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Rede von Außenminister Steinmeier bei der Amtsübergabe der Staatssekretäre

23.01.2014 - Rede

-- Es gilt das gesprochene Wort! --

Sehr geehrte Damen und Herren
Staatssekretäre,
liebe Frau Haber,
lieber Herr und Frau Braun,
lieber Herr Ederer und Frau Grzeski,
lieber Herr und Frau Steinlein,
lieber Michael Roth,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine Damen und Herren!

Schön, dass Sie so zahlreich meiner Einladung gefolgt sind, heute gemeinsam den Wechsel im Amt der Staatssekretäre zu begehen. Nichts Besonderes ist das, könnte man meinen: Nichts Besonderes für eine Demokratie, in der der Wechsel in Führungsämtern zur eingeübten Praxis gehört. Nichts Besonderes im Auswärtigen Amt, das wie keine andere Behörde in Deutschland Übung in der Rotation hat. Nichts Besonderes für uns Deutsche, die wir -- wie ich kürzlich las -- Hermann Hesses „Stufen“, das den Zauber des Neuanfangs beschwört, zu unseren Lieblingsgedichten zählen.

Umso schöner, dass Sie alle gekommen sind! Und damit zeigen, dass es ganz so alltäglich eben doch nicht ist, was heute hier passiert. Wenn wir die obersten Beamten unseres Hauses verabschieden, dann verabschieden wir mit ihnen die Garanten für das Funktionieren und die Qualität der Arbeit des gesamten Betriebes; die ersten und wichtigsten Berater des Ministers, und zwar in den verschiedensten Bereichen: Von der Tagespolitik hin zur administrativen Leitung, von der deutschen Politik in Europa und der Welt hin zur Sicherheit unserer Auslandsvertretungen, zu Fragen der Vereinbarkeit von Beruf und Familienle-ben, zu Haushalts- und Finanzierungsfragen.

Und wenn wir neue Staatssekretäre begrüßen, so begrüßen wir mit ihnen diejenigen Personen, bei denen zukünftig alle Knoten zusam-menlaufen werden, die wichtige Brücke sind zwischen der politischen Leitung und dem Haus. Ganz alltäglich ist es also nicht, was heute passiert. Ja, es hält sich sogar hartnäckig das Gerücht -- wie ich hörte, auch hier im Haus! --, dass der Wechsel bei den Staatssekretären einschneidender ist als der Wechsel auf Ministerebene. Sie verstehen sicherlich, dass ich das nicht bestätigen darf! Aber allein die Existenz des Gerüchts sagt einiges aus über die Bedeutung dieser Ämter...

Die obersten Beamten eines Ministeriums, dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter insgesamt zu den besten und engagiertesten dieses Landes gehören, sind schon per Definition oberste Liga, Spitzenklasse, die Crème de la Crème. Das gilt auch für die vier, um die es heute geht.

Liebe Frau Haber,
Sie waren die erste Frau als Staatssekretärin des Auswärtigen Amts und wechseln als erste Staatssekretärin vom Auswärtigen Amt in ein klassisches Innenresort -- das allein hat ja schon Amtsgeschichte geschrieben!

Ich selber habe Ihren Ratschlag, liebe Frau Haber, in Ihrer Zeit als Beauftragte für Südosteuropa genutzt und genossen: agil und kenntnisreich bis in Details, gleichzeitig mit hohem politischem Gespür und sicherem Urteil, tatkräftig und entscheidungsstark. Und ich habe sie erlebt, wie das ganze Haus sie erlebt hat: freundlich, zugänglich, offen gegenüber jedermann!

Sie verlassen das Auswärtige Amt nun, zumindest für gewisse Zeit. Dass Sie zur Staatssekretärin im Innenministerium berufen wurden, zeigt, dass Ihr Ruf und die Wertschätzung Ihrer Arbeit weit über dieses Haus hinausreichen. Darauf können Sie stolz sein, darauf kann auch das Auswärtige Amt stolz sein.

Ich möchte Ihnen herzlich danken: für die Unterstützung, die Sie der politischen Leitung des Hauses gegeben haben und dafür, Stütze und Vorbild für das gesamte Auswärtige Amt zu sein. Alles Gute! Das Auswärtige Amt wird Sie nicht vergessen -- und Sie uns hoffentlich auch nicht! Und wann immer das nötig werden sollte, kommen wir mit Visaliberalisierungsfragen auf Sie zu...

Lieber Herr Braun,
auch wir haben uns nicht erst hier und jetzt kennen gelernt. Auch Ihre Staatssekretärsvita weist viele Besonderheiten auf. Eine, die ich herausgreifen möchte: Sie waren einer der ersten deutschen Diplomaten, die an zentraler Stelle in einem großen deutschen Unternehmen gearbeitet haben, und die gespürt haben, wie kühl die Luft ist, wenn der wärmende Mantel des öffentlichen Dienstes einen mal nicht umhüllt.

Sie haben wertvolle Erfahrungen dort gemacht und Sie haben sie für Ihre Arbeit im Auswärtigen Amt, in der Zentralabteilung und zuletzt als der für Organisation und Wirtschaftsfragen zuständige Staatssekretär nachhaltig zu nutzen gewusst -- was der Modernisierung des Dienstes gut getan hat und was weiter nachwirken muss! Wir werden daran anknüpfen!

Mit großem Engagement und Finesse haben Sie sich als Staatssekretär für die Belange des Amtes und seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingesetzt. Ich habe die Entwicklung des Einzelplans 05 in den letzten Jahren immer mit viel Zustimmung mitverfolgt. Sie haben sich da bleibende Verdienste erworben. Sie haben recht: Einen effektiven Auswärtigen Dienst kann es nur geben, wenn er anständig ausgestattet ist. Dass dies so bleibt, dafür werde ich mich mit Nachdruck einsetzen, und davon werden wir hoffentlich auch den Finanzminister überzeugen.

Lieber Herr Braun,
Sie gehen jetzt nach New York, einer Stadt, die Ihnen seit Studientagen bestens vertraut ist - als Ständiger Vertreter Deutschlands bei den Vereinten Nationen. Hier muss ich nicht groß betonen, dass das einer der wichtigsten und schwierigsten Posten ist, den die Bundesrepublik Deutschland im Ausland zu vergeben hat.

Ich möchte Ihnen, Herr Braun, also danken für Ihre Zeit als Staatssekretär und Ihrer Frau für die Beschwernisse, die das Leben an der Seite eines Staatsekretärs eben auch mit sich bringt. Ihnen beiden wünsche ich alles Gute und viel Erfolg in New York!

Lieber Markus Ederer,
Sie hatten die weiteste Anreise! Aus Peking, wo Sie ja über die letzten zwei Jahre als Leiter der EU-Delegation gearbeitet haben. Ich freue mich, dass wir unsere gemeinsame Arbeit fortsetzen können, die begonnen hat, als Sie mir während meiner ersten Amtszeit als Leiter des Planungsstabs zur Seite standen. Damals haben wir viel und fruchtbar miteinander diskutiert, und Sie haben immer wieder darauf gedrungen, den Blick fürs Große und Ganze, gerade auch über den deutschen und europäischen Tellerrand hinaus zu richten. Ihr Blick auf Asien, auf die Konfiguration der Mächte von China und Japan, auf ihre südostasiatischen Nachbarn, der Blick auch von Peking auf Europa und Deutschland zurück wird uns und unsere Arbeit bereichern.

Auch andere aktuelle Dossiers werden Ihre Aufmerksamkeit unmittelbar in Anspruch nehmen -- der Syrienkonflikt, das Thema Iran, der Nahe und Mittlere Osten, Zentralafrika, - aber vor allem auch die Zukunft der transatlantischen Beziehungen. Für die politischen Eliten unserer Generation fällt es leicht zu sagen: Ja, die transatlantische Partnerschaft ist für uns unerlässlich. Aber für die Jungen, die heute unter dem Eindruck auch von Konflikten und ganz anderen, neuen Perspektiven auswachsen, ist dieser Satz keine Selbstverständlichkeit mehr. Gerade deshalb werden Sie, werden wir alle gemeinsam für einen neuen Schwung, neue Lösungen und neues Vertrauen mit den USA sorgen müssen!

Das ist ein „steiles Programm“, das uns einiges abverlangen wird. Uns allen, aber zuletzt auch Ihnen, Frau Grzeski, der wir Ihnen ja -- wieder einmal -- für eine Zeit den Ehemann „stehlen“. Danke, dass Sie Ihr Einverständnis gegeben haben! Und Sie, Herr Ederer, seien Sie uns herzlich willkommen!

Lieber Herr Steinlein, oder darf ich sagen: lieber Stephan. Es dürfte ja kein Geheimnis sein, dass wir beide keine Fremden füreinander sind -- im Gegenteil, den längsten Weg meines politischen Weges habe ich gemeinsam mit Dir zurückgelegt, seit sich unsere Wege im Kanzleramt kreuzten. In all diesen 14 Jahren haben wir gemeinsam die verschiedensten Projekte diskutiert, durchgedacht, in der Außen- wie in der Innenpolitik -- manches hat nie das Licht der Öffentlichkeit erblickt, manches ist Politik geworden. Stephan Steinleins ungewöhnlicher Lebensweg -- in jungen Jahren war er letzter Botschafter der DDR-Übergangsregierung in Paris, um ein Jahr später im Bonner Dienst von vorne anzufangen -- seine vielfältigen Interessen, seine Fähigkeit, unterschiedliche Blickpunkte einzunehmen, seine Erfahrungen im Auswärtigen Amt haben ihn zu einem wertvollen Sparringspartner, Ratgeber, zu einer unverzichtbaren Stütze werden lassen.

Cicero kannte uns beide nicht -- darüber bin ich ganz froh, auch wenn ich grauer nicht werden kann... Aber wenn, dann hätte er wohl uns gemeint, als er schrieb: „Verus amicus est tamquam alter idem“. Lieber Stephan, ich freue mich auf unsere weitere Zusammenarbeit und wünsche Dir alles Gute und eine glückliche Hand!

Herr Steinlein kennt sich aus, in der Innenpolitik ebenso wie im Ausland, im Auswärtigen Amt ebenso wie im politischen Berlin. Ich habe ihn deshalb gebeten, sich als Staatssekretär um die enge Einbindung des Amtes in die Politik der Bundesregierung zu kümmern und die Strukturen und Ressourcen des Auswärtigen Amts in den Blick zu nehmen.

Zusätzlich wird er für die großen Globalisierungsthemen zuständig sein, die auch uns als Außenpolitiker zunehmend beschäftigen: Energie und Umwelt, Klimawandel, Ressourcenknappheit. Um diese Fragen anzugehen zu können, müssen wir Inhalte, strategische Zielen und Institutionen, in denen wir agieren, zusammenführen. Das steht hinter der Überlegung, Herrn Steinlein die Zuständigkeit sowohl für die Wirtschafts- als auch die VN-Abteilung zu übertragen.

Und wir müssen dabei nicht nur auf den ganzen Instrumentenkasten der Diplomatie, sondern auch auf andere Kanäle setzen -- vor allem auch auf die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik. Die große Bedeutung, und die wunderbaren Wege dieser Kulturpolitik habe ich vor wenigen Tagen erlebt, als ich die deutsche Schule in Athen besucht habe, und dort junge Griechinnen und Griechen traf, die sich in ihrer Bildung, ihrer Auseinandersetzung mit Deutschland und Europa durch politische Streitereien oder Grabenkämpfe so überhaupt gar nicht beeindrucken lassen, sondern aus eigenem Antrieb und Interesse Botschafter für Deutschland in Athen und aus Athen nach Deutschland werden. Auch für die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik, also, wird Herr Steinlein zuständig sein. Für all das, lieber Stephan, lieber Herr Steinlein, viel Erfolg!

Und Ihnen, Frau Steinlein, liebe Françoise, danke ich dafür, dass Sie Ihren Mann einmal mehr für eine Arbeit an meiner Seite „freigeben“ -- ich verstehe das als einen weiteren Beweis für die Produktivität und Unverzichtbaren deutsch-französischen Zusammenwirkens! Herzlichen Dank!

Meine Damen und Herren,
das Auswärtige Amt kann stolz darauf sein, Persönlichkeiten wie Frau Haber, Herrn Braun, Herrn Ederer und Herrn Steinlein hervorzubringen. Aber Staatssekretäre -- auch die besten -- sind nur das eine! Ohne Sie alle, ohne Ihr Engagement, Ihre Ideen, Kollegialität und Loyalität kann die Leitung dieses Hauses nicht funktionieren. Ich möchte Sie deshalb sehr herzlich bitten, die neuen Staatssekretäre wie gewohnt offen und kollegial aufzunehmen. Auf eine gute Zusammenarbeit, auf gute vier Jahre für die deutsche Außenpolitik -- ich freue mich auf den Weg, der vor uns liegt!

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