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Kulturgutschutz auf internationaler und nationaler Ebene

29.04.2025 - Artikel

Ohne Kulturgüter und -stätten keine kulturelle Identität. Warum Kulturgutschutz so wichtig ist und was Deutschland tut, damit auch künftige Generationen diese identitätsstiftenden Artefakte und Orte erleben können, erfahren Sie hier.

Kulturgüter und -stätten sind Teil des kulturellen Erbes der Menschheit, denn sie verkörpern Wissen, Geschichte und Traditionen von Gesellschaften und sind somit ein wichtiger Teil der kulturellen Identität. Kriege, Diebstahl, Plünderungen oder Raubgrabungen, aber auch Naturkatastrophen und die Auswirkungen des Klimawandels, gefährden Kulturgüter und -stätten weltweit. Sie für zukünftige Generationen zu erhalten ist auch Aufgabe der internationalen Staatengemeinschaft. Deutschland engagiert sich hier auf mehreren Ebenen.

Was ist Kulturgutschutz?

Kulturgutschutz bezeichnet alle Maßnahmen zum Schutz von beweglichem und unbeweglichem Kulturgut. Ziel des Kulturgutschutzes in Deutschland ist es, das Kulturerbe vor Beschädigung, Zerstörung oder unrechtmäßigen Entfernung von seinem angestammten Ort zu schützen, um es kommenden Generationen unbeschadet überliefern zu können. Der Schutz von Kulturgütern dient dabei nicht nur der eigenen kulturellen Identität. Er schließt auch die Achtung des kulturellen Erbes fremder Nationen mit ein.

Für die Sicherung des physischen Erhalts von Kulturgut gilt die Haager Konvention zum Schutz von Kulturgütern in bewaffneten Konflikten von 1954. In Deutschland gehört der Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten zum Zivilschutz. Deswegen ist das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) für Maßnahmen nach der Haager Konvention zuständig. Der Schutz von Kulturgut vor Naturkatastrophen hingegen ist eine Kernkompetenz der Länder (Innenministerien).

Das „UNESCO-Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt“ (Welterbekonvention) von 1972 ist das international erfolgreichste Instrument zum Schutz von (unbeweglichen) Kultur- und Naturgütern. Die Konvention basiert auf dem Prinzip der internationalen Solidarität und Zusammenarbeit zum Schutz der Welterbestätten. Ziel ist neben dem Schutz des kulturellen und Naturwelterbes, das Verständnis und den Frieden zwischen den Kulturen zu fördern. Die Welterbeliste, welche alle von der UNESCO anerkannte Stätten des Kultur- und Naturerbes aufführt, trägt maßgeblich zur öffentlichen Wirksamkeit und zum Erfolg der Konvention bei. Deutschland ist seit 1976 Vertragsstaat der Konvention und verfügt aktuell über 54 Welterbestätten (2025).

Mit dem Kulturerhalt-Programm unterstützt die Bundesregierung Projekte für die Bewahrung wichtiger immaterieller und materieller Zeugnisse der Menschheitsgeschichte.

Maßnahmen gegen illegalen Handel

Der Schutz von Kulturgütern vor illegalem Handel umfasst zwei Aspekte:

  • Der Schutz von Kulturgut in Deutschland vor Abwanderung in das Ausland (nationaler Kulturgutschutz)
  • Der Schutz von Kulturgut ausländischer Staaten, das aus diesen unrechtmäßig nach Deutschland verbracht wurde und an diese zurückzugeben ist, sowie die Verhinderung illegaler Einfuhren (internationaler Kulturgutschutz)

Den rechtlichen Rahmen bildet in erster Linie das UNESCO-Übereinkommen über Maßnahmen zum Verbot und zur Verhütung der rechtswidrigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut“ von 1970, das in Deutschland durch das Kulturgutschutzgesetz von 2016 umgesetzt wird.

Mit der Novelle des Kulturgutschutzgesetzes hat Deutschland 2016 seine Maßnahmen gegen den illegalen Handel mit Kulturgütern deutlich verschärft und Rückgabeansprüche von Herkunftsstaaten erleichtert. So muss seither die Person, die ein Kulturgut nach Deutschland einführen möchte, nachweisen, dass sie das Kulturgut legal aus dem Herkunftsstaat ausgeführt hat. Kann sie dies nicht nachweisen, so wird angenommen, dass das Kulturgut im Herkunftsstaat verbleibt. Für das Kulturgutschutzgesetz selbst und Fälle innerhalb der Europäischen Union ist die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, für alle anderen Fälle das Auswärtige Amt zuständig.

Innerhalb der Europäischen Union gelten spezielle Regeln im Hinblick auf den Export von Kulturgütern. Die Regelungen vereinheitlichen und stärken den Schutz von Kulturgütern aus Drittstaaten vor illegalem Handel. Sie sind für alle EU-Mitgliedstaaten verbindlich. Die Bestimmungen sollen gleichzeitig dazu beitragen, der organisierten Kriminalität die Erschließung von Finanzquellen zu erschweren.

Besonders geschützt werden Kulturgüter aus Irak und Syrien, für die seit 2003 bzw. seit 2013 aufgrund von Verordnungen der EU ein grundsätzliches Verbot der Ein- und Ausfuhr sowie des Handels gilt. Die Verordnung zu Kulturgütern aus Syrien ist im Dezember 2013 auf eine deutsche Initiative hin verwirklicht worden.

Nach der völkerrechtswidrigen Invasion Russlands in die Ukraine vom Februar 2022 ist auch der Handel mit bestimmten Kulturgütern durch das Handelsembargo gegen Russland erfasst.

Rückführung von Kulturgütern

Kriegsbedingt verlagertes Kulturgut („Beutekunst“)

Während des Zweiten Weltkrieges wurden durch das NS-Regime zum einen Kulturgüter erbeutet, zum anderen haben viele am Krieg beteiligte Staaten in großem Umfang Kulturgüter zum Schutz vor Zerstörung ausgelagert - insbesondere aus öffentlichen Museen und Archiven. Nach der Neuordnung der Grenzen 1945 befanden sich diese Kulturgüter vielfach nicht mehr auf dem Gebiet des Herkunftsstaats. Zudem wurden Kulturgüter auch von Besatzern beschlagnahmt und an andere Orte verbracht.

Schon seit dem Ende des 19. Jahrhunderts hatte sich die gefestigte allgemeine Überzeugung herausgebildet, dass Kulturgüter, die Teil der Geschichte und Identität eines Volkes sind, nicht zu Kriegsgeiseln werden oder als Kompensation für Reparationszahlungen („restitution in kind“) missbraucht werden dürfen. Diese Auffassung ist bereits in der Haager Landkriegsordnung von 1907 (Art. 46 und 56) und - als Reaktion auf den Zweiten Weltkrieg - in der „Haager Konvention von 1954 zum Schutz von Kulturgut in bewaffneten Konflikten“ festgehalten. Zwar sind zwischen 1945 und 1962 von alliierten und deutschen Stellen rund 1 Million Kunstgegenstände an in- und ausländische Berechtigte übergeben worden, aber auch 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges ist noch nicht alles an kriegsbedingt verlagertem Kulturgut an den jeweiligen Herkunftsort zurückgelangt. Zu Fragen der Beutekunst führt die Bundesregierung seit Beginn der 1990er Jahre Gespräche mit betroffenen Staaten, unter anderem mit der Ukraine und Polen. Zudem wird die Erforschung von Provenienzen über das Deutschen Zentrum für Kulturgutverluste in Magdeburg gefördert.

NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter

Auch 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs ist die Restitution von Kulturgütern, die durch das NS-Regime insbesondere jüdischen Bürgern, aber auch anderen Verfolgten zwischen 1933 und 1945 entzogen wurden, nicht abgeschlossen. Wie beim Schwabinger Kunstfund im Jahr 2012 (Stichwort: Fall Gurlitt) werden immer wieder Fälle entzogener Kulturgüter bekannt.

Nachdem alle von den Alliierten im deutschen Recht initiierten Ansprüche verjährt waren, hat Deutschland 1998 zusammen mit 43 weiteren Staaten die Washingtoner Prinzipien (Washington Principles) verabschiedet. Damit sind die Unterzeichnerstaaten eine politische Selbstverpflichtung eingegangen, NS-Raubgut zu identifizieren und „gerechte und faire Lösungen“ bei der Rückgabe von NS-Raubgut zu finden. Bund, Länder und Kommunen haben sich 1999 mit der „Erklärung zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz“ (Gemeinsame Erklärung), dazu bekannt, die Washingtoner Prinzipien umzusetzen. Aufgrund der föderalen Struktur erfolgen die Provenienzforschung und damit einhergehende Restitutionen oder „gerechte und faire Lösungen“ in Deutschland dezentral, denn Kulturgut bewahrende Einrichtungen befinden sich zumeist in Trägerschaft der Kommunen und Länder.

Eine führende Rolle nimmt dabei das Deutsche Zentrum für Kulturgutverluste in Magdeburg ein. Das DZK

  • fördert Provenienzforschung,
  • pflegt und betreut die beiden Datenbanken www.lostart.de (Such- und Fundmeldungen zu NS-Raubgut sowie kriegsbedingt verbrachten Kulturgütern) und www.proveana.de (führt Forschungsdaten aus geförderten Projekten),
  • bietet ein Help Desk als zentrale Anlaufstelle und niedrigschwellige Orientierung und Unterstützung für Opfer des NS-Kulturgutraubes und deren Nachfahren.

Darüber hinaus ist die sogenannte „Beratende Kommission“ wichtiger Teil der Umsetzung der Washingtoner Prinzipien in Deutschland. Die Beratende Kommission wird bei strittigen Rückgabefragen zu Rate gezogen und kann Empfehlungen für „faire und gerechte Lösungen“ im Sinne der Washingtoner Prinzipien vorschlagen. Das Bundeskabinett hat 2025 beschlossen, die Beratende Kommission durch eine freiwillige Schiedsgerichtsbarkeit NS-Raubgut abzulösen.

Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten

Die umfassende Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit und verantwortungsvolle Rückgaben von menschlichen Überresten und Kulturgütern aus kolonialem Kontext ist ein wichtiges Anliegen der Bundesregierung. Die Bundesregierung nimmt dabei eine zentrale Rolle ein für die Aufarbeitung der Kolonialvergangenheit in öffentlichen Institutionen und Sammlungen.

Aufgrund der Kulturhoheit der Länder sind in Deutschland mehrere staatliche Ebenen aktiv an Rückgabeprozessen beteiligt, insbesondere Bund, Länder und Kommunen als Träger der Museen und weiteren Einrichtungen, in denen Kulturgüter aus kolonialen Kontexten aufbewahrt werden. Über Rückgaben entscheiden daher in erster Linie die Museen und ihre Träger und berufen sich bei ihrer Entscheidung auf die zwischen Bund, Ländern und Kommunen abgestimmten „Ersten Eckpunkte“.

Weiterhin ist es wichtig, durch gesellschaftliche Aufklärung Bewusstsein zu schaffen für die Vielzahl an Kulturgütern und menschlichen Überresten aus kolonialen Kontexten, die sich in Deutschland in Privatbesitz befinden.
Im Gegensatz zum gesetzlich verankerten Kulturgutschutz gibt es in Deutschland keine Rechtsgrundlage für die Rückgabe von Sammlungsgut aus kolonialem Kontext. Diese Rückgaben erfolgen freiwillig. Bund, Länder und Kommunen haben sich in den „Ersten Eckpunkten“ auf eine bedingungslose Rückgabe von menschlichen Überresten und eine freiwillige Rückgabe von Kulturgütern, die aus einem kolonialen bzw. Gewaltkontext stammen, geeinigt. Dabei sollen Kulturgüter und menschliche Überreste im Einvernehmen mit der jeweiligen Herkunftsgesellschaft zurückgegeben werden. Sie können auch nicht ohne das Einverständnis des jeweiligen Herkunftsstaates zurückgegeben werden.

Die Bundesregierung sucht daher aktiv den Austausch mit den Herkunftsstaaten zu den Sammlungsbeständen in Deutschland. Die Kontaktstelle für Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten (eingerichtet 2020 auf Bund-Länder-Beschluss) dient als erste Anlaufstelle für alle Fragen zu diesem Themenkomplex in Deutschland.

Menschliche Überreste (human remains / ancestral remains*)

Der respektvolle Umgang mit menschlichen Überresten ist für die Bundesregierung ein besonders wichtiges Anliegen. Diese werden bedingungslos zurückgeben – darin sind sich Bund, Länder und Kommunen einig. Bei der Vorbereitung erfordern die Bedürfnisse der Herkunftsgesellschaften besondere Sensibilität. Das Tempo von Rückgaben liegt deshalb wesentlich in der Hand der Ursprungsländer, die über Herkunft und Empfänger von Rückgaben entscheiden müssen - ein sensibler Prozess, der Zeit braucht und in dem die deutsche Seite keinen Druck ausübt.

Die Bundesregierung unterstützt aktuell die Schaffung einer spezifischen Anlaufstelle für den Umgang mit menschlichen Überresten, die bei der Kontaktstelle für Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten angesiedelt sein wird.

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