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Warum ist das Nordirland-Protokoll so wichtig?

Hafen in Larne / Nordirland, © PA Wire / picture alliance
Das Nordirland-Protokoll regelt den Warenverkehr in der Irischen See und verhindert eine „harte Grenze“ auf der irischen Insel. Damit wird das für den Frieden wichtige Belfast-/Karfreitagsabkommen bewahrt. Eine neue britische Gesetzesinitiative zielt darauf ab, das Protokoll einseitig auszusetzen.
Am Montag (13.06.) hat die britische Regierung einen Gesetzentwurf ins britische Parlament eingebracht, der einseitige Maßnahmen vorsieht. Damit würden weite Teile des zwischen der Europäischen Union (EU) und dem Vereinigten Königreich gemeinsam vereinbarten Nordirland-Protokolls außer Kraft gesetzt.
Zu diesem Schritt der britischen Regierung äußerte sich gestern (13.06.) Außenministerin Annalena Baerbock:
Mit dem heute vorgelegten Gesetzesentwurf zum Nordirland-Protokoll bricht London einseitig Vereinbarungen. Und zwar aus durchschaubaren, eigenen Motiven. Das können wir in der EU nicht akzeptieren. Wir werden geschlossen auf diesen Vertrauensbruch reagieren.
Gemeinsam mit der Europäischen Kommission werden die EU-Mitgliedsstaaten nun die Reaktion der EU vorbereiten. Das Ziel der EU bleibt weiterhin eine einvernehmliche Einigung. Die von der britischen Regierung nun verfolgten, einseitigen Maßnahmen lehnt die EU geschlossen ab.

EU-Vorschläge zur praktikablen Umsetzung des Protokolls liegen seit Monaten auf dem Tisch
In den vergangenen Monaten hatte es immer wieder Gespräche zwischen der EU-Kommission und der britischen Seite gegeben. Im Oktober 2021 hatte die EU-Kommission umfangreiche und praktikable Vorschläge gemacht, wie das Nordirland-Protokoll flexibel umgesetzt werden kann, um bestehende praktische Schwierigkeiten im Warenverkehr zwischen der britischen Insel und Nordirland zu beseitigen.
Außenministerin Baerbock erklärte dazu gestern (13.06.):
Wir als EU haben konkrete Lösungsvorschläge auf den Tisch gelegt. Dabei fest im Blick: Die Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen, die tagtäglich vom EU-Binnenmarkt profitieren. Und den Erhalt des Karfreitagsabkommens. Frieden und Wohlstand auf der irischen Insel sind kein Spielball.
Wie geht es jetzt weiter?
Wann der Gesetzentwurf das britische Parlament passieren und in Kraft treten könnte, ist derzeit offen – es stehen u.a. noch die Beratungen im britischen Ober- und Unterhaus aus.
Der für die EU-UK Beziehungen zuständige Vizepräsident der EU-Kommission Maroš Šefčovič hat bereits angekündigt, dass die EU rechtliche Schritte gegen London einleiten wird. In einem ersten Schritt wird ein im März 2021 eingeleitetes und derzeit pausiertes Vertragsverletzungsverfahren gegen das Vereinigte Königreich nun weitergeführt. Weitere mutmaßliche Verstöße der britischen Regierung gegen das Nordirland-Protokoll sind Gegenstand zwei neuer Vertragsverletzungsverfahren. Vizepräsident Šefčovič unterstrich erneut, dass die Einhaltung des Nordirland-Protokolls eine Grundlage für die Handelsbeziehungen und die Kooperation in vielen Bereichen zwischen der EU und dem Vereinigten Königsreich ist. Beide Seiten hatten dies im Handels- und Kooperationsabkommen geregelt, das im Mai 2021 in Kraft getreten ist. Sollte der Gesetzentwurf angenommen werden, behält sich die EU daher weitere Schritte vor.
Das Nordirland-Protokoll als Stabilitätsfaktor für die irische Insel
Das Nordirland-Protokoll des Austrittsabkommens ist ein wesentlicher Bestandteil der vertraglichen Vereinbarung, die die EU und das Vereinigte Königreich im Februar 2020 geschlossen hatten, um den „Brexit“, also den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU, zu vollziehen. Mit dem Nordirland-Protokoll ist es damals nach langwierigen und schwierigen Verhandlungen gelungen, gemeinsam eine Vereinbarung zu finden, um dem Wunsch des Vereinigten Königreichs nach einem Austritt aus EU-Binnenmarkt und Zollunion zu entsprechen und den Schutz des EU-Binnenmarktes zu garantieren. Und zwar ohne dabei eine „harte“ Grenze zwischen Nordirland und dem EU Mitglied Irland zu errichten. Die offene Grenze zwischen Nordirland und Irland war ein wichtiger Erfolgsfaktor bei der Beendigung des Nordirlandkonflikts durch das Belfast-/Karfreitagsabkommen von 1998.
Zu diesem Zweck sieht das Nordirland-Protokoll vor, dass Nordirland einen Sonderstatus erhält und im EU-Binnenmarkt für Güter bleibt. Waren, die aus Großbritannien nach Nordirland eingeführt werden, müssen vor Einfuhr nach Nordirland gemäß EU-Standards kontrolliert werden.