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Polen-Koordinator Woidke: „Wir brauchen ein lernendes Gedenken, um unsere gemeinsame Zukunft zu gestalten“ – Konferenz zum 80. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen
Der Koordinator für die deutsch-polnische zwischengesellschaftliche und grenznahe Zusammenarbeit, Dietmar Woidke, setzt sich dafür ein, den Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen am 1. September künftig deutlich stärker ins öffentliche Bewusstsein der Bundesrepublik zu rücken. „Wir sollten diesen wichtigen Gedenktag jedes Jahr gemeinsam mit Polen begehen,“ sagte Brandenburgs Ministerpräsident heute in Berlin auf der Tagung „80 Jahre danach. Der deutsche Überfall auf Polen und der Beginn des Zweiten Weltkriegs in deutsch-polnischer und internationaler Perspektive“. An der Tagung nahm auch die stellvertretende Ministerin für Kultur und nationales Erbe der Republik Polen, Magdalena Gawin, teil,
Ich empfinde Wut und Scham über die beispiellose Gewalt, die das nationalsozialistische Deutschland in diesem Vernichtungskrieg über das friedliche Polen und später andere Völker Europas gebracht haben. Millionen Männer, Frauen und Kinder wurden ermordet, Städte zerstört, Menschen aus ganzen Landstrichen vertrieben. Der 1. September 1939 war ein Tag, der die Welt veränderte.
Woidke bekräftigte seine Unterstützung für die Idee eines nationalen Gedenk- und Bildungsortes für die Erinnerung an die Gräuel, die Deutsche den Polen antaten. „Es geht mir um ein lernendes Gedenken. Wie dieser Ort genau aussieht und welches Wissen wie vermittelt wird, ist Gegenstand einer aktuellen gesellschaftlichen Debatte, die ich für extrem wichtig halte. Es sollte ein Ort für Deutsche und für Polen sein - ein Ort, der ein differenziertes Bewusstsein schafft.“
Die Erinnerungskultur muss weiterleben. Es darf keine 180-Grad-Wende in der Geschichtsschreibung geben, wie sie manche Reaktionäre fordern. Die Verbrechen, die im Namen Deutschlands in ganz Europa begangenen wurden, waren kein Fliegen- und Vogelschiss. Wer das sagt, versündigt sich an den Opfern und an der Geschichte. Wer das sagt, sollte keine Verantwortung tragen in der deutschen Politik.
Aus seiner Sicht muss dieses lernende Gedenken weiter getragen werden von Generation zu Generation: „Die Zukunft sind die jungen Menschen, die unbelastet auf die Geschichte blicken und noch, aber nicht mehr lange, mit Zeitzeugen ins Gespräch kommen können. Daher brauchen wir auch und gerade mit Polen den Jugendaustausch, den wir konsequent fördern müssen. Brandenburg ist hier seit Jahren aktiv. Ich setze mich für eine stetige Mittelerhöhung des Bundes für das Deutsch-Polnische Jugendwerk (DPJW) ein. Unser langfristiges Ziel sollte sein, dass das gemeinsame Jugendwerk mit Polen von deutscher Seite genauso gut ausgestattet wird wie das Deutsch-Französische Jugendwerk.
Als weiteren Baustein aktiver gemeinsamer Arbeit für eine gute Zukunft Deutsch-lands und Polens vor dem Hintergrund der schwierigen Vergangenheit nannte Woidke das Deutsch-Polnische Geschichtsbuch, dessen dritter Band im November erscheint.
Das ist ein großartiges Projekt, das unseren Blick auf Europa erweitert. Es ist das Ergebnis engster Zusammenarbeit zwischen deutschen und polnischen Historikerinnen und Historikern, Lehrerinnen und Lehrern.
Woidke und Gawin sprachen auf der von der Brandenburgischen Gedenkstättenstiftung, dem Institut für Zeitgeschichte München-Berlin und dem Auswärtigen Amt ausgerichteten Tagung in der Vertretung des Landes Brandenburg beim Bund in Berlin. Die Tagung analysierte verschiedene Perspektiven auf den Kriegs-ausbruch und unterschiedliche Dimensionen des Vernichtungskrieges. Dabei standen die verfolgten und ermordeten Polen im Mittelpunkt. Diskutiert wurden zudem die globale Dimension und die internationalen Reaktionen auf den Kriegsbeginn sowie neue Forschungsergebnisse zur Kriegsvorbereitung und zu den bis heute deutlich spürbaren, verheerenden Wirkungen des Vernichtungsfeldzuges.