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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­­­­­pressekonferenz vom 15.04.2024

15.04.2024 - Artikel

Reise der Bundesaußenministerin zum Treffen der G7-Außenministerinnen und ‑Außenminister nach Capri

Wagner (AA)

Ich habe Ihnen eine Reiseankündigung für die Außenministerin mitgebracht. Außenministerin Baerbock wird ab Mittwochabend ‑ das ist der 17. April ‑ am Treffen der G7-Außenministerinnen und ‑Außenminister unter dem Vorsitz Italiens in Capri teilnehmen. Wie bei diesen Treffen üblich, wird es dort über die drei Tage verschiedene Arbeitssitzungen geben. Themen werden im Schwerpunkt natürlich ‑ Sie können es sich vorstellen ‑ die Lage im Nahen und Mittleren Osten sein, aber auch der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, regionale Fragen im Indopazifik sowie globale Partnerschaften. Wie schon unter unserem Vorsitz 2022 und dem japanischen Vorsitz im letzten Jahr spielen die G7 eine sehr wichtige Rolle mit Blick auf die Unterstützung der Ukraine. Sie sind da ein entscheidender Abstimmungsmechanismus. Insofern wird dieses Thema auch in Capri eine wichtige Rolle spielen.

Einen besonderen weiteren Schwerpunkt setzt die italienische Präsidentschaft auf die Zusammenarbeit mit den Ländern Afrikas und der Afrikanischen Union. Es wird unter anderem um die Sicherheit in der Sahelzone und die Zusammenarbeit mit Afrika gehen. Vertreter der Afrikanischen Union und Mauretaniens, die den AU-Vorsitz im Moment innehaben, sind auch eingeladen.

So weit von dieser Stelle.

Frage

Herr Wagner, wird der israelische Außenminister zugegen bzw. zugeschaltet sein?

Wagner (AA)

Dazu liegen mir zum jetzigen Zeitpunkt keine Informationen vor.

Nahostkonflikt

Frage

(zum Nahostkonflikt) Herr Wagner, der britische Außenminister hat Israel aufgerufen, keine Vergeltung gegen Iran auszuüben. Wie ist die deutsche Position dazu?

Ein Mitglied des israelischen Kriegskabinetts, Benny Gantz, hat auf ein Gespräch mit der Bundesaußenministerin zur Errichtung einer globalen Front gegen Iran hingewiesen. Können Sie das bestätigen?

Hoffmann (BReg)

Lassen Sie mich zunächst einmal zu der ersten Frage nach der deutschen Position bzw. der Position der Bundesregierung auf die jüngste Äußerung des Bundeskanzlers in Schanghai verweisen. Er hat dabei auf die große Leistung der israelischen Armee, der israelischen Luftstreitkräfte verwiesen, die sie in der Nacht vom Samstag zum Sonntag bei der Abwehr des iranischen Angriffs vollbracht haben. Er hat damit auch seinen Ratschlag verbunden, zur Deeskalation beizutragen.

So viel erst einmal dazu.

Wagner (AA)

Dem kann ich jetzt nicht mehr hinzufügen. Sie haben ja gesehen, dass sich sowohl der Bundeskanzler heute und gestern als auch die Außenministerin gestern nach der Sitzung des Krisenstabs der Bundesregierung eingelassen und unsere Position dargelegt haben. Ich kann gern wiederholen, dass wir diesen Angriff Irans auf Israel verurteilen. Das war ein schwerwiegender Angriff, der durch nichts zu rechtfertigen ist. Israel gilt die volle Solidarität Deutschlands. Die Außenministerin hat das gestern ihrem Amtskollegen, dem israelischen Außenminister Katz, aber auch Minister Gantz übermittelt, mit dem sie telefoniert hat; das kann ich bestätigen. Sie hat das auch dem Verteidigungsminister Galant persönlich versichert.

Zusatzfrage

Der deutsche Botschafter in Teheran wurde ja ins Außenministerium einbestellt. Gibt es ähnliche Pläne für den iranischen Botschafter in Deutschland?

Wagner (AA)

Unser Botschafter im Iran wurde zu einem Briefing mit Vertreterinnen und Vertretern anderer westlicher Staaten in das iranische Außenministerium gebeten. In der Tat gab es da am Rande auch ein bilaterales Gespräch vor Ort. Ich habe jetzt keine Informationen zu Ihrer spezifischen Frage. Ich kann mich dazu aber noch schlaumachen und das vielleicht nachreichen.

Ansonsten kann ich Ihnen sagen, dass die deutsche Außenministerin gestern Abend direkt mit dem iranischen Außenminister telefoniert hat. Sie hatte bereits am Donnerstag telefonischen Kontakt mit ihm und dort noch einmal unsere Haltung zu diesem Angriff persönlich dargelegt.

Frage

Herr Wagner, der Iran bezeichnet den Angriff auf Israel als Vergeltung. Vergeltungsschläge sind völkerrechtlich illegal; das ist klar. Können Sie uns mal daran erinnern, was die deutsche Reaktion auf den Angriff Israels auf das iranische Konsulat in Syrien am 1. April war?

Wagner (AA)

Vielleicht zur Einordnung ‑ das haben wir auch sehr deutlich gesagt ‑: Man kann bei 300 Drohnen, ballistischen Raketen und Marschflugkörpern bei Weitem nicht von einem kalibrierten oder zurückhaltenden Vorgehen sprechen. Das war ein direkter, gewaltsamer und umfangreicher militärischer Angriff auf ein anderes Land. Das ist ganz klar völkerrechtswidrig und auch durch nichts zu rechtfertigen.

Man muss klar unterstreichen ‑ das hat die stellvertretende Regierungssprecherin eben auch getan ‑: Es ist nur dem fortgeschrittenen Luftverteidigungssystem Israels und seinen starken Partnern ‑ sowohl international als auch in der Region ‑ zu verdanken, dass in Israel nicht schlimmerer Schaden entstanden ist.

Wir wirken jetzt auf alle Seiten ein, weil es in den diplomatischen Bemühungen, die es im Moment gibt, vor allen Dingen darum geht, eine weitere regionale Eskalation zu verhindern.

Sie haben mich zu einem Vorfall gefragt, zu dem wir uns hier schon eingelassen haben; wenn ich es recht erinnere, in der letzten Woche. Wir haben zu dem konkreten Fall keine weiteren Hinweise, die ich Ihnen mitteilen kann. Ich kann aber Folgendes zur Einordnung sagen: Egal, wer hinter dem Schlag in Damaskus steckt oder was der Hintergrund dafür war, ist es natürlich schon so, dass sich die Region in einer schwierigen und riskanten Lage befindet. Das hat eine sicherlich angespannte Situation noch einmal verschärft.

Zusatzfrage

Aber ich verstehe Sie richtig, dass Sie gar nicht anerkennen, dass die Israelis dieses Konsulat angegriffen haben? Das RDF hat ja bestätigt, dass dort ein Gebäude ‑ sie haben es nur nicht als diplomatisches Gebäude bezeichnet ‑ angegriffen wurde.

Wagner (AA)

Ich spreche nicht für die israelische Regierung, sondern ich spreche für das deutsche Außenministerium. Ich kann das nicht bestätigen. Ich habe dazu nichts, was ich Ihnen hier öffentlich darbieten kann. Aber ich möchte noch einmal unterstreichen: Nichts rechtfertigt den Angriff Irans von diesem Wochenende.

Zusatz

Das habe ich ja nicht gesagt.

Wagner (AA)

Das habe ich Ihnen auch nicht vorgeworfen. Ich wollte das nur klarstellen, weil das unsere Haltung ist.

Frage

Nach dem Angriff des Irans werden Forderungen wieder laut, das Islamische Zentrum in Hamburg zu verbieten. Dazu wüsste ich gern vom BMI bzw. vom BMJ, wie das Auswertungsverfahren nach der Razzia läuft und wie der aktuelle Stand ist.

Dr. Kock (BMI)

Sie haben die Razzien oder Durchsuchungsmaßnahmen, wie wir das nennen, angesprochen. Es gab umfassende Durchsuchungsmaßnahmen. Die Auswertung der beschlagnahmten Beweismittel läuft derzeit noch. Ich kann Ihnen versichern: Das ist ein rechtsstaatliches Verfahren. Das heißt, das läuft nach ganz bestimmten klaren Regularien ab und wird sehr intensiv geführt.

Zusatzfrage

Gibt es da eine zeitliche Schiene? Wann soll das zum Abschluss kommen?

Dr. Kock (BMI)

Ich kann Ihnen zu einer zeitlichen Schiene oder einer zeitlichen Perspektive von dieser Stelle nichts sagen. Wie Sie wissen, äußern wir uns üblicherweise überhaupt nicht zu derartigen Aspekten.

Frage

Zurück zu der Attacke auf die Botschaft in Damaskus: Auch das Pentagon hat genau einen Tag nach dem Angriff bestätigt, dass es sich dabei um eine israelische Attacke handelte. Vertraut die Bundesregierung der Information ihres Partners, den USA, nicht?

Wagner (AA)

Ich glaube, man muss da unterscheiden: Sie fragen mich hier, ob die Bundesregierung diesen Angriff attribuieren kann. Ich sage Ihnen, dass ich an dieser Stelle dazu nichts mitzuteilen habe.

Zusatzfrage

Das heißt, Sie bestehen immer noch darauf, dass Sie weder wissen wollen, wer diesen Angriff getätigt hat, noch, um welches Gebäude es sich dabei handelte?

Wagner (AA)

Ich kann Ihnen von dieser Stelle dazu nichts mitteilen. Das bedeutet nicht, dass wir nicht über Informationen verfügen. Das wäre jetzt aber Spekulation. Ich kann hier nur das sagen, was ich Ihnen öffentlich mitteilen kann. Ich kann Ihnen dazu öffentlich nichts mitteilen.

Frage

Auch meine Frage richtet sich an das BMI bezüglich der Sicherheitslage hierzulande. Nach dem Angriff und der Attacke der Hamas auf Israel hat sich die Sicherheitslage hier bedeutend verändert. Vor allem jüdische und israelische Einrichtungen wurden massiv attackiert und bedroht. Sehen Sie seit dem Wochenende erneut eine Verschärfung? Ist geplant, dass der Schutz israelischer oder jüdischer Einrichtungen noch einmal verstärkt oder hochgefahren wird?

Dr. Kock (BMI)

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat sich dazu geäußert. Ich kann gerne vortragen, wie sie sich geäußert hat:

„Der beispiellose und brandgefährliche Angriff des iranischen Regimes auf den Staat Israel ist durch nichts zu rechtfertigen. Wir beobachten sehr genau, ob diese Eskalation Auswirkungen auf die Sicherheitslage in Deutschland hat. Der Schutz von israelischen und jüdischen Einrichtungen in Deutschland hat höchste Priorität. Seit den Terrorangriffen der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ist die Bedrohung Israels und die Bedrohung von Jüdinnen und Juden noch viel deutlicher geworden als zuvor. Deshalb wurden auch die Schutzmaßnahmen noch weiter hochgefahren. Die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern stehen in engem Austausch, um die Bedrohungslage laufend zu bewerten und notwendige Maßnahmen zu ergreifen. Mit unseren internationalen Partnern tauschen wir uns ebenfalls eng aus. Ich danke den Polizeien der Länder für ihren starken Einsatz zum Schutz jüdischer und israelischer Einrichtungen.“

Zu Ihren Fragen: Die Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern beobachten die Lage im Nahen Osten sehr aufmerksam, dementsprechend auch mögliche Auswirkungen auf die Sicherheitslage in Deutschland, für die wir ja gemeinsam mit den Ländern zuständig sind. Die Sicherheitsbehörden gehen jedem Hinweis mit höchster Priorität nach. Ich kann auch sagen, dass konkrete Hinweise auf unmittelbare Bedrohungen zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorliegen.

Grundsätzlich können wir konstatieren, dass die Gefährdungslage in Deutschland eng mit der Entwicklung der Situation im Nahen Osten verknüpft ist. Das Bundeskriminalamt arbeitet eng mit anderen Sicherheitsbehörden zusammen ‑ national und international ‑, um auf aktuelle Lageveränderungen angemessen reagieren zu können.

Wie Sie schon angesprochen haben, haben unterschiedliche Akteure auch in Deutschland die Terroranschläge der Hamas gegen Israel zum Anlass genommen, zu Hass und Gewalt gegen Jüdinnen und Juden oder den Staat Israel aufzurufen oder auch sein Existenzrecht zu verneinen. Die Bedrohung jüdischer und israelischer Einrichtungen ist leider nicht neu. Dies gilt auch insofern, als das iranische Regime schon vor dem Angriff auf Israel Angriffe auf israelische Botschaften und andere Einrichtungen angedroht hatte. Insofern sind die Behörden von Bund und Ländern schon länger gut vorbereitet und haben alle derzeit möglichen und erforderlichen Maßnahmen ergriffen.

Wie es die Ministerin auch angesprochen hat, liegt der Schutz der Einrichtungen nach der föderalen Zuständigkeitsverteilung zuvorderst bei den Ländern. Die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern ‑ das habe ich jetzt schon mehrfach gesagt ‑ arbeiten hier sehr eng und vertrauensvoll zusammen. Gleiches gilt für die Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern.

Zusatzfrage

Über die genaue Beobachtung der Lage und die enge Koordination zwischen Bund und Ländern hinaus, wie fällt denn diese Beobachtung jetzt aus? Gibt es seit dem Wochenende eine verschärfte Bedrohungslage, oder rechnen Sie damit, dass sich durch den Schlag Irans die Lage verschärfen könnte?

Dr. Kock (BMI)

Ich habe gerade ausgeführt, dass die Lage im Nahen Osten auch Auswirkungen auf die Sicherheitslage in Deutschland hat und haben kann und dass wir das genau beobachten. Ich habe auch gesagt, dass uns konkrete Hinweise auf unmittelbare Bedrohungen zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorliegen.

Frage

Ich habe eine Frage an Frau Hoffmann, vielleicht auch an Herrn Wagner. Die Sicherheit Israels ist ja deutsche Staatsräson; das wird allenthalben immer wieder betont. Die israelischen Streitkräfte konnten diesen Angriff weitestgehend zurückschlagen, auch mit der Hilfe der Alliierten oder ihrer Verbündeten, die dort mit umfangreichen Luftstreitkräften im Einsatz sind. Jetzt ist die Forderung aus der Union publik geworden, dass sich auch Deutschland mit Eurofightern daran beteiligen könnte, für die Sicherheit des israelischen Luftraums zu sorgen. Wie stehen Sie zu einer solchen Forderung? Wäre das vor dem Hintergrund des immer wieder plakativen Hochhaltens des Begriffs der Staatsräson eine Möglichkeit, auch einmal aktiv etwas beizutragen?

Hoffmann (BReg)

Wie Sie schon sagen, ist die Sicherheit Israels deutsche Staatsräson. Das ist auch die Position des Bundeskanzlers; das hat er immer wieder betont. Das bedeutet in diesem Fall des Angriffs von Iran gegen Israel, dass wir diesen Angriff zunächst einmal sehr scharf verurteilen. Das hat der Bundeskanzler getan. Das haben auch die Außenministerin und andere getan. Das bedeutet, dass wir uns solidarisch an die Seite von Israel stellen und Israel unterstützen. Was das jeweils konkret heißt, wie das ausgestaltet wird, darüber wird immer konkret im Einzelfall entschieden.

Zusatzfrage

Das war jetzt die Floskel, die bei so einer Gelegenheit immer verwendet wird. Halten Sie die Idee aus der Union erst einmal für abwegig?

Hoffmann (BReg)

Ich glaube, dass es gerade in diesen Tagen keine Floskel ist, von der Staatsräson zu sprechen. Gerade in den vergangenen Monaten ist sehr deutlich geworden, wie stark die Bundesregierung und dieses Land Israel unterstützen. Das ist so gewesen, und das wird auch weiterhin so sein.

Frage

Herr Wagner, die Außenministerin hat weitere Sanktionen gegen den Iran gefordert. Können Sie sagen, an welche Sanktionen sie da konkret gedacht hat?

Frau Hoffmann, parallel dazu: Wird sich der Bundeskanzler beim nächsten EU-Treffen für eine Verschärfung der Sanktionen einsetzen?

Wagner (AA)

Ich fange vielleicht mal an. - Wir sind jetzt in engster Abstimmung mit unseren Partnern. Ich habe vorhin schon das Treffen der G7-Außenministerinnen und ‑Außenminister angekündigt. Morgen wird sich ein EU-Sonderaußenrat zusammenschalten. Wir sind auch schon am Wochenende mit unseren Partnern in Kontakt gewesen, um zu schauen, was die Folgen dieses Angriffs des Irans auf Israel sind. Unsere diplomatischen Bemühungen, die schon am Wochenende sehr intensiv waren, sind, sich dafür einzusetzen, dass es jetzt nicht zu einer weiteren Eskalation in der Region kommt. Das ist zum einen ein Appell an den Iran ‑ ich habe schon gesagt, dass wir auch direkte Gespräche dazu führen ‑, weitere Gewalt zu unterlassen. Das richtet sich auch an die Proxies Irans in der Region. Zum anderen ist das auch Gegenstand unserer Gespräche mit der israelischen Regierung.

In Bezug auf Sanktionen wissen Sie ja, dass sich die Bundesregierung in den letzten Monaten, wenn nicht sogar Jahren, sehr intensiv in Brüssel dafür eingesetzt hat, immer wieder auf die destabilisierende Rolle Irans in der Region und sein Verhalten zu reagieren. Der Iran ist schon heute eines der meistsanktionierten Länder mit umfangreichen Regimen, die scharfgeschaltet sind.

Sie haben jetzt auf eine Äußerung angespielt, die die Außenministerin gestern in einer Fernsehsendung getätigt hat. Dabei geht es um das sogenannte Anti-Drohnen-Sanktionsregime, das es mit Blick auf Russland gibt. Wir setzen uns im Rahmen der EU schon seit einiger Zeit dafür ein, dass dies auch auf die Region Nahost ausgeweitet wird, auch auf Raketentechnologie. Ich glaube, gerade der Angriff des Irans hat noch einmal gezeigt, wie dringlich es ist, genau in diesem Feld aktiv zu werden. Dazu laufen jetzt die Gespräche in Brüssel.

Hoffmann (BReg)

Ich kann mich dem im Grunde nur anschließen. Wir haben bereits ein sehr weitreichendes Sanktionsregime. Ob und gegebenenfalls in welcher Form die Sanktionen jetzt noch einmal verschärft werden, werden wir mit unseren EU-Partnern beraten. Wenn, dann erfolgt das immer im europäischen Rahmen. Wir werden das beraten.

Frage

Herr Wagner, der Angriff Irans konnte unter anderem deswegen so erfolgreich zurückgeschlagen werden, weil über „back channels“ ‑ mindestens die USA, vielleicht auch andere westliche Staaten ‑ über den bevorstehenden Angriff des Irans informiert wurde. Wann sind welche Informationen über den bevorstehenden Angriff in Berlin angekommen?

Wagner (AA)

Vielleicht einmal grundsätzlich: Weil ich Ihrer Frage entnehme, das hätte abgewendet werden können, möchte ich noch einmal unterstreichen, dass das ein Angriff von einem Ausmaß und einer Dimension war, der nur dadurch abgewendet wurde, weil die israelische Luftverteidigung so stark ist, wie sie ist ‑ sie hat eindrucksvoll gezeigt, dass sie Israel sehr eindrücklich schützen kann ‑, und weil Israel starke Partner in der Region hat, die diesen Angriff an der Seite Israels mit abgewehrt haben. Das war aber mitnichten ein zurückhaltender oder kalibrierter Angriff. Das wollte ich noch klarstellen.

Zu Ihrer konkreten Frage: Ich kann hier natürlich nicht über interne oder gar geheimdienstliche Informationen unterrichten; das sehen Sie mir nach. Ich habe jetzt keine Erkenntnisse, die ich hier mit Ihnen teilen kann.

Zusatzfrage

In der Frage steckte nicht das drin, was Sie vermuten, nämlich dass ich davon ausgehe, der Angriff hätte verhindert werden können; überhaupt nicht. Aber die Abwehr eines Angriffs, über den man vorab informiert wird, fällt natürlich leichter, als wenn ein Angriff kommt, über den man nicht vorab informiert wird. Das ist eine Sache der Logik.

Können Sie etwas dazu sagen ‑ vielleicht auch Herr Collatz ‑, welche Rolle deutsche Militärtechnologie oder personelle Ressourcen bei der Abwehr der vielfältigen Raketen-, Drohnen-, Marschflugkörperangriffe gespielt haben?

Collatz (BMVg)

Ich habe dazu keinen Beitrag.

Wagner (AA)

Wenn es um Militär geht, begebe ich mich vertrauensvoll in die Hände von Arne Collatz.

Zusatzfrage

Weil es sie nicht gibt, oder weil Sie es nicht sagen dürfen?

Wagner (AA)

Jetzt implizieren wir ja nicht. Wir teilen hier Erkenntnisse und Informationen, die wir mit Ihnen teilen können. Was wir dazu sagen können, haben wir gesagt.

Frage

Ich möchte im Nachgang zu der Frage des Kollegen eine Frage an das Verteidigungsministerium stellen, was die Solidarität mit Israel beinhalten könnte für den Fall, dass es nicht gelingt zu deeskalieren. Wäre die Bundeswehr, wäre Deutschland überhaupt bereit, zusätzlich in irgendeiner Weise militärisch oder durch Waffenlieferungen zu helfen, angesichts dessen, was für die Ukraine getan worden ist und dass es immer wieder heißt, dass die Lücken in der Bundeswehr dadurch noch größer geworden sind?

Collatz (BMVg)

Bezüglich Waffenlieferungen ist mir derzeit kein Diskussionsgegenstand bekannt. Das richtet sich auch immer nach Bedarfen. Da habe ich aktuell keinen Anlass gesehen, hier etwas bekannt zu geben. Ich wüsste auch nicht, was da nachgefragt werden sollte.

Was eine andere Art von Unterstützung, vielleicht militärischen Beistand oder Ähnliches, angeht ‑ das haben wir eben schon andiskutiert ‑: So etwas wäre sicherlich zunächst in der Regierung und dann mit dem Parlament abzustimmen, weil das immer mandatierungspflichtig wäre.

Frage

Herr Collatz, nur für das Protokoll noch die Frage: War die Bundeswehr in irgendeiner Art und Weise an der Abwehr der iranischen Angriffe beteiligt?

Collatz (BMVg)

Da gab es keine aktive Beteiligung, von der ich hier sprechen kann.

Zusatzfrage

Frau Hoffmann, gab es im Vorfeld irgendeine Anfrage an die Bundesregierung, im Fall der Fälle bereitzustehen?

Hoffmann (BReg)

Dazu kann ich nichts sagen, tut mir leid.

[…]

Frage

Hat das Kanzleramt oder das Außenministerium versucht, vor dem Angriff mit Teheran über “back channels” usw. zu sprechen, um die Iraner von dem Angriff abzuhalten?

Wagner (AA)

Es ist eine öffentliche Information, dass die Außenministerin am Donnerstag mit dem iranischen Außenminister ausführlich telefoniert hat.

Zusatzfrage

Dazu?

Wagner (AA)

Ja, natürlich.

Zusatz

Also waren Sie informiert.

Wagner (AA)

Sie wussten ja selbst, wie angespannt die Lage in der Region ist. Wir kennen auch die iranische Rhetorik. Insofern gab es vorab viele Kontakt, um auf eine Deeskalation in der Region hinzuwirken. Das ist auch im Kontext der Proxies Irans zu sehen ‑ Hisbollah, Huthi ‑, von denen auch kontinuierliche Angriffe auf Israel ausgehen.

Zusatz

Ich fragte nur, weil Sie beim Kollegen Jessen noch nicht durchblicken ließen, dass Sie vorab informiert waren.

Wagner (AA)

Der Kollege Jessen fragte mich nach geheimdienstlichen Erkenntnissen. Ich brauche nur in die Zeitungen der letzten Woche zu schauen, die ja ausführlich diskutiert haben, wie die Lage im Nahen und Mittleren Osten war und dass es dort eventuell zu Spannungen kommen könnte. Insofern brauchen wir dafür keine geheimdienstlichen Erkenntnisse.

Frage

Das Volumen der Rüstungsexportgenehmigungen nach Israel ist in diesem Quartal bzw., wenn man sich die Zahlen anschaut, bis zum 5. März im Vergleich zum Vorquartal sehr stark zurückgegangen. Da hat Deutschland Rüstungsexporte in Höhe von 300 Millionen Euro genehmigt. Bis zum 5. März waren es ungefähr 9,3 Millionen Euro. Kann das nicht so gewertet werden, dass Deutschland doch ein bisschen von der Seite Israels weicht?

Wagner (BMWK)

Ich kann gerne zwei Sätze dazu sagen, werde Sie aber enttäuschen, weil man aus den Genehmigungen der Rüstungsexporte keine Haltung ablesen kann. Das sind immer Einzelfallentscheidungen. Sie wissen, dass im Oktober Genehmigungen nach den Angriffen erfolgt sind, wie sie auch vorher schon erfolgt sind, dann natürlich mit etwas Beschleunigung, weil das Interesse Israels an der Selbstverteidigung ganz hoch gewertet wurde. Alle weiteren Genehmigungen erfolgen auf Antrag. Das ist das ganz normale Verfahren. Der Bundessicherheitsrat berät darüber unter Berücksichtigung aller Aspekte, die für die Entscheidung von Bedeutung sind. Das ist das ganz normale Verfahren. So wird mit jeder einzelnen Rüstungsentscheidung umgegangen.

Zusatzfrage

Können Sie uns Auskunft darüber geben, inwiefern in diesem Quartal weniger Anfragen für Rüstungsexporte gekommen sind, oder gab es die gleiche Menge an Anfragen für Rüstungsexporte, und hat man trotzdem weniger Rüstungsexporte genehmigt? Könnten Sie dazu etwas sagen?

Wagner (BMWK)

Ich kann Ihnen jetzt zu Zahlen, zu Anfragen, nichts mitteilen. Ausführliche Informationen zu den Rüstungsexporten geben wir regelmäßig in den Halbjahres- und Jahresberichten, in denen Sie noch mehr zu den Antrags- und Ablehnungszahlen finden. Quartalsweise berichten wir nicht darüber. Ich habe dazu keine weiteren Informationen.

Ganz grundsätzlich ist es so, dass Rüstungsexportentscheidungen oft auch über einen längeren Zeitraum gehen. Das sind in der Regel keine Anträge, die gestellt und schon am nächsten Tag bewilligt werden, sondern dem geht oft ein längerer Beschaffungsvorgang voraus. Selbst wenn man Zahlen monatsscharf hätte, ist auch das nicht aussagekräftig, weil das Verfahren dahinter oft sehr komplex und langwierig ist.

Frage

Herr Wagner, gehört zu den Informationen, die Sie mit uns teilen können, die Einschätzung der Rolle der arabischen Staaten im aktuellen Konflikt? Sind die in einer aus Ihrer Sicht eher deeskalierenden Funktion, oder wie würden Sie das bewerten?

Wagner (AA)

Vielleicht mal generell gesagt: Auch mit Blick auf den Konflikt in Gaza sind wir in sehr enger Abstimmung mit zahlreichen Staaten in der Region. Die spielen zum ganz überwiegenden Teil eine sehr konstruktive Rolle. Es besteht enger Kontakt. Auch die Ereignisse am Wochenende haben gezeigt, dass Iran mit seiner aggressiven Haltung und seinem destabilisierenden Vorgehen in der Region weitgehend isoliert ist. Es ist auch bekannt, dass neben den USA, Großbritannien und Frankreich auch einige arabische Staaten an den Abwehrmaßnahmen beteiligt waren.

Zusatzfrage

Der Konflikt ist ja jetzt noch nicht zu Ende, sondern der Ball liegt jetzt im Feld Israels. Man weiß nicht, wie es genau weitergeht. Welche Rolle wünschen Sie sich in der nahen Zukunft von den arabischen Staaten?

Wagner (AA)

Es liegt mir fern, hier jetzt Empfehlungen und Wünsche auszusprechen. Aber es ist doch ganz klar, dass wir uns eng mit den Staaten in der Region koordinieren, weil sie ja, und das hat das Vorgehen am Wochenende auch noch einmal gezeigt, ein Interesse daran haben, dass es Frieden und Stabilität in der Region gibt. Das haben einige dieser Staaten am Wochenende sehr eindrucksvoll gezeigt. Natürlich geht es darum, dass alle gemeinsam darauf hinwirken, dass wir zu einer Lösung des Nahostkonflikts kommen, und dabei spielen natürlich die arabischen Nachbarn Israels eine ganz besonders wichtige Rolle.

Frage

Ich habe eine Frage an Herrn Collatz. Herr Collatz, bei der Abwehr dieser iranischen Angriffe ist ja vor allem dieses System Iron Dome zum Einsatz gekommen. Hat das jetzt eigentlich irgendwelche Auswirkungen auf die Lieferung von Iron Dome nach Deutschland? Es gibt es ja einen Vertrag oder eine Absichtserklärung zwischen Deutschland und Israel bezüglich der Lieferung.

Collatz (BMVg)

Dabei handelt es sich um eine Lieferung des Arrow-3-Systems, nicht des Iron-Dome-Systems. Aber wir stehen natürlich in engem Austausch. Das sind Geräte, die die Israelis ja in Nutzung haben, während sich die Verträge natürlich auf Rüstungslieferungen beziehen, die angekündigt sind. Da habe ich keinerlei Perkussionen gehört, die darauf in irgendeiner Art und Weise Einfluss nehmen. Darüber kann ich aber nur tagesaktuell, heute, berichten, und das ist ja noch nicht so lange her. Ich will das nicht ausschließen, aber im Moment habe ich keine Anzeichen dafür wahrgenommen, die vermuten lassen, dass das in irgendeiner Art und Weise Einfluss auf die Vertragsgestaltung zur Lieferung des Arrow-3-Systems nimmt.

Zusatzfrage

Dann kann ich noch eine Frage nachschieben, und zwar gibt es wohl Schätzungen, dass diese Abwehrmaßnahmen den Staat Israel insgesamt rund eine Milliarde Euro gekostet hätten. Ist das eine Zahl, die Sie für realistisch halten?

Collatz (BMVg)

Da könnte ich nur spekulieren, und das will ich hier selten. Luftabwehr, Luftverteidigung, Flugabwehr sind teuer. Das muss man immer mit dem erwarteten Schaden abwägen, der entsteht, wenn man sie nicht einsetzt, und meistens fällt das dann zugunsten der Luftverteidigung aus, weil die Alternativkosten ungleich höher sind.

Frage

Herr Wagner, Frau Hoffmann hat gerade auch noch einmal betont, dass beide Seiten in diesem Konflikt deeskalieren sollen. Nun hat aber die israelische Regierung gesagt, dass es zu einem Gegenschlag kommen werde, und hat nur den Zeitpunkt und das Ausmaß nicht erwähnt. Was wird ein Angriff Israels auf Iran bedeuten, vor allem, wenn es bei dem Angriff dann auch Tote gibt?

Herr Collatz, „DER SPIEGEL“ meldet, dass zumindest ein deutsches Flugzeug am Betanken der französischen Kampfjets beteiligt war. Bestätigen Sie diesen Bericht?

Hoffmann (BReg)

Ich würde jetzt nicht darüber spekulieren wollen, welche Folgen was hätte, wenn es geschehen würde, sondern einfach noch einmal betonen, was Herr Wagner und auch ich hier ja schon gesagt haben, nämlich dass sich jetzt alle Bemühungen darauf richten, zu deeskalieren und alle Seiten dazu zu bewegen, ein möglichst wenig bzw. gar nicht eskalierendes Verhalten an den Tag zu legen und diesen Konflikt wieder einzufangen und herunterzudimmen. Das ist das, was jetzt ansteht und worauf sich auch die deutsche Außenpolitik in diesem Moment konzentriert.

Collatz (BMVg)

Zu der einzelnen Berichterstattung so viel: Ich kann bestätigen, dass wir im Rahmen der mandatierten Operation Inherent Resolve auch A400M-Betankungsflugzeuge zur Verfügung stellen. Da kam es tatsächlich im Rahmen dieser mandatierten Operation zu zwei oder drei Betankungsvorgängen an zwei französischen Rafale-Flugzeugen.

Vielleicht für das bessere Verständnis: Da werden täglich sogenannte “air tasking orders” herausgegeben, und die gehen durch die Hände der jeweiligen nationalen Repräsentanten. Die schauen dann, ob das Ganze mandatskonform ist. Alle haben das bestätigt, und dieser Auftrag, der morgens herausgegeben wurde, wurde dann durchgeführt. Es ging, wie gesagt, um drei Betankungsvorgänge an zwei französischen Flugzeugen, und das Ganze im Rahmen von Inherent Resolve.

Frage

Ich möchte Sie um eine globale Einschätzung bitten. Inwiefern hat diese Eskalation im Nahen Osten jetzt Auswirkungen auf die Unterstützung der Ukraine und die Sicherheitslage im Osten Europas? Sehen Sie hier Auswirkungen?

Hoffmann (BReg)

Nein, ich würde sagen, dass es da jetzt keine erkennbaren Auswirkungen gibt. Unsere Unterstützung der Ukraine steht. Wir haben das gerade am Wochenende durch die weitere Lieferung eines Patriot-Systems, bei dem es ja auch um Luftabwehr geht, noch einmal sehr stark unterstrichen und werden das auch weiterhin fortsetzen. Wir sind tatsächlich ‑ das haben Sie ja angedeutet ‑ in einer Welt der multiplen Krisen, in der es jetzt eben mehrere Großkonflikte zur gleichen Zeit gibt. Aber wir haben uns im Kreis der G7 beraten, und wir werden das weiterhin mit unseren EU-Partnern und allen anderen Partnern in der Region tun. Für den Ukrainekonflikt sehe ich jetzt, wie gesagt, keine unmittelbaren Auswirkungen.

Wagner (AA)

Ich kann das nur verstärken. Ich habe ja eingangs berichtet, dass beim Treffen der G7-Außenministerinnen und -Außenminister, das jetzt am Mittwochabend ansteht, neben der Lage im Nahen und Mittleren Osten auch die Lage in der Ukraine natürlich eine ganz wichtige Rolle spielen wird.

[…]

Vorsitzender Szent-Iványi

Herr Collatz, Sie haben eine Nachlieferung (zum Nahostkonflikt).

Collatz (BMVg)

Ganz kurz nur, weil ich schon eine Berichterstattung zu meinen Äußerungen von eben sehe, die falsch ist: Es waren zwei Flugzeuge für drei Betankungsvorgänge, und das war im Rahmen der Operation Inherent Resolve. ‑ Das sind die Fakten. Ich würde mich freuen, wenn sie sich wiederfinden.

[…]

Wagner (AA)

Ich kann nachliefern. Ein Kollege hatte mich, glaube ich, gefragt, wie wir mit der gestrigen Einbestellung des deutschen Botschafters in Teheran umgehen. Ich kann Ihnen mitteilen, dass heute Morgen der iranische Botschafter ins Auswärtige Amt einbestellt worden ist. Das Gespräch findet zur Stunde statt.

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