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Rede von Außenminister Wadephul beim Briefing zur Weltklimakonferenz COP im Auswärtigen Amt
Es ist wieder Herbst, draußen weht kühler Berliner Wind.
Das Auswärtige Amt lädt gemeinsam mit dem Deutschen Klimakonsortium und der Stiftung Klimawirtschaft zum COP-Briefing ein.
Alles geübte Praxis? Same procedure as last year? No.
Denn die neue Bundesregierung hat vor einem halben Jahr die Arbeit aufgenommen – und dazu gehört auch eine neue Teamaufstellung bei unserem Einsatz gegen den Klimawandel.
Statt des Auswärtigen Amtes übernimmt zukünftig das Umweltministerium die Führung auf der COP.
Doch damit endet nicht unser Einsatz, der Einsatz des Auswärtigen Amtes und der Kolleginnen und Kollegen and den Auslandsvertretungen, gegen den Klimawandel, unsere Klimaaußenpolitik in diesem Haus.
Denn der Klimawandel ist ein globales Problem, eine existenzielle Bedrohung unserer Sicherheit und unserer natürlichen Lebensgrundlagen.
Für viele unserer Partner sind der Klimawandel und seine Folgen die existenzielle Herausforderung überhaupt – das konnte man an vielen Wortbeiträgen, und das konnte ich auch bei vielen Gesprächen bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen im September in New York direkt erfahren.
Damit ist der Klimawandel eine Bedrohung, die uns – wie es die brasilianische COP-Präsidentschaft nennt – einen Mutirão, ein „gemeinsames Anpacken“ abverlangt.
In dieser Bundesregierung gibt es niemanden, die oder der sich diesem gemeinsamen Anpacken nicht verpflichtet fühlt.
Bedeutet das, dass einfach alles gleichbleibt?
Nein.
Aber der Unterschied zwischen den demokratischen Parteien unseres Landes liegt nicht in der Zielsetzung, die sich aus dem Pariser Abkommen und aus unserer Verpflichtung auf Klimaneutralität im Jahr 2045 ergeben.
Sondern darin, was wir für den besten Weg, für die beste Strategie halten, um vom heutigen Status Quo dort hinzugelangen.
„Wir wollen klimaneutral werden und dabei Industrieland bleiben“, heißt es im Koalitionsvertrag.
Und für mich gehört zum besten Weg dorthin, dass wir wieder stärker auf Wettbewerbsfähigkeit und technologische Innovation setzen, statt nur auf Regulierung.
Weil die Energiewende – und Klimapolitik allgemein – nur dann erfolgreich sein kann, wenn sie die Unterstützung der Bevölkerung hat.
Und das heißt ganz praktisch:
Wenn Energie bezahlbar ist und wenn Arbeitsplätze und resiliente Wertschöpfungsketten entstehen.
Doch welche Rolle spielt nun die Klimapolitik in der Außenpolitik dieser Regierung?
Für mich hat sie eine dreifache Funktion.
Erstens, Klimaaußenpolitik begegnet einer konkreten und tagtäglichen Bedrohung für unsere Sicherheit, und damit für unsere Freiheit und unseren Wohlstand.
Das sage nicht nur ich.
Das sagte der Präsident des Bundesnachrichtendiensts, der den Klimawandel im Februar als eine der fünf größten externen Bedrohungen für Deutschland einschätzte.
Wir sehen, wie sich durch Extremwetterereignisse an vielen Orten der Welt Ressourcenkonflikte verschärfen, sich Migrations- und Fluchtbewegungen intensiveren.
Wir sehen Dürren, die genauso Einfluss auf den Wasserpegel im Rhein wie im Panamakanal haben – und damit die Verlässlichkeit von Handelsrouten in Frage stellen, die auch Grundlage unseres Wohlstands sind.
Und deshalb schützen die Instrumente unserer Klimaaußenpolitik uns selbst.
Denn egal, ob wir mit der Investing for Peace Initiative private und staatliche Gelder kombinieren, um fragile Staaten zu stabilisieren.
Ob wir durch unsere Partnerschaften Emissionen auch jenseits der deutschen Grenze senken.
Ob wir mit den Mitteln der Internationalen Klimainitiative in Klimaanpassung und Konfliktverhinderung im Dreiländereck Kenia-Äthiopien-Somalia investieren.
Es gilt der Leitsatz: Prävention ist immer günstiger als die Bewältigung der Folgen.
Mit dem Engagement für unser Klima und unsere Energiewende begegnen wir einer Sicherheitsbedrohung.
Aber das gilt auch im Umkehrschluss: eine gute Klimapolitik und eine an der operativen Umsetzbarkeit orientierte Energiewende steigern unsere Resilienz.
Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat uns gezeigt: Erneuerbare Energien und die Diversifizierung unserer Lieferketten stärken unsere Sicherheit und Souveränität.
Ein dezentrales Energiesystem, das verschiedene Formen der Energieerzeugung flexibel kombiniert, ist widerstandsfähiger, als wenn Millionen Haushalte von einem einzigen fossilen Kraftwerk abhängen.
Fragen Sie mal unsere ukrainischen Freunde.
Auch deswegen setzen wir uns mit unserer Energieaußenpolitik weltweit für Energiewende und eine Diversifizierung von Energieimporten und Rohstofflieferketten ein.
Der kanadische Verteidigungsminister David McGuinty hat es kürzlich bei einer NATO-Konferenz in Montréal so ausgedrückt “Investing in […] our ecosystems [… ] is strategic preparedness. It is national defense. It’s natural security”.
I coulnd’t agree more.
Aber Klimaaußenpolitik ist nicht nur ein wichtiger Teil unserer Sicherheitspolitik.
Sie ist, und das ist mein zweiter Punkt, auch ein Türöffner für neue und stärkere strategische Partnerschaften, die wir brauchen.
Für nicht wenige Staaten ist es ein realistisches Szenario, dass Teile des Landes durch Klimafolgen im Meer versinken.
Natürlich denke ich an die kleinen Inselstaaten im Pazifik. Aber eben nicht nur.
Indonesien, ein Land von 17.000 Inseln und ein Machtzentrum im Indo-Pazifik-Raum, hat 2022 den Klimawandel zu einem Kernthema seiner G20-Präsidentschaft gemacht.
Mein Punkt ist dieser: Der Klimawandel ist für viele unserer zentralen Partner schon heute eine akut existenzielle Frage.
In einer Welt, in der wir um neue Partner werben, für unsere geopolitischen Positionen einstehen müssen und unsere Handelsbeziehungen diversifizieren wollen, wäre es auch einfach ein strategischer Nachteil für unsere Diplomatie, wenn wir beim Klimathema nichts anzubieten hätten.
Bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen spielte es eine große Rolle, dass wir gemeinsam mit Nauru der VN-Freundschaftsgruppe zu Klima und Sicherheit vorsitzen.
Dass wir kleine Inselstaaten, wie Tuvalu, unterstützen, ihr kulturelles Erbe zu digitalisieren.
Dass wir mit unseren Klimaschwerpunktvertretungen vor Ort als Ansprechpartner präsent sind.
Das alles ist nicht nur wichtiger und richtiger Einsatz gegen den Klimawandel weltweit, das ist auch kluge und strategische Diplomatie.
Und, und das ist mein letzter Punkt, unsere Klimaaußenpolitik ist auch Außenwirtschaftsförderung.
Wenn wir als Weltgemeinschaft die Bedrohung durch den Klimawandel angehen wollen, dann brauchen wir nicht nur erneuerbare Energiesysteme.
Sondern auch Kreislaufwirtschaft. Wassersysteme. Nachhaltige Forst- und Landwirtschaft.
Und wenn ich auf Reisen sage „da haben wir in Deutschland etwas anzubieten!“, dann ist das für mich der beste Einsatz für „Made in Germany“, den es geben kann.
Drei deutsche Firmen sind weltweit führend etwa bei der Elektrolyse: Thyssen Krupp Nucera, Siemens Energy und Sunfire.
Schon heute machen saubere Technologien 8% des deutschen Exportvolumens aus. Und das ist ein gigantischer, wachsender Markt.
Unser Land wird weltweit mit Spitzenqualität in Verbindung gebracht – bei Auto, Maschinenbau, Chemie. Wenn hier in ein paar Jahren noch selbstverständlicher die Attribute „sauber“ und „erneuerbar“ dazugehören, dann haben wir damit nicht nur den Standort Deutschland gestärkt.
Dann leisten wir auch einen Beitrag zu einer Menschheitsaufgabe.
Hier in der Wirtschaftsförderung meinen bescheidenen Beitrag zu leisten, das habe ich mir als persönliches Ziel gesetzt – und es auch meinem Haus von Tag 1 an eingeschärft.
Meine Damen und Herren,
neue Regierung, neue Teamaufstellung, in Manchem: eine neue Strategie.
Vor allem aber: ein neuer Ton und zielorientierter Pragmatismus.
Das macht die Klimapolitik unserer Regierung aus. Das macht unsere Klimaaußenpolitik aus.
Ich bin froh, dass wir bei der Suche nach dem besten Weg, Sie, die Expertinnen und Experten unseres Landes, und unsere internationalen Partner, an unserer Seite haben – offen, kritisch-konstruktiv und mit vollem Einsatz.
Mit vollem Einsatz für den gemeinsamen Kraftakt. Im Mutirão.
Ich danke Ihnen.