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Rede von Staatsminister Niels Annen in der Beratung des Deutschen Bundestages über das Sicherheitsgesetz für Hongkong

29.05.2020 - Rede

-- es gilt das gesprochene Wort --

Die Bundesregierung verfolgt die Entwicklung in Hongkong sehr genau. Mit dem Beschluss des Nationalen Volkskongresses hat die Volkrepublik China angekündigt, ein Sicherheitsgesetz für die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong zu erlassen.

Dieses Gesetz – es sind noch nicht alle Details bekannt sind - ist seit langem Gegenstand politischer Auseinandersetzungen.

Hongkongs Grundgesetz sieht vor, dass ein Sicherheitsgesetz beschlossen werden muss, auf dessen Grundlage u. a. Verrat, Sezession und Aufruhr verfolgt und bestraft werden sollen. Auch politische Aktivitäten von ausländischen politischen Organisationen in Hongkong sollen verboten werden.

Bereits 2003 gab es den Versuch ein solches Sicherheitsgesetz einzuführen. Sie alle erinnern sich daran: Der Versuch endete in Massendemonstrationen und wurde aufgegeben.

Bundesminister Maas hat gestern klargemacht:

„Das hohe Maß an Autonomie Hongkongs darf nicht ausgehöhlt werden. Die Bürgerinnen und Bürger Hongkongs genießen Freiheiten und Rechte, die ihnen durch das Basic Law und den Grundsatz “ein Land, zwei Systeme„ gewährt werden. Wir erwarten, dass diese rechtsstaatlichen Prinzipien eingehalten werden.“

Und bereits am vergangenen Montag gab es eine EU-Demarche im chinesischen Außenministerium, bei der alle 27 EU-Mitgliedsstaaten folgende Bedenken deutlich gemacht haben.

  1. Wir haben ein starkes Interesse an Stabilität und Wohlstand in Hongkong - im Rahmen des Prinzips „Ein Land, zwei Systeme“.
  2. Wir legen großen Wert auf den hohen Grad von der Autonomie Hongkongs, der sowohl durch das Basic Law als auch in internationalen Verpflichtungen garantiert wird.
  3. Wir halten eine demokratische Debatte unter Einbeziehung aller relevanten Kräfte und die Achtung der Rechte und Freiheiten in Hongkong für den besten Weg zur Einführung eines Sicherheitsgesetzes.

Das geplante Sicherheitsgesetz wird mit einer schwerwiegenden Bedrohung der Stabilität Hongkongs begründet. Peking hofft offenbar dadurch die Lage in Hongkong zu stabilisieren.

Die Bundesregierung sieht diese schwerwiegende Bedrohung nicht. Im Gegenteil. Unsere Einschätzung ist vielmehr, dass nur der Geist von „Ein Land, zwei Systeme“ zur Beruhigung der Lage in Hongkong führt.

Der chinesische Außenminister Wang Yi hat erklärt, dass der hohe Grad an Autonomie, die Grundrechte und die Freiheiten der Hongkonger Bürgerinnen und Bürger sowie die legitimen Interessen ausländischer Investoren gewahrt bleiben.

Diese Erklärung ist zu begrüßen. Europa wird Außenminister Wang Yi beim Wort nehmen.

Im Rahmen von „Ein Land, zwei Systeme“ sollten wichtige Gesetze zur inneren Ordnung Hongkongs durch die Legislative Versammlung Hongkongs‘ verabschiedet werden. Die Durchsetzung des Gesetzes durch Hongkonger Behörden und die Auslegung des Gesetzes sollte durch Hongkonger Gerichte erfolgen und Meinungs- und Versammlungsfreiheit geschützt bleiben.

Unser Verständnis ist darüber hinaus, dass die üblichen Kontakte von ausländischen Diplomaten, Parlamentarierinnen und Parlamentariern und zivilgesellschaftlichen Organisationen zu politischen Kräften in Hongkong nicht beeinträchtigt werden.

Gerade weil, wie es die Bundeskanzlerin unlängst formuliert hat,

„China nicht irgendein Partner und Wettbewerber ist, sondern ein Land, mit dem es tiefgreifende Unterschiede in Fragen der Rechtsstaatlichkeit, Freiheit, Demokratie und der Menschenrechte gibt“,

sind die engen und substanzreichen Beziehungen zwischen Deutschland, der EU und China von so großem Wert.

Von einer neuen, globalen Konfrontation wird am Ende niemand profitieren. Deshalb wollen wir den hohen Grad an Autonomie Hongkongs auch nicht vorschnell verloren geben.

Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten zahlreiche Gelegenheiten zum Dialog mit Peking haben, u.a. im Rahmen des EU-China-Gipfeltreffens Ende Juni und beim angestrebten EU-China Gipfel in Leipzig.

Wir werden alles daran setzen, eine gute Lösung zu finden, mit der Stabilität, Recht und Freiheit für Hongkong im Einklang mit „Ein Land zwei Systeme gewahrt bleiben können

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