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Vortrag StM Günter Gloser an der Universität Ljubljana, „Die Trio-Präsidentschaft Deutschlands, Portugals und Sloweniens: Eine Zwischenbilanz“, 22.11.07
- Es gilt das gesprochene Wort -
Ich freue mich, heute bei Ihnen zu sein, um mit Ihnen über die Trio-Präsidentschaft Deutschlands, Portugals und Sloweniens zu sprechen. Ein Grund für diese Freude liegt darin, dass ich der Meinung bin, dass die drei Trio-Partner sozusagen zur Halbzeit eine gute Zwischenbilanz vorlegen können. Und über gute Nachrichten spricht es sich erfahrungsgemäß doch sehr viel leichter und entspannter.
Außerdem ist es ein Vergnügen, hierher nach Ljubljana zu kommen – eine schöne Stadt, die ich für ihre gepflegte und freundliche Atmosphäre schätze. Ljubljana ist eine europäische Stadt im besten Sinne des Wortes. Die vielfältigen historischen Bezüge zu den Nachbarregionen lassen sich schon allein anhand der vielen architektonischen Marksteine in der Stadt ablesen, seien es nun die Bauwerke des Barocks, die wunderschönen Jugenstilgebäude oder die bemerkenswerten Bauten Jože Plečniks.
Eine gewisse Hektik dürfte in ihre Stadt einziehen, wenn Ljubljana ab Januar nicht nur eine wahrhaft europäische Stadt im kulturellen Sinne, sondern vor allem auch im politischen Sinne sein wird. Wenn Ljubljana neben Brüssel für sechs Monate zur politischen Hauptstadt Europas wird. Die eigenen Erfahrungen aus unserer gerade zurück liegenden Zeit des Vorsitzes im Rat der Europäischen Union haben uns gezeigt, dass eine solche Präsidentschaft sich eben nicht nur im Brüsseler Europaviertel abspielt.
Ich denke hier zum Beispiel an die zahlreichen informellen Ministertreffen, die in Slowenien stattfinden werden, ganz zu schweigen von vielen weiteren informellen Besuchsgruppen aus Brüssel und den 26 Hauptstädten – mit den Ministern kommt der Tross der dazugehörigen Beamten und natürlich die Vielzahl der mitreisenden Journalisten.
Diese Gastgeberrolle für ein heutzutage - gottseidank! – großes gemeinsames Europa ist ohne Zweifel eine logistische Herausforderung. Aber sie bietet auch die Chance, über die europaweit ausgestrahlten Nachrichtensendungen sein eigenes Land „ins rechte Bild zu rücken“. Und es ist gewiss, dass in Slowenien kein Mangel an schönen Blicken für die Fernsehkameras herrscht.
Slowenien wird das erste Land sein unter den 10 Mitgliedstaaten, die 2004 zur EU stießen, das in die Rolle des Vorsitzenden im Rat schlüpft. Es geht diese umfassende Aufgabe selbstbewusst an, so dass wir uns darauf freuen. Für jeden europäischen Partner – egal, ob es sich um einen großen oder kleinen Mitgliedstaat handelt – bedeutet eine Präsidentschaft jedoch viel Arbeit und auch Verantwortung.
Umso beruhigender, wenn man sich in verlässliche Strukturen eingebettet weiß. Strukturen, die es ermöglichen, dass nicht jeder Vorsitz alle sechs Monate das Rad neu erfinden muss. Die Trio-Präsidentschaft mit ihrem gemeinsamen Achtzehnmonatsprogramm ist sicherlich ein solche Brücke zu anderen Partnern.
Ich möchte es gleich hier am Anfang sagen: Wo Slowenien es wünscht, werden wir gerne an seiner Seite stehen, um es bei seinen Aufgabe nach Kräften zu unterstützen.
Ich möchte Ihnen im Folgenden gerne einige Hintergründe zum „Trio“ näherbringen und diese doch relativ neue Einrichtung einordnen in einen weiteren Kontext europäischer Abläufe und Institutionen.
Daneben soll es aber vor allem mit Blick auf das gemeinsame Programm der Triopartner um die Frage gehen: Was haben wir bereits geschafft? Was liegt noch vor uns?
Am Anfang der Triopräsidentschaft standen gute Vorsätze und so manche Verwechslung. Was meine ich mit dem „guten Vorsatz“? Schon seit längerem teilen alle europäischen Partner den Wunsch, einer gewissen Kurzatmigkeit entgegenzutreten, die durch den raschen Wechsel der Vorsitze in der Ratsarbeit entstehen kann.
Oder um es in den Worten auszudrücken, die Außenminister Steinmeier verwendete, als er das Trioprogramm im Dezember 2006 zusammen mit Außenminister Rupel sowie dem portugiesischen Kollegen Amado vorstelle: „Nicht alle sechs Monate können neue Prioritäten gesetzt werden. Jede Präsidentschaft muss sich in den Dienst der Sache stellen, muss sich an den Aufgaben orientieren und den Blick über die 6-Monatsperspektive hinaus richten.“
Um diesen Anspruch, diesen guten Vorsatz, auch tatsächlich besser umsetzen zu können, brachten Deutschland, Portugal und Slowenien im Jahr 2005 gemeinsam den Vorschlag ein, dass so genannte „Trio-Partner“ bis auf Weiteres ein gemeinsames 18-Monatsprogramm erarbeiten sollten. Dies geschah auch vor dem Hintergrund des damals neu erarbeiteten Verfassungsvertrags, der unter anderem eine Neuregelung für die Ausübung der Ratspräsidentschaft nach dem Prinzip der „gleichberechtigten Rotation“ vorsah.
Ein europäischer Beschluss sollte dies konkretisieren: Drei Staaten sollen ein gemeinsames „Team“ bilden, zusammengesetzt in Berücksichtigung ihrer Verschiedenheit und des geografischen Gleichgewichts. Gegenseitig sollen sie sich bei der Erfüllung all ihrer Vorsitzaufgaben unterstützen.
Mit ihrer gemeinsamen, von allen anderen Staaten mitgetragenen Initiative verankerten Slowenien, Portugal und Deutschland ein entscheidendes Element dieser Neuerung bereits in der Ratsarbeit, auch ohne Inkrafttreten des Verfassungsvertrags. Doch auch im Änderungsvertrag für den EU-Vertrag findet sich ein neu einzufügender Artikel [(9c)], der die Sprache und Idee der Teampräsidentschaft wieder aufnimmt.
Das bedeutet, dass die Trio-Partnerschaft, in der exakten Form wie wir sie gerade erleben, wahrscheinlich – oder ich sage mit Blick auf die erhoffte Ratifizierung der Änderungen – hoffentlich ein Zwischenspiel in der institutionellen Geschichte der EU ist. Angesichts der guten Erfahrungen, die wir mit dem Trio allerdings gerade machen, erscheint es mir angebrachter, von einem erfolgreichen Präludium für die erwartete vertragliche Neuerung zu sprechen.
Ich erwähnte, dass die Trio-Präsidentschaft zumindest am Anfang in der täglichen Praxis auch durch eine gewisse Verwechslungsgefahr geprägt war. Die EU ist ja reich an sehr spezifischen „europäischen“ Begriffen und Einrichtungen, deren genaue Bedeutung sich im ertsen Augenblick nicht immer gleich erschließt.
Und so kam es nicht selten vor, dass man auch in seriösen Zeitungen las, dass Deutschland, Portugal und Slowenien nun als „Troika“ aufträten. Das Format der „Troika“ jedoch bezieht sich eigentlich auf eine bestimmte Form der engen Zusammenarbeit nach außen hin zwischen der amtierenden Präsidentschaft, der Kommission und dem Ratssekretariat.bzw. dem Hohen Repräsentanten Solana.
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch – es geht nicht darum, sich darüber lustig zu machen, wenn jemand sich nicht mehr ohne Weiteres zurecht findet im Dickicht der europäischen Prozesse. Im Gegenteil, es muss uns wohl eher zu denken geben, wenn den Bürgerinnen und Bürger oder auch Journalisten, die wir ja für die Politikvermittlung benötigen, der Kopf schwirrt vor Trios, Troikas und Teams.
Aber ich denke, es gibt auch Gelegenheiten, zum Beispiel bei einer Rede in einer Universität, wo man sich die Zeit nehmen kann, ins Detail zu gehen. Ich bin gespannt darauf zu sehen, wie es uns allen gelingen wird, die Neuerungen aus dem Refomvertrag, mit der wir die EU ja transparenter und handlungsfähiger machen werden, möglichst klar und überzeugend vielen Menschen zu erklären.
Wie sieht sie nun konkret aus, die Zusammenarbeit der Trio-Partner? Im Dezember 2006 hat der Rat das gemeinsame 18-Monatsprogramm gebilligt, in dem Deutschland, Portugal und Slowenien Ihre gemeinsamen Schwerpunkte und Ziele für die Zeit bis Mitte 2008 zusammenstellten.
Und wenn man sich ansieht, dass es sich hier um ein Programm mit mehr als 70 Seiten handelt, wird offensichtlich, dass die drei Partner es nicht bei ein paar oberflächlichen Floskeln belassen haben. Doch betrachten wir uns die Herausforderungen, denen sich die Europäischen Union gegenüber sieht,,wird auch deutlich, dass ein abgestimmtes Handeln mit „langem Atem“ unabdingbar ist:
Die Welt um uns entwickelt sich in atemberaubendem Tempo. Neue Mächte drängen auf die Bühne des Weltgeschehens. China ist gerade dabei, sich in die Spitzengruppe der Wirtschaftsnationen zu setzen. Andere Schwellenländer wie Indien oder Brasilien folgen. Die internationalen Gewichte verschieben sich!
Hinzu kommen regionale Konflikte und Krisen wie in Afghanistan, Iran, Irak, Afrika oder im Nahen Osten, deren Entstehung teilweise weit zurückreicht, die aber heute mit neuer Schärfe in den Vordergrund treten.
Hinzu kommen auch die Auswirkungen des Klimawandels. Sie sind heute schon spürbar, auch hier bei uns in Europa.
Die Welt befindet sich in einem Prozess tief greifenden Wandels. Dabei gibt es von Internet bis Solartechnik viele Entwicklungen, die Chancen eröffnen, wie es sie nie zuvor in der Geschichte der Menschheit gab. Andere Entwicklungen bergen erhebliche Risiken und Gefahren.
Die Trio-Partner eint die Einsicht, dass wir Europäer gemeinsam in der Verantwortung stehen, diese Prozesse im Interesse und zum Vorteil der Menschen in unseren Ländern zu gestalten. Und so haben wir uns auf wichtige gemeinsame Linien geeinigt, die wir kohärent gemeinsam verfolgen wollen:
Die innere Funktionsfähigkeit und demokratische Transparenz müssen gestärkt werden.
Die Lissabon-Stratgie wollen wir in ihrer ganzen Breite, d.h. mit ihren wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Aspekten umsetzen.
Der gemeinsamen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts muss weiter gestärkt werden. Hier zeigt der Abbau der Binnengrenzen im Rahmen des Schengenabkommens, der auch für Slowenien in wenigen Wochen eintreten wird, welche Erfolge es zu feiern gibt.
Nicht zuletzt müssen wir die außenpolitische Rolle der EU in den Bereichen Sicherheit, Entwicklung und Wirtschaftsbeziehungen stärken.
Neben diesen Zielen, die wir uns alle drei auf die Fahnen geschrieben haben, lässt die Trio-Partnerschaft natürlich genügend Luft für besondere Akzentsetzungen jedes einzelnen Beteiligten.
So hat Slowenien unter anderem den programmatischen Prozess bereichert durch sein besonderes Interesse, das es dem interkulturellen Dialog entgegenbringen möchte oder sein besonders intensives Engagement, was die Heranführung der Nachbarstaaten am Westlichen Balkan betrifft.
Ich möchte nun drei Teilbereiche dieser gemeinsamen Agenda herausgreifen und näher betrachten, welche Zwischenbilanz wir ziehen können. Dabei handelt es sich um den erfolgreich verhandelten Reformvertrag, die Fortschritte bei der gemeinsamen europäischen Klima- und Energiepolitik sowie die Erweiterungs- und Heranführungspolitik der EU.
Der Reformvertrag
Mitte Dezember wird der Reformvertrag in Lissabon unterzeichnet. Die politische Einigung hierüber erfolgte auf dem EU-Gipfel am 18./19.10.2007. Damit wurde ein mehrjähriger Prozess abgeschlossen, der von der Erklärung über die Zukunft der EU in Nizza 2000 über die Erklärung von Laeken 2001 und die Arbeit des Konvents bis heute reicht.
Für den Erfolg der Regierungskonferenz, die den Vertrag vorbereitet hat, war eines entscheidend: Alle Mitgliedstaaten haben sich ausdrücklich zu dem beim Juni-ER vereinbarten Mandat bekannt und konstruktiv auf einen Konsens hingearbeitet. Die wesentlichen inhaltlichen Fortschritte waren deshalb während der Regierungskonferenz nicht mehr umstritten.
Mit dem Reformvertrag wird die Substanz des Verfassungsvertrags erhalten bleiben, wobei im Rahmen des Mandats für die Regierungskonferenz unter portugiesischer Präsidentschaft aber einige wichtige Unterschiede zum Verfassungsvertrag vereinbart worden sind. Die Zeit des slowenischen Vorsitzes wird die Phase der Ratifikation begleiten. So sind gerade die Anstrengungen um die innere Reform der EU ein Paradebeispiel für gelebte Trio-Arbeitsteilung.
Insgesamt gilt, dass die EU mit dem Reformvertrag demokratischer, transparenter und effizienter wird.
Stichwort Demokratie und Schutz der Grundrechte: Die nationalen Parlamente werden direkt in den europäischen Gesetzgebungsprozess einbezogen. Die Rolle des Europäischen Parlaments wird ausgebaut. und eine Europäische Bürgerinitiative neu eingeführt. Und ganz wichtig: Die Grundrechtecharta wird rechtsverbindlich.
Stichwort Tranparenz: Die EU bekommt eine einheitliche Rechtspersönlichkeit. Das bisherige Säulenmodell mit der Unterscheidung zwischen EU und EG wird aufgegeben.
Die Kompetenzabgrenzung zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten wird klarer, der Subsidiaritäts-Kontrollmechanismus wird verstärkt.
Die Handlungsfähigkeit der EU wird durch tiefgreifende Reformen im institutionellen Bereich gestärk. Der Anwendungsbereich der qualifizierten Mehrheit wird ausgeweitet, im Rat wird die „doppelte Mehrheit“ eingeführt.
Und: Die Kommission wird verkleinert und dem Europäischen Rat wird künftig ein hauptamtlicher Präsident vorsitzen. Nach außen wird die EU durch einen Hohen Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik mit einer Stimme sprechen.
Nach der Unterzeichnung des Vertrags wird sich die Bundesregierung für eine rasche Ratifizierung einsetzen, damit der Reformvertrag wie geplant am 01.01.2009 in Kraft treten kann.
Die europäische Klima- und Energiepolitik
Mit dem Reformvertrag wird auch eine genuine Zuständigkeit der Union für Energiefragen geschaffen. Auch ohne vertragliche Grundlage war die Energiepolitik in den vergangenen Jahren und Monaten zweifellos ein politisches Schwerpunktthema unserer Triopräsidentschaft.
Der Energieaktionsplan, der unter deutscher Präsidentschaft im März 2007 zusammen mit einer ehrgeizigen Klimaagenda beschlossen wurde, ist ein beeindruckendes Dokument, in dem sich der gebündelte Willen der Union artikuliert, eine Fülle von Fragen, die mit dem Energiethema zusammenhängen, jetzt anzugehen.
Die Maßnahmen, die wir im März zum Energiebinnenmarkt beschlossen haben, sind noch nicht umgesetzt und es gibt auch noch erheblichen Diskussionsbedarf. So hat Deutschland noch ganz erhebliche Zweifel etwa an der Notwendigkeit der vorgeschlagenen eigentumsrechtlichen Entflechtung von Energieversorgung und Energieproduktion so wie die Kommission sie vorgeschlagen hat.
Es bleibt jedoch klar, dass die Vertiefung des Energiebinnenmarkts allen langfristig Vorteile bringen wird , indem sie die Energieversorgungssicherheit durch gut ausgebaute und europaweit verbundene Energienetze erhöht.
Europa braucht auch Sicherheit bei der Energieversorgung von außen. Teilweise hängen Mitgliedstaaten bei einzelnen Energieträgern zu 100 % von nur einem Versorger ab.
Diversifizierung ist Teil einer Strategie für mehr Versorgungssicherheit. Das gilt national und europaweit. Mehr Versorgungssicherheit bedeutet außenpolitisch auch: Verbraucher, Energieproduzenten und Transitländer müssen stabile Beziehungen aufbauen und vertiefen, die den Interessen der genannten Länderkategorien dienen.
Hier spielen mit Blick auf unsere Nachbarn im Osten eine zentrale Rolle: Russland als strategischer Partner, die Ukraine als Transitland, der Kaukasus als Zentrum der Zentralasienstrategie und alle weiteren von der Nachbarschaftspolitik erfassten Länder. Die Energiegemeinschaft, ist ein weiteres Beispiel erfolgreicher Energieaußenpolitik.
Energie hat außerdem einen engen Bezug zum Problem der Nachhaltigkeit unserer Energienutzung. Die EU hat daher zusammen mit ihrem Energieaktionsplan auch ehrgeizige Ziele für den Klimaschutz formuliert.
Die EU steht nach außen dafür ein, alle relevanten Akteure in die internationale Klimapolitik – und zwar im Rahmen der Vereinten Nationen – einzubeziehen. Das sind natürlich die USA als (noch) weltweit größter Emittent von Treibhausgasen, aber auch die bevölkerungsstarken Schwellenländer, allen voran China und Indien.
Die EU muss aber auch eine ambitionierte, kohärente und effektive Klimapolitik im Innern betreiben: Als EU-27 verursachen wir mehr als 15% der weltweiten CO2-Emissionen. Unter deutscher Präsidentschaft verpflichtete sich die EU auf höchster Ebene dazu, die Treibhausgas-Emissionen bis 2020 unilateral um mindestens 20% gegenüber 1990 zu verringern.
Im Falle vergleichbarer Verpflichtungen anderer Industriestaaten und angemessener Beiträge von Schwellenländern erhöht sich diese Verpflichtung auf 30%. Die Umsetzung dieses Ziels in konkrete Politik hat während der portugiesischen Präsidentschaft begonnen und muss in den kommenden Monaten unter slowenischer Präsidentschaft deutlich vorangebracht werden.
Wie die Lasten, die damit verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten verteilt werden, wird uns in den nächsten Monaten beschäftigen. Ich weiß, dass die noch jungen Marktwirtschaften in den neuen Mitgliedstaaten eine Überlastung durch weitgehende Anforderungen fürchten. Wir sehen aber auch, dass das Einsparpotential hier teilweise besonders hoch ist. Wir werden den Vorschlag, den die Kommission dazu im Januar vorlegen wird, gemeinsam prüfen und sehen, ob auf dieser Basis ein Kompromiss möglich ist.
Erweiterung und Heranführung
Der EU-Erweiterungsprozess ist eine Erfolgsgeschichte, wie auch hier in Slowenien eindrucksvoll beobachtet werden kann. Wir sehen mehr Wohlstand, Wachstum und eine Tendenz hin zum Angleich der Lebensverhältnisse in Europa. Die Erweiterung, wie es im Fortschrittsbericht der Kommission von Anfang November zutreffend heißt, „dient den strategischen EU-Interessen wie Stabilität, Sicherheit und Konfliktprävention. Sie hat geholfen, Wohlstand und Wachstumschancen zu verbessern und vitale Transport- und Energierouten zu sichern“ (Zitat Fortschrittsbericht der KOM vom Nov. 2007).
Es ist bekannt, dass der Westliche Balkan einen Schwerpunkt der slowenischen Präsidentschaft bilden wird. Dies ergibt sich aus der geographischen Lage wie auch aus gegenwärtigen Entwicklungen, wie im Kosovo. Die Einigungen des Europäischen Rats zum Reformvertrag sind auch für die Staaten des Westlichen Balkan ein wichtiges Zeichen. Mit Inkrafttreten des Vertrages wird die Integrationsfähigkeit der EU ohne Zweifel gestärkt werden.
Kurz vor Anbruch der gemeinsamen Triozeit haben wir beim Europäischen Rat im Dezember 2006 gemeinsam die Heranführungs- und Erweiterungspolitik eingehend diskutiert und unseren Konsens hierüber erneuert. An diesem Konsens halten wir fest.
Wir stehen weiter zu den Verpflichtungen, die wir gegenüber aktuellen und potentiellen Beitrittskandidaten übernommen haben. Die jüngst von der Kommission vorgelegten Berichte zu den Fortschritten zeigen deutlich: wir sind in einer Phase der Konsolidierung, die weiter anhalten wird. Reformen brauchen Zeit! Hier ist jedes Land selbst seines Glückes Schmied.
Wichtig bleibt, dass das Gleichgewicht zwischen Verhandlungsfortschritten einerseits und Reformfortschritten andererseits nicht verloren geht. Das Erreichte sollte als Ermutigung dienen, auf diesem Weg weiter voranzuschreiten, um unser gemeinsames Ziel eines Tages erreichen zu können.
Komplementär zur Erweiterungspolitik bleibt die Europäische Nachbarschaftspolitik (ENP) zu betrachten, auch wenn sie letztlich ebenfalls dem Ziel dient, Stabilität, Sicherheit und Wohlstand der EU zu befördern, indem sie europäische Nachbarregionen auf ihrem Modernisierungs- und Demokratisierungsweg unterstützt. Die Konzeption und Umsetzung neuer Konzepte und Instrumente der ENP ist frühzeitig einem Abstimmungsprozess unter den Trio-Partner unterworfen worden. Beim Europäischen Rat im Juni 2007, also unter deutscher Präsidentschaft, stand die konzeptionelle Erweiterung der ENP auf östliche und südöstliche Nachbarregionen im Fokus.
Wir freuen uns, wenn sich dieser Ansatz, die verschiedenen europäischen Nachbarschaften in einem ausbalancierten Verhältnis zueinander zu behandeln, unter den folgenden Vorsitzen verstetigt. Durch das gemeinsame Programm ist die ENP von Anfang der Trio-Zeit an in eine ganzheiltiche Perspektive gesetzt worden, der über den Vorsitz-Wechsel hinweg zu mehr Kontinuität verhilft.
Ich möchte zum Schluss kommen. Höchste Zeit, die „menschliche“ Seite der Trio-Partnerschaft stärker herauszustellen. Denn auch wenn die Triopartnerschaft sich rein rechtlich auf die Erstellung des gemeinsamen Achtzehnmonatsprogramms beschränkt, hat sich doch in der Praxis gezeigt, dass die Zusammenarbeit weit darüber hinaus reicht.
Das fängt an bei einem verstärkten Personalaustausch, den es zum Beispiel zwischen unseren Außenministerien gab und gibt. So wird im kommenden Halbjahr ein deutscher Diplomat eng in die Abläufe im slowenischen Außenminsiterium eingebunden werden, wie dies vorher schon mit slowenischen Kollegen bei uns der Fall war. Daneben können wir von einer Anzahl von gegenseitigen Arbeitsbesuchen berichten, die dazu dienen, den Austausch von bewährten Erfahrungen zwischen den Triopartnern zu befördern.
Aber es wäre doch traurig, wenn die Trio-Partnerschaft sich in bürokratischem Näherkommen erschöpfte – so wertvoll für die tägliche Zusammenarbeit im gemeinsamen Europa das übrigens ist. Auch auf kultureller Ebene wurde das Trio zum Beispiel als Anlass genommen, durch die Zusammenarbeit zwischen deutschen, portugiesischen und slowenischen Jazz-Festivals ein gemeinsames Jazz-Projekt auf die Beine zu stellen.
Es ist faszinierend, wenn auf diesem Wege politische und kulturelle Bande in einem Dreieck enger geknüpft werden, das sich quer über Europa legt. Ich meine, dass die Kombination aus einem großen Gründungsstaat in der Mitte Europas und zweier kleinerer Staaten aus dem Süden und Südosten eine günstige Kombination ist. Wenn sich zu aktuellen europapolitischen Fragen eine gemeinsame Linie zwischen diesen drei, doch durchaus verschiedenen Partner sondieren lässt, kann man davon ausgehen, dass schon viele weitere Interessen anderer Partner fast automatisch mitberücksichtigt werden.
Nun zeigt die Realität, dass die gelungene Zusammenstellung der Triopartner nicht von selbst für die Auflösung aller Konflikte in der EU sorgt. Aber man kann sich doch guten Gewissens dem Urteil anschließen, das der deutsche, der portugiesische und slowenische Präsident in einem gemeinsamen Namensartikel im März 2007 fällten: „Unsere Trio-Präsidentschaft ist Ausdruck von Einheit in Vielfalt in Europa“.