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10 Jahre Istanbul-Konvention: Errungenschaften und anstehende Herausforderungen

Geschlechtergleichstellung und die Istanbul-Konvention

Geschlechtergleichstellung und die Istanbul-Konvention, © BMFSFJ

11.05.2021 - Artikel

Ein Schwerpunkt des deutschen Vorsitzes im Ministerkomitee des Europarats vom November 2020 bis Mai 2021 ist die „Stärke des Rechts“. In die Zeit des deutschen Vorsitzes fällt dabei das zehnjährige Jubiläum der Zeichnungslegung der ‚Istanbul-Konvention‘.

Das ‚Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt‘, bekannt als ‚Istanbul-Konvention‘ wurde am 11. Mai 2011 während des türkischen Europarats-Vorsitzes in Istanbul zur Zeichnung aufgelegt und trat am 1. August 2014 in Kraft. Die Konvention verpflichtet die Vertragsstaaten zur Prävention und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt.

10 Jahre Istanbul-Konvention: Umsetzung und  Überwachung
10 Jahre Istanbul-Konvention: Umsetzung und Überwachung© BMFSFJ

Dazu gehört, die Öffentlichkeit thematisch zu sensibilisieren, Hilfsangebote für Frauen zu unterbreiten sowie Täter besser strafrechtlich zu verfolgen. Der Gewaltbegriff umfasst dabei - neben körperlicher und sexueller Gewalt - auch psychische Gewalt, Stalking sowie sexuelle Belästigung. Zudem sind Zwangsheirat, Zwangsabtreibungen, Zwangssterilisierungen und Genitalverstümmelung unter Strafe zu stellen. Die Umsetzung der sich aus dem Übereinkommen ergebenden Verpflichtungen überwacht ein unabhängiges Expertengremium, abgekürzt: GREVIO, mit insgesamt 15 Mitgliedern, darunter auch einer deutschen Expertin.

Die Istanbul-Konvention umfasst zahlreiche Instrumente, um Frauen und Mädchen wirksam vor allen Formen von Gewalt zu schützen. Dennoch hat die COVID-19-Pandemie eine nachweisbare Zunahme von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt offenbart, auch in mehreren Vertragsstaaten Europas. Anlässlich des 72. Jahrestags der Gründung des Europarats am 5. Mai betonte Außenminister Heiko Maas als Vorsitzender des Ministerkomitees in einer Erklärung, gemeinsam mit der Generalsekretärin Marija Pejčinović Burić :

In Krisenzeiten sind es häufig die Schwächsten, die leiden. Bedauerlicherweise hat die Pandemie die Lage von Opfern häuslicher Gewalt noch verschlechtert. Wir halten an der Istanbul-Konvention als Instrument zum Schutz von Frauen und Kindern fest. Wir rufen die Mitgliedstaaten eindringlich dazu auf, sich für diejenigen einzusetzen, die so oft benachteiligt und vernachlässigt werden.

Von den 47 Mitgliedstaaten des Europarats sind derzeit 34 Länder Vertragsstaaten der Istanbul-Konvention, darunter auch Deutschland. Elf Länder des Europarats haben die Konvention unterzeichnet aber (noch) nicht ratifiziert, darunter die EU-Mitgliedstaaten Lettland, Litauen, Tschechien, Slowakei, Ungarn und Bulgarien. Russland und Aserbaidschan haben die Konvention weder unterzeichnet noch ratifiziert, die Türkei am 22. März 2021 die Konvention mit Wirkung zum 1. Juli gekündigt. In Polen hat die dortige Regierung das Verfassungsgericht um eine Prüfung der Vereinbarkeit der Konvention mit der polnischen Verfassung gebeten, aber keine Kündigung angekündigt. Nicht zuletzt hat auch die Europäische Union als Ganzes die Istanbul-Konvention unterzeichnet aber noch nicht ratifiziert: Auf Antrag des Europäischen Parlaments erarbeitet derzeit der Europäische Gerichtshof ein Gutachten hinsichtlich der Rechtsgrundlage für eine Ratifikation, auch im Hinblick auf einen einstimmigen Beitrittsbeschluss des Rates.

Trotz aller Herausforderungen konnte in den vergangenen Jahren inhaltlich einiges erreicht werden - in der Ansprache von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, in der Stärkung von Geschlechtergerechtigkeit sowie in der Bekämpfung von Sexismus. Um diese wichtigen Errungenschaften zehn Jahre nach Unterzeichnung der Istanbul-Konvention herauszuarbeiten und zugleich aktuelle und künftige Herausforderungen zu benennen und zu analysieren findet am 11. Mai eine hochrangige Konferenz statt, unter Federführung des BMFSFJ und des Europarats mit einem Abschlussstatement von Staatsminister Michael Roth.

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