwenden. Wir müssen daher, zweitens, humanitäre Akteure unterstützen, das nötige Wissen zu vermitteln. In Zeiten, in denen immer mehr nicht-staatliche Parteien an Konflikten beteiligt sind, ist das umso wichtiger.

Dafür müssen humanitäre Organisationen auch in Zukunft mit solchen Gruppen arbeiten können. Wird dies verboten, verlieren wir als Staatengemeinschaft den Einfluss auf einen immer relevanter werdenden Kreis von Akteuren. Das können wir nicht wollen.

Auch wir Staaten selbst sind in der Pflicht. Es war wichtig, was Sie, Präsident Maurer, heute gesagt haben: Gerade diejenigen von uns, die Konfliktparteien unterstützen, müssen diese Parteien ohne Wenn und Aber zur Einhaltung des humanitären Völkerrechts bringen. Dazu verpflichtet das internationale humanitäre Völkerrecht uns alle.

Drittens: Das Recht darf nicht selbst zum Ziel von Angriffen werden. Etwa durch nationale Gesetze, die vermeintlich Vorrang vor Humanitärem Recht haben. Insbesondere im Kontext von Antiterror-Regelungen erleben wir das immer häufiger.

Es ist gut, dass wir in den Vereinten Nationen inzwischen über die Auswirkungen solcher Regelungen, aber auch über die Folgen von Sanktionen, für die humanitäre Arbeit diskutieren. Deutschland wird dazu beitragen, auch im Rahmen der verschiedenen Sanktionsregime.

Meine Damen und Herren,

Deutschland und Frankreich sind entschlossen, den Austausch hierzu mit Ihnen allen voranzubringen. Unser Ziel ist es, konkrete Empfehlungen in den kommenden Monaten in einem humanitären Call-to-Action zu bündeln.

Er soll Antworten geben auf drängende Fragen:

  • Wo und wie müssen wir den Schutz von Helfern und Hilfsempfängern durchsetzen?
  • Wo brauchen wir Schulungen und Ausbildung im humanitären Völkerrecht?
  • Wie können wir die Einhaltung des humanitären Völkerrechts in den Konfliktgebieten besser unterstützen?

Unsere heutige Diskussion war ein Anfang. Anlässlich des 70. Jahrestags der Verabschiedung der Genfer Konventionen im August, wird Polen, unser Partner im Weimarer Dreieck, an unseren heutigen Austausch anknüpfen. Dafür möchte ich mich bereits jetzt bei Dir, Jacek, bedanken.

Es ist wichtig, dass wir an einem Strang ziehen. Denn wo Hilfe benötigt wird, muss gehandelt werden. Das ist Aufgabe des Sicherheitsrats. Und daran sollten wir uns messen lassen.

[Die Rede wurde auf Englisch gehalten]

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