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Rede von Außenminister Heiko Maas anlässlich der Einbringung des Anti-IS-Mandats im Deutschen Bundestag
Vor zwei Wochen hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen über die Rolle des Multilateralismus in der kommenden Zeit diskutiert. Man kann vielleicht eher sagen: Sie hat darüber gestritten. Eine zentrale Frage war: Welche Verantwortung trägt die Weltgemeinschaft für die Stabilisierung der Krisen unserer Zeit? Wir wollen unserem Teil der Verantwortung gerecht werden. Das zeigen auch die aktuellen Zahlen: Allein in den letzten drei Jahren haben wir die deutschen Beiträge für Maßnahmen zur Stabilisierung und zur Krisenprävention weltweit verdreifacht.
Am Kampf gegen den sogenannten IS im Irak lässt sich besonders gut ablesen, wie funktionierender Multilateralismus zur Beilegung internationaler Krisen beitragen kann und welche Rolle Deutschland dabei gespielt hat, spielt und in Zukunft spielen kann. Den irakischen Sicherheits- und Streitkräften ist es mittlerweile gelungen, die territoriale Herrschaft des IS zu beenden. Das war nicht zuletzt möglich durch die Unterstützung einer sehr breiten internationalen Koalition im Kampf gegen den IS. Das militärische Engagement, auch das unserer Bundeswehr, hat dazu beigetragen, überhaupt erst die Voraussetzungen für einen Wiederaufbau und für Stabilisierung zu schaffen. Nur durch das gemeinsame Handeln ist es gelungen, dass über 4 Millionen Binnenvertriebene nach dem Schrecken der Terrorherrschaft in ihre Heimat zurückkehren konnten.
Ich finde, wenn wir über Migration reden, ist das eine Größenordnung, die schon bemerkenswert ist. Deshalb ist es durchaus sinnvoll, darüber zu reden, wie das zustande kam und welche Rolle Deutschland dabei spielte.
Deutschland hat als Teil dieser multilateralen Allianz erheblich zur Stabilisierung des Landes beigetragen. Dies ist zentral für den gesamten Mittleren Osten. Es sollte unser Anspruch sein, diese Entwicklung auch in Zukunft mitzugestalten. Dafür ist nun einmal das Zusammenspiel von sowohl militärischem als auch zivilem Engagement weiter notwendig. Mit mehr als 1,4 Milliarden Euro seit 2014 sind wir mittlerweile der zweitgrößte Geber im Irak. Wir leisten einen Beitrag zur Wahrung der Einheit des Landes und helfen, das Gewaltmonopol des Staates im Land weiter zu stärken. Dennoch - das ist kein Geheimnis - ist der Weg zu einer nachhaltigen Stabilisierung des Irak sicherlich noch lang.
Es gibt durchaus Fortschritte, auch solche, die ermutigend sind und Hoffnung für die Zukunft machen. Die irakischen Parlamentswahlen in diesem Jahr sind überwiegend friedlich verlaufen, trotz allem, was prognostiziert worden ist. Das ist ein deutlicher Schritt nach vorne. Derzeit befindet sich der Irak in einem zwar langwierigen und schwierigen, aber letztlich doch demokratischen Regierungsbildungsprozess. Deshalb stehen wir bereits jetzt, obwohl die Regierung noch nicht gebildet ist, mit all denjenigen, die dafür in Betracht kommen, aber auch mit den anderen Kräften des Parlaments in Kontakt, aber, wie gesagt, vor allen Dingen mit denen, die die nächste Regierung tragen könnten. Sie alle betonen in den Gesprächen mit uns den Wunsch, dass Deutschland sich weiter im Irak engagiert.
An diesen neuen Realitäten im Irak haben, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete, unsere Soldatinnen und Soldaten, die Entwicklungshelferinnen und Entwicklungshelfer, die Diplomatinnen und Diplomaten großen Anteil. Sie haben unter wirklich schwierigsten Bedingungen in den letzten Jahren dazu einen wichtigen Beitrag geleistet. Ich finde, dafür gebührt ihnen der Dank der Bundesregierung, aber vor allen Dingen auch des deutschen Parlaments.
Letztlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, dient das auch unserem ureigensten Interesse. Ein sicherer Irak, der Terroristen keinen Nährboden bietet, der den Menschen vor Ort Perspektiven bietet und der zur Stabilität der Region beiträgt, ist am Ende das wirksamste Mittel, um Ursachen von Flucht und illegaler Migration zu mindern. Die Iraker stellen nach den Syrern nach wie vor die zweitgrößte Gruppe der Asylbewerberinnen und Asylbewerber in Deutschland. Eine Fortsetzung unseres Engagements im Rahmen der internationalen Anti-IS-Koalition ist und bleibt gerade vor diesem Hintergrund mehr als sinnvoll.
Wir haben letztlich einen, wie ich finde, guten Kompromiss für die Ausgestaltung der Mandatsverlängerung gefunden, und zwar einen, der gerade den aktuellen Entwicklungen im Irak Rechnung trägt. Die Unterstützung der irakischen Regierung bleibt für uns dabei unerlässlich. Das werden wir auch in weiteren Gesprächen deutlich machen. Daher haben wir uns entschieden, unser Ausbildungsengagement in sechs Monaten einer Überprüfung zu unterziehen und die anhaltende Zustimmung der zukünftigen irakischen Regierung dabei sicherzustellen. Das ist, wie ich finde, ein mehr als berechtigtes Anliegen.
Meine Damen und Herren, ein ganz herausragender Schwerpunkt unseres Engagements liegt weiter auf dem zivilen Engagement. Wir wollen unseren Teil dazu beitragen, nachhaltig die Ursachen für Radikalisierung und Extremismus vor Ort zu bekämpfen. Daher beteiligen wir uns auch weiter an Stabilisierungsmaßnahmen, zum Beispiel bei der Minen- und Kampfmittelräumung oder durch die Unterstützung der lokalen Landwirtschaft. Unser Engagement vor Ort findet nicht nur große Zustimmung, sondern hat auch große Bedeutung. Es ist richtig, die Menschen nicht auf halber Strecke alleine zu lassen.
Mit dem Antrag der Bundesregierung zur Mandatsverlängerung wollen wir weiter Verantwortung in einer multilateralen Allianz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus übernehmen. Dafür bitte ich Sie um Ihre Zustimmung.
Herzlichen Dank.