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Vertrag über Konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE-Vertrag)

Demilitarisierung von Militärfahrzeugen

Ein Mitarbeiter einer Firma, die sich auf die Demilitarisierung und Verschrottung von Wehrtechnik spezialisiert hat, arbeitet mit einem Schweißgerät an einem Schützenpanzer vom Typ Marder., © dpa-Zentralbild

07.11.2023 - Artikel

Mit seinem Rücktritt aus dem KSE-Vertrag Vertrag am 7. November 2023 hat Russland einen weiteren Schritt gegen die kooperative Sicherheit in Europa vollzogen.

Der Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE-Vertrag) von 1990 war das grundlegende Vertragswerk der konventionellen Abrüstung und Rüstungskontrolle in Europa der 1990er Jahre. In Reaktion auf den russischen Rücktritt und in enger Abstimmung mit den NATO-Mitgliedstaaten hat die Bundesregierung daher am 7. November 2023 beschlossen, den Vertrag zu suspendieren. Der Vertrag wurde zwischen den damaligen Mitgliedsstaaten der NATO und des kurz darauf aufgelösten Warschauer Pakts geschlossen und trat 1992 in Kraft. Ziel des Vertrags war ein sicheres und stabiles Gleichgewicht der konventionellen Streitkräfte auf niedrigerem Niveau sowie die Beseitigung der Fähigkeit zu militärischen Überraschungsangriffen und groß angelegten Offensivhandlungen in Europa.

Als großer Erfolg des Vertrages gilt die Zerstörung von rund 60.000 schweren Waffensystemen in den Vertragsstaaten bis Mitte der 1990er-Jahre, darunter Kampfpanzer, Artilleriesysteme und Kampfflugzeuge. Der KSE-Vertrag trug damit maßgeblich zur militärischen Entspannung nach Ende des Kalten Krieges bei. Das Verifikationssystem der KSE-Bestandsmeldungen und Vor-Ort-Inspektionen erhöhte die gegenseitige Transparenz und Berechenbarkeit sowie gegenseitiges Vertrauen und Zusammenarbeit.

Um der veränderten sicherheitspolitischen Lage in Europa gerecht zu werden, wurde 1999 das „Anpassungsübereinkommen zum KSE-Vertrag (A-KSE)“ beschlossen. Eine Mehrzahl der KSE-Vertragsstaaten lehnte dessen Ratifizierung jedoch ab. Hintergrund war die bis heute ausstehende Erfüllung russischer Selbstverpflichtungen zum Abzug eigener Truppen aus der Republik Moldau und Georgien.

2007 setzte Russland einseitig die Umsetzung des KSE-Vertrags aus. Als Folge suspendierten Ende 2011 ihrerseits die NATO-Staaten sowie Moldau und Georgien dessen Implementierung gegenüber Russland, Anfang 2015 ergänzt um die Ukraine. Im März 2015 zog sich Russland zudem aus der „Gemeinsamen Beratungsgruppe“ des Vertrags zurück. Durch die völkerrechtswidrige Annexion der Krim und Unterstützung der abtrünnigen „Volksrepubliken“ im Osten der Ukraine durch Russland seit 2014 sowie den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine seit Februar 2022 wurden Vertrauen und die Erfolge der konventionellen Rüstungskontrolle der 1990er Jahre zerstört.

Russland führt unbeirrt seinen völkerrechtswidrigen Angriff gegen die Ukraine fort. Damit verletzt Russland in eklatanter Weise die Grundprinzipien des Völkerrechts, so wie sie in der Charta der Vereinten Nationen, der KSZE-Schlussakte und der Charta von Paris verankert sind. In gleicher Weise verletzt Russland fundamental die Zielsetzungen des KSE-Vertrags. Ziel des KSE-Vertrags war es, in Europa ein sicheres und stabiles Gleichgewicht der konventionellen Streitkräfte zu schaffen und die Fähigkeit zu Überraschungsangriffen und groß angelegten Offensivhandlungen zu beseitigen.

Der sicherheits- und rüstungskontrollpolitische Nutzen des Vertrags geht unter diesen Umständen und ohne die Mitwirkung Russlands weitgehend verloren. Vor diesem Hintergrund ist die Suspendierung des KSE-Vertrags durch die Bundesrepublik Deutschland im Gleichklang mit den NATO Alliierten, die auch KSE-Vertragsstaaten sind, eine notwendige Reaktion auf den Rücktritt Russlands.

Gleichzeitig bedeutet die Suspendierung des KSE-Vertrags durch Deutschland und seine Alliierten keinen Vertragsrücktritt. Im Falle einer grundlegenden Verhaltensänderung Russlands wäre grundsätzlich eine erneute Implementierung des KSE-Vertrags wieder möglich.

Die Bundesregierung bleibt, ebenso wie ihre Verbündeten in der NATO, einem zentralen Grundgedanken des KSE-Vertrags, nämlich effektiver Rüstungskontrolle für konventionelle Streitkräfte in Europa, verpflichtet. Die Bundesrepublik Deutschland ist bereit, bestimmte Verifikationsmaßnahmen im Sinne des KSE-Vertrags mit interessierten europäischen Staaten, die das Ziel der Risikoprävention und Vertrauensbildung teilen, fortzusetzen. Die dafür benötigten Verifikationsfähigkeiten bei der Bundeswehr werden daher weiter aufrechterhalten. Außerdem beabsichtigt die Bundesregierung, die nationalen Obergrenzen für die vom KSE-Vertrag erfassten Waffensysteme weiter einzuhalten.

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