Willkommen auf den Seiten des Auswärtigen Amts

Rede von Außenminister Heiko Maas zum Antrag der Bundesregierung anlässlich der Einbringung des Koalitionsantrages „Die Deutsch-Indischen Beziehungen stärken“

24.10.2019 - Rede

Wenn es ein Land gibt, das im Vergleich zu seiner Bedeutung und seinen Möglichkeiten in Deutschland viel zu oft unter dem Radar fliegt, dann ist es Indien; denn das Land ist längst ein geostrategisches, ein politisches und ein weltwirtschaftliches Schwergewicht geworden. Das gilt erst recht in einer Welt, in der wir immer mehr auf eine Großmächtekonkurrenz zwischen den USA, Russland und China zusteuern. In dieser Welt wäre es auch aus europäischer Sicht gefährlich, die Asienpolitik zu sehr auf China zu verengen, zumal wir mit Indien einen Partner haben, der unseren Werten und unserem Verständnis von Demokratie viel näher steht. Deshalb ist es eine gute Entscheidung, dies heute zum Gegenstand einer Debatte im Deutschen Bundestag zu machen; denn wir müssen auch darüber reden, wie wir unser Verhältnis und unsere Beziehungen zu Indien noch dynamischer gestalten können.

Das ist auch das Ziel, mit dem wir am 1. November zu den mittlerweile fünften deutsch-indischen Regierungskonsultationen nach Indien reisen. Auch dazwischen stimmen wir uns eng ab: Über 30 verschiedene Konsultations- und Dialogformate gibt es bereits. Das spricht für sich. So ist über die Jahre Vertrauen gewachsen zwischen unseren Ländern. In einer Welt, in der die Konflikte - wir haben heute darüber debattiert - nicht weniger werden, haben wir in Indien einen Partner, der sich wie wir für eine regelbasierte internationale Ordnung einsetzt.

Für uns ist Indien mittlerweile der wichtigste Stabilitätsanker in Südasien. Nicht nur wegen unseres Engagements in Afghanistan haben wir großes Interesse daran, dass sich diese Region, die zu den am wenigsten entwickelten und integrierten der Welt zählt, deutlich friedlicher entwickelt, als wir es in den letzten Jahrzehnten zur Kenntnis nehmen durften. Wir teilen auch Delhis Interesse an der maritimen Sicherheit im indopazifischen Raum, an freien Schifffahrtswegen und an militärischer Zurückhaltung. Auch in internationalen Foren - das darf nicht vergessen werden - stimmen wir uns mittlerweile eng ab. Erwähnt sei nur, dass wir im Rahmen der sogenannten G4, also Deutschland, Brasilien, Japan und Indien, weiter auf eine Reform des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen drängen und hinarbeiten und auch der Auffassung sind, dass diese vier Länder in Zukunft einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen haben sollen.

Wir wollen noch weiter gehen und mit Indien auch in den globalen Zukunftsfragen noch enger zusammenarbeiten. Deshalb war es auch so wichtig, dass sich Indien im letzten Monat neben 80 anderen Staaten weltweit unserer Allianz für den Multilateralismus angeschlossen hat. Nehmen wir zum Beispiel den Klimaschutz: Ohne Indien, das bereits heute mit circa 6 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen der drittgrößte Emittent ist, wird die Energie- und Klimawende außerordentlich schwer werden. Deshalb stellen wir dafür im Rahmen der deutsch-indischen “Green Urban Mobility Initiative” über die nächsten fünf Jahre 1 Milliarde Euro zur Verfügung, um diesen Bereich weiterzuentwickeln.

Noch etwas macht Indien für uns zu einem natürlichen Partner: Indien ist die größte Demokratie der Welt. Ich weiß, das wird häufig als Untertitel geführt; aber, ehrlich gesagt, eigentlich muss es in die Überschrift unserer bilateralen Beziehungen. Bei allen Schwierigkeiten, bei den gesellschaftlichen Spannungen, die wir auch in Indien beobachten: 1,3 Milliarden Demokratinnen und Demokraten, gerade in diesen Zeiten, in einer zunehmend autoritären Welt, sollten für uns als Partner unverzichtbar sein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Enkel von Mahatma Gandhi hat einmal gesagt:

„Man macht sich selbst und der Welt ein großes Geschenk, wenn man die Gemeinsamkeiten betont.“

Ich finde, das ist ein gutes Motto für die deutsch-indischen Beziehungen und Ansporn dafür, unsere gemeinsamen Interessen, die deutschen, aber auch die indischen, und die Werte, die uns verbinden, noch stärker ins Zentrum unserer Politik zu rücken.

Herzlichen Dank.

Schlagworte

nach oben