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Bundesaußenminister Westerwelle zur Eröffnung der Internationalen Konferenz „Klimawandel, Völkerrecht und Arktisforschung - Rechtliche Aspekte der Meeresforschung im Arktischen Ozean“ am 17. März im Auswärtigen Amt

17.03.2011 - Rede

-- Es gilt das gesprochene Wort! --

Sehr geehrte Frau Kommissarin,
sehr geehrter Herr Staatssekretär,
Exzellenzen,
sehr geehrte Damen und Herren,

das Thema Arktis steht momentan im Schatten der großen Weltpolitik, im Schatten der schrecklichen Katastrophe, die Japan und die Welt heimgesucht hat, im Schatten der Zuspitzung in Libyen. Aber es ist ein wichtiges Thema, das langfristig für die Menschheit von entscheidender Bedeutung ist.

Ich danke all unseren internationalen Gästen, die nach Berlin angereist sind, um ihre Gedanken und Einschätzungen mit uns zu teilen. Und vor allem danke ich dem finnischen Außenministerium, das gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt diese Konferenz als Gastgeber ausrichtet.

Deutschland ist mit der Arktis seit Jahrzehnten verbunden. Wir sind eine erfolgreiche Forschungsnation und wir sind auch stolz darauf. Wir sind aktiver Beobachter im Arktischen Rat. Aber selbstverständlich erkennen wir auch die natürliche Führungsrolle der Vollmitglieder des Arktisrates an. Das gilt für die Ozean-Anrainer, die Nicht-Ozean-Mitglieder und die Vertreter der Urbevölkerungen.

Lassen Sie mich vor diesem Hintergrund drei Ziele deutscher Arktispolitik nennen.

Das erste Ziel ist die möglichst große Freiheit der Forschung.

Die seit einigen Jahren mögliche wirtschaftliche Nutzung der Arktis darf nicht zulasten der Forschung gehen. Forschung muss grundsätzlich allen offen stehen, weil die Herausforderungen des Klimawandels uns alle angehen. Zum Klimawandel tragen mit ihren Emissionen leider alle Staaten bei. Sie dürfen nicht länger nur Teil des Problems sein, sondern müssen Teil der Lösung werden.

Lösungen entwickelt man auf der festen Faktengrundlage der Forschung. Deswegen müssen wir die Anstrengungen der internationale Gemeinschaft fördern, damit die Forschung weitergeht.

Ich setze mich deswegen dafür ein, dass, wer immer im Hohen Norden im Arktischen Ozean Souveränität ausübt, forschungsfreundliche Lösungen sucht. Das bedeutet möglichst wenig Bürokratie. Natürlich soll ein Staat wissen, wer in seinen Hoheitsgewässern und in seiner ausschließlichen Wirtschaftszone forscht, woran, von wann bis wann, und warum.

Aber eine Anzeigepflicht ist sicher forschungsfreundlicher als ein Genehmigungsverfahren. Und weniger Forschungsfreiheit liegt auch sicher nicht im langfristigen Interesse der Anrainerstaaten. ´

Das zweite Ziel ist die Einhaltung höchster Umweltstandards.

Die Natur der Arktis ist einzigartig. Sie ist schön und zugleich verletzlich. Die Wunden, die der Mensch in diese Natur reißt, werden nicht von alleine heilen.

Auch hier zeigt sich, wie überholt eine traditionelle Sichtweise von Souveränität ist, wenn sie Souveränität vor allem als Recht versteht. Der Begriff der Souveränität ist längst ergänzt um die Sicht der Souveränität als Verpflichtung. Vielleicht ist in der Vergangenheit zuviel von „arktischen Rechten“ und zu wenig von „arktischen Pflichten“ die Rede gewesen?

Es reicht nicht, Umweltstandards zu setzen und Fangquoten für Fischer festzulegen. Man muss sie auch einhalten. Das erst erzeugt die notwendige Akzeptanz bei Partnern.

Die effektive Kontrolle von Umweltauflagen ist Aufgabe für die Ozean-Anrainer der Arktis. Aber auch der Arktische Rat kann Wächter der Umwelt werden. Je mehr beide in der Lage sind, etablierte Standards verpflichtend zu machen und durchzusetzen, desto mehr werden sie in ihrer natürlichen Führungsrolle von anderen interessierten Parteien als Autorität akzeptiert werden.

Das dritte Ziel deutscher Arktispolitik sind klare Verantwortlichkeiten für Umweltschäden.

Diese Verantwortlichkeit benötigt klare Regeln für die Haftung und eine effektive Durchsetzung.

Es ist eine besondere Herausforderung an die Politik, das Risiko von wirtschaftlichen Aktivitäten in der Arktis sinnvoll zu begrenzen und dem Verursacher eine eindeutige Haftung aufzuerlegen.

Ein Haftungsrisiko ist der beste Motor für die Vermeidung von Schäden, weil es das Eigeninteresse an der Einhaltung höchster Standards fördert.

In den ausschließlichen Hoheitszonen sorgen dafür die Institutionen der Anrainerstaaten. Auch für das freie Meer müssen höchste Standards gelten. Hier steht der Arktische Rat in der Pflicht.

Ein übergeordnetes Ziel jeder Politik für den Arktischen Ozean muss die Wahrung des gemeinsamen Erbes der Menschheit sein. Jenseits der rechtlichen Konzeption eines solchen Menscheits-Erbes, das wir nicht in Frage stellen, sollten sich alle von der Idee eines gemeinsamen Erbes der Menschheit inspirieren lassen.

Eine Politik, die dieser Idee verpflichtet ist, dient den Interessen der Anrainer ebenso wie dem legitimen Interesse aller Staaten an der Bewahrung dieses Erbes und dem Schutz dieser Umwelt.

Wir zählen auf die Zusammenarbeit mit dem Arktischen Rat. Weil die Arktis für die gesamte Menschheit wichtig ist, weit über den Kreis der Mitglieder des Arktischen Rates hinaus, ist es so wichtig, dass sich der Rat nicht abschottet, sondern offen bleibt.

Den arktischen Staaten und vor allem auch den Urbevölkerungen in der Arktis kommt eine natürliche Führungsrolle zu. Sie kennen die Lebensbedingungen dort seit Jahrhunderten.

Wir haben Vertrauen in ihr Wissen. Ihnen obliegt es, neben den nationalen Interessen auch die Interessen der Weltgemeinschaft zu wahren.

Wo unser Land helfen kann, werden wir das gerne tun.

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