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Videobotschaft von Außenministerin Annalena Baerbock für die 31. Ostseeparlamentarierkonferenz “The Future of the Baltic Sea Region.The answer to Russia’s invasion of Ukraine: Strong democracies, protection of human rights and sustainable development”

13.06.2022 - Rede

Voraufzeichnung am 2. Juni 2022

Als ich letzten Monat in Kristiansand war, haben manche bei Twitter und Facebook gefragt: Was macht denn die deutsche Außenministerin in Norwegen und was ist eigentlich der Ostseerat? Und warum ist sie dort, wenn zeitgleich in der Ukraine ein Krieg tobt?

Ehrlich gesagt habe auch ich mich gefragt: „Was ist eigentlich der Ostseerat?“ – weil es lange Zeit ein Gremium war, das nicht bekannt war, das eher ein „soft power“ Instrument ist. Das aber, gerade in diesen Zeiten, nachdem es neun Jahre lang nicht in persona der Außenministerinnen und Außenminister getagt hat, wichtiger ist denn je.

Denn auch im Ostseeraum geht es um unsere gemeinsame Sicherheit. Lange haben wir dort im Ostseeraum auf Zusammenarbeit mit Russland gesetzt. Aber jetzt bringt Russlands Angriffskrieg der Region eine Zäsur:

Schweden und Finnland kommen in die NATO – und wir unterstützen sie dabei mit aller Kraft. Und im Ostseerat haben wir die Mitgliedschaft von Russland und Belarus suspendiert.

Was bedeutet diese neue Realität für die regionale Zusammenarbeit – und für die Zukunft des Ostseerats?

Ich bin überzeugt: Gerade jetzt müssen alle demokratischen Ostseeanrainer zusammenstehen – und gerade jetzt brauchen wir deshalb den Ostseerat.

Ich freue mich daher sehr, dass wir als Bundesrepublik Deutschland ab dem 1. Juli den Vorsitz im Ostseerat übernehmen.

Für viele Deutsche, ich glaube auch für viele andere, die dort wohnen, ist die Ostsee vor allen Dingen ein Ort zum Urlaub machen: Für Strandspaziergänge auf Rügen und Öland, für Städtetrips nach Helsinki und Riga.

Aber gleichzeitig ist klar: Diese Region ist strategisch wichtig – und sie hat riesiges Potential, etwa für unsere Energieversorgung.

Für unseren Vorsitz haben wir uns daher drei Schwerpunkte vorgenommen.

Erstens wollen wir Offshore-Windkraft in der Ostsee massiv ausbauen.

Das, was in der Nordsee geht, das geht auch in der Ostsee.

Gemeinsam mit Dänemark werden wir ein „Baltic Offshore Forum“ organisieren: Mit Privatwirtschaft und staatlichen Akteuren – um konkrete Windkraftprojekte anzustoßen.

Denn Russlands Aggression hat gezeigt: Klimapolitik und Energiewende sind Sicherheitspolitik – und Windenergie aus der Ostsee kann uns allen helfen, in Zukunft ohne fossile Energie aus Russland leben zu können.

Zweitens bauen wir die Jugendarbeit des Ostseerats aus.

Denn junge Menschen müssen mit am Tisch sitzen, wenn es um ihre Zukunft in unserer Region geht. Wir machen deshalb die “Baltic Sea Youth Platform” zu einer dauerhaften Institution – damit sie weiter Jugendparlamente und Austausch zwischen jungen Menschen fördern kann.

Und nächstes Jahr werden wir dem Treffen der Ministerinnen und Minister des Ostseerats ein „Youth ministerial“ mit jungen Delegierten vorschalten. Damit sie für uns Ideen zur Zukunft des Ostseeraums erarbeiten: Zur Digitalisierung, zur Klimakrise und der grünen Transition.

Gleichzeig wollen wir auch in die ganz konkrete Sicherheit aller Menschen investieren, die im Ostseeraum leben und arbeiten.

Und das bringt mich zum dritten Schwerpunkt unseres Vorsitzes: Einer tickenden Zeitbombe auf dem Meeresboden der Ostsee, die wir entschärfen wollen: Nämlich Munition aus vergangenen Kriegen. Auf dem Ostseegrund liegen bis zu 400.000 Tonnen konventionelle und rund 40.000 Tonnen chemischer Munition. Wenn man das umrechnet, entspricht das in etwa der Ladung von 11.000 schweren Sattelzügen – die eine tödliche Gefahr für die Umwelt und das Leben im Meer bedeuten.

Während unseres Vorsitzes werden wir daher nach Wegen suchen, die Bergung dieser Munition zu beschleunigen – und dafür in einem ersten Schritt Expertinnen und Experten zusammenbringen.

Meine Damen und Herren,

die Bomben, Minen und Wracks gesunkener Kriegsschiffe auf dem Ostseegrund zeigen: Kriege und ihre Folgen wirken oft Jahrzehnte nach. Klar ist: Das wird auch für Russlands Krieg gegen die Ukraine gelten. Er wird unser Europa für eine Generation prägen.

Deshalb ist es so wichtig, dass jetzt in einer Region wie der Ostsee alle demokratischen Staaten zusammenstehen. Dafür brauchen wir den Ostseerat – und dafür steht unser Vorsitz dieses Jahr.

Herzlichen Dank und gute Beratungen Ihnen allen.

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