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Interview Außenminister Steinmeiers mit der slowenischen Tageszeitung Delo
Aus Anlass seines Besuches in Ljubljana sprach Frank-Walter Steinmeier mit der slowenischen Tageszeitung Delo (30.04.2015).
Aus Anlass seines Besuches in Ljubljana sprach Frank-Walter Steinmeier mit der slowenischen Tageszeitung Delo (30.04.2015).
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Deutschland und Slowenien sind in Sorge wegen der Probleme der Eurozone - besonderes wegen Griechenland, für die beide Länder auch mit unserem Geld haften. Deutschland besteht darauf, dass alle Euroländer für nachhaltige Haushalte und bessere Wettbewerbsfähigkeit sorgen. Was raten Sie jenen Ländern, die sich beschweren, dass nicht alle Euro-Mitglieder so exportstark wie Deutschland sein können?
Was wir auf Fall nicht tun sollten, ist es ganz Europa oder der Eurozone ein Wirtschaftsmodell aufzuoktroyieren. Im Gegenteil: Europa ist Vielfalt. Unser Kontinent bietet viele Wege, wie ein Staat und eine Wirtschaft erfolgreich sein können. Aber zwei Elemente scheinen immer wichtig zu sein, damit eine Wirtschaft floriert und die Menschen Vertrauen haben: ein stabiler Staatshaushalt und wettbewerbsfähige Unternehmen. Daran arbeiten wir alle gemeinsam, damit wir Europäer in der globalisierten Welt des 21. Jahrhunderts bestehen können, damit unsere Kinder die gleichen Chancen haben wie wir sie hatten.
Richtig ist aber auch, dass die Reformen in den Mitgliedsstaaten der EU zum Teil sehr schmerzhaft für die einzelnen Bürger sein können. Je länger Reformen versäumt wurden, desto schwieriger ist ein solcher Prozess. Wir müssen deshalb genau darauf achten, dass die Reformen sozial ausgewogen gestaltet werden, und nicht nur die Schwächsten der Gesellschaft die Leidtragenden sind. Auch für sie müssen wir dafür sorgen, dass Europa schnell wieder zu nachhaltigem Wachstum zurückkehrt und die Zeichen dafür stehen für die meisten Mitgliedsstaaten gar nicht so schlecht.
Manche deutsche Ökonomen raten den Austritt Griechenlands aus der Eurozone, weil sich das Land mit einer neuen Währung (wie die Drachme) besser entwickeln könne. Nach allem, was in den letzten Monaten passiert ist, können Sie das noch ausschlieβen?
Alle Europäer arbeiten unermüdlich daran, dass Griechenland Teil der Eurozone bleibt. Seit Februar 2015 haben wir leider sehr viel Zeit verloren, aber in den letzten Tagen scheinen die Verhandlungen mit den Partnern in Athen wieder Geschwindigkeit aufgenommen zu haben. Es wäre gut, wenn das so bleibt, damit wir bis Mai/Juni eine Einigung mit einem positiven Abschluss des Programms erreichen. Das ist nicht viel Zeit, aber genug. Ich vertraue darauf, dass unsere griechischen Partner sich des Ernstes der Lage bewusst sind.
Die Krise in Ukraine ist noch weit von einer endgültigen Lösung entfernt; die Beziehungen der EU und der Nato zu Russland seit weiterhin extrem angespannt. Wir sehen fortlaufende militärische Drohungen, etwa im Baltikum, und soeben hat die EU die Preispolitik von Gazprom kritisiert. Wie beurteilen Sie die Lage?
Mit den Minsker Vereinbarungen, die im Kern einen Fahrplan zur Entschärfung der Krise in der Ostukraine vorzeichnen, konnten wir verhindern, dass der Konflikt außer Kontrolle gerät. Bei der Umsetzung von Minsk haben wir mit dem Rückzug schwerer Waffen und dem weitgehenden Waffenstillstand wichtige erste Schritte geschafft. Das ist gut, aber noch lange nicht ausreichend. Jetzt geht es vor allem darum, den Einstieg in den politischen Prozess voranzutreiben. Da müssen wir am Ball bleiben.
Denn die Gefahr, die vom Konflikt in der Ostukraine weiterhin für Europa ausgeht, ist noch nicht gebannt. Es ist wichtig, dass wir in der Europäischen Union weiterhin an einem Strang ziehen und unseren zweifachen Ansatz gemeinsam fortsetzen – klare Botschaften Richtung Russland, wenn notwendig auch mit Sanktionen, und gleichzeitig Dialogbereitschaft. Dazu stimmt sich Deutschland gerade auch mit den osteuropäischen Partnern eng ab. Für uns ist klar: Europa ist dann stark, wenn es mit einer Stimme spricht.
Die Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer ist gravierend. Was muss geschehen, um noch mehr Opfer zu verhindern?
Uns Europäer kann es nicht kaltlassen, dass so viele Menschen im Mittelmeer auf dem Weg nach Europa ums Leben kommen. Deshalb ist es dringend geboten, dass wir uns mit ganzer Kraft der Lösung der Flüchtlingsprobleme im Mittelmeer widmen.
Das betrifft zum einen die Seenotrettung. Der Europäische Rat hat in der vergangenen Woche die Rettung von Menschenleben ins Zentrum gerückt. Für die Verstärkung der Hilfsmaßnahmen werden die Mittel für die zuständige Frontex-Mission verdreifacht. Die Bundesregierung hat die Bereitstellung zweier Bundeswehrschiffe angeboten
Wir wollen auch Schleppern und Schleusern das Handwerk legen, die in rücksichtloser Profitgier den Tod von Menschen bewusst in Kauf nehmen. Auch dazu haben die Staats- und Regierungschefs in der vergangenen Woche Maßnahmen beschlossen, zu deren Umsetzung die Hohe Vertreterin jetzt Vorschläge ausarbeitet.
Wir müssen aber beim Ursprung des Problems ansetzen: bei den Krisen in den Ländern vor Ort, etwa in Libyen, dem Transitland für viele der Flüchtlinge. Deshalb wird die EU der African Union und betroffenen Staaten einen Gipfel zu diesen Fragen vorschlagen.
Schließlich brauchen wir eine gerechtere Verteilung von Flüchtlingen in Europa: Derzeit nehmen sechs von 28 EU-Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, 80 Prozent der Mittelmeerflüchtlinge auf. Deutschland hat mit etwas mehr als 200.000 Asylbewerbern letztes Jahr die größte Zahl aufgenommen. Wir hoffen, dass es Bereitschaft zu einer neuen Verständigung im Geiste gesamteuropäischer Verantwortung kommt.
Herr Außenminister, Deutschland und Slowenien sind Partner in der EU und der Eurozone und Verbündete in der Nato. Welche Botschaft bringen Sie nach Ljubljana, welche Themen werden Sie ansprechen?
Deutschland und Slowenien pflegen exzellente bilaterale Beziehungen. Das hilft, gemeinsam wichtige Themen innerhalb der Europäischen Union voranzubringen. Wir werden etwa über die Weiterentwicklung der Europäischen Nachbarschaftspolitik sprechen. Deutschland und Slowenien haben daran ein besonderes Interesse.
Auch mit Blick auf die dramatische Flüchtlingssituation auf dem Mittelmeer werden wir uns über die europäische Migrationspolitik und den Umgang mit Flüchtlingen rund um das Mittelmeer austauschen. Außerdem ist Slowenien Vorbild und Brücke bei der Heranführung der Länder des westlichen Balkans an die EU und NATO. Auch das wird bei meinem Besuch sicher Thema sein.