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Gemeinsame Pressemitteilung von AA und BMI zum Bundesaufnahme­programm für besonders gefährdete Menschen aus Afghanistan

17.10.2022 - Pressemitteilung

Deutschland setzt sich im Rahmen der internationalen Bemühungen auch nach der Machtergreifung durch die Taliban Mitte August 2021 weiterhin für die Menschen in Afghanistan ein. Hierzu gehören neben der humanitären Hilfe vor Ort auch die in den vergangenen Monaten erfolgten Aufnahmen von ehemaligen Ortskräften und weiteren besonders gefährdeten Afghaninnen und Afghanen.

Fast 26.000 Ortskräfte und besonders gefährdete Afghaninnen und Afghanen konnten bereits die von der Bundesregierung ermöglichten Aufnahmewege nach Deutschland nutzen.

Daran knüpft die Bundesregierung nun mit dem Bundesaufnahmeprogramm an und setzt damit ein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag um. Teil des Abstimmungsprozesses war auch eine strukturierte Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen.

Das Bundesministerium des Innern und für Heimat und das Auswärtige Amt haben unter Beteiligung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie im Dialog mit Organisationen der Zivilgesellschaft ein ausgewogenes Programm entwickelt.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser:

Wir handeln und erfüllen unsere humanitäre Verantwortung. Im EU-Vergleich haben wir mit Abstand die meisten Aufnahmen von ehemaligen Ortskräften und weiteren besonders gefährdeten Afghaninnen und Afghanen in Deutschland ermöglicht.

Diese Verantwortung übernehmen wir auch weiterhin. Dafür haben wir jetzt einen strukturierten Rahmen für die Zukunft geschaffen. Auf der Grundlage festgelegter Aufnahmekriterien können wir besonders gefährdeten und vulnerablen Personen aus Afghanistan Schutz bieten. Dabei orientieren wir uns an der Zahl der Menschen, die wir auch bisher aufgenommen haben. Denn wir sehen die große Belastung der Kommunen durch die hohe Anzahl Geflüchteter, die wir in diesem Jahr bereits aufgenommen haben. Die Aufnahme- und Integrationsfähigkeit haben wir fest im Blick.

Bei der Umsetzung gehen wir in der engen Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen neue Wege und Kooperationsformen ein, die es so bisher nicht gegeben hat. Dafür stärken wir die Strukturen der zivilgesellschaftlichen Organisation insbesondere mit einer Koordinierungsstelle, um sie bei der Beteiligung am Programm zu unterstützen.

Außenministerin Annalena Baerbock:

Viele Menschen in Afghanistan leben jeden Tag in Angst vor Verfolgung und Gewalt – Menschen, die mit uns an eine bessere Zukunft Afghanistans geglaubt, sie gelebt, sich dafür eingesetzt haben. Vor allem Frauen und Mädchen rauben die Taliban seit letztem Sommer jede Perspektive und Hoffnung, schränken ihre Rechte immer weiter ein, gehen brutal gegen jede und jeden vor, die sich dagegen wehrt. Besonders an sie richtet sich deshalb das humanitäre Aufnahmeprogramm, das heute endlich an den Start geht. Ihnen wollen wir ein Stück Hoffnung zurückgeben und die Chance auf ein Leben in Freiheit, Selbstbestimmung und Sicherheit.

Besonders dankbar bin ich den vielen Engagierten in der Zivilgesellschaft, die mit bewundernswertem Einsatz und teils unter größtem persönlichen Risiko seit letztem Jahr helfen, Menschen aus Afghanistan zu retten. Sie haben uns bei der Erarbeitung von Auswahlkriterien und Zielgruppen beraten und helfen, dass wir mit dem Bundesaufnahmeprogramm diejenigen Menschen erreichen, die es am dringendsten brauchen. Dafür haben wir jetzt auch einen klaren und verlässlichen rechtlichen Rahmen geschaffen.

Heute geht es an die Umsetzung. Dabei will ich nicht verheimlichen: wir stehen weiterhin vor einer Mammutaufgabe. Zu erklären, dass wir Menschen aufnehmen, ist das eine – dafür zu sorgen, dass sie dann auch sicher aus Afghanistan heraus nach Deutschland kommen können, das andere. Es wird eine gemeinsame Kraftanstrengung, dass wir die Ziele auch erreichen, die wir uns gesteckt haben. Wir werden nicht lockerlassen.

Ein perfektes System wird es angesichts des komplexen Themas und der extrem schwierigen Lage vor Ort nicht geben können. Wir sind uns der auch im neuen Bundesaufnahmeprogramm liegenden Baustellen bewusst. Aber endlich ein bundesweites Programm zu haben, um besonders Schutzbedürftige möglichst gefahrlos auf legalem Wege in Sicherheit zu bringen, ist tausendmal besser als kein Aufnahmeprogramm zu haben.

Für das Bundesaufnahme­programm für besonders gefährdete Menschen aus Afghanistan wurde folgender Rahmen vereinbart:

Zielgruppe:

Afghanische Staatsangehörige in Afghanistan, die

  • sich durch ihren Einsatz für Frauen- und Menschenrechte oder durch ihre Tätigkeit in den Bereichen Justiz, Politik, Medien, Bildung, Kultur, Sport oder Wissenschaft besonders exponiert haben und deshalb individuell gefährdet sind

    oder
  • die aufgrund ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität oder ihrer Religion eine sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalles ergebende spezifische Gewalt oder Verfolgung erfahren bzw. erfahren haben und deshalb konkret und individuell gefährdet sind, insbesondere als Opfer schwerer individueller Frauenrechtsverletzungen, homo- oder transfeindlicher Menschenrechtsverletzungen oder als exponierte Vertreterinnen und Vertreter religiöser Gruppen/Gemeinden.

Verfahren:

Für das Programm kommen nur Menschen mit Aufenthalt in Afghanistan in Betracht. Geeignete Personen sind von meldeberechtigten Stellen vorzuschlagen. Meldeberechtige Stellen sind solche, die von der Bundesregierung für dieses Vorschlagsrecht aufgrund ihrer spezifischen Kenntnisse der für die Aufnahme in Frage kommenden Personen oder Verhältnisse in Afghanistan bestimmt werden. Hierfür kommen auch zivilgesellschaftliche Organisationen in Frage. Die teilnehmenden zivilgesellschaftlichen Organisationen werden durch eine vom BMI finanzierte Koordinierungsstelle bei diesem Verfahren unterstützt.

Der Vorschlag erfolgt, in dem meldeberechtigte Stellen die für eine Auswahl und Aufnahme erforderlichen Daten und Informationen zu einer Person in einer vom BMI zur Verfügung gestellten IT- Anwendung eingeben. Der Zugang zur IT-Anwendung ist nur nach vorheriger Authentifizierung als meldeberechtigte Stelle möglich. Erste Eingaben in die IT-Anwendung werden nach erfolgter Registrierung meldeberechtigter Stellen in den kommenden Tagen erfolgen können.

Im Fokus stehen zu Beginn des Programms zunächst Personen, zu denen die teilnehmenden Stellen bereits Informationen haben. Es ist beabsichtigt, Möglichkeiten für neue Anmeldungen in einer späteren Phase des Programms zu schaffen.

Die Bundesregierung trifft auf der Grundlage der vorgelegten Vorschläge und festgelegter Auswahlkriterien die Auswahlentscheidung. Auswahlentscheidungen finden in regelmäßigen Abständen unter Zugrundelegung des aktuellen Datenbestandes statt, während die meldeberechtigte Stellen fortlaufend Vorschläge einbringen können. Bei der Berücksichtigung von Familienangehörigen kommt eine Familiendefinition zur Anwendung, die an die Lebensrealität vor Ort angepasst ist.

Die Umsetzung soll nun zügig erfolgen, sodass die ersten Aufnahmen erteilt und die ausgewählten Personen aktiv bei der Ausreise unterstützt werden können. In der Anlaufphase des neuen Programms läuft die Aufnahme in bereits bekannten Fällen nach den bisher geltenden Kriterien weiter.

Größenordnung

Mit dem Bundesaufnahmeprogramm ist geplant, im Monat ca. 1.000 besonders gefährdete Afghaninnen und Afghanen mit ihren Familienangehörigen aus Afghanistan aufzunehmen. Das entspricht dem Umfang der Aufnahmen besonders gefährdeter Afghaninnen und Afghanen in den vergangenen Monaten.

Bisherige Aufnahmen und Einreisen

Bisher hat die Bundesregierung für ca. 38.100 Afghaninnen und Afghanen eine Aufnahme zugesagt. In den vergangenen Monaten wurden im Schnitt für ca. 1.000 Personen im Monat Aufnahmen erklärt. Unter den Personen mit Aufnahmezusage befinden sich ca. 24.500 ehemalige Ortskräfte und ca. 13.600 weitere gefährdete Afghaninnen und Afghanen, jeweils einschließlich berechtigter Familienangehöriger. Davon sind mehr als zwei Drittel (ca. 26.000 Personen) bereits nach Deutschland eingereist.

Weitere Informationen zum Programm hat die Bundesregierung auf folgender Webseite www.bundesaufnahmeprogrammafghanistan.de zusammengestellt.

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