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Grußwort von Staatssekretär Dr. Géza Andreas von Geyr anlässlich des Festakts „70 Jahre DGAP“
Herzlichen Glückwunsch auch von mir - und herzlichen Dank, DGAP, für 70 Jahre kluge Begleitung der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik.
Ich erinnere mich noch gut daran, als vor vielen Jahren in Bonn, ich war noch in der Ausbildung, einer unserer sehr erfahrenen Botschafter gefragt wurde: „Was macht eigentlich diese DGAP?“ Die Antwort hieß: „Die zerbrechen sich unseren Kopf“.
„Die zerbrechen sich unseren Kopf“, da ist was dran, und das ist gut! Deswegen auch vielen Dank für die unzähligen Ideen, Konferenzen, Veranstaltungen, Empfehlungen, Kritik und gelegentlich auch Lob.
Je komplexer die Zeiten, umso wichtiger ist für uns dieser, Ihr, Raum für Reflexion, Erfahrungsaustausch, oft auch Perspektivenwechsel, den wir Diplomaten dringend brauchen.
Ich bin gebeten worden, mich kurz zu fassen, deshalb nur ein Gedanke, den ich Ihnen mitgeben möchte, der mir aber gerade auch heute, wichtig ist, wichtig für ein Miteinander, für gute deutsche Außenpolitik, es geht um den Kern unserer Interessen.
Ich war zuletzt Botschafter bei der NATO. Im NATO-Rat - und den sieht man in diesen schwierigen Zeiten, ich möchte sagen, leider, in letzter Zeit sehr oft im Fernsehen. Im NATO-Rat herrscht eine ganz besondere Atmosphäre, zumal in Zeiten großer Anspannung. Von meinem Platz aus, wir sitzen da alphabetisch, habe ich gegenüber dem Leitspruch der Allianz gesessen, und den stundenlang gelesen und auch darüber sinnieren können: „Animus in consulendo liber“. Frei übersetzt: „Hier beraten freie Geister“.
„Hier beraten freie Geister“, während langer Sitzungen, wie gesagt, überlegt man: „Was ist das Wichtigste daran?“ Für mich war es das Wort „liber“, „frei“, „freie Geister“. Es geht im Kern des Kerns eben um Freiheit, dort bei d er NATO um Sicherheit und Freiheit, aber im Grunde ist Freiheit der Kern all unseres diplomatischen Tuns.
„Sicherheit, Freiheit und Wohlstand“, das ist das vom Bundeskanzler und vom Außenminister dem Auswärtigen Dienst vorgegebene Leitmotiv in diesen Zeiten, die nicht einfach, die fordernd sind. Herr Bundespräsident, Sie haben es gerade festgestellt, die brisant sind, auf eine ganz eigene Art und Weise. Freiheit und Sicherheit, das Eine geht nicht ohne das Andere.
Ich war zuvor Botschafter in Russland gewesen, einem Land mit sehr warmherzigen Menschen, die mittlerweile in einem eiskalten System leben, leben müssen. Und in einem meiner letzten Gespräche - der Krieg hatte schon begonnen - mit einem sehr mutigen Menschen mit bewundernswerter Haltung, sprachen wir über den Krieg, über Frieden, über Sicherheit, und auch über Freiheit. Viele seiner Worte habe ich mir eingeprägt, so auch den Satz: „Vergiss nicht, Freiheit ist das größte Privileg.“
„Freiheit ist das größte Privileg“ - er wusste ganz genau, wie kostbar und wie wertvoll Freiheit ist, gerade weil er sie nicht mehr hatte.
Es ist kostbar, dass wir hier bei uns in Freiheit Außenpolitik gestalten können, in Freiheit diese gestalten können, eine Außenpolitik, mit der wir unsere Freiheit sichern und bewahren müssen. Das ist wahrscheinlich der tiefste Sinn hinter all unseren außenpolitischen Interessen.
Welch ein Privileg, dass wir über unsere Außenpolitik frei debattieren können – innerhalb der Regierung, im Parlament, in der Gesellschaft und auch hier, bei Ihnen, in der DGAP. In diesen fordernden Zeiten sollten wir uns dessen sehr bewusst sein, wenn wir als Diplomaten in der Welt unterwegs sind.
Es geht eben letztendlich um unsere Freiheit, wenn wir die Ukraine in ihrem Abwehrkampf unterstützen,
wenn wir den Luftraum an der Ostflanke der Allianz schützen helfen,
wenn wir uns und unsere Politik im Nahen Osten in schwierigsten Abwägungen anpassen,
wenn wir in den Institutionen der Vereinten Nationen um den Erhalt von Regeln und Normen im Umgang von Staaten miteinander kämpfen und für die Rechte jedes einzelnen Menschen auf der Welt.
Es geht letztlich um unsere Freiheit, wenn wir den Zusammenhalt Europas weiter kräftigen, wenn wir das Atlantische Band stark halten wollen
und wenn wir uns um die großen Zukunftsthemen kümmern.
Es geht letztlich um unsere Freiheit bei unserem Tun in allen Ecken der Welt, wenn wir Beziehungen knüpfen und wenn wir das tun, was Diplomaten tun müssen: gut verstehen zu wollen, wie andere denken, und uns gut zu erklären.
Und, das will ich auch dazu sagen, es wird letztlich auch um unsere Freiheit gehen, dieses Kerninteresse, wenn wir in diesen fordernden Zeiten vielleicht auch ganz besonders schwierige Entscheidungen werden treffen müssen.
Deshalb: die DGAP steht für den freien Diskurs - bewahren sie sich diesen.
Und nochmal: Vielen herzlichen Dank der DGAP, dass Sie der deutschen Außenpolitik ein guter, kluger Begleiter sind.