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„Neues Wettrüsten verhindern“

23.10.2018 - Interview

Außenminister Heiko Maas im Interview mit der Funke-Mediengruppe zur Ankündigung der USA aus dem INF-Vertrag auszusteigen.

Außenminister Heiko Maas im Interview (Archivbild)
Außenminister Heiko Maas im Interview (Archivbild)© dpa
Herr Minister, US-Präsident Trump will ein zentrales Abkommen mit Russland zur atomaren Abrüstung kündigen. Steuert die Welt auf einen neuen Kalten Krieg zu?

Das Ende des INF-Vertrags wäre ein schwerer Schlag für die europäische Sicherheitsarchitektur. Wir dürfen aber nicht vergessen: Es gibt seit Jahren Vorwürfe, dass Russland seinerseits den Vertrag verletzt. Bis heute haben wir darauf keine überzeugende Antwort. Insofern ist die amerikanische Frustration nicht unbegründet. Das darf aber nicht dazu führen, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Das wäre ein großer Fehler.

Was kann Deutschland tun, um ein neues Wettrüsten zu verhindern?

Auch wenn es klingt, als sei die Entscheidung der USA schon gefallen: Dieses Abkommen berührt lebenswichtige Interessen Europas; so lange es noch eine Chance gibt, das Abkommen zu erhalten, wollen wir mit allen diplomatischen Mitteln dafür kämpfen. Deshalb werde ich mit unseren europäischen Partnern nichts unversucht lassen, dazu mit Moskau und Washington doch noch einmal ins Gespräch zu kommen. Wir werden das Thema in der NATO ganz oben auf die Tagesordnung setzen. Wir sind bereit, auf Russland einzuwirken, um die Einhaltung des INF zu forcieren. Wir sind nicht bereit, ein neues Wettrüsten in Gang zu setzen.

Den Vertrag zur Abschaffung atomwaffenfähiger Mittelstreckenraketen haben einst die Präsidenten Ronald Reagan und Michail Gorbatschow geschlossen. Was könnte an die Stelle des INF-Abkommens treten?

Der INF-Vertrag und der Abzug der Mittelstreckenraketen aus Deutschland gehören für mich zu den größten Errungenschaften der Abrüstungspolitik. Wir können nicht zulassen, dass wir dahinter zurückfallen. Es geht aber auch nicht darum, die Stationierungsdebatten der achtziger Jahre wiederaufzuwärmen. Die Realitäten sind heute andere. Die NATO-Ostgrenze verläuft nicht mehr durch Deutschland, und wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Debatte bei unseren mittel- und osteuropäischen Partnern unter ganz anderen Vorzeichen geführt wird. Deshalb brauchen wir heute eine neue europäische Ostpolitik, um neue Spaltungen zu verhindern. Denn auch hier gilt: Nur wenn Europa geeint auftritt, hat unser Wort Gewicht.

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