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Grußwort von Staatsminister Niels Annen beim Außenwirtschaftstag Medizintechnik 2019

20.03.2019 - Rede

Außenwirtschaftstag 2019 - Trendthemen der Medizintechnik, Pharma und Labortechnik. Herausforderungen bei Freihandel und Digitalisierung – Erfolgsrezepte für exportorientierte Unternehmen

-Es gilt das gesprochene Wort-

Ich freue mich, dass Sie heute so zahlreich zu uns ins Auswärtige Amt gekommen sind. Danken möchte ich an dieser Stelle dem Hauptveranstalter, dem High-Tech Verband SPECTARIS, vertreten durch den Hauptgeschäftsführer Herrn Jörg Mayer sowie allen weiteren beteiligten Verbänden.

Zusammen und mit Ihren Mitgliedsunternehmen erreichen Sie eine außer-gewöhnliche Vielfalt und Breite innovativer und exportorientierter Unternehmen in Deutschland. Sie geben ein beeindruckendes Bild vom deutschen Mittelstand, von den vielen Hidden Champions, die entscheidend am wirtschaftlichen Erfolg in Deutschland beteiligt sind und die für Multilateralismus, für internationalen Austausch und Weltoffenheit stehen.

Deswegen veranstalten wir gerne mit Ihnen heute wieder gemeinsam einen Außenwirtschaftstag im Auswärtigen Amt.

Das diesjährige Thema haben Sie sehr treffend gewählt:

„Herausforderungen bei Freihandel und Digitalisierung – Erfolgsrezepte für exportorientierte Unternehmen“.

Dies sind zwei Themenkomplexe, die uns sowohl in der Wirtschaft als auch in der Politik zurzeit sehr stark beschäftigen.

Leider müssen wir feststellen, dass die multilaterale Weltordnung sowie das regelbasierte Welthandels-system immer stärker unter Druck geraten.

Eine Weltordnung, die sich am Recht des Stärkeren statt an der Stärke des Rechts orientiert, liegt nicht in unserem politischen Interesse. Und ich glaube, ich verrate auch kein Geheimnis, wenn ich sage, dass das Recht des Stärkeren nicht den Interessen ihrer Unternehmen dient.

Trotz allem populistischen und nationalistischen Gegenwind dürfen wir in dieser Situation nicht den Mut verlieren.

Wir müssen stattdessen für den Multilateralismus ein-stehen und den regelbasierten Freihandel weiter-entwickeln.

Denn wir sind davon überzeugt, dass unsere politischen und wirtschaftlichen Interessen durch eine multilaterale Einbindung nicht beschnitten werden, sondern – ganz im Gegenteil - dass sie dadurch viel besser zur Entfaltung kommen können.

Dies gilt für unsere Sicherheit, für die wir in einem multilateralen System die beste Garantie sehen. In gleichem Maße bieten regelbasierter Freihandel und verlässliche, multilaterale Regeln auch den besten Rahmen für wirtschaftliche Erfolge von exportstarken Unternehmen wie z.B. aus der Medizintechnik und der Pharmabranche.

Medizintechnik „Made in Germany“ erfreut sich weltweit hoher Beliebtheit. In den letzten Jahren gab es ein starkes Wachstum von rund 5% pro Jahr. Mit einer Exportquote von 64% ist die Branche Medizintechnik dabei zwingend auf offene Märkte sowie zuverlässige und wirksame Regeln angewiesen.

Deshalb dürfen wir auch nicht die guten Nachrichten übersehen: Seit dem 01. Februar dieses Jahres ist das bisher größte und umfassendste Freihandelsabkommen der Europäischen Union in Kraft: Das Freihandels-abkommen mit Japan.

Es verbindet nicht nur zwei der größten Wirtschafts-räume weltweit. Es öffnet neue Geschäftschancen und setzt damit ein klares Zeichen gegen den Protektionismus.

Mit ambitionierten Bestimmungen etwa zu Wettbewerb und geistigem Eigentum, aber auch Umwelt- und Arbeitsstandards steht es exemplarisch für weitere Abkommen, wie wir sie anstreben:

Marktöffnung geht hier Hand in Hand mit starken Regeln, die ein „level playing field“ und nachhaltigen Wettbewerb sicherstellen. Weitere ambitionierte EU-Freihandelsabkommen stehen bevor, z.B. mit Singapur, Mexiko oder auch Vietnam. Das zeigt uns zweierlei:

die Europäische Union ist als Globalisierungsgestalter und Handelspartner weltweit gefragt.

Und wenn wir Europäer – wie in der Handelspolitik – mit einer Stimme sprechen, ist unsere „Weltpolitikfähigkeit“ unbestreitbar. Auch gegenüber den USA und China.

Immer bedeutender für Ihre Branche werden sicherlich auch Entwicklungen hinsichtlich einer zunehmenden Öffnung der Märkte auf unserem Nachbarkontinent Afrika.

Der sogenannte Compact with Africa, den Deutschland im Rahmen seiner G-20 Präsidentschaft entwickelt und auf dem Gipfel in Hamburg beschlossen hat, soll private Investitionen in die Länder Afrikas anstoßen und damit den Blick über die klassische Entwicklungszusammenarbeit hinaus richten, hin zu einer Perspektive „Africa beyond aid“.

Eine Verengung auf einen Kontinent im Krisenmodus wird Afrika mit Sicherheit nicht gerecht. Denn in vielen Ländern hat sich eine dynamische Mittelschicht entwickelt, die gerade auch für ihre Branche Wachstumschancen bietet.

Mit dem Thema Digitalisierung greifen sie beim heutigen Außenwirtschaftstag eine Entwicklung auf, die uns alle, ob Privatperson, Unternehmen oder demokratische Institutionen erfasst hat.

In einem Grußwort ist natürlich nicht genug Raum, um diesen Bereich auch nur annähernd zu diskutieren. Lassen Sie mich deshalb - drei Aspekte - herausgreifen, die mir besonders wichtig erscheinen:

Die Digitalisierung verändert unsere Gesellschaft grundlegend. Sie lässt sich weder alleine bewältigen und noch viel weniger lässt sie sich alleine gestalten. Digitalisierung ist eine Herausforderung, der wir uns zusammen mit anderen Partnern, insbesondere innerhalb der Europäischen Union, widmen müssen.

Wie beim Freihandel gilt hier ebenfalls: Digitalisierung öffnet Grenzen und Horizonte, Abschottung und Nationalismus sind Irrwege und halten den digitalen Gang der Dinge nicht auf. Gemeinsames Handeln mit Partnern hingegen stärkt unsere Gestaltungskraft auch im digitalen Zeitalter.

Deutsche Produkte, insbesondere auch der Unter-nehmen der Medizin-, Pharma- und Labortechnik sind wegen ihrer ausgezeichneten Qualität und ihrer hohen Sicherheitsstandards auf den Weltmärkten begehrt und konkurrenzfähig. Die Digitalisierung wird den Gesundheitsmarkt dynamisch weiter-entwickeln. Dabei hat die große Fülle von verfüg-baren Daten im Gesundheitsbereich eine sehr persönliche und hochsensible Dimension, da die innerste Privatsphäre ihr Ursprung ist.

Deshalb kommt dem Aspekt der Datensicherheit in Ihrer Branche und für Ihre Produkte eine heraus-ragende Bedeutung zu. Es ist großartig, wenn uns die digitale Gesundheitstechnik hilft, gesund zu bleiben oder wieder gesund zu werden. Und wir freuen uns, wenn innovative deutsche Gesundheitsprodukte wegen ihrer vorbildlichen Qualität und ihrer hohen Datensicherheit auf den Exportmärkten die Nase vorne haben. Datensicherheit ist im digitalen Zeitalter also Ausdruck von Innovation und ein klarer Wettbewerbsvorteil.

Das bringt mich heute, am Vorabend des Europäischen Rates, der morgen und übermorgen in Brüssel statt-findet, und sich mit den Themen Industriestrategie und Wettbewerbsfähigkeit befasst, zu meinem dritten Punkt:

Die Diskussion über die technologische Souveränität Europas. Dabei geht es zum einen um Branchen, in denen Europa nach wie vor einen Innovationsvorsprung hat. Zum anderen geht es um neue Technologien wie Künstliche Intelligenz oder autonomes Fahren. In diesen Bereichen haben wir eindeutig Nachholbedarf. Besonders problematisch Bereiche wie z.B. die Mobilfunkausrüstung, wo es in Europa praktisch keine Anbieter entlang der Wertschöpfungskette mehr gibt. Diese Debatte führen wir gerade im Bereich 5G.

Eng mit dieser Diskussion über die technologische Souveränität Europas verbunden ist auch die Frage, ob wir in einigen Branchen große europäische Champions brauchen, um im internationalen Wettbewerb (besser) zu bestehen. Denn gleichzeitig gilt es, der zentralen Rolle des Mittelstandes in Deutschland und Europa Rechnung zu tragen.

Die Diskussion, wie Europa sich aufstellt, führen wir gerne auch mit Ihnen, den Verbänden und Unternehmen, die täglich in diesem internationalen Umfeld wirtschaften und sich erfolgreich behaupten.

Nur wenige Tage oder Wochen – so genau weiß man das leider immer noch nicht - vor dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union ist es mir hier nochmals wichtig zu unterstreichen, dass Europa gerade im Bereich des Handels und der Wirtschaft nur gemeinsam den globalen Herausforderungen gewachsen ist.

EuropeUnited muss auch dabei das Motto für die enge Kooperation zwischen Politik und Wirtschaft sein.

Das Auswärtige Amt unterstützt, zusammen mit den anderen Bundesressorts, mit unseren Auslandsvertretungen und den Auslandshandelskammern sowie mit Germany Trade&Invest (GTAI), Ihre Unternehmen nach Kräften bei Ihren Auslandsaktivitäten.

Mit dem Außenwirtschaftstag wollen wir die Begegnung und Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Diplomatie weiter fördern und intensivieren.

Abschließend bleibt mir nur noch, Ihnen allen eine erfolgreiche Konferenz mit wertvollen Gesprächen, spannenden Impulsen und vielen neuen Kontakten zu wünschen!


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