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Truppenstationierungsrecht

19.12.2019 - Artikel

Die Präsenz ausländischer Truppen auf deutschem Hoheitsgebiet bedarf besonderer Rechtsgrundlagen. Auch die Rechtsstellung der Bundeswehr bei Auslandseinsätzen muss geregelt werden.

Gegenstand des Truppenstationierungsrechts ist zum einen die Rechtsstellung der ausländischen Streitkräfte in Deutschland und zum anderen die Rechtsstellung der Bundeswehr im Ausland.

Rechtsstellung der ausländischen Streitkräfte in Deutschland

Zufahrt zu US-Stützpunkt Rhein-Main Airbase
Zufahrt zur Rhein-Main Airbase© dpa

Der Zugang ausländischer Streitkräfte zu und Aufenthalt in deutschem Hoheitsgebiet beruht auf besonderen Rechtsgrundlagen. Grundsätzlich wird hierbei zwischen dem Recht zum Aufenthalt und dem Recht des Aufenthalts unterschieden. Das Recht zum Aufenthalt ergibt sich aus der notwendigen förmlichen Zustimmung der Bundesrepublik Deutschland zum Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in ihrem Hoheitsgebiet und betrifft also die Frage, ob ausländische Streitkräfte sich überhaupt in Deutschland aufhalten dürfen. Das Recht des Aufenthalts umfasst die konkreten Rechte und Pflichten ausländischer Streitkräfte (das „Wie“ ihres Aufenthalts) in Deutschland.

Das Recht zum Aufenthalt

Der Aufenthaltsvertrag von 1954

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gründete sich der Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in Deutschland zunächst auf das Besatzungsrecht. Mit dem Inkrafttreten des Vertrages über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten vom 26. Mai 1952 (des sogenannten Deutschlandvertrags; Bundesgesetzblatt 1955 II S. 303) endete das Besatzungsregime am 5. Mai 1955. Bereits zuvor jedoch, am 23. Oktober 1954, wurde mit dem Vertrag über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesgesetzblatt 1955 II S. 253) zwischen Deutschland und acht Vertragspartnern (Belgien, Dänemark, Frankreich, Kanada, Luxemburg, Niederlande, Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland, Vereinigte Staaten von Amerika) eine vertragliche Grundlage für den weiteren, dauerhaften Aufenthalt der ausländischen Stationierungsstreitkräfte in Deutschland geschaffen. Der ursprünglich auf unbegrenzte Zeit abgeschlossene Aufenthaltsvertrag gilt auch nach Abschluss des Zwei-plus-Vier-Vertrags (Vertrag über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland vom 12. September 1990, Bundesgesetzblatt 1990 II S. 1317) weiter, er kann nun aber mit einer zweijährigen Frist gekündigt werden (Notenwechsel vom 25. September 1990, Bundesgesetzblatt 1990 II S. 1390 und vom 16. November 1990, Bundesgesetzblatt 1990 II S. 1696).

Zustimmung der Bundesregierung im Einzelfall

Neben dieser vertraglichen Einräumung des Rechts zur dauerhaften Stationierung kann die Bundesregierung erforderlichenfalls dem vorübergehenden Aufenthalt ausländischer Streitkräfte im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik, z.B. zum Zwecke gemeinsamer Übungen mit Verbänden der Bundeswehr, im Einzelfall zustimmen.

Die neuen Bundesländer

Das Recht zum Aufenthalt der ehemaligen sowjetischen Streitkräfte auf dem Territorium der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) war im Vertrag über die Beziehungen zwischen der DDR und der Sowjetunion vom 20. September 1955 (Gesetzblatt der DDR 1955 I S. 917) geregelt. Der Abzug der sowjetischen Streitkräfte nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurde im Truppenabzugsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion vom 12. Oktober 1990 (Bundesgesetzblatt 1991 II S. 256) sowie im deutsch-sowjetischen Abkommen über einige überleitende Maßnahmen vom 9. Oktober 1990 (Bundesgesetzblatt 1990 II S. 1654) geregelt. Die sowjetischen Truppen wurden in Erfüllung dieser Abkommen bis 1994 vollständig aus Deutschland abgezogen. Gemäß Anlage I Kapitel I Abschnitt I Ziffer 3 zum Einigungsvertrag vom 31. August 1990 (Bundesgesetzblatt 1990 II S. 889) gilt der Aufenthaltsvertrag aus dem Jahre 1954, der den Streitkräften der Vertragspartner Deutschlands ein Recht zum dauerhaften Aufenthalt auf dem Gebiet der Altbundesländer einräumt, grundsätzlich nicht in den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Entsprechend sieht Art. 5 Abs. 3 des Zwei-plus-Vier-Vertrages vor, dass ausländische Streitkräfte und Atomwaffen oder deren Träger in diesem Teil Deutschlands weder stationiert noch dorthin verlegt werden können.

Das Recht des Aufenthalts

a) In Deutschland stationierte Streitkräfte

Grundsatz

NATO-Flagge
NATO-Flagge© NATO

Rechte und Pflichten der Streitkräfte aus NATO-Staaten, die in Deutschland auf Grundlage des Aufenthaltsvertrages dauerhaft stationiert sind (das „Wie“ des Aufenthalts), richten sich nach den stationierungsrechtlichen Regelungen des NATO-Truppenstatuts vom 19. Juni 1951 (Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen, Bundesgesetzblatt 1961 II S. 1190) sowie des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut vom 3. August 1959 (Zusatzabkommen zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen, Bundesgesetzblatt 1961 II S. 1183, 1218). Das Zusatzabkommen enthält dabei detaillierte Regelungen zu den wichtigsten Fragen der Stationierung in Deutschland. Nach der Herstellung der deutschen Einheit wurde es durch das Abkommen vom 18. März 1993 (Bundesgesetzblatt 1994 II S. 2594, 2598) umfassend angepasst.

Inhalt von NATO-Truppenstatut und Zusatzabkommen

Im NATO-Truppenstatut und im Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut werden den jeweiligen Stationierungsstreitkräften unter anderem zahlreiche grundsätzliche Privilegierungen und Immunitäten gewährt. Dies umfasst beispielsweise die Bereiche der Zivil- und Strafgerichtsbarkeit, der Haftung, der Sozialversicherungspflicht sowie der Zoll- und Steuerpflicht. Daneben finden sich zusätzlich vor allem im Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut verschiedenste Einzelregelungen, etwa zur Liegenschaftsnutzung oder auch zur Beschäftigung deutscher Ortskräfte als Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften.

NATO-Hauptquartiere

Den Rechtsstatus der NATO-Hauptquartiere und ihres Personals in Deutschland regeln das Protokoll über die Rechtsstellung der auf Grund des Nordatlantikvertrags errichteten Hauptquartiere vom 28. August 1952 (Bundesgesetzblatt 1969 II S. 2000) sowie das Ergänzungsabkommen hierzu zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Obersten Hauptquartier der Alliierten Mächte in Europa (SHAPE) vom 13. März 1967 (BGBl 1969 II S. 2009).

Die neuen Bundesländer

Nach Anlage I Kapitel I Abschnitt I Ziffer 5 und 6 zum Einigungsvertrag sind auch das NATO-Truppenstatut sowie das Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut von der Geltung in den fünf neuen Bundesländern ausgenommen. Allerdings wurde durch Notenwechsel vom 25. September 1990 (Bundesgesetzblatt 1990 II S. 1251, Bundesgesetzblatt 1994 II S. 29) sowie vom 12. September 1994 (Bundesgesetzblatt 1994 II S. 3716) vereinbart, dass die Truppen der Stationierungsstaaten, ihre zivilen Gefolge sowie ihre Mitglieder und Angehörigen in den Ländern Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen die gleiche Rechtsstellung haben wie in den Altbundesländern. Da jedoch eine dauerhafte Stationierung ausgeschlossen ist, entscheidet die Bundesregierung jeweils im Einzelfall über die Zustimmung zum vorübergehenden Aufenthalt der Entsendestreitkräfte in den neuen Bundesländern.

b) Der vorübergehende Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in Deutschland

NATO-Mitgliedsstaaten

Grundsätzlich bemisst sich die Rechtsstellung ausländischer Streitkräfte aus NATO-Staaten während ihres vorübergehenden Aufenthaltes in Deutschland gleichfalls nach dem NATO-Truppenstatut und dem Zusatzabkommen. Ergänzende Regelungen ergeben sich aus dem Notenwechsel vom 29. April 1998 (Bundesgesetzblatt 1999 II S. 506) zwischen Deutschland, Dänemark, Griechenland, Italien, Luxemburg, Norwegen, Portugal, Spanien und der Türkei.

Die Mitgliedsstaaten der NATO-Partnerschaft für den Frieden (PfP)

Für Streitkräfte aus den PfP-Mitgliedsstaaten, die sich vorübergehend in Deutschland aufhalten, gelten grundsätzlich nach Art. I des PfP-Truppenstatuts vom 19. Juni 1995 (Übereinkommen zwischen den Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrags und den anderen an der Partnerschaft für den Frieden teilnehmenden Staaten über die Rechtsstellung ihrer Truppen, Bundesgesetzblatt 1998 II S. 1338) ebenfalls die Vorschriften des NATO-Truppenstatuts, soweit im PfP-Truppenstatut nichts anderes bestimmt ist.

Streitkräfteaufenthaltsabkommen

Ergänzt werden NATO-Truppenstatut und PfP-Truppenstatut durch Vereinbarungen, die auf der Grundlage des Streitkräfteaufenthaltsgesetzes (Bundesgesetzblatt 1995 II S. 554) abgeschlossen werden. Das Streitkräfteaufenthaltsgesetz erlaubt der Bundesregierung, Vereinbarungen mit ausländischen Staaten über Einreise und vorübergehenden Aufenthalt ihrer Streitkräfte in Deutschland zum Zwecke von Übungen, Durchreise auf dem Landwege und Ausbildung von Einheiten durch Rechtsverordnung in Kraft zu setzen. Es ermöglicht somit die Regelung von Fragen, die in NATO-Truppenstatut bzw. PfP-Truppenstatut nicht hinreichend geregelt sind, wie etwa Umweltschutz, Telekommunikation oder Gesundheitsschutz. Solche Streitkräfteaufenthaltsabkommen hat die Bundesregierung bisher u.a. mit Polen (Abkommen vom 23. August 2000), Tschechien (31. Juli 2003), Österreich (6. November 2007), Estland (21. November 2007), der Schweiz (7. Juni 2010) und Ungarn (27. Februar 2014) abgeschlossen.

Bilaterale Streitkräfteaufenthaltsabkommen regeln auch den Rechtsstatus der Streitkräfte aus Entsendestaaten, die weder Parteien des NATO- noch des PfP-Truppenstatuts sind. Diesen wird im Einzelfall nach Abschluss eines Streitkräfteaufenthaltsabkommens erlaubt, sich vorübergehend in Deutschland aufzuhalten, etwa um an gemeinsamen Übungen mit der Bundeswehr teilzunehmen. Streitkräfteaufenthaltsabkommen mit Nicht-NATO- und Nicht-PfP-Staaten gibt es bisher u.a. mit Neuseeland (Abkommen vom 4. November 2008) und Singapur (9. Januar 2009).

Rechtsstellung der Bundeswehr im Ausland

Der rechtliche Status der Bundeswehr im Ausland wird für den jeweiligen Auslandseinsatz in zwei- oder mehrseitigen Übereinkommen mit dem jeweiligen Aufenthaltsstaat näher bestimmt.

Mehrseitige Übereinkommen

Die wichtigste multilaterale Statusregelung ist das NATO-Truppenstatut, das bei Einsätzen im Hoheitsgebiet anderer NATO-Staaten zur Anwendung kommt. Die Mitgliedsstaaten der NATO-Partnerschaft für den Frieden haben die Möglichkeit, dem PfP-Truppenstatut vom 19. Juni 1995 (Bundesgesetzblatt 1998 II S. 1338) beizutreten. Der Anwendungsbereich des NATO-Truppenstatuts wird dadurch auch auf Einsätze in den PfP-Partnerstaaten ausgedehnt. Im Rahmen der Europäischen Union, insbesondere für Truppen und Zivilpersonal, die der EU zur Erfüllung ihrer Aufgaben von den Mitgliedsstaaten zur Verfügung gestellt werden, findet zudem das EU-Truppenstatut vom 17. November 2003 (ABl. 2003/C 321/02, Bundesgesetzblatt 2005 II S. 18) Anwendung.

Zweiseitige Abkommen

Im Rahmen der UN-Mission UNMISS halten sich ausländische Streitkräfte in Südsudan auf.
Im Rahmen der UN-Mission UNMISS halten sich ausländische Streitkräfte in Südsudan auf.© picture-alliance.de/abaca

Außerhalb des Rahmens von NATO und der NATO-Partnerschaft für den Frieden schließt die Bundesregierung zweiseitige Abkommen mit den jeweiligen Aufenthaltsstaaten. Ein Beispiel für solche zweiseitigen Abkommen ist das am 2. September 2016 zwischen der Bundesregierung und der Regierung Nigers abgeschlossene Abkommen zur Regelung der Rechtsstellung der Bundeswehr in der Republik Niger.

Missionen der Vereinten Nationen

Im Falle von Auslandseinsätzen der Bundeswehr im Rahmen einer Mission der Vereinten Nationen wird der rechtliche Status der Bundeswehr durch Abkommen zwischen den Vereinten Nationen und dem jeweiligen Aufenthaltsstaat geregelt. Ein Beispiel ist das am 8. August 2011 zwischen den Vereinten Nationen und der Regierung vom Südsudan abgeschlossene Abkommen über den Status der ausländischen Streitkräfte, die sich im Rahmen der UN-Mission UNMISS in Südsudan aufhalten.

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