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Rede von Außenminister Heiko Maas am National Graduate Institute for Policy Studies in Tokyo, Japan

25.07.2018 - Rede

Sehr geehrter Herr Professor Tanaka,
sehr geehrter Herr Saaler,
Exzellenzen,
sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde,

zunächst einmal vielen Dank für die sehr freundliche Begrüßung und einen Dank auch an unseren Mitgastgeber, die Friedrich-Ebert-Stiftung!

„Jemand hat Grips“, das sagt man in Deutschland über einen Menschen, der einen wachen Verstand hat, der klug handelt. Insofern ist der Name des GRIPS auch Programm.

Seit über zwei Jahrzehnten werden hier Studierende aus über 60 Ländern darauf vorbereitet, kluge Lösungen auf internationale Probleme zu finden. Ich würde mal sagen, die Zeiten machen uns deutlich, dass diese Aufgabe immer anspruchsvoller wird. Deshalb freue ich mich auch ganz besonders heute hier sein zu dürfen

Bevor ich aber etwas zu den deutsch-japanischen Beziehungen und vor allen Dingen auch zu den Herausforderungen, vor denen wir gemeinsam in Asien und Europa stehen, sagen will, möchte ich, und das habe ich eben in meinen Gesprächen mit dem Außenminister schon deutlich gemacht, der japanischen Regierung und auch dem japanischen Volk noch einmal mein Mitgefühl aussprechen. Die Überflutungen im Westen des Landes haben viele Menschen in Deutschland mitverfolgt und tief getroffen.

Und deshalb sind unsere Gedanken bei den Opfern und bei den Angehörigen. Großer Dank und vor allen Dingen auch Respekt geht an alle Helferinnen und Helfer, die bei diesem schlimmen Ereignis geholfen haben.

Dieses Unglück hat gerade uns auch daran erinnert, wie japanische Freiwillige uns Deutschen geholfen haben, als das Jahrhunderthochwasser 2013 Orte im Osten und Süden unseres Landes überschwemmt hat. Das war eine Geste, die wir und die ganz viele Menschen in Deutschland bis heute nicht vergessen haben.

Umso schöner ist es auch zu sehen, dass die Hilfsbereitschaft nun einige Deutsche zurückgegeben konnten, die in der Nähe von Hiroshima bei den Aufräumarbeiten mit angepackt haben, die Schutt und Schlamm beseitigt und die japanischen Helfer nach besten Kräften unterstützt haben.

Auf Japanisch und auf Deutsch gibt es dafür ein sehr ähnliches Sprichwort. Es lautet: „Den wahren Freund erkennst Du in der Not.“

Japan und Deutschland sind wahre Freunde.

Darum ist es auch kein Zufall, dass die erste Asienreise, die ich als Außenminister unternehme, mich zuerst nach Japan führt.

Unsere Länder verbindet viel mehr, als die geographische Entfernung es vermuten ließe. Dabei meine ich nicht nur das Klischee, dass viele vor Augen haben, wonach Japaner und Deutsche immer fleißig, ordentlich und pünktlich sind.

In den angesagten Stadtteilen von Berlin, Düsseldorf oder Frankfurt gehört Ramen inzwischen zu den Grundnahrungsmitteln. Junge Leute in Deutschland lieben Manga, Anime, Cosplay. Bücher von Haruki Murakami stehen regelmäßig ganz oben auf unseren Bestsellerlisten in Deutschland. Und 740 Hochschulkooperationen sind, wie ich finde, Ausdruck einer einmalig vernetzten Wissenschaftslandschaft.

Ich kann Sie also nur ermutigen: Nutzen Sie diese Partnerschaften, kommen Sie auch nach Deutschland, sie sind dort sehr willkommen, und lernen Sie unser Land, und die Menschen dort kennen! Frei nach dem in ganz Ostasien verbreiteten Sprichwort: „Einmal sehen ist besser als hundert Mal hören.“ (百聞は一見に如かず)

Für uns Deutsche verkörpert Japan wie kaum ein anderes Land die faszinierende Mischung aus Treue zur Tradition und rasantem technologischen Fortschritt.

Ich komme gerade von einem Besuch im Zōjō-ji -Tempel. Dahinter ragt der Tokyo Tower in den Himmel und ringsherum pulsiert die Energie dieser Megacity, die in ihrer Ausdehnung für einen Europäer immer noch etwas kaum Fassbares ist.

Die Gegensätze, die Dynamik dieser Stadt, die zieht einen schon nach wenigen Stunden in ihren Bann - und so geht es auch vielen meiner Landsleute, und auch vielen in Europa, über Deutschland hinaus. Der französische Ethnologe Claude Lévi-Strauss, ein großer Kenner Ihres Landes, hat Japan aufgrund dieser harmonischen Verbindung von Gegensätzen einmal als „das Beispiel für eine humane Moderne“ bezeichnet. Ich finde, das ist eine sehr treffende Beschreibung.

Spätestens seit der Fußball-Weltmeisterschaft schließt unsere Bewunderung für Japan auch sportliche Glanzleistungen mit ein, auch wenn wir das mit einer gewissen Trauer in der Stimme bekennen müssen.

Das japanische Team hat Menschen auf der ganzen Welt durch die Art und Weise, wie man dort aufgetreten ist, und durch den Kampfgeist bis zur letzten Minute begeistert. Und nach dem Schreck über unser eigenes frühes Ausscheiden haben viele Menschen in Deutschland den Japanern die Daumen gedrückt – und das nicht nur, weil sieben japanische Nationalspieler in der deutschen Bundesliga spielen. Nein, auch dank Yuya Osako haben wir sogar ein neues Wort gelernt: 半端ない! (Anmerkung: hampanai ist seit der WM das japanische Trendwort. Es wird mit dem Spieler Osako in Verbindung gebracht wird. Bedeutung: unglaublich, großartig, krass!)

So interessant auch Fußball sein mag – das ist nicht der Grund, weshalb ich hierhergekommen bin. Zur Zeit ist auch in Deutschland die Diskussion über Fußball durchaus eine politische Diskussion, auf die ich hier gar nicht groß eingehen will. Außerdem haben wir mit Lukas Podolski hier in Japan einen außerordentlich prominenten Fußballbotschafter.

Ich möchte gerne heute etwas sagen über die gewaltigen Umbrüche, die wir gerade im Moment auf der Welt erleben, und die Japan und auch Deutschland in ganz ähnlicher Weise herausfordern.

In Europa, aber natürlich noch viel mehr hier in Japan, haben z.B. die nordkoreanischen Raketen- und Atomtests der beiden letzten Jahre große Sorge ausgelöst. Und in Europa haben uns spätestens die Kämpfe in der Ostukraine und die Flüchtlingsströme aus Syrien und dem Irak gezeigt, dass wir eben nicht auf einer „Insel der Glückseligen“ leben.

Verstärkt wird dies nun auch durch die Ungewissheit über den Kurs der USA unter Präsident Trump, der über Jahrzehnte gewachsene Allianzen durchaus auch schon mal per Tweet in 280 Zeichen in Frage stellt. Russland hat die Weltordnung durch seine völkerrechtswidrige Annexion der Krim und sein Verhalten auch im Syrien-Konflikt offen herausgefordert.

China will die geopolitische Machtbalance zu seinen Gunsten verschieben und verlangt von vielen in der Nachbarschaft etwas, was ich als Gefolgschaft bezeichne.

In dieser weltpolitischen Lage brauchen wir, wie ich finde, einen deutsch-japanischen Schulterschluss, weil es auch ein Schulterschluss von Werten ist. Unsere Länder sind zu klein, um allein jeweils im Machtkonzert der Weltmächte den Ton anzugeben. Deshalb müssen wir uns in diesen Zeiten auch über neue Wege Gedanken machen.

Es wird so bleiben, dass einzeln es für jeden von uns schwer bleibt, ein „rule maker“ zu sein in einer multipolaren Welt. Aber das heißt nicht, dass wir uns mit der Rolle des „rule taker“ abfinden wollen!

Wenn wir unsere Stärken bündeln, und das können wir noch mehr, als wir es in der Vergangenheit getan haben, können wir gemeinsam vielleicht so etwas werden wie „rule shaper“ – Gestalter und Motoren einer internationalen Ordnung, die die Welt bitter nötig hat.

Heute haben wir hier in Tokio, einen Schritt in diese Richtung gemacht: Außenminister Kōno und ich haben gerade eben vereinbart, uns künftig noch enger und häufiger miteinander abzustimmen. Aber wir haben auch eine noch engere Zusammenarbeit unserer Diplomaten, Staatssekretäre, Abteilungsleiter bis hin zu den Planungsstäben angestoßen und dazu eine gemeinsame Erklärung verfasst und unterzeichnet.

Wir wollen einen gemeinsamen Blick auf die regionalen und die globalen Probleme entwickeln und dann gemeinsam nach Lösungen suchen und auch anpacken. Dabei bauen wir auf geteilte Werte und auf die historisch gewachsene Verbundenheit unserer Gesellschaften.

Es gibt wohl kaum zwei Länder, die so weit voneinander entfernt liegen wie Japan und Deutschland, deren Geschichte sich aber in den vergangenen 150 Jahren so parallel entwickelt hat. Und zwar mit allen Höhen und auch Tiefen.

Ähnlich wie die Industrialisierung in Deutschland hat es in Japan Ende des 19. Jahrhunderts eine Entwicklung gegeben, die dieses Land in den Kreis der führenden Industrienationen nahezu katapultiert hat. Auf diese intellektuelle und politische Meisterleistung kann man hier durchaus stolz sein.

Wir Deutschen sind auch ein wenig stolz darauf, dass die deutschen Wissenschaftler und auch die Staatsmänner und -frauen dazu beigetragen haben, dass es bei uns eine ähnliche Entwicklung genommen hat. So, und das sage ich auch als ehemaliger Justizminister, ist es für uns immer noch eine besondere Tatsache, dass zum Beispiel das japanische Rechtssystem bis heute eng an das deutsche angelehnt.

Den Zweiten Weltkrieg erlebten beide Länder als eine existenzbedrohende Katastrophe - für uns in Deutschland ging das mit einer moralischen Bankrotterklärung einher.

Darauf folgte – auch dank der ausgestreckten Hand der westlichen Siegermächte – ein wahrhaft kometenhafter wirtschaftlicher Aufstieg. Und die dauerhafte Hinwendung unserer Länder zu Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat ist auch keine Selbstverständlichkeit gewesen, aber sie ist das Fundament, auf dem unsere Wertepartnerschaft heute beruht.

Eine Säule dieser Partnerschaft ist der freie Welthandel. Japan und Europa profitieren gleichermaßen davon. Deshalb fordert der neue Protektionismus, über den bedauerlicherweise so viel auf der internationalen Bühne gesprochen wird, und die Politik des „America First“, die dahinter steht, uns auch gemeinsam heraus.

Die richtige Antwort darauf gibt auch das letzte Woche unterzeichnete Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Japan. Für mich ein Meilenstein. Denn letztlich entsteht dadurch nicht nur eine noch viel engere Abstimmung und noch viel mehr neue Möglichkeiten, es entsteht vor allem die größte Freihandelszone der Welt.

Wir prägen Standards für den globalen Handel: Zum Beispiel in Umwelt und in Klimafragen, beim Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern, der Einhaltung von Sozialstandards oder auch im Wettbewerbsrecht.

Und ich hoffe, dass wir auch in den laufenden Verhandlungen über besseren Investitionsschutz bald zu einer Einigung kommen und dann auch dort weitere neue Standards setzen können.

Das ist es, was ich unter „rule shaper“ dann auch ganz praktisch verstehe!

Noch wichtiger ist aber vielleicht das Signal in Richtung Osten und auch Westen:

Freier Handel ist für uns kein Nullsummenspiel. Handel mit verlässlichen Regeln schafft letztlich Wohlstand für alle.

Nicht nur die USA definieren freien Handel zur Zeit auf jeden Fall irgendwie anders. Auch in China stehen unsere Unternehmen immer wieder vor Hürden beim Marktzugang.

Viele klagen über mangelhaften Schutz geistigen Eigentums oder erzwungenen Technologietransfer. Ich wünsche mir daher, dass Japan und Europa weiter gemeinsam gegen solche Handelspraktiken vorgehen, Strategien und Konzepte entwickeln. An der Stelle teilen wir auch viele Interessen mit den Vereinigten Staaten. Es ist deshalb weiter wichtig, auch auf die trilaterale Kooperation zwischen Japan, der EU und den USA zu setzen, wo immer das eben möglich ist - um das internationale Handelssystem zu stärken und auch, gerade in der aktuellen Diskussion, um die USA an Bord zu halten.

Fairer Handel braucht starke Institutionen und das auf allen Ebenen, allen voran ganz sicherlich die Welthandelsorganisation. Um die WTO zu bewahren, muss auch dort Einiges modernisiert werden.

Ich denke dabei zum Beispiel an moderne Regeln für den digitalen Handel oder für den Umgang auch mit Staatsunternehmen. Japan und Deutschland, die sich darüber schon eine nicht unerhebliche Anzahl von Gedanken gemacht haben, können an der Stelle durchaus auch als Vordenker dabei gemeinsam agieren.

Auch beim Umgang mit künstlicher Intelligenz oder der Digitalisierung unserer Arbeits- und Lebenswelt können und sollen Deutschland und Japan noch viel enger zusammenarbeiten.

Ob in Berlin oder in Tokio – die Menschen stellen doch ähnliche Fragen in allen Bereichen.

Ist mein Job noch sicher in Zeiten der Digitalisierung?

Überholt künstliche Intelligenz irgendwann den menschlichen Verstand?

Welche Vorteile bringt größere Vernetzung und wo liegen ihre Risiken?

Und wir in Deutschland fragen wir uns oft, warum, wenn es um irgendetwas Neues geht, immer sofort die Diskussion über die Risiken in den Vordergrund gestellt wird, bevor noch nicht einmal richtig abgeschätzt wurde, was ist denn der eigentliche Nutzen und wo können uns solche Entwicklungen, und allen, nicht nur wenigen, helfen.

Und deshalb ist ein Schwerpunkt der Reise hierher auch, gemeinsam mit deutschen und japanischen Experten nach Antworten auf genau diese Fragen zu suchen.

So sehr uns die wirtschaftliche Dynamik Asiens beeindruckt und so wichtig freier Welthandel ist – unser Blick auf Asien darf aber nicht nur auf wirtschaftliche Interessen beschränkt sein. Ich sage das durchaus auch selbstkritisch auch mit Blick auf die europäische Asienpolitik der letzten Jahrzehnte.

Auf keinem anderen Kontinent bündeln sich die globalen Herausforderungen so sehr wie das in Asien der Fall ist.

Territorialkonflikte wie im Südchinesischen Meer, die Lage im Ostchinesischen Meer oder die nukleare Bewaffnung Nordkoreas gefährden die gesamte internationale Ordnung. Wenn wir zulassen, dass die Einschüchterung von Nachbarländern oder der Bruch völkerrechtlicher Regeln stillschweigend akzeptiert werden, dann ist die Ordnung, um die es geht, eigentlich schon verloren.

Morgen werden wir Gespräche mit der koreanischen Regierung in Seoul führen. Auch mit unserem Partner Korea teilen wir das Bekenntnis zu freiem Handel und einer regelbasierten Welt.

Nordkoreas Nuklearstreben fordert diese Weltordnung schon seit einiger Zeit fundamental heraus. Der Erhalt der nuklearen Ordnung ist eben keine regionale Frage, sondern eine Überlebensfrage für die gesamte Menschheit.

Das Treffen von Präsident Trump mit Kim Jong Un in Singapur war ein erster und, ja ich sage auch, ein richtiger Schritt weg von der Eskalation gerade im vergangenen Jahr. Aber natürlich müssen weitere Schritte folgen hin zu einer kompletten, unumkehrbaren und überprüfbaren Denuklearisierung Nordkoreas – darüber sind wir uns heute in unseren Gesprächen hier in Tokio einig gewesen.

Erst wenn Nordkorea erkennbar auf den Boden internationalen Rechts zurückkehrt, erst dann kommen auch überhaupt Diskussionen, Gespräche, Überlegungen über Sanktionserleichterungen überhaupt erst in Betracht. Wenn man das anders handhaben würde, würde derjenige vorschnell belohnt, der bereits unzählige Male internationales Recht gebrochen und auf diese Art und Weise überhaupt erst Nuklearwaffen erlangt hat. Das wäre ein fatales Signal, vor allen Dingen auch über Ostasien hinaus.

Wir sind bereit, im Rahmen unserer Möglichkeiten, uns bei der Suche nach einer Lösung einzubringen. Wir haben Expertise, etwa in den schwierigen Nuklearverhandlungen in den vergangenen Jahren mit dem Iran gesammelt.

Auch dort ging es ja im Kern darum, nukleare Aufrüstung durch ein weltweit einmaliges Transparenzregime eben zu verhindern. Und im Übrigen, unser Festhalten an der Vereinbarung mit dem Iran ist auch ein Signal an Nordkorea und andere Staaten, dass es sich lohnt, das Streben nach Nuklearwaffen aufzugeben.

Denn letztlich: jede internationale Ordnung beruht vor allen Dingen auf einem, nämlich auf Vertrauen. Und Vertrauen entsteht nur, wenn Verträge auch eingehalten werden und ein heute gegebenes Wort nicht morgen schon widerrufen wird.

Deutschland und Japan, und davon bin ich fest überzeugt, stehen für diese Art der Verlässlichkeit. Unsere Ansätze dazu sind auch ähnlich:

In den Vereinten Nationen, der G7 und der G20 setzen wir konsequent auf eine Zukunft der multilateralen Weltordnung und treten dafür ein.

Politische Lösungen und ziviles Krisenmanagement denken wir zusammen und sie stehen für uns bei der Konfliktbewältigung immer im Vordergrund.

Wir werben, auch das ist ein Thema heute in unseren Gesprächen, nach wie vor für Rüstungskontrolle.

Und vielleicht ist es auch die deutsch-japanische Wertschätzung von klaren Regeln, die uns immer wieder dafür eintreten lässt, dass Streitigkeiten auf dem Boden des Völkerrechts gelöst werden müssen. Das sieht ja heute auch nicht mehr jeder so. Das gilt für den Konflikt in der Ukraine genauso wie für die Anerkennung internationaler Schiedssprüche, zum Beispiel im Südchinesischen Meer.

Ich freue mich, auch das haben wir heute zum Ausdruck gebracht, dass Japan als Vorsitz der G20 im nächsten Jahr auch solche außenpolitischen Fragen auf die Tagesordnung setzen will.

Wenn Deutschland Anfang 2019 für zwei Jahre in den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen einziehen wird, dann werden wir uns auch deshalb in außen- und sicherheitspolitischen Fragen eng mit Japan abstimmen. Denn, und auch das will ich hier ganz bewusst in Tokio sagen, für uns gehört Japan in einen VN-Sicherheitsrat, der die Weltordnung des 21. Jahrhunderts widerspiegelt. Für einen solchen zeitgemäßen Sicherheitsrat setzen wir uns gemeinsam als G4 zusammen mit Brasilien und Indien nach wie vor ein.

Es gibt viele echte Erfolgsgeschichten deutsch-japanischer Kooperation und daran wollen wir anknüpfen. Manche muss man auch noch mal in Erinnerung rufen.

In Afghanistan haben wir gemeinsam Erfahrungen gesammelt beim Wiederaufbau dieses Landes. Darauf lässt sich aufbauen, wenn es darum geht, andere Krisengebiete zu stabilisieren.

In Syrien und den Nachbarländern tragen Japan und Deutschland durch ihre humanitäre Hilfe entscheidend dazu bei, die Not der Menschen im Kriegsgebiet und das Leid der Flüchtlinge zumindest etwas zu lindern. Das fortzusetzen ist wichtiger denn je, gerade wenn andere Geber ihre Unterstützung zurückfahren, wie es bedauerlicherweise gegenwärtig auch der Fall ist

Und in Afrika haben Deutschland und Japan in den vergangenen Jahren deutlich mehr Verantwortung für Stabilität und Sicherheit übernommen. Diesen Weg wollen wir, auch das hat uns heute beschäftigt, ganz entschlossen weitergehen. Bedauerlicherweise gibt es dafür in Afrika auch eine große Notwendigkeit.

Deutschland und Japan können zum Kern einer Allianz der Multilateralisten werden.

Einer Allianz von Ländern,

die bestehende Regeln gemeinsam verteidigen und auch weiterentwickeln, dort, wo es notwendig ist.

die Solidarität zeigen, wenn internationales Recht vor der Haustür des jeweils anderen mit Füßen getreten wird.

die Leerstellen füllen, die auch durch den Rückzug von anderen aus weiten Teilen der Weltbühne entstehen und entstanden sind.

die sich für den Klimaschutz stark machen und das war eine der größten Herausforderungen der Menschheit.

die gemeinsam Verantwortung übernehmen in internationalen Organisationen – finanziell, aber nicht nur finanziell, sondern auch und gerade politisch.

Wir brauchen eine solche Allianz gerade auch in Asien, das zwar wirtschaftlich schon eng verflochten, aber oft auch von politischen Gegensätzen gespalten ist. Eine Allianz der Multilateralisten wäre auch eine Stütze für all die Länder in dieser Region, die es vielleicht noch schwerer haben als Deutschland oder Japan, mit ihren Anliegen tatsächlich auch gehört zu werden.

Ich denke etwa an die Inselstaaten des Pazifik. Freier Welthandel, offene Seewege oder der Kampf gegen den Klimawandel betreffen auch sie – und zwar oft auf ganz existenzielle Art und Weise. Und wenn man mit den Vertretern dieser Länder spricht, erklären sie einem sehr eindrücklich, was der Nexus zwischen Klimawandel und Sicherheit ist, dort, wo sie leben.

Deshalb, meine Damen und Herren, Deutschland und Japan sind sich in vielen Fragen einig und ihre strategische Ausrichtung ist auch sehr kooperativ. Deshalb haben wir mit unserem Besuch heute hier in Tokio noch einmal deutlich machen wollen, dass wir für unsere japanischen Freundinnen und Freunde als Partner bereit stehen. Dabei ist es gut, dass einem auf der japanischen Seite das Gleiche entgegenkommt.

ありがとうございます Vielen Dank noch einmal, dass wir die Möglichkeit haben, unseren Besuch und unsere politischen Gespräche heute hier zu verbinden mit einer Veranstaltung wie dieser. Denn ich bin fest davon überzeugt, dass es in der Politik allzu oft einen Fehler gibt, der bedauerlicherweise überall gemacht wird: Dass politisch Verantwortliche, selbst wenn sie die gleiche Auffassung teilen, leider oftmals nur miteinander reden. Und ich verstehe einen ganz wesentlichen Teil der politischen Arbeit darin, dass, wenn man es geschafft hat, sich politisch mit Freunden zu einigen, ein Projekt auf den Weg zu bringen oder eine Strategie zu verfolgen, dass man sich sofort um eines kümmern muss: nämlich um ein Mindestmaß an Akzeptanz dessen, wofür man eintreten will, in der Gesellschaft, in der man lebt. Und vielleicht konnten wir heute mit dieser Veranstaltung dazu beitragen.

Herzlichen Dank, ich freue mich auf die Diskussion.

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