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„Gemeinsam sehr entschlossen für Vielfalt und Toleranz eintreten.“

30.07.2018 - Interview

Außenminister Heiko Maas im Interview mit der Bild. Themen: transatlantisches Verhältnis, Asien-Reise des Ministers, Diskussion um Mesut Özil.

Sie sind seit knapp vier Monaten Außenminister. Ihre wichtigste Erkenntnis aus dieser Zeit?

Die wichtigste Erkenntnis ist, dass es in der Außenpolitik keine Gewissheiten mehr gibt. Die Gültigkeit internationaler Verträge, das Funktionieren von Bündnisse – all das galt bisher als selbstverständlich. Ist es offensichtlich aber nicht mehr. Das macht die Welt unübersichtlicher und komplizierter. Und gefährlicher!

...und das alles nur, weil Donald Trump US-Präsident ist?

Auch, aber nicht nur! Aber wenn sich langjährige Bündnispartner gegenseitig mit Handelskrieg drohen, wenn mühsam ausgehandelte Verträge – wie das Iran-Atomabkommen – einfach so weggewischt werden, dann wird es immer schwieriger, darauf angemessen zu reagieren. Wir müssen deshalb umso klarer und besonnener handeln.

Die traditionelle Außenpolitik hat aber wenig oder nichts gebracht: Die Krim ist immer noch von Russland besetzt, der Nahostkonflikt ungelöst. Und in Syrien schlachtet Diktator Assad weiter Menschen ab. Braucht es da nicht endlich neue Ideen?

Schon. Aber vernünftige Ideen! Wüste Drohungen per Twitter, Säbelrasseln – und dann eine große Show der Versöhnung – das ist weder vernünftig, noch verantwortungsvoll. So funktioniert Politik nicht.

Im Handelsstreit im der EU hat US-Präsident Trump damit erstmal Erfolg gehabt. Und im Korea-Konflikt auch...

Das wird sich erst noch zeigen müssen. Ich bin skeptisch, dass der bedrohliche Konflikt in Korea wirklich schon beigelegt ist. Schön wäre es ja – aber das Regime des nordkoreanischen Diktators Kim geht derzeit noch brutaler gegen die eigene Bevölkerung vor als bisher. Und ob Nordkorea die jahrzehntelangen Tricksereien beim Atomprogramm jetzt plötzlich bleiben lässt, nur wegen eines Händedrucks zwischen Kim und Trump – da habe ich Zweifel.

Trotzdem: Das Treffen in Singapur war ein Fortschritt. In Syrien dagegen geht das Morden weiter – und das Regime in Damaskus gewinnt am Ende seinen Krieg gegen das Volk. Können Sie sich vorstellen, Assad irgendwann wieder die Hand zu schütteln?

Nein, das kann und möchte ich mir nicht vorstellen. Grundsätzlich muss man aber als Außenminister auch bereit sein, gerade auch mit Leuten zu verhandeln, die unsere Werte nicht teilen oder sogar ablehnen. Alles hat allerdings seine Grenzen. Für Kriegsverbrecher sollte es keinen Weg zurück auf die internationale politische Bühne geben.

Sie waren in dieser Woche in Seoul. Haben Sie mit Ihrer dortigen Amtskollegin auch das deutsche Ausscheiden bei der Fußball-WM - ausgerechnet gegen Korea - geredet?

(lacht) Ich habe ihr gesagt, dass für uns das Ausscheiden zwar bitter war, ich den Koreanern den Sieg gegen Deutschland aber nicht übelnehme – und als Zeichen trotzdem nach Seoul gereist bin...

Im Ernst; das deutsche Ausscheiden und die Diskussion um Mesut Özil hat bei uns eine Riesendebatte um Integration und den Umgang mit Migranten ausgelöst. Schadet das dem Bild Deutschlands im Ausland?

Es schadet dem Bild Deutschlands, wenn der Eindruck entsteht, dass Rassismus bei uns wieder salonfähig wird. Dass sich Menschen mit Migrationshintergrund bedroht fühlen, dürfen wir nicht zulassen. Wir müssen gemeinsam sehr entschlossen für Vielfalt und Toleranz eintreten.

Zeigt die Debatte nicht auch, dass wir in Deutschland immer noch ein Problem im Umgang mit Migranten haben?

Leider zeigt die Debatte, welchen bitteren Anfeindungen Migranten bei uns noch immer ausgesetzt sind. Auch die Zahl der fremdenfeindlichen und antisemitischen Übergriffe ist bedrückend hoch. Das ist einfach beschämend für unser Land.

Wenn ein SPD-Kommunalpolitiker (Bernd Holzhauer) Özil als „Ziegenf...“ beschimpft, dann schlägt das vor allem in der Türkei hohe Wellen. Warum schmeißt die SPD ein solches Mitglied nicht einfach raus?

Solche Beleidigungen dürfen wir nicht so stehen lassen. Rassistische Beschimpfungen sind schlicht widerlich - egal von wem. Leider sind Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus in Deutschland noch immer an der Tagesordnung. Wichtig ist, dass wir da alle gemeinsam gegenhalten.

Ihr Parteifreund, Altkanzler Schröder, hat Sie wegen ihrer ersten Reaktion auf den Fall Özil heftig kritisiert. Trifft Sie das?

Nein. Dazu ist einfach jeder Kommentar überflüssig...

Interview: Rolf Kleine.

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