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Grußwort von Außenminister Sigmar Gabriel zur Eröffnung des katarischen Kulturzentrums

21.11.2017 - Rede

Exzellenzen,
sehr geehrte Damen und Herren,
lieber Kollege,

in der historischen Villa Calé eröffnen wir heute das Kulturzentrum „The Divan“. West-östlicher Divan – Johann Wolfgang von Goethe.

Das erinnert uns daran, dass wir trotz der großen Unterschiede, die es zwischen unseren Regionen, unseren Völkern und unseren Traditionen gibt, auch vieles gemeinsam haben. Und dass es vor uns Menschen gab, die wussten, dass das Gemeinsame, Verbindende für uns jedenfalls von größerem Interesse sein sollte, als das Trennende.

An diesem Ort soll künftig Sprach- und Kulturarbeit stattfinden, und wir gratulieren Katar für diesen mutigen Schritt, welcher neue Perspektiven für Dialog und Austausch schaffen kann.

In Deutschland werden die Staaten der arabischen Halbinsel zu Recht mit großer wirtschaftlicher Dynamik assoziiert. Auch mit aktuellen politischen Fragen, aber vor allem gelten alle Länder der Golfregion als starke und dynamische Partner.

Viel zu wenig und viel zu selten verbindet man die Golfstaaten mit Kultur. Wer sich aber intensiver mit der Region beschäftigt, der weiß, dass gerade in Doha eine lebendige, und sehr dynamische Kulturszene zu Hause ist.

Ich erinnere mich noch gut an meinen Besuch in einem Kunstmuseum, das von außen wie eine Wüstenfestung gestaltet war, und in welcher ein Koran gezeigt wurde, der von links nach rechts geschrieben ist, weil er sich an die Menschen richtete, die über Jahrhunderte in Spanien gelebt hatten und zurückkehren mussten. Und diesen Menschen sollte der Erwerb der arabischen Sprache und der religiösen Kenntnisse erleichtert werden. So etwas steht für Anpassungsfähigkeit und für vieles andere mehr.

Und speziell in diesem Jahr – also am Vorabend des 45. Jubiläums unserer diplomatischen Beziehungen – wird diese lebendige Kultur ganz konkret sichtbar.

So konnten schon tausende von Besuchern Dank des großen Engagements von Volkswagen für die „Deutsche Saison“ in Katar dort Ausstellungen wie „Driven by German Design“ oder „German Encounters – Contemporary Masterpieces“ bewundern.

Und umgekehrt wird sich Katar hier in Berlin demnächst mit einer großen Ausstellung im „Kraftwerk“ präsentieren.

Meine Damen und Herren,

bei der Eröffnung des Kulturhauses geht es aber nicht nur um Ausstellungen, „Werkschauen“ und das reine „Repräsentieren“. Vielmehr soll dieses Haus auch eine Stätte der Begegnung und des Dialogs werden.

Und damit setzt dieser Ort ein Signal für etwas, das weit über unsere bilateralen Beziehungen hinausgeht. Ein Signal für Verständigung, für Vermittlung, für Öffnung.

Denn gerade in politisch unruhigen Zeiten, in denen manchmal der Dialog in den Hintergrund tritt, ist es umso wichtiger Brücken zu bauen, das Einende zu betonen und zu helfen, Mauern wieder zu beseitigen.

Ich habe meinem Kollegen, Scheich Mohamed, daher heute als Symbol für den Abbau von Mauern ein kleines Stück der Berliner Mauer überreicht, als Symbol für ein großes Originalstück, das bald in den „Qatar Museums“ in Doha ausgestellt wird.

Ich erfülle damit auch ein Versprechen, welches ich gegeben habe, denn man soll als Politiker ja gerade in den aktuellen Zeiten vor allem seine Versprechen halten.

Insofern hoffen wir die auf schnelle Überbringung dieses Mauerstücks, welches uns auch daran erinnern soll: Mauern abzubauen ist anstrengend, aber lohnenswert.

Meine Damen und Herren ,

an einem solchen Tag ist es aber auch wichtig zu sagen, dass unser Land, das Deutschland, ein Interesse an Partnerschaft zu allen Ländern der arabischen Halbinsel und der Golfregion hat.

Wir sind weder ausschließlich der Freund des einen – noch der Gegner des anderen, sondern wir haben traditionell gute Beziehungen zu allen Seiten und wollen diese auch aufrechterhalten.

Wir haben ein Interesse an guten Beziehungen zu Katar, zu Saudi-Arabien, zu Kuwait, zu Bahrain und zu all denen, die in der Region beheimatet sind und übrigens auch zu denen, die manchmal im Konflikt zueinander stehen.

Wir haben vielleicht auch etwas Besonderes anzubieten, was ich gerne in Englisch vortragen möchte:

There is something about our European and German experience that might be of interest for any region in the world suffering from deeply rooted conflict.

It is our experience that even after a World War and – more specifically – after a time when Germans killed people all over Europe, we – as Germans – were invited to start a new European cooperation. And this invitation was given to us by those who suffered under German occupation and experienced killings and torture. And nevertheless, they invited us. In other words, we experienced that former enemies became partners and later friends.

This experience might be a specific German or European experience, but I hope that we can share this experience with other regions in the world that suffer from deeply rooted conflict or a situation where people do not see a way out of a conflict.

Because I think, our experience shows that you can find a way back to partnership and friendship. Even after one country tortured and killed people from a neighbouring country. And we stand ready to share this kind of experience, whenever this is helpful.

And I would like to underline that we do not intend to be only someone’s friend and at the same time someone else’s enemy. We want to be partners to everybody and we want to be helpful in coming to a culture of peace and mutual understanding.

Meine Damen und Herren,

ich wünsche mir daher sehr, dass sich diese Villa als ein Ort etabliert, der genau für diese Form von Dialog und Offenheit steht und ich freue mich auf faszinierende Ausstellungen, bestimmt auch spannende, manchmal auch anstrengende Diskussionen und einen echten Austausch der Kulturen und der Meinungen.

Herzlichen Dank nochmals für die Initiative und alles Gute für dieses Haus!

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