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Erklärung der deutschen und französischen Menschenrechtsbeauftragten anlässlich der Verhandlung gegen Taner Kılıç und die Istanbul 10

02.07.2020 - Pressemitteilung

Anlässlich der bevorstehenden Verhandlung gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Türkei-Sektion von Amnesty International, Taner Kılıç, sowie die als „Istanbul 10“ bekannten Menschenrechtsverteidiger*innen erklären der Französische Botschafter für Menschenrechte, François Croquette, und die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechte und humanitäre Fragen im Auswärtigen Amt, Bärbel Kofler, heute (02.07.):

Das umstrittene Strafverfahren gegen Taner Kılıç und die sogenannten ‚Istanbul 10‘ steht exemplarisch für den Druck, dem die türkische Zivilgesellschaft derzeit ausgesetzt ist. Das hat unsere jüngste Online-Diskussion mit Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidigern aus der Türkei erneut deutlich gemacht.

Niemand in der Türkei sollte eine Strafe fürchten müssen, wenn keine stichhaltigen Beweise für strafrechtliches Unrecht vorliegen. Legitimes menschenrechtliches Engagement darf nirgends ein Delikt sein! Wir möchten daran erinnern, dass eine freie und dynamische Zivilgesellschaft sowie die Unabhängigkeit der Justiz wichtige Säulen einer offenen Demokratie darstellen.

Wir begrüßen die jüngste Entscheidung des türkischen Verfassungsgerichts zugunsten von Selahattin Demirtaş. Wir erwarten weitere Schritte des türkischen Staates hin zu mehr Rechtsstaatlichkeit und der Gewährleistung von Grundrechten und -freiheiten, zu denen sich auch die Türkei international verpflichtet hat.

Hintergrund:

Der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Türkei-Sektion von Amnesty International, Taner Kılıç, wurde am 06.06.2017 in Izmir festgenommen, die Staatsanwaltschaft wirft ihm „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ vor. Sein Verfahren wurde mit jenem gegen die sog. „Istanbul 10“ verbunden, zu denen auch die ehemalige Direktorin der türkischen Sektion von Amnesty International, Idil Eser und der deutsche Menschenrechtsaktivist Peter Steudtner gehören. Sie wurden am 05.07.2017 auf der Insel Büyükada vor Istanbul festgenommen. Dort hatten die Festgenommenen an einem routinemäßigen Workshop für Menschenrechtsverteidiger teilgenommen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Mitgliedschaft beziehungsweise Unterstützung terroristischer Organisationen vor. Der nächste Verhandlungstag ist der 03.07.2020.

Der ehemalige Vorsitzende der Oppositionspartei HDP Selahattin Demirtaş wurde am 04.11.2016 zusammen mit weiteren HDP-Abgeordneten verhaftet und befindet sich seither in Haft. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat mit Urteil vom 20.11.2018 die Entlassung aus U-Haft sowie Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 25.000 Euro angeordnet. Eine Entscheidung in der Berufungsinstanz steht aus. Am 19.06.2020 wurde eine Entscheidung des TUR Verfassungsgerichts bekannt, derzufolge Herrn Demirtaş eine Entschädigung von 50.000 Lira wegen der unverhältnismäßig langen U-Haft zusteht.

Am 30.06.2020 informierten sich Menschenrechtsbeauftragte Kofler und Botschafter Croquette im Rahmen einer Videokonferenz mit Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidigern aus der Türkei über die aktuelle Lage in der Türkei.

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