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Rede von Staatsminister Niels Annen vor dem Bundestag zum 70. Gründungstag der NATO

04.04.2019 - Rede

-- es gilt das gesprochene Wort --

Es steht außer Frage, die Geschichte der NATO ist eine Erfolgsgeschichte. Wenn die Außenminister der NATO heute in Washington zusammenkommen, haben sie Grund, den historischen Beitrag der Allianz zu Frieden, Freiheit und Stabilität zu feiern.

Wahr ist aber auch, dass für viele unserer Bürgerinnen und Bürger die NATO nach Ende des Kalten Krieges zunächst an Bedeutung verlor.

Einige hielten sie schlicht für überflüssig, andere für eine Selbstverständlichkeit. Beides war falsch. Seit die regelbasierte Ordnung unter Druck steht und die zunehmend aggressive russische Politik die Lage in unserer Nachbarschaft beeinträchtigt, wird vielen der Wert des Bündnisses erst wieder bewusst.

Gemeinsam mit der Europäischen Union ist die NATO die Grundlage für das friedliche Zusammenleben in Europa. Und auch heute ist die NATO das zentrale Forum für den freien Austausch über den Atlantik hinweg. Diese Funktion ist aufgrund der ambivalenten Haltung des amerikanischen Präsidenten gegenüber der NATO wichtiger denn je.

Es ist auch eine Erinnerung daran, dass die NATO ein militärische UND ein politisches Bündnis ist. Es liegt an uns, auch am Bundestag, dieses mit Leben zu füllen.

Der US Kongress hat mit seinem eindeutigen Bekenntnis zum Bündnis für dringend nötige Verlässlichkeit gesorgt und nach Innen und Außen eine klare Botschaft ausgesandt: die USA stehen zur NATO. Es ist daher gut, dass es heute eine Gelegenheit gibt, diese Debatte hier im Bundestag zu führen und unser eigenes Bekenntnis zur NATO zu bekräftigen.

Nach einigen Jahren umstrittener Planungen für eine „globale NATO“, die nach Ende des kalten Krieges die NATO beschäftigt haben, hat das Bündnis wieder zu sich gefunden. Es ist das Verdienst von GS Stoltenberg, die Kernfunktion des Artikels 5 wieder in den Mittelpunkt gerückt zu haben.

Dies war nicht zuletzt durch das russische Verhalten nötig. So hat die NATO ihre Verteidigungsstrategie seit 2014 angepasst:

  • Mit den multinationalen Einheiten der “enhanced forward presence” – der efP – zeigen wir für alle sichtbar, dass die Sicherheit der baltischen Staaten und Polens untrennbarer Bestandteil der Sicherheit aller Alliierten ist.
  • Mit der „Schnellen Eingreiftruppe“ zeigen wir, dass die NATO bereit ist, auf jede Krise schnell zu reagieren.

Es war vor allem die Bundesregierung, die trotz der Spannungen mit Russland ein umfassendes System kollektiver Sicherheit – gerade auch mit Russland - nie aus den Augen verloren hat.

Mit der Partnerschaft für den Frieden, mit der NATO-Russland-Grundakte aus dem Jahr 1997 und dem NATO-Russlandrat wurden Foren für den Austausch und die Kooperation geschaffen, um Fragen, die die gemeinsame Sicherheit betreffen, zu beraten und zu lösen.

Russland hat sich leider – spätestens mit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim 2014 und dem Krieg in der Ost-Ukraine – von diesem kooperativen Ansatz abgewendet. Gleichwohl stehen wir weiterhin bereit, an unsere frühere Kooperation anzuknüpfen. Entscheidend hierfür ist, dass Russland selbst dazu bereit ist und entsprechend handelt. Denn es gibt – von der russischen Intervention in Syrien bis hin zu Cyberangriffen – viel zu besprechen

Auch der deutsche Beitrag zur europäischen Sicherheit hat sich gewandelt. Die Bundeswehr beteiligt sich aktiv an allen Maßnahmen, die das Bündnis seit 2014 ergriffen oder verstärkt hat.

Es ist kein Geheimnis, dass diese Maßnahmen alle mit Kosten verbunden sind. Und es ist eine Binsenweisheit, dass es Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif gibt.

Aber - und das ist mir an dieser Stelle besonders wichtig - Sicherheit ist mehr, als zusätzliche Milliardenbeträge in die Rüstung zu stecken.

Die Reduzierung auf eine abstrakte Prozentzahl, wird der Komplexität der Aufgabe den Frieden zu sichern nicht gerecht.

Denn zur Sicherheit gehören auch Investitionen in humanitäre Hilfe, zivile Krisenprävention sowie in Konfliktvorsorge und Konfliktnachsorge. Es gehören ebenso nachhaltige Stabilisierungs- und Wiederaufbaumaßnahmen in den betroffenen Ländern dazu.

Gerade in diesem Bereich mussten wir in den letzten Jahren immer mehr Mittel zur Verfügung stellen. Auch weil sich die USA immer stärker zurückgezogen haben.

Die Bundesregierung hat zusammen mit dem Bundestag in den vergangenen Jahren konsequent unsere Ausgaben für Verteidigung erhöht.

Wir sind bereit sind, einen größeren Beitrag zur gemeinsamen Sicherheit zu leisten. Und dabei steht die Schärfung des sicherheitspolitischen Profils der EU nicht in Konkurrenz zur NATO.

In Washington werden die Ministerinnen und Minister den Blick auch in die Zukunft richten.

Ich bin daher froh, dass Jens Stoltenberg, gestern zu beiden Kammern des US-Kongresses sprechen konnte.

Gerade in Zeiten, in denen wir uns dies- und jenseits des Atlantiks nicht immer einig sind, sind solche Zeichen der Wertschätzung dieser Allianz von besonderer Bedeutung.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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