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Rede von Staatssekretär Dr. Géza Andreas von Geyr zum Auftakt des Deutsch-Japanischen Forums sowie zum 40-jährigen Jubiläum des Japanisch-Deutschen Zentrums Berlin
Herzlich willkommen im Auswärtigen Amt!
Und zunächst herzlichen Dank an den Rundfunk-Jugendchor Wernigerode für den schönen und so gekonnten musikalischen Beitrag.
Wenn eine Veranstaltung mit Musik beginnt, dann gibt es meistens etwas zu feiern. Und so ist es auch heute: Das Japanisch-Deutsche Zentrum Berlin begeht sein 40-jähriges Jubiläum.
Ein guter Anlass, um zum Auftakt dieses Forums die Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern – Deutschland und Japan - aus unseren jeweiligen Perspektiven zu beleuchten.
Gerne beginne ich mit einem Blick auf das deutsch-japanische Verhältnis quasi aus Berliner Sicht - und ich möchte mich dabei weniger auf das Vergangene konzentrieren, sondern nach vorne schauen, auf das was zu tun ist und zu tun sein wird.
Meine erste Bemerkung:
Mit dem Satz, dass wir „in außergewöhnlich fordernden, unruhigen Zeiten leben“ beginnt bei uns in Deutschland und Europa fast jede Betrachtung der Lage.
Mein Punkt heute aber ist, dass dies für unsere beiden Länder gleichermaßen gilt.
In Europa tobt seit bald vier Jahren ein grausamer Krieg, und auch im Indopazifik beobachten wir mit Sorge, wie Spannungen zunehmen, brisanter werden und die Gefahr von Zwischenfällen steigt.
Wirtschaftliche Abhängigkeiten werden für geopolitische Ziele instrumentalisiert und wichtige Handelsrouten zwischen Europa und dem Indopazifik sind keine wirklich neutralen Räume mehr.
Bei all dem wird auch die Internationale Ordnung, das Völkerrecht zunehmend in Frage gestellt, ja angegriffen. Das Recht des Stärkeren droht die Stärke des Rechts zu überlagern.
Im Grunde geht es hier wie dort um die zentralen Ziele unserer Demokratien, denen sich die Bundesregierung verschrieben hat: es geht um Sicherheit, Freiheit und Wohlstand.
Zweitens:
Weil unsere Demokratien Sicherheit, Freiheit und Wohlstand schützen müssen, wollen wir eng mit gleichgesinnten Partnern zusammenarbeiten.
Wir, Deutschland, tun dies natürlich in erster Linie mit EU und NATO.
Dabei wissen wir, dass wir nicht nur wirtschafts- und handelspolitisch global denken und handeln müssen, sondern immer mehr auch sicherheitspolitisch.
Dass die Sicherheit im euro-atlantischen und im indo-pazifischen Raum verbunden ist, ist heute nicht nur eine Floskel, sondern immer mehr eine erkennbare Realität.
Deshalb ist es ausdrücklich unser Interesse unsere Partnerschaften zu intensivieren. Die Bundesregierung hat sich dies fest vorgenommen. Wir als Auswärtiges Amt arbeiten derzeit mit den Ressorts der Bundesregierung an einem gemeinsamen Ansatz zu „Schlüsselpartnern.“
Und deshalb ist es gut und wichtig, dass wir uns in den G7 zu allen Themen eng abstimmen, dass die G20 weiter funktionieren oder auch, dass wir uns als NATO eng mit den Indo-Pazifik 4 („IP4“), also mit Japan, Korea, Australien und Neuseeland koordinieren.
Dass Außenminister Wadephul kürzlich in New York zu einem gesonderten Treffen einiger seiner europäischen Kollegen mit den Außenministern der „IP4“ eingeladen hat, ist Ausdruck dieser Überzeugung.
Japan ist hierbei für uns Deutsche – wie Bundesaußenminister Wadephul auf seiner Reise nach Japan im August 2025 gesagt hat – ein „Premiumpartner“.
Meine dritte Bemerkung:
Wir, Deutschland und Japan, sind uns nicht nur in der Analyse nah, sondern wir werden gemeinsam konkret.
Als Wertepartner sind wir verbunden im sehr konkreten Einsatz für Freiheit, für Demokratie und Völkerrecht, für Wohlstand auf Basis fairer Wettbewerbs-bedingungen, für offene Handelswege und offene Märkte und für eine regelbasierte Handelsordnung.
Im Sicherheitsbereich sind unsere Streitkräfte auch durch gegenseitige Besuche und gemeinsame Übungen in engem Austausch; und im Rüstungsbereich schlummert durchaus noch nicht gehobenes Kooperationspotential.
Sicherheit, Freiheit und Wohlstand gehören zusammen. Bei Sicherheit denke ich deshalb auch an wirtschaftliche Sicherheit – Stichwort Rohstoffe oder Strafzölle - ein Feld, bei dem unsere Regierungen in engem Austausch stehen. Denn Japan hat schon weit vor uns erkannt, dass einseitige Abhängigkeiten in Schlüsselbranchen und kritischen Rohstoffen nicht nur für das Wirtschaftswachstum, sondern auch für die nationale Sicherheit relevant sind.
Viertens:
Unser größtes Kapital , das gilt gewiss auch für Deutschland wie für Japan, sind die klugen Köpfe der Menschen in unseren Ländern, sind Innovationskraft und Fortschrittswillen - und all dies auf Basis der Freiheiten, die die Menschen genießen, der Freiheit von Meinung, Wissenschaft und Forschung, woraus sich erst ein wirklich voll engagierter Wettbewerb ergibt: ein Wettbewerb, der uns ausmacht und prägt, ein eben freier Wettbewerb um die besten Ideen und Lösungswege in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, für die großen gesellschaftlichen Zukunftsfragen.
Deshalb hoffe ich, dass sich unsere Zusammenarbeit bei Wissenschaft und Innovation noch weiter intensivieren wird, auch um unsere technologischen Souveränitäten zu stärken und einseitige Abhängigkeiten abzubauen.
Schließlich fünftens:
Als 1985 Bundeskanzler Kohl und Ministerpräsident Nakasone die Gründung des Japanisch-Deutschen Zentrums Berlin (JDZB) vereinbarten, ging es ihnen um die Zukunftskraft der Verbindung unserer beiden Länder und der Menschen. Dies ist heute mindestens so bedeutsam wie vor 40 Jahren.
Denn weiterhin gilt, dass unsere Freundschaft dann ihr ganzes Potential entfaltet, wenn sie auf einer möglichst breiten Basis steht.
Das JDZB ist eine wichtige, fest etablierte Plattform des wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und kulturellen Austauschs. Seine Arbeit macht die Beziehungen zwischen unseren Ländern vielfältig und lebendig, es bindet die Menschen mit ein.
Das Deutsch-Japanische Forum wiederum schätzen wir sehr als einen zentralen Ideengenerator zur Fortentwicklung unserer Beziehungen. Die Schwerpunktthemen – in den letzten Jahren Wirtschaftssicherheit, Künstliche Intelligenz und in diesem Jahr Weltraum – zeigen, dass hier am Puls der Zeit diskutiert wird. Bitte machen Sie so weiter. Diskutieren Sie offen und seien Sie mutig bei Ihren Empfehlungen!
Dafür möchte ich allen, die sich für das JDZB und das Deutsch-Japanische Forum engagieren bzw. engagiert haben, sehr herzlich danken.
Ebenso danke ich unseren Ko-Trägern, dem Land Berlin und dem japanischen Außenministerium, für die Unterstützung des JDZB.
Ich hatte mit einem Blick auf unsere so fordernden Zeiten begonnen. Das Zentrum, das Forum - unsere beiden Länder, unsere Regierungen brauchen Sie, Ihre Ideen, Anregungen, Ihren aufmerksamen Blick, Ihre Weitsicht und ihre Zugewandtheit.
Wir freuen uns auf die nächsten 40 Jahre voller bereichernder Begegnungen und gegenseitiger Inspiration!
Vielen Dank!