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Eingangsstatement von Außenminister Heiko Maas bei der Befragung der Bundesregierung im Deutschen Bundestag

09.06.2021 - Rede

Ich würde gerne einige einleitende Bemerkungen machen, weil sich in den kommenden Tagen auf der internationalen Bühne vieles ereignen wird, was auch für uns in Deutschland außerordentlich wichtig sein wird.

Die nächste Woche zum Beispiel wird ganz im Zeichen der ersten Auslandsreise von Präsident Biden stehen. Die Tatsache, dass ihn diese erste Auslandsreise nach Europa führt - zunächst nach Cornwall zum G-7-Gipfel und nach Brüssel zur NATO und dann zur Europäischen Union -, ist, wie wir finden, ein gutes und starkes Zeichen für die transatlantische Erneuerung.

Es gehört zur Ehrlichkeit dazu, dass man sagen muss, dass wir darauf lange gewartet haben; denn in den letzten Jahren, unter der Vorgängeradministration, gab es doch Entwicklungen, die uns befürchten ließen, dass die internationale Ordnung wirklich nachhaltigen Schaden erleiden wird. Deshalb sind wir in dieser Zeit oft in die Bresche gesprungen. Wir haben - um einige Beispiele zu erwähnen - unser politisches Gewicht in die Waagschale geworfen, etwa beim Erhalt des Nuklearabkommens mit dem Iran, wo wir seit Anfang April in Wien mit den anderen Vertragsstaaten, aber auch, mittelbar, mit den Vereinigen Staaten verhandeln. Aber das gilt genauso für Themen der Klima- und auch der Handelspolitik. Wir haben in dieser Zeit große finanzielle Lücken geschlossen bei der humanitären Hilfe, bei der Impfstoffversorgung und bei der Finanzierung internationaler Organisationen. Ich bin dem Bundestag außerordentlich dankbar dafür, dass er uns jedes Jahr in den Haushaltsverhandlungen dafür auch ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt hat.

Wir haben in dieser schwierigen Zeit ebenso versucht, neue Formen der flexiblen internationalen Zusammenarbeit auf den Weg zu bringen. Ich will nur die Allianz für den Multilateralismus nennen, der mittlerweile weltweit über 70 Staaten aus allen Kontinenten angehören. In dieser Allianz reden wir über viele wichtige Themen, etwa über autonome Waffensysteme oder darüber, was man gegen Desinformationskampagnen tun kann, bis hin zum Thema „Schutz der Menschenrechte im digitalen Zeitalter“. Wir haben uns dort nicht nur ausgetauscht, sondern wir haben auch gemeinsame Richtlinien erarbeitet, die von den Mitgliedern dieser Allianz in den internationalen Organisationen dann auch mitgetragen werden.

Wir können darauf aufbauen; denn jetzt, in den kommenden Tagen, finden diese wichtigen Veranstaltungen statt. Beim G-7-Gipfel wird die Bewältigung der Pandemiefolgen im Mittelpunkt stehen, mit dem klaren Bekenntnis zur globalen Impfstoffversorgung. Es wird natürlich auch um das Thema Klimaschutz gehen, vor allen Dingen im Zusammenhang mit der COP 26 in Glasgow.

Letztlich muss aber - und das ist uns ganz besonders wichtig - dieses Treffen auch ein Signal der Unterstützung senden an unsere Wertepartner, an unsere demokratischen Partner weltweit; denn in den letzten Jahren hat es daran, wie wir finden, doch arg gemangelt.

Beim NATO-Gipfel am 14. Juni wird es darum gehen, das Bündnis zukunftsfest zu machen und anzupassen an ein verändertes Sicherheitsumfeld. Dafür steht der „NATO 2030“-Prozess. Wir können dabei auf einen Reflexionsprozess aufbauen, den wir innerhalb der NATO angeregt haben und der ganz maßgeblich von Thomas de Maizière, einem Mitglied dieses Hauses, zusammen mit einem amerikanischen Kollegen geleitet wurde und in dem viele, viele Vorschläge gemacht wurden, die uns in der NATO noch lange beschäftigen werden.

Beim EU-US-Gipfel wird nicht zuletzt über die Einrichtung eines gemeinsamen Handels- und Technologierates verhandelt und hoffentlich auch eine Lösung gefunden werden. Auch das ist ein Thema, für das wir uns in der Vergangenheit immer starkgemacht haben.

Im Kern wird es auch bei diesen Themen, insbesondere bei den Handelsthemen, darum gehen, von gegenseitigen Zöllen und Sanktionen wegzukommen und hinzukommen zu gemeinsamen Antworten auf die drängende Frage „Wie kann man freien Handel besser mit Umwelt- und Sozialstandards verbinden?“. Das ist ja die Diskussion, die auch gesellschaftlich immer wieder geführt wird, wenn wir über Freihandelsabkommen diskutieren. Letztlich haben die G-7-Finanzminister beim Thema „globale Mindeststeuer“ letzte Woche ja bereits einen Durchbruch geschafft, auf den wir schon lange gewartet haben.

Schließlich begrüßen wir auch die Bereitschaft von Präsident Biden zu einem Treffen mit Präsident Putin am 16. Juni in Genf. Wir haben gegenüber Russland in den letzten Jahren immer einen klaren Kurs vertreten, der auf größere Resilienz, aber zugleich eben, so wie das auch hier in der Debatte dankenswerterweise immer wieder gesagt wurde, auf die Fortsetzung des offenen Dialoges selbst in schwierigstem Fahrwasser setzt. Das wird auch in Zukunft so sein. Ich glaube, dass das Treffen auf dieser Ebene dazu beitragen kann.

Dass es anscheinend zwischen den USA und Russland Möglichkeiten gibt, sich auch schnell zu verständigen, hat man zum Beispiel daran gesehen, dass, wenige Tage nachdem Joe Biden im Amt gewesen ist, der New-START-Vertrag auf der Basis einer Verständigung verlängert wurde, die sehr schnell erreicht wurde. Wir hoffen darauf, dass es in der Folge von Genf zu weiteren substanziellen Absprachen kommt. Wir erwarten dabei, zusammen mit anderen Partnern eng eingebunden zu sein; denn letztlich geht es bei der nuklearen Rüstungskontrolle auch um die Sicherheit Europas.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die amerikanische Regierung bei all diesen Themen - das ist die Erfahrung aus den letzten Monaten - ganz besonders auch auf die Zusammenarbeit mit Deutschland setzt, das eröffnet uns neue Gestaltungsmöglichkeiten, und wir werden sie nutzen, etwa indem wir uns in strategischen Fragen wie dem Umgang mit China noch enger abstimmen werden. Dass wir dabei möglicherweise nicht immer eins zu eins auf einer Linie liegen, das wird niemanden überraschen.

Die gute und enge Zusammenarbeit - ich komme zum Schluss, Herr Präsident - zeigt sich nicht zuletzt auch in dem amerikanischen Beschluss, Sanktionsentscheidungen in Sachen Nord Stream 2 auszusetzen, und zwar ganz ausdrücklich - so hat es der Präsident selbst gesagt -, um das Verhältnis mit Deutschland als Freund und Verbündetem nicht weiter zu belasten.

Herzlichen Dank.

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