In den vergangenen Jahren haben wir oft diskutiert über Solidarität in Europa – in der Finanzkrise, in der Eurokrise und auch beim Umgang mit Flucht und Migration.

In den letzten neun Monaten aber haben wir gezeigt, was europäische Solidarität heißt.

Als die Corona-Krise im Frühjahr vor allem im Süden Europas zehntausende Opfer gefordert hat, da haben wir nicht weggeschaut.

Sondern gemeinsam das größte Finanzpaket in der Geschichte der Europäischen Union geschnürt.

Und wenn es heute Tschechien ist, das gegen immer höhere Infektionszahlen kämpft, dann können auch Sie sich auf Ihre europäischen Freunde und Partner verlassen.

Auch auf Deutschland.

Und deshalb freut es mich sehr, dass wir tschechische Kliniken in diesen schweren Tagen in einem ersten Schritt mit 100 Beatmungsgeräten unterstützen können.

In dieser Krise zeigt sich das Wesen europäischer Solidarität:

Sie ist keine Einbahnstraße.

Wer heute dem Nachbarn hilft, der kann sich morgen selbst auf Hilfe verlassen.

Und ich hoffe, dass wir uns diese Erkenntnis bewahren in Europa.

Denn: Die Fähigkeit zum Kompromiss, das gewachsene Vertrauen ineinander werden wir brauchen, wenn wir die Folgen der Krise in Europa überwinden wollen.

Und noch etwas hat mir diese Krise gezeigt: Wie eng unsere beiden Länder inzwischen miteinander verflochten sind.

Dass Covid-Tests aus Liberec ganz selbstverständlich in Dresdner Laboren ausgewertet werden, ist nur ein Beispiel.

Auch in der Frage der vielen Grenzpendler sind wir zu Lösungen gekommen, die im Interesse der Menschen, der Gesundheitseinrichtungen und der Wirtschaft auf beiden Seiten unserer Grenze liegen.

Weil wir enge, eingespielte Abstimmungsmechanismen haben, zwischen Prag und Berlin, zwischen unseren Ländern, Regionen, Kommunen und der Zivilgesellschaft. Auf beiden Seiten der Grenze ist das so.

Das ist es, was unsere Beziehungen so stark macht.

Das schafft Transparenz und Vertrauen.

Und damit bin ich beim Deutsch-Tschechischen Gesprächsforum.

Ihre Arbeit hat nicht nur das immer engere Zusammenwachsen der Menschen in unseren Länder befördert.

Sie eröffnet uns auch tschechisch-deutsche Zukunftsperspektiven - in bilateralen genauso wie in europäischen Fragen.

Und auch diese Perspektiven werden wir brauchen, beim Weg aus dieser Krise. Denn: Dieser Weg, meine Damen und Herren, kann nur ein gemeinsamer, ein europäischer sein.

Deshalb freue ich mich, dass Sie sich heute trotz aller Schwierigkeiten zu Ihrer digitalen Jahrestagung treffen.

Und ich wünsche Ihnen, dass im nächsten Jahr auch ein physisches Wiedersehen möglich sein wird.

Vielen Dank und vor allem: bleiben Sie gesund!