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Grußwort des von Staatsminister Niels Annen anlässlich der Eröffnung der Ausstellung #strongerUNited - Deutschland im VN-Sicherheitsrat

03.04.2019 - Rede

-- es gilt das gesprochene Wort --

Es freut mich, Sie heute hier im Lichthof des Auswärtigen Amts zur Eröffnung unserer Ausstellung #strongerUnited – Deutschland im VN-Sicherheitsrat begrüßen zu können.

Seit dem 1. Januar 2019 ist Deutschland wieder Mitglied im VN-Sicherheitsrat. Die Ausstellung zeigt Ihnen den berühmten Hufeisentisch des Sicherheitsrats mit der Sitzordnung dieses Monats April. In diesem Monat hat Deutschland den Vorsitz, die Präsidentschaft im Sicherheitsrat. Sie sind herzlich eingeladen am Tisch Platz, sozusagen einen Sitz einzunehmen, wenn auch leider nur für die Dauer dieser Ausstellung – denn einen ständigen Sitz haben wir noch nicht erreicht.

Wir sind nun also seit drei Monaten dabei, aber wir stehen vom ersten Tag an mittendrin in der Arbeit in diesem zentralen Gremium der internationalen Friedens- und Sicherheitsordnung. Wo auch immer wir uns in auf der Welt engagieren, in den Jahren 2019 und 2020 treten wir auf als Mitglied des VN-Sicherheitsrates und werden auch als solches wahrgenommen.

184 von 193 Staaten gaben uns im Juni 2018 ihre Stimme für unsere zweijährige Mitgliedschaft – ein gewaltiger Vertrauensbeweis für unser Land, das ausdrücklich mit dem Versprechen angetreten war, sich in besonderer Weise für den Erhalt und die Stärkung der multilateralen regelbasierten Weltordnung einzusetzen. Wir wollen den Gestaltungsraum, den uns der Sicherheitsrat eröffnet, zudem nutzen, um aktiv mit einem umfassenden, präventiven und nachhaltigen Ansatz zur Krisenbewältigung beizutragen.

Seit Jahren andauernde Krisen wie in Syrien, Sudan, Westsahara oder Jemen, aber auch neuere wie die in Myanmar oder Venezuela bestimmen die Tagesordnung des Sicherheitsrats. Das liegt in der Natur der Sache und wird auch weiterhin einen großen Teil der Arbeit ausmachen.

Die Lage in der Demokratischen Republik Kongo nach den dortigen Wahlen und der Konflikt im Jemen waren gleich zu Beginn unserer Mitgliedschaft auf der Tagesordnung. Hier konnten wir zur Einigkeit des Gremiums beitragen. Die Mandatierung der Unterstützungsmission im Jemen war ein wichtiger Schritt zur Unterstützung der Stockholmer Vereinbarungen, für deren Umsetzung wir uns weiter einsetzen müssen. Gerade letzte Woche wurde das Mandat der Mission MONUSCO im Kongo erfolgreich verlängert und wir haben darin klare Sprache zu Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit verankern können.

Während unseres Vorsitzes steht beispielsweise auch die Verlängerung des MINURSO Mandats an. Diese Mission in der Westsahara ist zunächst vor allem wichtig, weil der Waffenstillstand zwischen Marokko und der Frente Polisario weiterhin überwacht werden muss. Dem Mandat kommt aber auch im Kontext der Bemühungen von Altbundespräsident Köhler als Sondergesandter des VN Generalssekretärs eine besondere Bedeutung zu: Ziel bleibt weiterhin eine politische Lösung dieses seit 1976 bestehenden Konflikts und der in Vergessenheit geratenen humanitären Situation der sahraouischen Flüchtlinge.

Auch über die Verlängerung der VN-Missionen in Süd Sudan (UNMISS) und Afghanistan (UNAMA) konnte Einvernehmen erzielt werden. Deutschland hat bei UNAMA als so genannter „Ko-Federführer“ gemeinsam mit Indonesien besondere Verantwortung. Im Südsudan sind wir mit Bundeswehrsoldaten beteiligt und haben das notwendige Bundestagsmandat gerade erst verlängert.

Deutschland hat daneben Vorsitze in bedeutenden Sicherheitsratsausschüssen übernommen, ich nenne den Nordkorea- und den Libyen-Sanktionsausschuss. Wir teilen uns auch die Federführung für humanitäre Fragen in Syrien mit Belgien und Kuweit und für Darfur (UNAMID), wo wir ebenfalls mit der Bundeswehr zusammen mit Großbritannien beteiligt sind. Schauen Sie sich einfach gerne um. Sie finden alle Informationen hierzu auf den verschiedenen Stelen der Ausstellung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

nur weil wir derzeit Mitglied sind, müssen wir nicht alles auf die Ebene des Sicherheitsrats ziehen.

Wir haben selbstverständlich weiterhin den gesamten Konfliktzyklus im Blick und wollen mit unserem Engagement ja gerade verhindern, dass Krisen überhaupt auf die Sicherheitsratsagenda kommen. Über unser Stabilisierungsengagement, im Rahmen der EU oder in krisenspezifischen Formaten von Tschadsee bis Syrien oder Ukraine: Deutschland ist politisch und diplomatisch involviert. Wir leisten zudem vielfach humanitäre Hilfe, sind in Syrien beispielsweise größtes bilaterales Geberland. Und wir tragen auch zu VN Friedensmissionen bei.

Wir alle wissen: Frieden ist kein Zustand, den man mal eben herstellt. Frieden muss tagtäglich gewonnen und erarbeitet werden. Dafür müssen wir investieren: in Peacekeeping, in Krisenprävention, in die Vereinten Nationen – immer mit dem Leitgedanken der regelbasierten multilateralen Weltordnung, die die Nachkriegszeit geprägt und als Friedens- und Wohlstandsgarant gewirkt hat.

Friedensprozesse können nur gelingen, wenn sie nicht 50% der Bevölkerung ausklammern. Es ist uns deswegen ein Anliegen, Frauen in Friedensprozessen zu stärken. Das konnten wir in einer informellen Sitzung des Sicherheitsrats im Januar unter Vorsitz BM Maas bereits deutlich machen. Auch für unseren Vorsitzmonat April haben wir dieses Thema prominent auf die New Yorker Agenda gesetzt: Im Rahmen einer Debatte unter Vorsitz von BMin von der Leyen zu Frauen im Peacekeeping und einer Debatte zu sexueller Gewalt in Konflikten wollen wir die 1325-Agenda konkret voranbringen, auch mit einer neuen Resolution.

Im Zentrum der gestrigen SR-Debatte ( 2.4. ) stand der Nukleare Nichtverbreitungsvertrag mit Blick auf die Überprüfungskonferenz im nächsten Jahr, dem 50. Jahr seines Bestehens. Dem NVV ist es zu verdanken, dass bis heute nur wenige Staaten über Nuklearwaffen verfügen. Uns war dabei klar: das Sicherheitsumfeld ist schwierig, deshalb war dies keine leichte Debatte. Und genau deshalb durften wir ihr nicht aus dem Weg gehen. Angesichts der Krise des regelbasierten multilateralen Systems und insbesondere der Erosion der bestehenden Rüstungskontroll-Architektur müssen wir alles dafür tun, bestehende Vereinbarungen zu stärken. Das liegt im ureigenen europäischen – und damit deutschen – Sicherheitsinteresse. Denn das empfindliche Gleichgewicht strategischer Stabilität zwischen den USA und Russland schützt und stabilisiert auch Europa im geographischen Zwischenraum.

Der April ist für uns – wie gesagt – ein besonders wichtiger Monat. Wir haben den Vorsitz inne und können das Programm des Sicherheitsrats gestalten. Wie stärken wir dabei die Langlebigkeit der angestoßenen Debatten und auch vielleicht unsere europäische Stimme?

Die Antwort liegt auf der Hand: Mit enger Abstimmung und Zusammenarbeit.

Wir haben uns mit Frankreich, das bis Ende letzter Woche im März den Vorsitz innehatte, auf in weiten Teilen gemeinsam geplante und umgesetzte „Zwillingsvorsitze“ verständigt. Dieser so genannten Jumelage haben BM Maas und AM LeDrian vorgestern ein Gesicht gegeben, als sie zwei Sitzungen zu humanitärem Völkerrecht und humanitären Prinzipien vorgesessen haben.

Das humanitäre Völkerrecht und die 5 humanitären Prinzipien sind untrennbar mit der regelbasierten Weltordnung verbunden, für die wir einstehen. Leider sind Konfliktparteien in den letzten Jahren immer wieder hinter die Standards zurückgefallen, die die Weltgemeinschaft über Jahrzehnte erarbeitet und als normativer Konsens betrachtet hat. Giftgasangriffe, Angriffe auf medizinische Einrichtungen, die Verweigerung des humanitären Zugangs – das alles sind Völkerrechtsbrüche, die wir nicht hinnehmen dürfen.

Das ist also eines der Themen, für das wir uns mit unseren französischen Freunden gemeinsam einsetzen.

Ein übergeordnetes Ziel der gemeinsamen Vorsitze ist, den Multilateralismus zu verteidigen und zu stärken. Die Risse, die wir seit einiger Zeit an verschiedenen Stellen des multilateralen Bauwerks beobachten, summieren sich zu einem regelrechten Bauschaden , der inzwischen fast alle Säulen der regelbasierten Weltordnung betrifft. Für die Lösung konkreter Konflikte und Krisensituationen brauchen wir Allianzen, auch im Sicherheitsrat. Wir müssen mithelfen, Spaltungen zu überwinden. Mit den anderen EU-Mitgliedstaaten, mit afrikanischen Partnern, auch etwa mit südamerikanischen Staaten, jedenfalls mit nicht-ständigen und ständigen Mitgliedern – in vielen Konstellationen wollen wir unsere Verbindungen nutzen, um konstruktive Lösungen zu finden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

gestatten Sie mir am Ende noch, dass ich Sie auch auf die andere Ausstellung aufmerksam mache, die hier im Lichthof gezeigt wird. Die Fotografien, die an der Wand des Lichthofs um uns herum zu sehen sind, sind Werke des italienischen Künstlers Valerio Vincenzo, der mit Borderline – Frontiers of Peace den Traum eines friedlichen grenzenlosen Europas zum Ausdruck bringt. Ein Traum, der Realität geworden ist. Es ist Zufall, dass Borderline gerade jetzt hier zu sehen ist. Aber was könnte die Einbindung Deutschlands in Europa besser erfassen? Und die Bedeutung der EU als ein Friedensprojekt, nach innen und nach außen.

Die EU arbeitet vielerorts mit den VN Hand in Hand. Mit einer geeinten europäischen Haltung können wir unserer gemeinsamen Stimme besonderes Gewicht verleihen. Und das sollten wir versuchen, wann immer möglich.

Beide Ausstellungen ergänzen sich also sehr gut. Ich hoffe, Sie haben ein wenig Zeit, sich umzuschauen, die Ausstellungen auf sich wirken zu lassen an diesem Ort – unserem Lichthof – der wie kein anderer für die Transparenz und Bürgernähe der deutschen Außenpolitik stehen soll.

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