Willkommen auf den Seiten des Auswärtigen Amts

Rede von Außenminister Dr. Johann Wadephul anlässlich der Amtsübernahme im Auswärtigen Amt

07.05.2025 - Rede

Liebe Annalena Baerbock,

liebe Frau Staatssekretärin Baumann,

lieber Herr Tietz,

liebe Staatsministerinnen und Staatsminister,

liebe Kolleginnen und Kollegen aus dem Deutschen Bundestag,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

vor allem aber: liebe Angehörige des Auswärtiges Amts!

Moin!

Sie werden gelesen haben, dass ich aus dem echten Norden komme, aus Schleswig-Holstein.

„Moin“, das heißt nicht „Guten Morgen“, wie man fälschlich annehmen könnte, sondern „Moin“ heißt „schön“ oder „gut“.

Und das beschreibt, was ich hier und heute empfinde:

Es ist ein schöner Moment und es ist ein gutes Gefühl, hier und heute mit Ihnen, meinen neuen Kolleginnen und Kollegen, in mein neues Amt zu starten.

Liebe Annalena Baerbock,

damit möchte ich beginnen: mit einem herzlichen Dank für die hervorragende Übergabe dieses Hauses und die Vorbereitung.

Und da nenne ich natürlich an allererster Stelle Dich, liebe Annalena.

Das hat man gerade eben noch mal gemerkt, wie du für deinen Job brennst, immer noch „on fire“ bist, Ideen hast, Vorschläge hast. Ich schwang ja gerade auch ein bisschen mit, wenn ich das richtig verstanden habe. Ich muss das nochmal mit dem Staatsminister aus der CSU besprechen, ob das mit der Farbe so gemeint war.

Du gehst in ein neues Amt und eine neue Stadt. Das hast Du auch mehr als verdient. Ein bisschen Zeit, auch mit den beiden Töchtern etwas Neues zu entdecken und ein bisschen mal abzuschalten.

Und trotzdem ist das natürlich eine Stätte, die UNO, wo man auch an ganz, ganz dicken Brettern bohren muss und viel Optimismus braucht.

Und deswegen hatte meine Frau, die auch die Idee mit der Krawatte hatte, diese hervorragende Idee. Das hat sie uns in der Familie letzte Weihnachten geschenkt und Dir gebe ich den jetzt auch: einen „Hoptimisten“. Nicht original in UNO-Farbe vielleicht, aber wenn man einmal gerade einen Frustrationsmoment hat, das soll in der UNO vorkommen, dann macht man einfach nur auf dem Schreibtisch so… dann lächelt der einen an. Und wenn das nicht reicht – wir sind ja über Signal verbunden. Dann kann man auch Videocalls machen. Dann machen wir ein Video und ich versuche, Dich so anzustrahlen und Dich wieder aufzumuntern.

Liebe Annalena Baerbock, für deinen Einsatz für den Auswärtigen Dienst Deutschlands, für Deinen Einsatz als Bundesaußenministerin der Bundesrepublik Deutschland, für Deinen persönlichen Einsatz – ganz herzlichen Dank. Mit Dalli Dalli würde ich sagen: „Das war Spitze!“

Aber ich möchte ganz herzlich in den Dank das gesamte Ministerbüro einschließen, was mir den Übergang sehr erleichtert hat und insbesondere die beiden Staatssekretäre, liebe Frau Baumann, lieber Herr Bagger, wir haben viele gute Gespräche geführt. Unsere Wege gehen jetzt ein Stück auseinander, aber wir bleiben zusammen. Sie werden an Orten tätig sein, an denen Sie, so habe ich das verstanden, tätig sein möchten. Und das war alles nicht selbstverständlich, dass Sie das auch mit einem gewissen Verständnis mir gegenüber und einer großen Loyalität gegenüber diesem Amt und diesem Staat alles so mitmachen und wir das hervorragend vorbereiten konnten. Und dafür Ihnen beiden ein besonderes Dankeschön.

Und ich möchte hier Staatssekretärin Jennifer Morgan einschließen, die für mich damals ein überraschendes Amt angetreten hat. Und ich finde es mittlerweile ein sehr logisches Amt. Und ich bedauere ganz außerordentlich, dass wir diesen Bereich an das Umweltressort verlieren. Das ist aus meiner Sicht die zweitbeste Entscheidung, die man in der Koalition hat treffen können. So ist das manchmal. Aber Ihnen persönlich – alles, alles Gute, Gottes reichen Segen und vielen Dank für Ihren hervorragenden Einsatz.

Da das gerade in einer der Reden aufgeworfen wurde: Jetzt ist hier ein Außenpolitiker, ein Außenminister der CDU. Ich war drei Jahre alt, als Gerhard Schröder, so hieß er, dieses Amt versah. Da gibt es relativ wenig Einfluss, den ich mitnehmen kann. Aber natürlich sind Außenpolitiker aus der CDU nichts Außergewöhnliches. Wenn ich versuche, das mit ein bisschen Abstand zu analysieren, dann ist doch die CDU, jedenfalls die im Westen, im Osten konnte sie das nicht immer so sein, eine Partei der Westbindung, eine Partei der Freiheit. Konrad Adenauer: „Wir wählen die Freiheit.“ Eine Partei, die die Bedeutung des transatlantischen Verhältnisses unterstrichen hat und eine Partei, die sich der Einheit und Stärkung Europas verpflichtet gesehen hat.

Und in diesem Sinne haben Außenpolitiker wie Konrad Adenauer, Helmut Kohl und Angela Merkel gearbeitet und dazu will ich jetzt auch meinen bescheidenen Beitrag leisten. Aber um es auf den Punkt zu bringen: Ich sehe mich schlicht und ergreifend als deutschen Außenminister. Nicht mehr und nicht weniger. Das ist meine Staatsaufgabe, die ich versuche wahrzunehmen. Und dafür brauche ich Ihre Unterstützung, Ihre Begleitung und freue mich auf die Aufgabe.

Drei Grundideen müssen im Kern der nächsten drei Jahre stehen:

Wir müssen erstens die deutsche Außenpolitik und damit das Handeln des Hauses konsequent auf die Interessen Deutschlands und Europas ausrichten. Das erfordert eine Konzentration auf das Wesentliche, auf die Wahrung der Sicherheit, der Freiheit, des Wohlstandes Deutschlands und Europas. Das wird die Kernaufgabe des Auswärtigen Amts bleiben und das ist auch unsere absolute Kernkompetenz. Und darin liegt die Chance, Themen neu anzusetzen oder stärker zu betrachten. Wir müssen die Kraft haben, das Wichtigste auch als das Wichtigste zu benennen. Wohlgemerkt ohne dass anderes damit automatisch unwichtig wäre. Aber die ganze Breite unseres Tuns muss bestimmt und fokussiert sein.

Konkret: Ich spreche von einer sicherheits-, interessen- und wirtschaftsgeleiteten Außenpolitik. Das ist der große Fokus. Und zugleich bleiben natürlich die Resolution 1325 mit der Agenda Frauen, Frieden und Sicherheit, der Schutz vulnerabler Gruppen weltweit sowie Klima und Nachhaltigkeit bedeutende Teile. Mir ist jedoch daran gelegen, angesichts der gegenwärtigen geopolitischen Realitäten und Krisen weltweit, eine grundnüchterne Prioritätensetzung vorzunehmen.

Ich weiß, dass der Personalrat das immer wieder thematisiert hat und dass wir alle auf die Arbeitsbelastung, die menschlichen Ressourcen, die ja auch endlich sind, Rücksicht nehmen müssen. Ich möchte sicherstellen, mit allen Führungspersonen, die wir haben, dass wir dafür sorgen, dass wir unsere Kräfte fokussieren, bündeln und damit auch schonen.

Zweitens geht es mir um die Pflege, den Wiederaufbau, den Ausbau von aktiven und vertrauensvollen Partnerschaften weltweit. Seit Jahren höre ich bei Gesprächen mit ausländischen Gesprächspartnern immer wieder den Wunsch, der immer mehr zu einer dringenden Bitte, wenn nicht sogar zu einer Forderung geworden ist, nach mehr deutscher Verantwortung, mehr Moderation und auch mehr Führung.

Deswegen müssen wir mehr für bestens funktionierende Partnerschaften in der Welt tun. Und auch das erfordert einen klaren Blick. Weil es um die Interessen unseres Landes geht, hat die deutsche Außenpolitik die Grundaufgabe, Kontakte auf der Welt zu knüpfen und zu pflegen und dies grundsätzlich auch mit denen, die in vielem anders denken als wir. Das heißt konkret: Wir sollten ansprechbar bleiben. Wir sollten versuchen, respektvoll ins Gespräch zu kommen. Das ist der Kern des Handwerks der Diplomatie, der Diplomatinnen und Diplomaten.

Das ist das, was wir können. Ich sage, das ist das, was wir müssen, auch wenn es zuweilen unangenehm ist. Und auch wenn es nicht sofort raschen Applaus bringt.

Drittens geht es mir um neue Akzente in der Kultur und im Selbstverständnis. Ich sehe nicht nur in diesem Haus, sondern ich sehe ganz insgesamt in der Verwaltung, in dem staatlichen Handeln in unserem Land ein Problem darin, dass wir uns immer mehr auf die Optimierung von Prozessen konzentrieren.

Was mir dabei zu kurz kommt – und ich weiß nicht sicher, ob es hier so ist, aber ich möchte dem nachgehen: Sind wir auch voll konzentriert auf das Ergebnis, auf das ursprüngliche Ziel? Ich meine, dieses Haus und die deutsche Außenpolitik muss sich einer unbedingten Ergebnisorientierung verschreiben. Deswegen will ich aktives, zugreifendes Handeln und die dafür notwendige Übernahme von Verantwortung eines jeden Angehörigen, einer jeden Angehörigen des Auswärtigen Amts fordern und fördern. Deswegen müssen wir in der Tat, das ist angesprochen worden, überflüssige Bürokratie auch im Auswärtigen Amt zurückbauen – das also fortsetzen, was schon begonnen worden ist und Strukturen und Prozesse entschlacken. Das zu versuchen: Zu machen, in einer Kultur des engagierten Miteinanders und Einbindens und nicht mit Kompetenzgerangel Dinge verkomplizieren und verlangsamen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, um diese Ziele und weitere umzusetzen, braucht es einen exzellent aufgestellten Auswärtigen Dienst, der topmodern agiert und höchste Expertise liefert.

Wir, Sie können das. Das hat Annalena Baerbock zu Recht gesagt, Staatssekretärin Baumann ebenso. Ich weiß, was mich hier erwartet. Ein absolut exzellentes, hochmotiviertes und unbedingt loyales Personal. Und ich sage Ihnen zu, das Stichwort Loyalität dürfen Sie auch mir gegenüber ansprechen, denn das ist immer eine Zweibahnstraße.

Loyalität muss in beide Richtungen geübt werden, natürlich auch von allen Personen, die Führungsverantwortung tragen, Ihnen gegenüber, zuvorderst von mir. Ich freue mich riesig, in diesem Sinne mit Ihnen zusammenzuarbeiten.

Ohne Sie geht nichts, denn Diplomatie lebt von menschlichen Kontakten im Gespräch. Auch modernste Technik kann da nach meiner Auffassung nur unterstützen. Am Ende sind Sie es, die Botschaften und Konsulate verstreut in die vier Himmelsrichtungen, die kommunizieren und agieren müssen.

Länder, politische Systeme, Kulturen, Menschen überall auf dem Erdball verstehen, mit ihnen respektvoll und mit einer Grundachtung tagtäglich umgehen; in angenehmen und schwierigen Weltgegenden immer wissen, was unsere eigenen Interessen und Werte sind: Das ist das Alleinstellungsmerkmal des Auswärtigen Amts. Sie sind auch in schwersten Krisen vor Ort oft die letzten, die gehen und oft die ersten, die wiederkehren. Wir alle haben diese Bilder vor Augen von dramatischen Situationen. Und einige davon hast Du angesprochen, liebe Annalena, die Evakuierungen, Stichwort Kabul, aber auch auf dem afrikanischen Kontinent haben wir das gesehen.

Ich will, dass das zur Geltung kommt. Ich will, dass unser Land dies sieht und anerkennt. Ich glaube, deswegen ist es auch verdient, dass das eine Wertschätzung nicht nur von mir als oberstem Dienstherrn erfährt, sondern dass unser Staat das auch würdigt. Das ist ein herausragender, aufopfernder Dienst und wir müssen den leider auch in weiteren Situationen von Ihnen erwarten. Herzlichen Dank für Ihr Tun, für diese Bereitschaft, für diese Aufopferung. Das ist nicht selbstverständlich und wird manchmal zu wenig gesehen.

Das betrifft in besonderem Maße auch das gesamte Umfeld, auch die Familie, Freunde und hat Auswirkungen auf Ihre Lebensführung. Aber Sie werden in dem Sinne weiter gefordert werden. Das möchte ich Ihnen nicht ersparen, sondern ich sehe darin die Stärke des Auswärtigen Dienstes, die wir wieder mehr zur Geltung bringen müssen. Das muss draußen stattfinden. Wir sind, meine sehr verehrten Damen und Herren, daran können Sie auch mich und alle anderen messen, wir sind der Auswärtige Dienst. Deswegen werden wir in den kommenden Jahren das Personal im Ausland aufstocken. Wir müssen vor Ort sein. Dort kommt unser Handwerk am besten zur Wirkung.

Sie sind im Ausland oft nicht allein, sondern zusammen mit der Bundeswehr, dem BMZ, dem Innenministerium, den Polizeien, dem BND und vielen anderen staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen.

Ich weiß um die exzellente Zusammenarbeit vor Ort. Die ist mir sehr viel wert. Denn nur so können wir zu guten Ergebnissen und zu einer gemeinsamen Anstrengung kommen.

Meinerseits werde ich versuchen, diese Zusammenarbeit auszubauen. Denn in unserer heutigen Lage ist keine Zeit mehr für Ressort-Egoismen. Wir haben uns eine Außenpolitik aus einem Guss verschrieben und das möchte ich im tagtäglichen Handeln leben und Sie auch herzlich bitten, da mitzutun. Ich, wir alle brauchen jetzt Ihren Rat und Ihre Expertise, wie man diese Ideen umsetzen kann. Und noch mehr: Es braucht Ihre Ideen. Daran bin ich interessiert. Deswegen habe ich mir vorgenommen, hier im Hause und in vielen Auslandsvertretungen, so wie Annalena das auch gemacht hat, mit möglichst vielen von Ihnen ins Gespräch zu kommen und nicht darauf zu schauen, wer ist jetzt gerade für was zuständig. Oder ob es gerade jetzt Aufgabe dieser Person ist, mit dem Minister zu sprechen.

Ich möchte Ihre Meinungen und Eindrücke hören. Zum Was und Wie wir arbeiten und in welche Richtung wir gehen. Wir müssen mindestens schon bei der Botschafterkonferenz im September die Gelegenheit nutzen, damit es nicht irgendein Prozess ist, der im Nirgendwo endet, sondern der einen ersten Kontrollpunkt hat, ein erstes Zwischenresultat zeigen kann.

Wir müssen die Botschafterkonferenz im September dafür nutzen. Zu den Fragen, die ich vorgestellt habe. Aber wie gesagt, ich warte auch auf weitere Vorschläge, erste ergebnisorientierte Debatten zu führen und Konzepte abzuwägen. Bis Jahresende sollten wir dann gemeinsame operative Vorschläge erarbeitet haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Schweizer Tagesanzeiger hat in der vergangenen Woche geschrieben: „Die Aufgaben, die die deutsche Außenpolitik erwarten, sind herkulisch“.

Wie Sie sehen, ich bin kein Herkules. 1,70 Meter groß. Aber auch ein Herkules würde die Aufgabe nicht alleine meistern können. Deswegen bin ich froh, dass wir Sie haben.

Da zählt jede und jeder dazu. Dazu zählt der bärenstarke Arbeitsmuskel des gesamten Hauses, ein exzellentes Führungsteam. Dazu zählen die neuen drei Staatsminister Serap Güler, Gunther Krichbaum und Florian Hahn – auf eine gute Zusammenarbeit.

Wir sind gemeinsam ein starkes Team. Die Zusammenarbeit mit Bernhard Kotsch und Géza von Geyr, die als beamtete Staatssekretäre in diesem Haus jetzt ihren Dienst tun werden.

Wir kennen uns seit vielen Jahren und ich vertraue den beiden, sie sind versierte und erprobte Fahrensleute. Auch hier auf eine gute Zusammenarbeit mit Ihnen beiden und mit dem ganzen Haus.

Herzlichen Dank für die Bereitschaft, hier anzutreten. Der schon erwähnte Herr Zühlke muss gleich Gas geben mit mir, damit ich nicht den ersten, bei der Bundeswehr würde man sagen, „Anschiss“ bekomme wegen Zuspätkommen beim Kabinett.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen jetzt, wer und was Sie erwartet. Ich wünsche uns allen Erfolg und Gottes Segen für die kommenden Jahre.

Lassen Sie uns gemeinsam mit Leidenschaft und Freude daran arbeiten, dass unser Land und Europa weiterhin in Sicherheit, Freiheit und Wohlstand leben kann.

Dass die Welt ein wenig friedlicher und besser wird und dass wir dem Auswärtigen Amt und seiner großen Geschichte Genüge tun werden.

Deswegen entlasse ich Sie mit einem norddeutschen Spruch, nachdem ich heute mit einem ähnlichen begonnen habe.

„Na denn mal los!“

Dankeschön.

Schlagworte

nach oben