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Gemeinsame Erklärung der Europaminister des Weimarer Dreiecks (Frankreich, Deutschland und Polen) - Amélie de Montchalin, Michael Roth und Konrad Szymański

27.01.2020 - Artikel

(Lens, 21. Januar 2020)

Während die Europäische Union am Anfang eines ehrgeizigen neuen Programms für die kommenden fünf Jahre steht, verabschieden wir, die Europaminister Frankreichs, Deutschlands und Polens, am 21. Januar 2020 in Lens, Hauts-de-France, im Rahmen des Weimarer Dreiecks diese gemeinsame Erklärung, um unser Bekenntnis zur Stärkung der EU, zum Schutz ihrer zentralen Werte, zur Förderung von Zusammenhalt, Wettbewerbsfähigkeit und Solidarität und zu konkreten Ergebnissen, die den Erwartungen unserer Bürger gerecht werden, zu bekräftigen.

Wir sind davon überzeugt, dass das Weimarer Dreieck eine wichtige Rolle bei der Förderung eines starken, souveränen, demokratischen und gerechten Europas spielen kann. Unsere Gespräche haben die vielen Themenbereiche von gemeinsamem Interesse verdeutlicht, in denen Frankreich, Deutschland und Polen enger zusammenarbeiten möchten. Wir haben uns insbesondere damit beschäftigt, wie Europa auf nachhaltige Weise und ohne jemanden zurückzulassen für das Wohlergehen seiner Bürger sorgen kann.

Polen, Frankreich und Deutschland sprechen sich für eine ehrgeizige Umsetzung der Strategischen Agenda des Europäischen Rates aus, um Europas Fähigkeit, zu handeln und zukünftige Herausforderungen auf allen Gebieten anzugehen, zu erhöhen.

Unsere Länder bekennen sich gemeinsam zum Kampf gegen den Klimawandel, der die Menschheit und die biologische Vielfalt bedroht und den europäischen Bürgern zunehmend wichtig ist. Wir erinnern an das Ziel, die EU bis 2050 klimaneutral zu machen; dies wurde vom Europäischen Rat gebilligt, der den von der Europäischen Kommission vorgestellten europäischen Grünen Deal zur Kenntnis genommen hat. Wir sind uns voll und ganz bewusst, dass das Erreichen von Klimaneutralität sowohl erhebliche Chancen als auch ernstzunehmende Bewährungsproben mit sich bringen wird. Daher ist das Weimarer Dreieck davon überzeugt, dass der Übergang gerecht sein und alle einschließen muss; er muss auf Wohlstandssicherung und die Stärkung des Zusammenhalts bei gleichzeitigem Schutz unseres Planeten abzielen und dabei die unterschiedlichen nationalen Ausgangspunkte berücksichtigen sowie das Recht der Mitgliedstaaten wahren, über ihren eigenen Energiemix zu entscheiden und die geeignetsten Technologien zu wählen. Eine weitere Priorität ist die Fertigstellung eines Rahmens zur Unterstützung nachhaltiger Investitionen. Wir kommen überein, dass der nächste MFR einen wesentlichen Beitrag zu unserem Kampf gegen den Klimawandel leisten sollte, insbesondere durch konkrete Ziele für klimapolitisches Handeln, biologische Vielfalt und die Bekämpfung der Umweltverschmutzung sowie durch zusätzliche Mittel zur Unterstützung eines gerechten Übergangs der EU zur Klimaneutralität im Jahr 2050, der die Bedürfnisse und die konkrete Situation auf regionaler und nationaler Ebene berücksichtigen sollte. Schließlich muss durch diese Bemühungen die Wettbewerbsfähigkeit der EU erhalten bleiben, auch durch die Ausarbeitung wirksamer Maßnahmen mit dem Ziel, “Carbon Leakage” im Einklang mit den WTO-Regeln anzugehen. In diesem Zusammenhang werden wir mit Blick auf CO2-intensive Sektoren die Möglichkeiten der Umsetzung eines CO2-Grenzausgleichssystems an den EU-Grenzen prüfen.

Im Kampf gegen den Klimawandel muss Europa weiterhin vorangehen. Frankreich, Deutschland und Polen erinnern daher an die Verpflichtung der EU, dem UNFCCC Anfang 2020 und rechtzeitig vor der COP26 ihre langfristige Strategie zu übermitteln. Die aktualisierten Klimaschutzbeiträge sollen die Notwendigkeit von Klarheit, Transparenz und das Verständnis für den national festgelegten Beitrag, wie auf der COP24 in Kattowitz vereinbart berücksichtigen.

Europa hat mit Blick auf wirtschaftliche und soziale Aufwärtskonvergenz große Fortschritte erzielt. Damit ein wohlhabendes, gerechtes und soziales Europa aufgebaut werden kann, muss jedoch noch mehr getan werden. Frankreich, Deutschland und Polen rufen zur weiteren Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte unter Berücksichtigung der jeweiligen Zuständigkeiten der EU, ihrer Mitgliedstaaten und der Sozialpartner auf. Wir sind bereit, über die jüngsten Vorschläge der Kommission zum Aufbau eines starken sozialen Europas für einen gerechten Übergang zu diskutieren. Wir erkennen an, wie wichtig der Binnenmarkt und seine vier Grundfreiheiten für die Förderung von Wohlstand, Konvergenz und Wettbewerbsfähigkeit innerhalb der EU sind. Der Binnenmarkt sollte weiter vertieft und gestärkt werden, was den Abbau noch bestehender ungerechtfertigter Hindernisse, aber auch die Gewährleistung eines fairen Wettbewerbs sowie sozialer Konvergenz voraussetzt.

Vor dem Hintergrund des beschleunigten technologischen Wandels und neuer handelspolitischer Bewährungsproben brauchen wir eine ambitionierte europäische Industriepolitik, die Europa den Erhalt einer global integrierten, nachhaltigen und wettbewerbsfähigen industriellen Basis ermöglichen wird, und zwar durch Investitionen in Innovation, die Anpassung unseres ordnungspolitischen Rahmens an internationale Wettbewerbspraktiken und die Durchführung wirksamer Maßnahmen für den Schutz und die Förderung unserer Technologien, Unternehmen und Märkte. Frankreich, Deutschland und Polen rufen dazu auf, größere Anstrengungen zur Sicherstellung der technologischen Eigenständigkeit der Europäischen Union zu unternehmen, insbesondere durch integrierte europäische Wertschöpfungsketten in unseren strategischen Sektoren auf der Grundlage des Vorbilds der Europäischen Batterie-Allianz.

Wir erinnern ferner an unser Eintreten für eine starke und erneuerte europäische Wettbewerbspolitik und einen Durchsetzungsrahmen im Einklang mit den Erklärungen unserer Wirtschaftsminister in Poznań vom 4. Juli 2019. Wir sehen dem Fahrplan für die Industrie, den die Kommission später in diesem Jahr vorlegen wird und der das Ziel der technologischen Eigenständigkeit verfolgt, erwartungsvoll entgegen.

Die gemeinsamen Werte, welche unseren demokratischen Gesellschaftssystemen zugrunde liegen, bilden das Fundament der Freiheit, der Sicherheit und des Wohlstands in Europa. Das Weimarer Dreieck bekräftigt das gemeinsame Bekenntnis, die Achtung der Rechtsstaatlichkeit durch alle Mitgliedstaaten weiter zu stärken. Wir begrüßen die jüngsten Initiativen der Kommission in dieser Hinsicht und bekräftigen die in den Schlussfolgerungen des Rates der Europäischen Union von 2014 aufgeführten Grundsätze, darunter die der Nichtdiskriminierung und Gleichbehandlung aller Mitgliedstaaten. In diesem Rahmen stimmen wir darin überein, dass die laufenden Gespräche zwischen allen Mitgliedstaaten über einen “Periodic Peer Review Mechanism” zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit fortgesetzt werden sollten, wobei Doppelstrukturen zu vermeiden und die erforderliche Geschlossenheit sicherzustellen ist.

Deutschland, Frankreich und Polen bekräftigen ihr Bekenntnis zur Erweiterung der EU und ihr Eintreten für eine europäische Perspektive für den westlichen Balkan und sehen in diesem Zusammenhang den künftigen Vorschlägen der Kommission zum Beitrittsprozess erwartungsvoll entgegen.

Deutschland, Frankreich und Polen teilen die Auffassung, dass es im Kerninteresse der EU ist, einen größeren Raum der Stabilität und des wirtschaftlichen Wohlstands in Europa und darüber hinaus zu fördern. Deshalb bekräftigt das Weimarer Dreieck sein Bekenntnis zur Weiterentwicklung der Östlichen Partnerschaft und zur Benennung neuer konkreter Bereiche der Zusammenarbeit, zum Beispiel in den Bereichen Jugend, Umwelt und Klimawandel. Wir rufen ferner zur Stärkung der südlichen Dimension der EU-Nachbarschaftspolitik auf.

Wir bekennen uns dazu, unseren Dialog und unsere enge Zusammenarbeit im Format des Weimarer Dreiecks weiterzuführen, um Europa voranzubringen. In diesem Zusammenhang werden unsere drei Länder auch einen aktiven Beitrag zur Konferenz über die Zukunft Europas leisten, wobei unser Ziel ist, dass die Stimme der europäischen Bürger bei der Gestaltung des künftigen Wegs unserer Union noch stärker Gehör findet.

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