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Begrüßungsstatement von Außenminister Heiko Maas anlässlich der Konferenz „UN at 75: Effective Multilateralism and International Law

09.10.2020 - Rede

- Übersetzung aus dem Englischen -

Ich hätte Sie gerne persönlich hier in Berlin begrüßt. Doch die Pandemie hat uns gezwungen, dieses digitale Format zu wählen.

Damit verbinden wir die Hoffnung, dass dies eine noch breitere Beteiligung ermöglichen wird. Denn wir brauchen Ihre globale Kompetenz – in diesen Zeiten mehr denn je.

Natürlich sind wir schon weit gekommen, seit Platon uns davor gewarnt hat, dass wir Gerechtigkeit nicht dort erwarten können, wo das Recht des Stärkeren gilt.

Aber die Menschheit brauchte zweitausend Jahre, unzählige Kriege und unsägliches Leid, um diese Idee in bindendes Recht umzusetzen. Deshalb ist die Charta der Vereinten Nationen eine so unschätzbar wertvolle Errungenschaft. Ihr Versprechen ist heute ebenso so gültig wie 1945: Eine gerechtere und friedlichere Welt ist möglich!

Nichtsdestotrotz werden die Grundsätze und Ziele der Charta – ja sogar die Vorstellung einer internationalen Ordnung selbst – derzeit in Frage gestellt.

Die zurückliegenden 21 Monate, in denen Deutschland Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen war, hielten in dieser Hinsicht einige ernüchternde Erfahrungen bereit.

  • Die wachsende Rivalität zwischen den Großmächten fordert ihren Tribut – auch in der alltäglichen Arbeit des Rates.
  • Vetos werden sogar dann eingesetzt, wenn es um die Rettung von Menschenleben geht, wie zum Beispiel in Syrien.
  • Und die Achtung des humanitären Völkerrechts zerbröckelt vor unseren Augen, wenn Krankenhäuser und Schulen angegriffen werden.

Sehr geehrte Damen und Herren,

dies ist nicht der richtige Zeitpunkt, um sich zurückzulehnen.

Es ist unsere Pflicht, Rechenschaft zu fordern, wenn Recht verletzt wird. Und es freut mich sehr, dass deutsche Gerichte zu den Pionieren bei Verfahren gegen internationale Kriegsverbrecher gehören.

Zugleich erfordern globale Herausforderungen wie die Pandemie mehr internationale Zusammenarbeit, nicht weniger.

Gemeinsam mit meinem französischen Kollegen Jean-Yves Le Drian haben wir daher die Allianz für den Multilateralismus gegründet, um die internationale Ordnung zu verteidigen und zu stärken.

Innerhalb von zwei Jahren ist die Zahl der Länder, die sich an ihr beteiligen, auf über 70 gestiegen.

70 Staaten, die die Überzeugung teilen, dass das Völkerrecht die DNA der internationalen Ordnung ist.

Um überleben zu können, muss diese DNA dynamisch sein. Das Völkerrecht muss sich an neue Herausforderungen anpassen und ihnen gerecht werden – zum Beispiel in der digitalen Welt.

Und ich bin froh, dass Sie sich dieser Aufgabe auf unserer heutigen Konferenz stellen.

Deshalb noch einmal: Herzlichen Dank, dass Sie dabei sind! Und vielen Dank auch dafür, dass Sie Platons Überzeugung teilen, wonach nicht das Recht des Stärkeren gilt - sondern das Recht das Fundament ist und bleibt für Frieden, Wohlstand und Gerechtigkeit.

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