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„Halten an einer Zwei-Staaten-Lösung fest“

16.08.2020 - Interview

Interview von Außenminister Heiko Maas mit der Passauer Neuen Presse

Herr Maas, Israel und die Vereinigten Arabischen Emirate haben sich über die Aufnahme von diplomatischen Beziehungen verständigt. Ein historischer Schritt auf dem Weg zu einer Zwei-Staaten-Lösung und Durchbruch auf dem Weg zu einem dauerhaften Frieden in Nahost?

Ja, das ist ein historischer Schritt. Die Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten ist ein bedeutender Beitrag zum Frieden in der Region. Und es ist gut, dass die israelische Regierung ihre Annexionspläne suspendiert. Gemeinsam mit unseren Partnern in Europa und der Region haben wir uns in den letzten Monaten intensiv gegen eine Annexion und für die Wiederaufnahme direkter Verhandlungen eingesetzt. Wir sind auch bereit, einen solchen Prozess tatkräftig zu unterstützen.

Die Palästinenserführung hat das geplante Abkommen scharf kritisiert. Es sei ein Schlag gegen das palästinensische Volk. Von Durchbruch kann da noch keine Rede sein, oder?

Wir hoffen dennoch, dass diese Einigung Ausgangspunkt für weitere positive Entwicklungen in der Region ist und auch dem Nahostfriedensprozess neuen Schwung verleihen kann. Wir halten an unserer Position fest, dass nur eine verhandelte Zweistaatenlösung dauerhaften Frieden im Nahen Osten bringen kann.

Sie haben sich in Beirut ein Bild der aktuellen Lage nach der Explosions-Katastrophe gemacht. Wie können Deutschland und Europa helfen?

Das Ausmaß der Zerstörung ist unvorstellbar. Die Menschen brauchen in dieser großen Not unsere schnelle Hilfe. Schäden müssen beseitigt und die Stadt wieder aufgebaut werden. Das wird Jahre dauern. Der Libanon benötigt auch wirtschaftliche Hilfe, damit das Land wieder auf die Beine kommt. Dazu muss der Libanon aber auch selbst seinen Beitrag leisten. Investitionen werden nur fließen, wenn die Korruption endlich wirksam bekämpft und gestoppt wird. Das geht nur mit einer unabhängigen Justiz und Rechtssicherheit. Reformen sind überfällig. Das muss die Hauptaufgabe einer neuen Regierung sein. Davon wird auch abhängen, wie die internationale Hilfe für den Libanon ausfallen wird.

In der Vergangenheit gab es da keine Fortschritte. Warum sollte es diesmal gelingen?

Die Lage ist außerordentlich angespannt. Proteste gab es ja schon im vergangenen Jahr. Die Explosion hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Mein Eindruck ist: Die Menschen im Land sind nicht mehr bereit, diese Zustände weiter zu akzeptieren. Sie erwarten jetzt Reformen und ein Ende der Korruption. Wenn dies nicht erfüllt wird, droht die Lage im Libanon weiter außer Kontrolle zu geraten. Daher müssen alle ein Interesse an sehr grundlegenden Veränderungen haben.

Die Bundesregierung hat lange zum chinesischen Sicherheitsgesetz in Hongkong geschwiegen. Sie haben nun Schritte angekündigt. Wie sollten die aussehen?

Wir haben hier klar Stellung bezogen und schon einiges auf den Weg gebracht, etwa Rüstungsexporte gestoppt und unser Auslieferungsabkommen auf Eis gelegt. Andere EU-Staaten sind dem gefolgt. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir gegenüber China nur dann etwas erreichen, wenn wir als EU geschlossen mit einer Stimme sprechen. Deswegen ist es so wichtig, dass aus unserem deutsch-französischen Vorschlag inzwischen eine gemeinsame EU-Position geworden ist: Wir fordern nicht nur die Einhaltung der Menschenrechte, wir haben auch einen gemeinsamen Katalog an Gegenmaßnahmen verabschiedet.

Die USA wollen die Fertigstellung der Ostseepipeline Nord Stream 2 verhindern. Republikanische Senatoren drohen der am Projekt beteiligten Rügener Hafengesellschaft Sassnitz mit der wirtschaftlichen Zerstörung. Geht man so unter Partnern miteinander um?

Ich habe meinem amerikanischen Kollegen mitgeteilt, dass ich von diesem Verhalten und dem Brief der US-Senatoren nichts halte. Extraterritoriale Sanktionen sind rechtswidrig. Darüber besteht innerhalb der EU große Einigkeit. Wir werden uns weiter klar gegen solche Schritte positionieren. Über europäische Energiepolitik wird in Europa entschieden und nirgendwo anders.

Wie lassen sich die deutsch-amerikanischen Beziehungen wieder entspannen und normalisieren?

Ob es bis zur Präsidentschaftswahl noch Signale der Entspannung geben wird, sei dahingestellt. Wir werden uns jedenfalls nicht von aufgeregten Wahlkampf-Tweets aus dem Weißen Haus anstecken lassen. Es gibt nach wie vor Themen, bei denen ich gut mit Außenminister Pompeo zusammenarbeite. Wir arbeiten etwa gemeinsam mit den USA und Norwegen daran, den Friedensdialog in Afghanistan zu organisieren, um über Verhandlungen auch zu einem Friedensvertrag zu kommen.

Die Zahl der Corona-Infektionen steigt weltweit stark an. Steuern wir in eine globale Krise?

Die Infektionszahlen nehmen zu. Die Krise ist noch lange nicht vorbei. Global wird die Bekämpfung der Corona-Krise noch lange ein beherrschendes Thema bleiben. Auch in Deutschland gilt: Wir dürfen das nicht unterschätzen, sondern müssen alles daran setzen, dass es keine zweite Corona-Welle gibt. Dazu müssen wir alle unseren Teil beitragen und uns weiter an die Regeln halten. Für Großveranstaltungen etwa ist es definitiv noch zu früh. Und: Masken mögen gerade bei der Hitze lästig sein. Aber sie helfen, um die Ausweitung des Virus zu verlangsamen, und sind immer noch deutlich besser, als drastischere Einschränkungen.

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