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Rede von Staatsminister Niels Annen im Deutschen Bundestag zur Verlängerung des UNIFIL-Mandats

07.06.2018 - Rede

-- es gilt das gesprochene Wort --

Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

Wenn wir über den Libanon reden, erinnern wir uns nur zu gut an Bilder von Bürgerkrieg, Krieg und von der Autobombe, die den Regierungschef tötete.

Angesichts der Vielfalt der libanesischen Gesellschaft mit allein 18 Religionsgemeinschaften mutet es fast wie ein Wunder an, dass es gelungen ist, den Libanon aus den Konflikten der Region herauszuhalten.

Meine Damen und Herren,

es hat auch im letzten Jahr Zeiten gegeben, in denen wir uns um Ruhe und Stabilität ernste Sorgen machen mussten. Da war der Rücktritt von Präsident Hariri im November 2017 – der auch im Zusammenhang mit dem überwölbenden regionalen Konflikt zwischen Saudi Arabien und Iran gesehen wurde. Da waren Verletzungen des Waffenstillstandes und Drohgebärden der Hisbollah, auf die Israel hochsensibel reagiert.

Aber, meine Damen und Herren, trotz dieser Vorzeichen ist es gelungen, Probleme einzudämmen und die Stabilität des Landes zu wahren. Nicht zuletzt, weil es zwischen den Parteien Gespräche gegeben hat. Das ist vor allem Verdienst von UNIFIL.

Meine Damen und Herren,

die Friedensmission UNIFIL der Vereinten Nationen bleibt zentral für die Stabilisierung des Libanon.

Wir haben zu dieser Mission seit ihrer Neuaufstellung nach dem Krieg zwischen Libanon und Israel 2006 viel beigetragen, lange Zeit mit dem größten deutschen Kontingent in einer VN-Mission.

Ich selbst konnte mir zuletzt im November 2017 beim deutschen UNIFIL-Einsatzkontingent in Naqoura im südlichen Libanon an der Grenze zu Israel ein Bild von der Lage vor Ort machen.

Das UNIFIL-Engagement der deutschen Soldatinnen und Soldaten, die unter dem irischen Generalmajor Michael Beary dienen, unterstützt in dreierlei Hinsicht:

Erstens geht es um die Funktion von UNIFIL als Deeskalations- und Kommunikationskanal. Durch Diplomatie und Vermittlung arbeitet UNIFIL daran, Spannungen abzubauen – ganz konkret vor Ort an der Blauen Linie und insbesondere in den sogenannten ‚Dreiparteiengesprächen‘ mit den libanesischen und israelischen Streitkräften.

Wir dürfen ja nicht vergessen, dass der Kriegszustand zwischen Israel und dem Libanon offiziell noch nicht beendet ist. Beide Staaten erkennen sich weiterhin nicht an, Land- und Seegrenze sind nicht festgelegt. Aber beide akzeptieren und schätzen den wertvollen UNIFIL Streitschlichtungsmechanismus. Nur unter dem VN-Dach tauschen sie sich direkt aus.

Wenn sich UNIFIL zurückzöge, wäre ein Wiederaufflammen des Konflikts mit der Hisbollah nicht ausgeschlossen. Es gibt eine Waffenruhe, die allerdings weiterhin verletzt wird. UNIFIL ist vor Ort und weist frühzeitig auf Schwierigkeiten hin, Patrouillentätigkeit und Berichterstattung wurden verstärkt. Dies ist gerade angesichts der jüngsten Spannungen in der Region umso wichtiger!

Zweitens: geht es um die Unterbindung des Waffenschmuggels von See. Das hilft dabei die Ausrüstung von Gruppen zu verhindern, die die Stabilität des Libanon und die Sicherheit Israels bedrohen.

Unser Beitrag auf See gegen Waffenschmuggel in den Libanon hat zwei Komponenten:

  • Einmal sichert die maritime UNIFIL-Komponente die Seeseite ab. Es wird nur noch vereinzelt Waffenschmuggel über See registriert. Das zeigt die Wirksamkeit dieses Einsatz-Elements.
  • Außerdem leisten wir einen Beitrag dazu, dass die libanesische Marine langfristig die Grenzsicherung auf See selbst übernehmen kann.

Kritik an der Geschwindigkeit der libanesischen Anstrengungen mag teils berechtigt sein. Wir müssen aber auch anerkennen, dass die libanesischen Streitkräfte mehr als alle Hände voll zu tun haben, um die Landgrenzen, insbesondere die zu Syrien, zu sichern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Drittens: Libanon hat über eine Million Flüchtlinge aufgenommen. Ein Wiederaufflammen des Konflikts oder Krieg wäre auch für sie ein neuer Alptraum.

Nur vier Millionen Einwohner des Libanon haben eine Million Menschen aufgenommen – eine enorme Leistung, die unseren besonderen Respekt verdient. Das Land ist damit aber an eine Belastungsgrenze gelangt angesichts ohnehin vorhandener konfessioneller Spannungen und wirtschaftlicher wie sozialer Herausforderungen.

Unser sicherheitspolitisches Engagement bei UNIFIL betten wir daher ein in vielseitige Unterstützung für den Libanon – wir tragen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise und Entwicklung ebenso bei wie zur Sicherheit.

Ein Beispiel für Unterstützung des Libanon in der Flüchtlingskrise ist das libanesische Bildungsprogramm „RACE“, das wir als einer der größten Geber unterstützen – dank dieser Initiative kann ein Großteil der Kinder, die aus Syrien fliehen mussten, im Libanon zur Schule gehen.

Wir unterstützen als einer der größten Geber mit rund 380 Millionen Euro allein im Jahr 2017 Entwicklung im Libanon. Damit haben wir zum Beispiel kommunale Wasserinfrastruktur und die Herrichtung von Schulgebäuden finanziert.

Meine Damen und Herren,

innenpolitisch bleibt die Lage im Libanon angespannt: die Regierung ist nach den Wahlen am 6. Mai nunmehr geschäftsführend tätig, die Parteien müssen sich nun auf eine neue Regierung einigen. Wir sind zuversichtlich, dass dies gelingen wird.

Wir sehen politisch Fortschritt, aber Stabilität im Libanon ist auch zwölf Jahre nach dem Krieg von 2006 keine Selbstverständlichkeit.

Daher wollen wir auch weiterhin unsere Beiträge zur Stabilisierung leisten. Unsere Beteiligung an UNIFIL bleibt ein tragendes Element dieser Bemühungen.

Im Namen der Bundesregierung bitte ich Sie deshalb um Ihre Zustimmung zu diesem Mandat.

Ich danke Ihnen.

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