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Rede von Staatsminister Annen anlässlich der Eröffnung des Deutsch-französisches Energieforums 2020: „Europa post-Covid-19 – Politische und wirtschaftliche Weichenstellungen für Energiewende und Klimaschutz“

03.11.2020 - Rede

Ich begrüße Sie recht herzlich zum diesjährigen „Deutsch-französischen Energieforum“. Der Titel in diesem Jahr lautet „Europa post-Covid-19 – Politische und wirtschaftliche Weichenstellungen für Energiewende und Klimaschutz“.

Ein wesentlicher raison d’être des deutsch-französischen Büros für die Energiewende bzw. des deutsch-französischen Energieforums ist es, Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger aus Deutschland und Frankreich aus den Bereichen Energie und Klima zusammenzuführen, um

  1. die Energiewende – verstärkt durch den deutsch-französischen Motor – schneller umzusetzen und
  2. die bilaterale Kooperation zwischen Deutschland und Frankreich auch auf diesem wirtschafts- und umweltpolitisch für die nächsten Dekaden entscheidenden Feld der Energiewende voranzutreiben.

Angesichts der aktuellen Lage in Frankreich und Deutschland wende ich mich heute virtuell an Sie.

Es ist bedauerlich, dass die Pandemie uns ein persönliches Treffen unmöglich macht.

Gleichwohl bin ich optimistisch, dass wir auch in dieser Form das erreichen können, was wir uns vorgenommen haben:

Wir wollen Inhalte vermitteln, die Bedeutung des Themas und der bilateralen Zusammenarbeit diesbezüglich unterstreichen und Stakeholder untereinander vernetzen.

Die Pandemie hat sich im Bereich „Energie und Klima“ – gerade in Europa – sicherlich nicht nur nachteilig ausgewirkt:

Denn abgesehen von einem temporären Lockdown-induzierten Rückgang an Treibhausgas-Emissionen, hat diese Pandemie öffentliche Gelder – gerade auch in Berlin, Paris und Brüssel – in präzedenzloser Höhe freigesetzt.

Diese Gelder sollen im Wiederaufbau besonders der sogenannten “green recovery” zugutekommen. Und genau auf dieses Thema deutet ja der Titel unseres diesjährigen Energieforums hin.

Gerade die Vorträge am späteren Nachmittag werden dieses Thema genauer beleuchten. Ich hoffe, dass wir alle Corona daher auch als Chance verstehen:

Als eine Zäsur, die für unsere Volkswirtschaften eine digitale, grüne Erneuerung und geopolitisch – vor allem in Verbindung mit dem wegweisenden Europäischen Green Deal – eine wirtschaftspolitische Vorreiterrolle Europas in der Welt mit sich bringen kann.

Es liegt an uns – der Politik – hier die regulatorischen Rahmenbedingungen zu schaffen. Nur so können Sie – die Energiewirtschaft – diese mit Leben und wirtschaftlichem und ökologischem Erfolg füllen können. Ich hoffe, dieses Forum kann seinen bescheidenen Teil zur Erreichung dieser wichtigen Ziele beitragen.

Als Europäische Union sind wir dabei, mit dem nächsten mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027 und dem Corona-Wiederaufbaufonds „Next Generation EU“ ein Finanzpaket in nicht-dagewesener Höhe von gut 1,8 Billionen Euro zu schnüren. Von diesen Mitteln sollen mindestens 30% für „grüne“ Investitionen eingesetzt werden.

Die Verhandlungen hierzu laufen zwischen Rat, Kommission und Europäischem Parlament zwar noch, aber ich hoffe sehr, dass wir dieses Gesamtpaket noch unter deutscher Ratspräsidentschaft abschließen können.

Diese Mittel müssen wir in Europa gemeinsam dafür nutzen, um bei der Energiewende einen weiten, einen großen Schritt nach vorne zu machen. So werden wir gleichzeitig unsere Rolle als Vorreiter für Klimaschutz und moderne energiewirtschaftliche Rahmenbedingungen global festigen. Denn, seien wir ehrlich:

China schreitet bei dem Thema weiter mit großen Schritten voran. Hier gilt es, nicht den Anschluss zu verlieren.

Und eine mögliche neue US-Administration unter Joe Biden könnte in diesem Bereich ebenfalls zügig eine Kehrtwende einleiten, so vielerorts die Hoffnung. Die USA würden dann auch bald im Konzert der Energiewende-Pioniere eine führende Rolle spielen.

Und das bringt mich zu der Dringlichkeit der Energiewende: Sie ist nicht nur ökologisch unabwendbar. Die Energiewende schnell und gleichzeitig marktwirtschaftlich erfolgreich zu gestalten wird essentiell sein für Volkswirtschaften, die im 21. Jahrhundert erfolgreich bestehen wollen.

Hier ist ganz konkret für die Europäische Union der deutsch-französische Motor gefragt. Das deutsch-französische Büro für die Energiewende bzw. das deutsch-französische Energieforum wurden genau aus diesem Grund ins Leben gerufen.

Zudem ist die Zusammenarbeit in den Bereichen Energie und Klima wichtiger Schwerpunkt des Vertrags von Aachen, den Bundeskanzlerin Merkel und Staatspräsident Macron im Januar 2019 feierlich unterzeichnet haben.

Wir müssen mit gutem Beispiel, hervorragender bilateraler Kooperation und wegweisenden Leuchtturmprojekten in Bereichen wie beispielsweise „Wasserstoff“ oder “Carbon Capture and Storage” vorangehen.

Dabei gilt stets, dass unsere Zusammenarbeit immer auch eine Einladung an die anderen Mitgliedstaaten beinhaltet, aktiv und als gleichberechtigte Partner mitzumachen.

Die globale Energiewende schreitet voran. Kein Mensch – auch nicht Präsident Trump – kann das noch verhindern.

Zur besseren Illustration, möchte ich kurz die wesentlichen Aussagen des World Energy Outlook 2020 der IEA ins Gedächtnis rufen, der vor drei Wochen veröffentlicht wurde:

  1. Das Kohlezeitalter ist vorbei: Die weltweite Kohlennachfrage erreichte 2014 ihren Höhepunkt. Während noch neue Kohlekraftwerke gebaut werden, ist die Gesamtmenge an Kohlestrom weltweit rückläufig, da parallel viele alte und umweltschädlichere Kohlekraftwerke vom Netz gehen.
  2. Die weltweite Nachfrage nach Öl hat möglicherweise bereits 2019 ihren Höhepunkt erreicht. Lassen Sie mich Spencer Dale von BP zitieren: „Nie in der modernen Geschichte ist die Nachfrage nach Kraftstoff in absoluten Zahlen gesunken.“ Genau das passiert jetzt.
  3. Die IEA zeichnet auch für Erdgas keine allzu rosige Zukunft. In Europa scheint der Gasverbrauch möglicherweise seinen Höhepunkt erreicht zu und wird zukünftig v.a. als Brückentechnologie hin zu einer dekarbonisierten Welt fungieren.
  4. Die Gewinner all dessen sind die erneuerbaren Energien: Laut IEA werden künftig 90% des zusätzlichen Energiebedarfs durch Erneuerbare Energiequellen abgedeckt.

Aus gutem Grund also versucht die Europäische Union hier mit regulatorischen Maßnahmen wie dem “Green Deal” und einem gesteigerten Ambitionsniveau beim Klimaschutz voranzuschreiten. Diese gilt es nun mit Leben zu füllen.

Und ich würde mich sehr freuen, wenn dabei die deutsch-französische Zusammenarbeit eine führende Rolle spielen würde.

Wenn gemeinsame Projekte oder deutsch-französische Unternehmen hier mit gutem Beispiel vorangehen und Europa als Ganzes den Weg weisen könnten.

So haben beispielsweise sowohl Frankreich als auch Deutschland sehr ambitionierte nationale Strategien für die Etablierung einer Wasserstoffwirtschaft verabschiedet.

Beide nationale Strategien – und im Übrigen auch die Strategie der EU zum Thema Wasserstoff – sehen dabei eine wichtige Rolle für internationale Kooperationen.

Aktuell sind wir – Deutschland und Frankreich – dabei, hier Leuchtturmprojekte zu identifizieren und dann mit Nachdruck an deren Umsetzung zu arbeiten.

Diese sollen gleichzeitig auch EU Projects of Common Interest” werden. All das stimmt mich – trotz der überwältigenden Größe der Herausforderung der Energiewende – positiv.

Wenn die zwei wichtigsten Volkswirtschaften der Europäischen Union hier an einem Strang ziehen und gemeinsam voranschreiten, dann ist das der größte Anschub, den wir der europäischen Energiewende geben können.

Ich bin überzeugt, dass das heutige Forum dafür einen wichtigen Beitrag liefern kann. Wir werden die Ergebnisse dieses Forums in der einen oder anderen Form auch beim “Berlin Energy Transition Dialogue 2021”, der großen internationalen Energiewende-Konferenz des Auswärtigen Amtes, die für März 2021 geplant ist, diskutieren.

Ich danke allen Rednerinnen und Rednern sowie Panelistinnen und Panelisten schon jetzt für Ihre Teilnahme und Ihr Engagement auf dem heutigen Forum.

Ich wünsche allen Teilnehmenden bereichernde Vorträge und Diskussionen und danke recht herzlich dem Team des deutsch-französischen Büros für die Energiewende, dem BMWi und natürlich auch meinen Kolleginnen und Kollegen hier in der Wirtschaftsabteilung des Auswärtigen Amtes für die professionelle Anbahnung und Umsetzung dieser virtuellen Veranstaltung.

Vielen Dank!

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