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Rede von Außenminister Heiko Maas an die deutschen Beschäftigten in internationalen Organisationen

18.06.2020 - Rede

(Videobotschaft)

Es gibt diese Momente in der Geschichte, in denen sich das Rad der Zeit schneller zu drehen scheint. Es ist gerade einmal dreieinhalb Monate her, dass wir Sie nach Berlin eingeladen haben. Doch die Welt von vor dreieinhalb Monaten war eine völlig andere.

Die COVID-19-Pandemie ist die erste wirklich weltumspannende Krise unseres Jahrhunderts. Sie alle erleben das – egal wo auf dieser Welt Sie gerade unter schwierigen Bedingungen leben und arbeiten.

Und auch in der internationalen Politik befinden wir uns an einem Wendepunkt. Noch ist nicht klar, in welche Richtung das geopolitische Pendel ausschlagen wird. Wir erleben ermutigende Zeichen internationaler Solidarität. Aber in vielen Ländern auch einen Rückfall in nationale Egoismen und gezielte Angriffe auf die regelbasierte internationale Ordnung.

Ich weiß, vielen von Ihnen bereitet das große Sorge. Mir auch.

Doch wir sind diesen Entwicklungen nicht tatenlos ausgesetzt. Und das liegt an Menschen wie Ihnen, die internationale Zusammenarbeit tagtäglich leben. Wohl selten zuvor war Ihre Arbeit nötiger als heute.

Die COVID-19-Pandemie hat die Verwundbarkeit unserer Welt deutlich gemacht. Aber gerade in Europa hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass in Krisen immer auch eine Chance auf Veränderung stecken kann. Diese Chance wollen wir während unserer Präsidentschaft ab Juli in der Europäischen Union ergreifen.

Die Vorschläge aus Deutschland und Frankreich für ein europäisches Wiederaufbauprogramm können ein echter „game changer“ werden - hin zu einem wirklich vereinten Europa, das in der nächsten Krise nicht mehr in Frage gestellt wird. Dafür werden wir massiv in die Zukunft investieren – in ein klimafreundlicheres, souveräneres Europa.

Und eines, das geeinter nach außen wirkt und sozialer handelt im Innern.

Und mehr noch: Angesichts der wachsenden Spannungen zwischen den USA und China, angesichts der wachsenden Blockaden im internationalen System muss dieses Europa auch der Motor sein für globale, multilaterale Lösungen.

Diesen Einsatz für einen Multilateralismus des 21. Jahrhunderts werden wir auch in die internationalen Organisationen tragen – von der WHO über die internationalen Finanz- und Handelsorganisationen bis in den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Im Juli werden wir dort den Vorsitz übernehmen.

Und schon jetzt ist klar: Auch diese Zeit wird von Krisenmanagement geprägt sein. Im Nahen Osten zeichnet sich ab, dass Israel Teile des Westjordanlands annektieren könnte. Und gleichzeitig wird der Sicherheitsrat sich mit den sicherheitspolitischen Folgen der Corona-Krise beschäftigen müssen, die die Stabilität ganzer Länder gefährden. Auch das werden wir einfordern.

Meine Damen und Herren,

das alles gelingt nur mit Partnern wie Ihnen.

Und umgekehrt möchte ich Sie ermutigen, auch uns, die Bundesregierung, als Ihre Partner zu begreifen.

Wir werden nicht alle Löcher stopfen können, die die Abkehr einiger Staaten vom Multilateralismus gerissen hat. Aber egal ob beim Peacekeeping, in der humanitären Hilfe oder in der Entwicklungszusammenarbeit – Deutschlands Einfluss und Rolle ist in den letzten Jahren deutlich gewachsen. Nutzen Sie das auch für Ihre Arbeit!

Oder anders ausgedrückt: Sie sind die Baumeister des Multilateralismus - zurzeit vielleicht auch eher seine Restauratoren. Wo immer wir Ihnen Steine und Mörtel liefern können, da wollen wir das tun.

In diesem Sinne: Auf eine weiter enge und gute Zusammenarbeit! Ich freue mich schon darauf, Sie beim nächsten Mal wieder persönlich hier in Berlin begrüßen zu dürfen. Bis dahin: Passen Sie gut auf sich auf und vor allem: bleiben Sie gesund!

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