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Videobotschaft von Außenministerin Annalena Baerbock für das DW Global Media Forum

19.06.2023 - Rede

Ich möchte meine Rede mit den Worten einer russischen Journalistin beginnen.

Ihren Namen werde ich nicht nennen, um sie nicht in Gefahr zu bringen.

Sie sagte: „Meine Arbeit unterscheidet sich sehr von dem, was ich vor dem 24. Februar 2022 getan habe.

Damals war ich Kulturredakteurin in einem großen russischen Medienunternehmen. Es fiel mir nicht leicht, diesen tollen Job aufzugeben.

Aber ich hatte das Gefühl, dass meine Aufgabe jetzt sein sollte, politische Artikel herauszubringen und Bürgerjournalistinnen und -journalisten dabei zu unterstützen, sich Gehör zu verschaffen.“

Diese Journalistin hat Sankt Petersburg nach der Invasion Russlands in der Ukraine verlassen und arbeitet jetzt aus dem Exil in Riga.

Sie ist eine von 1000 Medienschaffenden, die die Bundesregierung in den letzten zwölf Monaten durch die Hannah-Arendt-Initiative unterstützt hat.

Viele von ihnen können nun, genau wie diese Journalistin, ihre Arbeit im Exil fortsetzen.

Die Arbeit dieser Medienschaffenden – die Arbeit von Ihnen allen als Journalistinnen und Journalisten, als Vertreterinnen und Vertreter der Medien – ist von entscheidender Bedeutung.

Freie Gesellschaften brauchen freie Medien – um über die Wahrheit zu berichten und diejenigen, die an der Macht sind, zur Verantwortung zu ziehen.

Ihre Arbeit ist auch von entscheidender Bedeutung, wenn wir Fortschritte dabei erreichen wollen, Spaltungen in dieser so komplexen Welt zu überwinden – und so steht auch das diesjährige Global Media Forum unter dem Motto: „Overcoming divisions“.

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir, wenn wir Spaltungen überwinden wollen, uns jetzt in andere hineinversetzen müssen.

Wir müssen willens sein, unsere unterschiedlichen Sichtweisen gegenseitig zu verstehen.

Das ist gerade im Moment, angesichts Russlands brutalen Krieges gegen die Ukraine, der auch weit über Europa hinaus Leid und Schmerz verursacht, besonders wichtig.

Für viele Menschen auf der Welt ist Europa weit entfernt.

Ich höre die Stimmen derjenigen, die sagen, dass wir den Konflikten und Krisen in ihren Teilen der Welt – in Asien, im Nahen und Mittleren Osten, in Afrika und Lateinamerika – nicht genug Aufmerksamkeit schenken.

Und deshalb, und ich glaube, zu einem gewissen Grad nicht ohne Grund, sagen sie auch: Warum sollten wir uns um die europäische Friedensordnung Gedanken machen?

Das zeigt erneut, wie vernetzt wir in dieser komplexen Welt sind.

Und dass wir, wenn wir Spaltungen in dieser Welt überwinden wollen, unterschiedliche Sichtweisen erkennen und verstehen müssen.

Wir müssen uns die Sorgen und Bedenken der anderen anhören, müssen erkennen, woher sie kommen und müssen diskutieren, was wir tun können, um die Spaltung wegen unterschiedlicher Sichtweisen zu überwinden.

Sie als Medienschaffende und Reporterinnen und Reporter spielen dabei eine zentrale Rolle: indem Sie unterschiedlichen Stimmen und Perspektiven Gehör verschaffen.

Deshalb ist es alarmierend, dass Ihr Recht auf freie Berichterstattung zunehmend bedroht ist.

Laut Reporter ohne Grenzen gibt es mit Blick auf die Lage der Pressefreiheit in über 70 Prozent der Länder weltweit „erkennbare Probleme“ oder noch ernstere Schwierigkeiten.

Auch mein Land, Deutschland, ist um fünf Plätze auf Rang 21 abgerutscht. Leider erleben wir auch in unserem Land verabscheuungswürdige Fälle von Gewalt gegen Reporterinnen und Reporter, vor allem auf Demonstrationen.

Ich möchte ganz klar sagen: Angriffe auf die freie Berichterstattung sind schlicht inakzeptabel – egal, wo.

Deshalb haben wir als Regierung die Pflicht, die Freiheit der Medien zu schützen, auch auf Demonstrationen, die gegen uns selbst gerichtet sind.

Deshalb setzen wir uns dafür ein, ein sicheres Arbeitsumfeld für Journalistinnen und Journalisten zu schaffen – und zwar überall.

Deshalb entwickeln wir Projekte wie die Hannah-Arendt-Initiative.

Und deshalb ist unser Austausch heute in Bonn, auf dem Global Media Forum, so wichtig:

Damit wir besser darin werden, Spaltungen zu überwinden.

Ich danke Ihnen für Ihre mutige Arbeit.

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