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Rede von Europa-Staatsminister Michael Roth anlässlich der Eröffnung der zweiten Sitzung der deutsch-französischen Initiative „Think Tanks Tandem“
--- es gilt das gesprochene Wort ---
Sehr geehrte Damen und Herren,
„Denken ist die schwerste Arbeit, die es gibt. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum sich so wenige Leute damit beschäftigen.“
Stünde heute nicht Michael Roth vor Ihnen, sondern Henry Ford, von dem dieser denkwürdige Ausspruch stammt, dann würde er beim Blick in diesen gut gefüllten Raum seine Worte wohl auf der Stelle bedauern. Denn Sie alle haben das Denken zu Ihrem Beruf gemacht – und das ist auch gut so! Im Sinne von Ford sind sie alle Schwerstarbeiter im Denken. Und deshalb hat sich im deutschen Sprachgebrauch wohl nicht ganz ohne Grund der Begriff „Denkfabrik“ etabliert.
Danken möchte ich der Stiftung Genshagen und Ihnen, Herr Dr. Koopmann, dass Sie die gemeinsame Initiative von Harlem Désir und mir aufgegriffen haben und heute die zweite Sitzung des Netzwerks Think Tanks Tandem ausrichten. Das Motto Ihres Netzwerks „Ensemble pour l’Europe“ – also: Gemeinsam für Europa – könnte in der gegenwärtigen Situation kaum treffender gewählt sein.
Sie haben mich eingeladen, um über europäische Außen- und Sicherheitspolitik zu sprechen. Die Sicherheitslage in und um Europa hat sich in den vergangenen Jahren massiv verschlechtert. Und ich will auch gar nicht lange um den heißen Brei herumreden: Auf diese Entwicklung haben wir bislang keine überzeugenden, umfassenden Antworten gefunden.
Deshalb bin ich heute auch nicht gekommen, um Ihnen Europa und die Welt zu erklären. Vielmehr möchte ich heute selbst einige Fragen aufwerfen, die sicher nicht nur mich, sondern wohl auch viele andere hier im Raum umtreiben. Sie sind die Vertreterinnen und Vertreter von namhaften Think Tanks aus Deutschland und Frankreich – und ich bin gespannt auf Ihre Einschätzung und freue mich darauf, im Gespräch mit Ihnen einer Antwort etwas näher zu kommen.
Erstens: Wird der Brexit zum Spaltpilz für die Europäische Union?
Das Brexit-Votum der Briten hat kurzfristig zunächst kaum unmittelbare Auswirkungen auf die europäische Außen- und Sicherheitspolitik. Die Folgen des Brexit können sich aber mittelfristig negativ für den innereuropäischen Zusammenhalt bemerkbar machen. Dem müssen wir entgegen treten.
Bis vor kurzem habe ich mir kaum vorstellen können, dass sich das Vereinigte Königreich – einer unserer engsten Partner – entscheiden würde, die Europäische Union zu verlassen. Heute stehen wir vor der Aufgabe, wie wir den Zusammenhalt Europas sichern und wie wir verhindern, dass dieses einzigartige Friedens- und Gesellschaftsprojekt erodiert. Die EU befindet sich derzeit in keiner guten Verfassung. Manche wie Kommissionspräsident Juncker meinen gar, sie stecke in einer existentiellen Krise.
Das Brexit-Referendum in Großbritannien hat seinen Teil dazu beigetragen, grundsätzliche Fragen nach der Zukunft der EU aufzuwerfen. Ich halte es für falsch, jetzt einem Zerfall der EU das Wort zu reden und ernsthaft über die Rückkehr zu einem Europa der Nationalstaaten nachzudenken! Dieser Unsinn wird keines der Probleme unseres Kontinents lösen. Die EU ist und bleibt unsere Lebensversicherung in diesen stürmischen Zeiten der Globalisierung und Krisen in unserer Nachbarschaft.
Für die Bundesregierung ist der europäische Integrationsprozess Teil einer Staatsräson, die wir in unserem Grundgesetz verankert haben. 70 Jahre Frieden in Europa sind keine Selbstverständlichkeit. Nur gemeinsam sind und bleiben wir Europäer eine Kraft, mit die zu gestalten vermag. Heute machen wir Europäer acht Prozent der Weltbevölkerung aus – 2050 werden es nur noch fünf Prozent sein. Aber wenn wir unsere Kräfte bündeln, werden wir unseren „European Way of Life“ schützen können.
Es ist aber auch richtig: Wir müssen eine Antwort finden auf die Angst vieler Menschen vor Kontrollverlust. Sie führt dazu, dass immer mehr Bürgerinnen und Bürger in Europa auf Abschottung, Abgrenzung und einen Rückzug ins Nationale setzen. Ein Rückzug, der gerade in dieser globalisierten Welt keine vernünftigen Antworten auf die vielschichtigen Probleme unserer Zeit bietet. Zwei unserer aktuell größten Aufgaben, Migration und Terrorismus, verdeutlichen dies eindrücklich. Die Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger Großbritanniens, die EU zu verlassen, ist auch auf diese Unsicherheit zurückzuführen. Die langfristigen Folgen sind heute vermutlich weder für uns noch für Großbritannien oder Europa wirklich abzusehen.
Es nützt nichts, die eigenen Wunden zu lecken und eine einmal getroffene Entscheidung zu beklagen, auch wenn wir die britische Entscheidung zutiefst bedauern. Ich sehe unsere Aufgabe vielmehr darin zu verhindern, dass aus dem Brexit eine Dynamik erwächst, die das europäische Projekt abzuwickeln droht.
Es geht jetzt darum, einerseits den Austrittsprozess eines der größten EU-Mitglieder so zu gestalten, dass Europa keinen Schaden nimmt, und andererseits die EU besser zu machen: handlungsfähiger, näher an den Bürgerinnen und Bürgern - schlicht besser.
Zweitens: Syrien, Ukraine, islamistischer Terror – schlittert die EU nur noch von Krise zu Krise oder haben wir ein echtes außen- und sicherheitspolitisches Konzept?
Die Sicherheitslage in Europa hat sich im Lichte wachsender Bedrohungen über die vergangenen Jahre spürbar verschärft. Denken wir an die katastrophale Situation in Syrien, die offenbar endlose Paralyse in Libyen, die menschenverachtenden Verbrechen terroristischer Gruppierungen wie dem sogenannten Islamischen Staat oder die Machenschaften skrupelloser Menschenhändler, die das Elend von Flüchtlingen schamlos für ihren eigenen Profit ausnutzen.
Wir müssen nicht nur unsere eigene, sondern vor allem auch die europäische Außen- und Sicherheitspolitik dringend stärken und fortentwickeln.
Durch unsere unmittelbare südliche Nachbarschaft zieht sich ein Krisenbogen von Nordafrika bis in den Nahen und Mittleren Osten. Die Folgen sind für die Menschen in unseren Gesellschaften unmittelbar spürbar: etwa in der Angst vor Terroranschlägen oder auch in der Aufgabe, diejenigen zu integrieren, die Zuflucht vor Krieg und Gewalt bei uns suchen.
Lassen Sie mich Syrien herausgreifen: Dieses Land steht im Zentrum dieser konfliktgeschüttelten Region. Längst ist aus dem anfänglichen Protest friedlicher Bürger in Dara’a ein erbitterter Stellvertreterkrieg geworden, in dem hunderte kämpfende Gruppen gegeneinander stehen, in dem der sogenannte Islamische Staat sein menschenverachtendes Kalifat proklamierte, in dem Regionalmächte um Vormacht ringen und das Assad-Regime uns täglich seine Brutalität vor Augen führt.
Der gescheiterte Versuch, im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu einer humanitären Waffenruhe zu kommen, ist ein weiterer Tiefpunkt. Das Assad-Regime, aber auch Moskau, tragen hier direkte Verantwortung für einen fortwährenden Bruch des Völkerrechts. Es ist an ihnen, endlich den Einstieg in eine dauerhafte Waffenruhe möglich zu machen, um eine weitere humanitäre Katastrophe zu verhindern.
Es ist müßig, darüber zu sinnieren, ob wir in Syrien Lösungen verpasst haben, lange bevor der Krieg begann. Ob wir Chancen ungenutzt gelassen haben, Syrien näher an Europa heranzuführen. Ob die internationale Gemeinschaft früher und entschiedener hätte eingreifen müssen. Heute gilt es, selbst die kleinste Chance zu nutzen, die sich in dieser verfahrenen Situation finden lässt. Wir sind es den eingekesselten Menschen in Aleppo schuldig, unsere bislang gescheiterten Bemühungen um eine erneute Waffenruhe fortzusetzen. Wir stehen in der Pflicht, die Not der Menschen zu lindern.
Im Osten rüttelt Russland mit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim und seinem Handeln im östlichen Teil der Ukraine an den Grundfesten der europäischen Sicherheitsarchitektur. Auch wenn Moskau bisweilen Signale der Kooperationsbereitschaft im Kampf gegen den Terrorismus sendet, bleibt die Lage an der russisch-ukrainischen Grenze sehr fragil.
Wir werden gemeinsam mit unserem engsten Partner Frankreich viel Kärrnerarbeit leisten müssen. Im Minsk-Prozess stellen sich nur mühsam Fortschritte ein. Diese ändern freilich nichts am grundsätzlichen Befund: Die Bedrohungslage hat sich auch im Osten des Kontinents gewandelt.
Damit nicht genug. Europa muss auch jenseits von „heißen“ Krisen und Konflikten mit Unwägbarkeiten umgehen. Was können wir der schleichenden Erosion der internationalen Ordnung entgegensetzen? Wie gestalten wir künftig unser Verhältnis zu den USA, zu China und zu Russland? Wie können wir die Rolle der Europäischen Union auf globaler Ebene neu definieren?
Die Beschleunigung der Globalisierung und ihre Gegenbewegungen, die Gewaltausbrüche in unserer südlichen Nachbarschaft, die Infragestellung der europäischen Sicherheitsordnung – ja die Auflösung von Gewissheiten, an denen wir uns über Jahrzehnte orientieren konnten: All das sind Anzeichen einer Welt der Krisen, in der Sicherheit und Stabilität keine Selbstverständlichkeiten mehr sind. Nicht einmal mehr in Europa.
Schließlich stellt das Verhältnis zu den „Big Three“, den USA, China und Russland aus ganz unterschiedlicher Perspektive eine Bewährungsprobe für uns Europäer dar. Klar ist: Die auf gemeinsamen Werten und Interessen fußende Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten bleibt eine zentrale Grundsäule unserer Außenpolitik. In einer Welt der Unordnung mit zunehmend unübersichtlichen Krisenherden ist die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Deutschland, Europa und den USA wichtiger denn je.
Die Präsidentschaftswahl wird in vielerlei Hinsicht unsere strategische Zusammenarbeit mit den USA prägen, ist sie doch auch eine Wahl zwischen einer Beendigung oder einer Fortsetzung eines partnerschaftlichen Kooperationsansatzes geworden. Die Wahl wird daher das internationale Gefüge und möglicherweise auch die europäische Sicherheit so oder so verändern – sie ist daher wichtig nicht nur für die USA, sondern für uns alle.
Russland ist und bleibt die größte Militär- und Nuklearmacht auf unserem Kontinent – das ist eine schlichte geopolitische Realität. Abschreckung bleibt daher eine unverzichtbare, aber eben auch nur eine Seite der Medaille. Abschreckung allein ist aber keine tragfähige Strategie für die Zukunft. Ebenso wichtig ist das ernstgemeinte Angebot zum Dialog: über das uns Trennende, aber auch auf der Suche nach Wegen der Zusammenarbeit.
Sicherheit im Europa lässt sich auf Dauer nicht gegen- sondern nur miteinander organisieren. Natürlich gehört dazu, dass wir Russland nicht erlauben können, grundlegende Prinzipien des Völkerrechts und der europäischen Sicherheitsordnung über Bord zu werfen. Aber es gehört eben auch dazu, dass wir uns wieder ernsthaft darum bemühen, in Fragen europäischer Sicherheit gemeinsame Interessen zu definieren und in einen ernsthaften Dialog zu treten. Kooperation muss möglich sein, auch wenn uns vieles voneinander trennt. Daher machen wir uns in der Allianz stark dafür, dass die NATO – unter Einbeziehung Finnlands und Schwedens – mit Russland über konkrete Schritte ins Gespräch kommt, die zum Beispiel zu mehr Sicherheit im Ostseeraum beitragen.
Es entspricht unserem Interesse, als Wertepartner und Allianz gemeinsam aufzutreten. Dies ist nicht immer einfach, im Gegenteil. Zu oft lassen wir uns auseinanderdividieren, halten an unseren Partikularinteressen fest. Damit machen wir es anderen besonders einfach, ihre Interessen durchzubringen.
Ich erinnere mich gut, dass wir im Juli im Rat um eine gemeinsame Position ringen mussten, um den begrüßenswerten Schiedsspruch zum seerechtlichen Streit zwischen China und den Philippinen zu würdigen. Tagelang gelang es China, Einfluss auf einzelne Mitgliedstaaten zu nehmen und so unsere Geschlossenheit in einer Grundsatzfrage – der völkerrechtsbasierten Streitbeilegung – herauszufordern. Ich denke, die Lehre daraus sollte für uns alle sein: Je geschlossener wir agieren, desto effektiver können wir gemeinsam Politik machen.
Es ist wichtig, dass Europa auch in multilateralen Foren weiterhin eng zusammensteht und eine gemeinsame Position formuliert. Nur so haben wir eine Chance, dem Versuch der Aushöhlung bestehender Grundprinzipien – wie etwa bei den Menschenrechten und der Rechtstaatlichkeit – durch Dritte entgegen zu wirken. Nur so können wir ernsthaft zur Gestaltung neuer globaler Mechanismen in unserem Sinne beitragen.
Drittens: Welche Anforderungen stellt die veränderte Sicherheitslage in der europäischen Nachbarschaft an die Ausrichtung unserer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik?
Ein Element dürfte in der Fortentwicklung europäischer Außen- und Sicherheitspolitik liegen. Es geht mir dabei weniger um das Militärische. Vielmehr muss unsere Sicherheit im Lichte der teils dramatischen Veränderungen gestärkt werden. Europa hat insofern bereits heute einiges zu bieten, etwa bei der Krisenprävention, der Stabilisierung und der Konfliktnachsorge. Auch die Partnerschaften mit der NATO und den Vereinten Nationen eröffnen Chancen. Aber wir Europäer müssen besser werden. So müssen wir bei innerer und äußerer Sicherheit gerade im Zusammenhang mit Migration und Terrorismusbekämpfung viel mehr tun.
Außerdem muss die EU stärker versuchen, ihre Nachbarschaft zu stabilisieren. Deshalb haben wir die Europäische Nachbarschaftspolitik überarbeitet, das Kerninstrument der EU in diesem Bereich. Zentrale Elemente der Europäischen Nachbarschaftspolitik sowohl im Süden als auch im Osten sind für uns Sicherheit und Migration.
Anspruch der neuausgerichteten Nachbarschaftspolitik muss es sein, kohärentes Außenhandeln der EU zu stärken. Wir können und müssen noch mehr tun, um unsere Interessen in der Zusammenarbeit mit Partnerländern zu bündeln, insbesondere durch eine engere Verzahnung mit der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Stabilität in der Nachbarschaft fördern wir nur durch einen politischen Ansatz „auf Augenhöhe“ mit den Partnern. Ihre Bedürfnisse und Interessen müssen wir ebenso berücksichtigen wie das, was realpolitisch möglich ist.
Hören wir doch auf den Willen unserer Bevölkerung: Zwei Drittel der Europäer wollen „mehr Europa“ in der Außen- und Sicherheitspolitik. Diese positive Grundstimmung müssen wir nutzen – sowohl für die innere wie die äußere Sicherheit und erst recht die Wechselwirkung zwischen beiden. Und über 70 Prozent unterstützen weitere Schritte in Richtung einer gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik Europas. Wenn dem so ist, dann dürfen wir auf gar keinen Fall dem Gefühl der Frustration nachgeben. Im Gegenteil: Jetzt ist der Moment, um die Ärmel hochzukrempeln und für ein besseres, handlungsfähigeres Europa zu kämpfen. Im Bereich der äußeren Sicherheit haben wir mit einer neuen Sicherheitsstrategie ein wichtiges Fundament gelegt.
Wir haben ein Narrativ für unsere Außen- und Sicherheitspolitik entwickelt. Das ist gut, aber nicht gut genug. Es muss uns jetzt darum gehen, dass die EU handlungsfähiger wird. Damit meine ich, dass sie in der Lage sein muss, konkrete Lösungen für reale Probleme und Sorgen unserer Bürgerinnen und Bürger zu liefern. Europa muss von den Menschen wieder als Teil der Lösung und nicht nur als Teil des Problems wahrgenommen werden.
Deshalb haben auch die Außenminister Deutschlands und Frankreichs gemeinsam für genau dazu konkrete Vorschläge vorgelegt. Gemeinsam mit unseren Partnern arbeiten wir daran, die neue europäische Sicherheitsstrategie mit Leben zu füllen und die europäische Außen- und Sicherheitspolitik fortzuentwickeln. Unser Ziel bleibt ein Europa, das sich als Sicherheits- und Verteidigungsunion versteht.
Wir wissen, dass das nicht kurzfristig erreicht wird. Deshalb konzentrieren wir uns jetzt auf konkrete Einzelschritte, die Europas Sicherheit erhöhen. Wir wollen eine bessere Vergleichbarkeit unserer Verteidigungsplanung erreichen, um größere Synergien zu erlangen. Unsere Zusammenarbeit ist ausbaufähig, etwa im Bereich Cyber oder Satellitenkommunikation. Wir setzten uns dafür ein, das institutionell vorhandene Werkzeug besser zu nutzen:
Über die ständige strukturierte Zusammenarbeit interessierter Mitgliedstaaten können wir vielleicht Fortschritte zum Beispiel im Sanitätswesen oder in der Logistik erzielen.
Gleichzeitig gilt es auch zu betonen, was Europa bereits heute leisten kann und leistet: Europa ist bereits heute Vorreiter bei der Stabilisierung krisengeschüttelter Regionen. Denken Sie an die Aufbauarbeiten in irakischen Städten wie Tikrit, wo wir nach der Befreiung vom Terrorismus durch Wiederherstellung grundlegender Infrastruktur die Voraussetzungen dafür schaffen konnten, dass inzwischen 90 Prozent der Menschen in ihre Heimat zurückgekehrt sind. Dieses Engagement ist eingebettet in einen umfassenden Stabilisierungsansatz, der strategische Vorausschau, Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und Mediation, militärisches und ziviles Krisenmanagement – und nicht zuletzt die Ertüchtigung unserer Partner – umfasst.
Alle Ressorts arbeiten derzeit an den „Leitlinien für das Krisenengagement und die Friedensförderung der Bundesregierung“: Sie werden die konzeptionelle Grundlage für einen gemeinsamen Ansatz bei Krisen- und Konfliktlagen bilden. Wir wollen diesen Ansatz auch auf europäischer Ebene verankern. In der Umsetzung der Globalen Strategie werden wir uns dafür einsetzen, hier zu Fortschritten kommen.
Diese unterschiedlichen Ansätze müssen wir noch besser miteinander verweben. Wir brauchen weitere Fortschritte bei der Zusammenarbeit unserer Nachrichtendienste, der effektiveren Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung oder best practices bei der Bekämpfung von Radikalisierung.
Wir müssen darüber hinaus unsere Instrumente des zivilen Krisenmanagements stärken – das Alleinstellungsmerkmal der EU ist ja gerade der integrierte Ansatz aus militärischen und zivilen Reaktionsmitteln. Deshalb benötigen wir zur Integration dieser Stränge eine ständige zivil-militärische Planungs- und Führungsfähigkeit.
Darin sehe ich keine Doppelung oder Schwächung der NATO. Unsere amerikanischen Partner fordern zu Recht seit Jahren größere Lastenteilung und mehr europäische Verantwortung. Hierfür endlich die Grundlagen zu schaffen, liegt im Interesse aller – der EU, der NATO und der USA.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Jetzt habe ich lange genug unsere Ideen und Vorstellungen formuliert. Nun sind Sie an der Reihe. Jetzt bin ich gespannt, was in den Denkfabriken in Deutschland und Frankreich zu diesen Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik gedacht wird.