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Rede von Außenminister Heiko Maas im Bundestag zum Koalitionsantrag „Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen dürfen nicht straflos bleiben“

28.10.2020 - Rede

„Der Straflosigkeit der Täter ein Ende zu setzen“, das ist, so formuliert es das Römische Statut, das Ziel, das seitdem verfolgt wird.

Heute, 20 Jahre nach der Unterzeichnung des Römischen Statuts, hat - trotz aller Probleme, denen wir ins Auge schauen müssen - das Völkerstrafrecht, wie ich finde, viel erreicht. Ich denke an die wegweisenden Urteile des Internationalen Strafgerichtshofes und der Sonderstrafgerichtshöfe etwa für Jugoslawien und Ruanda. Und erst im August hat das Sondertribunal für den Libanon ein wichtiges Urteil zu dem tödlichen Anschlag auf den ehemaligen Ministerpräsidenten al-Hariri gesprochen.

Aber gleichzeitig - das darf nicht unerwähnt bleiben - erleben wir viele schmerzhafte Rückschritte. Regierungen, bewaffnete Gruppen, Terroristen treten die Menschenrechte und das Völkerrecht mit Füßen. Ich sage Ihnen ganz offen: Viel zu häufig bleiben derartige Verbrechen ungestraft.

Das liegt auch daran, dass die drei ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates USA, China und Russland den Internationalen Strafgerichtshof weiterhin nicht anerkennen. Seit Neuestem belegt Washington Vertreter des Internationalen Strafgerichtshofes sogar mit Sanktionen, etwas, was vor ein paar Jahren so noch gar nicht vorstellbar gewesen ist - auf jeden Fall ein großer Fehler, von dem ich hoffe, dass er in absehbarer Zeit korrigiert wird.

Meine Damen und Herren, die Straflosigkeit der Täter verhöhnt nicht nur die Opfer. Sie gefährdet auch den Frieden, weil Gerechtigkeit eben die Voraussetzung ist für dauerhafte Versöhnung - das erleben wir in vielen Konfliktfällen - und die daraus folgende Stabilität.

Deutschland tritt deshalb ganz entschieden dafür ein, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen, und zwar überall, wo wir können: international, europäisch und immer öfter auch national, also hier bei uns. Auf internationaler Ebene gehören wir zu den größten Unterstützern des Internationalen Strafgerichtshofs - politisch, personell und auch finanziell. In gleicher Weise fördern wir die Sonderstrafgerichtshöfe, etwa für den Libanon und das Kosovo.

Und dort, wo wir aufgrund der Blockaden im Sicherheitsrat an unsere Grenzen stoßen - etwa in Syrien, im Irak oder in Myanmar -, haben wir gemeinsam mit den Vereinten Nationen Mechanismen geschaffen, um Beweise für eine zukünftige Strafverfolgung zu sammeln. Dem dient auch das Bündnis gegen Straflosigkeit, das wir gemeinsam mit gleichgesinnten Außerministerinnen und Außenministern als Teil der Allianz für den Multilateralismus gegründet haben, der mittlerweile über 70 Staaten angehören. „Ihr müsst nicht ewig auf Gerechtigkeit warten“ - das ist unsere Botschaft an die Opfer.

Auf europäischer Ebene arbeiten wir mit unseren EU-Partnern an einem globalen EU-Menschenrechtssanktionsregime, das längst überfällig ist.

Mit diesem Sanktionsregime werden wir politisch Verantwortliche belangen können, die ihre eigene Bevölkerung terrorisieren, foltern und einsperren. Im Rahmen unserer EU-Ratspräsidentschaft wollen wir dafür schnellstmöglich die Rechtsgrundlagen schaffen, noch innerhalb dieses Jahres.

Auch national gehen unsere Gerichte und Staatsanwaltschaften mit gutem Beispiel voran. Seit diesem Jahr wird am Oberlandesgericht Koblenz erstmals zwei Vertretern des syrischen Regimes wegen Folter, Mord und sexualisierter Gewalt der Prozess gemacht. Und auch IS-Terroristen stehen längst vor deutschen Gerichten. Damit stärken wir das Weltrechtsprinzip und ermutigen weitere Staaten, auch national gegen Völkerrechtsverbrechen vorzugehen.

Meine Damen und Herren, das ist wichtig; denn bedauerlicherweise ist das keine Selbstverständlichkeit mehr.

Für Versöhnung und Frieden muss die Straflosigkeit der Täter enden - so steht es im Römischen Statut und so steht es in unserem heutigen Antrag. Dafür werden wir uns auch weiterhin mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, einsetzen.

Herzlichen Dank.

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