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Statement von Außenminister Heiko Maas im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen

13.09.2021 - Rede

Bei jedem meiner Besuche im Menschenrechtsrat gehen mir sowohl positive als auch negative Gedanken durch den Kopf.

Negative Gedanken wegen der schrecklichen Dinge, die Menschen aufgrund von Menschenrechtsverletzungen an so vielen Orten der Welt erleiden.

Positive Gedanken, da der Menschenrechtsrat das nobelste Ziel der Menschheit verkörpert: Menschenrechte für alle Menschen auf dieser Erde Wirklichkeit werden zu lassen.

Diesem Ziel haben wir uns verpflichtet. Wir erleiden dabei Rückschläge und Niederlagen. Doch wir dürfen in unserer Entschlossenheit nicht nachlassen.

Meine Damen und Herren,
diese Ambition wird besonders wichtig sein mit Blick auf die die Situation in Afghanistan. Nach 20‑jährigem Engagement sind die internationale Gemeinschaft und besonders Deutschland moralisch dazu verpflichtet, die afghanische Bevölkerung weiter zu unterstützen.

Deshalb stockt Deutschland seine humanitäre Hilfe für Afghanistan und dessen Nachbarländer deutlich auf. Wir arbeiten mit großem Einsatz daran, Afghaninnen und Afghanen, für die wir Verantwortung tragen, bei ihrer Ausreise aus dem Land zu unterstützen. Wir haben unser Programm, das Menschenrechtsverteidigerinnen und ‑verteidigern vorübergehende Schutzaufenthalte in Deutschland ermöglicht, ausgeweitet. Darüber hinaus unterstützen wir ein starkes Mandat für den Menschenrechtsrat, um die Menschenrechtslage in Afghanistan zu beobachten.

Wir verlangen von den Taliban, grundlegende Menschenrechte zu achten, insbesondere die Rechte von Frauen und Minderheiten.

Dies wird für uns und unsere Partner ein Maßstab sein für unsere künftige Zusammenarbeit mit einer neuen Regierung in Afghanistan – einschließlich für mögliche Entwicklungshilfe.

Dass eine Übergangsregierung von den Taliban gebildet wurde, die andere Gruppen ausschließt, war nicht das richtige Signal für internationale Kooperation und Stabilität im Land.

Meine Damen und Herren,
neben Afghanistan ist die Menschenrechtslage auch in vielen anderen Teilen der Welt besorgniserregend:

Bürgerkrieg und Konflikte haben unmenschliches Leid über die Menschen in Jemen und zuletzt in der Region Tigray in Äthiopien gebracht. Gemeinsam mit mehr als 40 weiteren Ländern hat Deutschland die äthiopische Regierung wiederholt dazu aufgefordert, humanitären Zugang zu ermöglichen. Auch gegen die schweren Menschenrechtsverletzungen in Nordkorea und Syrien erheben wir weiter unsere Stimme. Und wir setzten uns ein gegen die Internierung ethnischer Minderheiten wie der Uiguren und die Missachtung der bürgerlichen Freiheitsrechte in Hongkong. Wir ermutigen Sie, sehr geehrte Hohe Kommissarin für Menschenrechte, nach China zu reisen – und wir fordern Peking auf, ungehinderten Zugang zu gewähren.

Darüber hinaus verurteilen wir Repression gegen friedliche Oppositionsbewegungen und Zivilgesellschaft – wie in Russland und Belarus. Daher unterstützen wir das Mandat des Hochkommissariats für Menschenrechte für die Einhaltung der Rechenschaftspflicht in Belarus.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,
all dies ist Ausdruck unserer Überzeugung, dass Menschenrechtsverletzungen nicht ungestraft bleiben dürfen.

Wir engagieren uns im Bündnis gegen Straflosigkeit und in der Allianz für den Multilateralismus, welche die Mechanismen zur Rechenschaftspflicht für Syrien, Irak und Myanmar unterstützt. Während der deutschen EU‑Ratspräsidentschaft hat die Europäische Union ein neues Menschenrechtssanktionsregime verabschiedet. Mit einem ersten, ausgewogenen Paket von Listungen haben wir eine klare Botschaft gegen schwere Menschenrechtsverletzungen ausgesandt.

Gleichzeitig müssen wir unseren Kampf für die Menschenrechte an eine sich verändernde Welt anpassen.

Zusammen mit Brasilien werden wir eine aktualisierte Datenschutzresolution hier im Menschrechtsrat einbringen, die rassistische Diskriminierung durch künstliche Intelligenz zum Thema hat. Wir brauchen mehr kreative Ideen, um Menschenrechte im digitalen Bereich zu schützen. Der Klimawandel betrifft im Grunde alle Menschenrechte. Das wiederum heißt, dass bei allen Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels Menschenrechtsstandards eingehalten werden müssen. Daher unterstützt Deutschland die Einsetzung eines Sonderberichterstatters für Klimawandel- und Menschenrechtsfragen. Schließlich tragen in einer globalisierten Welt all jene Verantwortung, die am internationalen Handel beteiligt sind. Ich bin stolz darauf, dass Deutschlands neues Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten richtungsweisend ist beim Schutz von Menschenrechten entlang globaler Lieferketten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
bei all diesen Bemühungen ist das Hochkommissariat für Menschenrechte ein zentraler Partner. Deutschland hat daher seinen diesjährigen freiwilligen Beitrag für das Hochkommissariat auf mehr als 11 Millionen US‑Dollar aufgestockt.

Wir stehen bereit, mit Ihnen und allen anderen Mitgliedern des Menschenrechtsrats im Kampf für die Menschenrechte zusammenzuarbeiten.

Für Deutschland bedeutet das, dass wir Missstände in unserem eigenen Land angehen müssen; dazu haben wir unsere Anstrengungen zur Bekämpfung von Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit verstärkt. Es bedeutet auch, dass wir aus bitteren Erfahrungen wie in Afghanistan lernen müssen. Zuallererst bedeutet es aber, dass wir in unserer Entschlossenheit, Menschenrechte für alle Menschen dieser Erde Wirklichkeit werden zu lassen, nicht nachlassen dürfen.

Vielen Dank.

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