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Brexit: „Die Zeit wird jetzt knapp“

21.01.2019 - Interview

Außenminister Heiko Maas in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“ zu den Brexit-Verhandlungen.

Sehen Sie ernsthaft noch eine Alternative zu einem harten, einem chaotischen Brexit? Ist da noch was zu retten?

Das hoffe ich doch schwer... Keiner will den harten Brexit, auch die Mehrheit im Unterhaus in London will ihn nicht. Und deshalb muss man erst mal sagen, was man will. Das soll ja dann auch morgen geschehen... Letztlich reicht es nicht, wenn man in London entscheidet, was man nicht will. Sondern sie müssen jetzt entscheiden, was sie wollen, und darüber werden wir dann mit ihnen reden.

Würden Sie nicht auch sagen, im Moment ist doch deutlich wahrscheinlicher, dass das Ganze ohne Deal endet als mit einem Deal?

Es ist zumindest wahrscheinlicher geworden, weil das, was die Europäische Kommission mit der Regierung in London ausgehandelt hat, dem die Regierung ja auch zugestimmt hat, vom Parlament abgelehnt worden ist. Jetzt müssen wir wissen, was das Parlament will, mit was das Parlament dann doch noch zu überzeugen sein wird. Denn man kann ja schlecht sagen, wir wollen alle keinen harten Brexit, aber bei den Abstimmungen wird dann immer gegen alles gestimmt, was vorgelegt wurde. Dieses Abkommen, das wir verhandelt haben, ist schon ein Kompromiss, da sind alle aufeinander zugegangen. Und die Zeit wird jetzt knapp.

Zu diesem Plan B soll offenkundig gehören, das Theresa May einen eigenen Vertrag in der Irland-Frage mit Irland schließen will. Wäre das überhaupt ein Ansatzpunkt, oder müssen nicht die anderen Europäer sagen: Genau da bleiben wir nun wirklich sehr hart?

Antwort: ... Kreativ scheint es zu sein. Wie das funktionieren soll, ist mir allerdings nicht so klar. Letztlich müssen wir ein Austrittsabkommen mit Großbritannien nicht nur verhandeln, sondern auch beschließen. Mir ist etwas schleierhaft, was die britische Regierung mit Dublin verhandeln will oder was für ein Zusatzabkommen das sein soll. Es wird keine Auswirkungen auf das haben, was mit der Kommission verabredet worden ist. Deshalb ist es gut, dass endlich mal Klarheit herrscht. Und deshalb haben wir große Erwartungen an das, was Theresa May morgen vorschlagen wird.

Noch einmal klar und deutlich: Ist das Austrittsabkommen nun noch verhandelbar, oder ist es das nicht?

Also, das wird sehr schwer, das noch einmal aufzumachen... Denn dem müssten alle 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union zustimmen. Und da gibt es gerade in den letzten Tagen relativ deutliche Äußerungen, dass es viele gibt, die dazu nicht mehr bereit sind; es gibt welche, die halten sich das wohl offen. Deshalb müssen wir jetzt - es geht nicht anders - abwarten, was die Briten uns vorschlagen. Und dann wird man im Kreis der Mitgliedstaaten darüber reden müssen, wie es weiter geht... Dass es Gespräche gibt, dass wir alles dafür tun wollen, dass dieses Abkommen gerettet wird und dass es keinen harten Brexit gibt - ich glaube, das eint uns alle.

Die Variante eines zweiten Referendums - geben Sie dem überhaupt eine reelle Chance? Wir haben den Appell der Parteivorsitzenden in der Londoner Times gesehen.

Es wäre uns allen viel lieber, wenn Großbritannien Mitglied der Europäischen Union bleibt. Aber ich würde mich etwas zurückhalten damit, Vorschläge zu machen, jetzt ein zweites Referendum abzuhalten... Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Vorschläge, die aus Europa kommen, die Situation für Frau May eher verkompliziert haben... Ehrlich gesagt, ich halte das nicht für die wahrscheinlichste Variante.

Interview: Bettina Schausten

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