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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­­­­­pressekonferenz vom 29.01.2024

29.01.2024 - Artikel

Angriffe pro-iranischer Milizen auf US-Truppen in Jordanien

Fischer (AA)

Wir verurteilen die Angriffe pro-iranischer Milizen auf US-Truppen in Jordanien, bei denen drei amerikanische Soldaten ums Leben gekommen sind, auf das Schärfste. Dies ist der erste solche Angriff auf jordanisches Hoheitsgebiet. Wir stehen solidarisch an der Seite Jordaniens und der USA.

Angesichts der extrem angespannten Lage in der Region ist dieses Vorgehen vollkommen unverantwortlich und kann dazu führen, die Region weiter in Richtung Eskalation zu treiben. Bereits jetzt hat dieses Vorgehen Menschenleben gekostet und weitere aufs Spiel gesetzt.

Wir erwarten von Iran, endlich seinen Einfluss auf seine Verbündeten in der Region zu nutzen, damit es nicht zu einem unkontrollierten Flächenbrand kommt, an dem niemand ein Interesse haben kann. Unser Beileid gilt den Familien der Opfer. Wir wünschen den Verletzten baldige, rasche und vollständige Genesung.

Verfahren gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof aufgrund des Vorwurfs des Völkermords

Frage

Ich möchte zum IGH-Urteil fragen. Herr Hebestreit oder Herr Fischer, es geht um das Urteil von Freitag, wonach 15 der 17 Richterinnen und Richter es zumindest für plausibel gehalten haben, dass der Krieg in einen Genozid münden könnte, wenn Israel ihn jetzt nicht gewaltig beschränkt. Das waren die Voraussetzungen für diese Eilentscheidung.

Welche im Kriegswaffengesetz konkretisierten grundgesetzlichen Pflichten folgen aus dieser Entscheidung aus Sicht der Bundesregierung in puncto Waffenlieferung und Widerruf von Waffenlieferung?

Fischer (AA)

Ich denke, dass für Waffenlieferung das BMWK zuständig ist.

Hebestreit (BReg)

Aber vielleicht können wir das vor die Klammer ziehen: Das ist jetzt eine Entscheidung im Eilverfahren. Sie haben zu Recht genau den Wortlaut wiedergegeben. Jetzt muss man diese Eilentscheidung genau auswerten. Es bleibt dabei, dass es dann ein Verfahren in der Hauptsache gibt, das dann bewertet und entschieden werden muss.

Richtig ist auch, wie Sie sagen, dass Gefahren gesehen werden. Wir hatten hier vor, denke ich, zwei Wochen muntere Debatten über die Stellungnahme der Bundesregierung in diesem Verfahren. Es zeigt sich, dass das alles offenbar doch nicht ganz so klar und eindeutig ist, wie es hier zumindest von denjenigen, die völkerrechtlich argumentiert haben, gesehen wurde. Insoweit prüfen wir diese Entscheidung ‑ das ist ja eine Entscheidung und noch kein Urteil ‑ und auch die Auswirkungen, die es auf unser Handeln hat, sehr genau.

Gleichzeitig ist das eine Position, die auch die Bundesregierung schon seit geraumer Zeit eingenommen hat, nämlich Israel daran zu erinnern, dass die humanitäre Lage in Gaza katastrophal ist, wir mehr humanitäre Hilfe in Gaza brauchen und auch das Vorgehen des israelischen Militärs passgenauer vorgenommen werden müsste, als es in Teilen vorgenommen worden ist.

Dr. Säverin (BMWK)

Wie Sie wissen, sind wir für die Umsetzung des Kriegswaffenkontrollgesetzes zuständig. Die Entscheidungen aber über Waffenlieferungen oder eine Verweigerung von Waffenlieferungen trifft der Bundessicherheitsrat und damit die Bundesregierung. Damit verweise ich sozusagen auf die Äußerungen des Regierungssprechers.

Zusatzfrage

Herr Hebestreit, ich beziehe mich auf das Ausführungsgesetz zu Artikel 26 im Grundgesetz. Darin steht:

„Die Genehmigung ist zu versagen, wenn … Grund zu der Annahme besteht, daß die Erteilung der Genehmigung völkerrechtliche Verpflichtungen der Bundesrepublik verletzen oder deren Erfüllung gefährden würde“.

Der IGH bestätigt jetzt in der höchstrichterlichen Entscheidung, dass diese Gefahr besteht. Darum hatte ich gefragt, was das jetzt mit Waffenlieferungen zu tun hat.

Sehen Sie das jetzt eigentlich auch als eine politische Niederlage für die Bundesregierung an? Denn Sie haben im Vorhinein gesagt, die Anklage Südafrikas entbehre jeglicher Grundlage. Das haben die 15 der 17 Richterinnen und Richter ja anders gesehen.

Hebestreit (BReg)

Das Letzte, glaube ich, ist genau der Teil, der noch gar nicht beurteilt worden ist, sondern sie haben gesagt, sie gucken sich das an und sie sehen Anhaltspunkte, und wir sagen, es entbehrt jeglicher Grundlage. So ist das in Rechtsverfahren, dass man die Hauptsache abzuwarten hat. Insofern sehe ich da im Moment eigentlich wenig Probleme.

Zum ersten Teil kann ich Ihnen sagen: Bei Entscheidungen über Waffenlieferungen werden selbstverständlich immer alle Vorgaben berücksichtigt, auch unsere völkerrechtlichen Vorgaben. Wir berichten darüber, wenn die Waffenlieferungen geschehen sind, und spekulieren nicht im Vorhinein.

Fischer (AA)

Der IGH hat sechs vorläufige Maßnahmen erlassen, an die sich Israel halten muss, weil sie völkerrechtlich verbindlich sind. Eine der Maßnahmen besagt, dass in einem Monat ein Bericht abgegeben werden muss, der die ergriffenen Maßnahmen erläutert. Wir erwarten von Israel natürlich, dass es diese Maßnahmen umsetzt. Wir erwarten auch, dass sich, wie das Gericht ja auch hervorgehoben hat, auch Hamas an das humanitäre Völkerrecht hält und alle Geiseln unverzüglich freilässt.

Wir unterstützen ‑ das hat der Regierungssprecher auch schon gesagt ‑ natürlich die angeordneten Maßnahmen, insbesondere auch, mehr humanitäre Hilfe nach Gaza zu lassen ‑ das haben wir in den letzten Wochen und Monaten hier auch schon immer betont und hervorgehoben ‑, genauso wie den Aufruf an Israel, seine Operationsführung zu ändern, um Zivilisten besser zu schützen.

Frage

Herr Hebestreit, die Anklage Südafrikas wurde eindeutig angenommen. Das bedeutet, dass es eben doch eine Grundlage gibt. Ich zitiere das Gericht: Zumindest einige der Taten und Unterlassungen, die Südafrika in der Klage vorwirft, könnten unter die Genozidkonvention fallen. ‑ Das bedeutet ja, dass sie zumindest eine gewisse Grundlage hat.

Hebestreit (BReg)

Wir könnten jetzt ausführlich über die deutsche Grammatik und den Konjunktiv diskutieren. Sie haben das zu Recht so zitiert, wie es die Richter gesagt haben, und sie sagen: Sie könnten. ‑ Das wird jetzt genau geprüft.

Wir sind der Auffassung, dass das nicht der Fall ist. Das Gericht muss jetzt diesen Sachverhalt genau prüfen. So ist das juristisch. Dann kann man hinterher zu einem Urteil kommen. Aber wenn der Sachverhalt, den Sie jetzt unterstellen, so klar wäre, dann müsste da kein Konjunktiv stehen, sondern dann könnte da ein Indikativ stehen. Der steht da aber nicht. Insofern, glaube ich, stärkt das eher doch unsere Position, dass es nicht ganz so einfach ist, wie sich mancher oder manche das hier gemacht hat.

Zusatzfrage

Herr Fischer, wurde die Formulierung in dem Statement, die Anklage entbehre jeglicher Grundlage, mit Annalena Baerbock abgesprochen?

Fischer (AA)

Die Außenministerin hat sich ja selbst zu dem Vorgang geäußert ‑ ich glaube, das war vor einiger Zeit auf ihrer Reise in den Libanon ‑ und dort gesagt ‑ das war am 10. Januar ‑, ich zitiere: Fakt ist ebenso, Völkermord setzt per Definition die Absicht voraus, Angehörige einer nationalen, ethnischen, rassischen oder religiösen Gruppe wegen ihrer Zugehörigkeit zu dieser Gruppe ganz oder teilweise zu vernichten. Diese Absicht kann ich bei Israels Selbstverteidigung gegen die bewaffnete Terrororganisation der Hamas nicht erkennen. Der Internationale Gerichtshof prüft auf Antrag Südafrikas. Wir werden die Anhörung genau verfolgen. Für die kommende Woche sind Plädoyers von Südafrika und von Israel angekündigt. Dann, im Hauptsacheverfahren, wird die Bundesregierung ihre Rechtsauffassung zur Auslegung der Völkermordkonvention durch eigene Intervention darlegen.

Das sind die Worte der Außenministerin.

Zuruf

(ohne Mikrofon, akustisch unverständlich)

Hebestreit (BReg)

Wenn ich hier im Namen der Bundesregierung etwas äußere, ist das immer mit den entscheidenden Häusern, in dem Fall auch mit dem Auswärtigen Amt, eng abgestimmt.

Frage

Herr Hebestreit, Ihr Satz, es sei alles nicht so einfach, und eigentlich werde die Auffassung der Bundesregierung bestätigt, wird doch aber auch durch die vorläufigen Maßnahmen widerlegt. Denn die Rechtsposition Israels, dass die Anklage jeglicher Grundlage entbehre, wurde vom Gericht zurückgewiesen. Diese Position hatten ja auch Sie vertreten. Diese Auffassung hat das Gericht explizit zurückgewiesen. Weil es sie zurückgewiesen hat, hat es dann die Maßnahmen verhängt.

Wie können Sie also sagen: „Das ist alles noch offen“, wenn doch die Grundaussage der Position Israels wie auch der Bundesregierung vom Gericht im Eilverfahren zurückgewiesen wurde?

Hebestreit (BReg)

Ich teile Ihre Grundinterpretation nicht, sondern das Gericht hat entschieden, dass es sich im Hauptsacheverfahren dieser Frage annimmt. Das ist noch nicht die Antwort; das ist die Frage.

Fischer (AA)

Ohne besonders viel in die Entscheidung des Gerichts an dieser Stelle hineininterpretieren zu wollen: Manche haben erwartet, dass das Gericht auch andere Maßnahmen treffen werde, dass es zum Beispiel einen sofortigen Waffenstillstand verhängen werde. Das ist nicht eingetreten. Das könnte, glaube ich, sozusagen auch ein Hinweis darauf sein, wie das Hauptsacheverfahren ausgeht. Denn wenn ein Völkermord imminent wäre, dann müssten auf der Stelle die Waffen schweigen.

Zusatzfrage

Das Gericht hat ‑ das sieht man, wenn man den kompletten Text der 50 Seiten liest ‑ der Auffassung Israels, dass es diesem Verfahren, dieser Klage an Grundlage entbehre, nun wirklich explizit widersprochen. Das steht so darin.

Herr Fischer, Sie haben recht, es wurde kein sofortiger Waffenstillstand verfügt, aber es wurden Maßnahmen verfügt, deren Umsetzung praktisch bedeuten würde ‑ ‑ ‑ Es steht darin, es dürfen keine Angehörigen dieser Ethnie, also in dem Fall der Palästinenser, durch Israel getötet werden.

Wie soll das, wie kann das umgesetzt werden?

Fischer (AA)

Im Rahmen des Selbstverteidigungsrechts ‑ wir alle wissen, dass Hamas weiterhin Raketen auf Israel schickt ‑ kann Israel im Rahmen des Völkerrechts seine Operationen fortsetzen. Aber da gilt das, was ich gesagt habe, dass wir erwarten, dass die Operationsführung so angepasst wird, dass Zivilisten besser geschützt werden.

Frage

War die Bundesrepublik davon überrascht, dass sich der deutsche Richter am IGH, Georg Nolte, der übergroßen Mehrheit angeschlossen hat, also dem, was der Kollege gerade zitiert hat, und nicht der Haltung der Bundesregierung?

Hebestreit (BReg)

Ich glaube, es gibt eine Unabhängigkeit der Justiz in diesem Land, und die ist ein sehr hohes Gut. Insofern gibt es da auch keine nationale Brille, die man in internationalen Verfahren aufhat.

Zusatzfrage

Weil Herr Fischer gemeint hatte, dass die Entscheidung rechtsverbindlich sei und Israel das umsetzen muss: Wie werden Sie denn auf Israel einwirken, damit das passiert? Wir kennen das ja aus anderen völkerrechtlichen Aspekten, wo Sie Israel kritisieren, zum Beispiel für die Siedlungspolitik, aber dann nicht auf Israel einwirken und keine Konsequenzen daraus folgen lassen. Wie werden Sie auf Israel einwirken, Deutschland, die EU, damit das jetzt passiert?

Fischer (AA)

Es ist zunächst einmal die Aufgabe Israels, die Maßnahmen umzusetzen, die dem Land durch die Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs auferlegt worden sind. Darüber hat es den Gerichtshof monatlich zu unterrichten. Wir gehen davon aus, dass sich Israel in dieser Angelegenheit rechtstreu verhalten und dementsprechend auch den Beschluss umsetzen wird. Sollte dies nicht passieren, stehen wir natürlich auch mit Israel in engem Gespräch und Austausch und werden darauf hinwirken, genauso wie unsere Partner das im Übrigen tun.

Mögliche Beteiligung von Mitarbeitern von UNRWA am Terrror­anschlag der Hamas gegen Israel am 7. Oktober 2023

Frage

Herr Fischer, ich habe eine Frage zur Aussetzung der Zahlungen für das Palästinenserhilfswerk UNRWA. Der UN-Generalsekretär hat appelliert, die Finanzierung trotz der Aufarbeitung der Vorwürfe, die es gibt, weiterzuführen.

Wie stellt sich die Bundesregierung das vor? Befürchten Sie, dass es jetzt zu einem Defizit kommen wird, was humanitäre Leistungen an die Palästinenser angeht?

Fischer (AA)

Ich denke, Sie kennen das gemeinsame Statement, das das Auswärtige Amt gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit am Samstagabend herausgegeben hat. Darin haben wir unterstrichen, dass die Rolle von UNRWA für die Grundversorgung der palästinensischen Bevölkerung lebenswichtig und es deshalb richtig ist, dass UNRWA angesichts der Anschuldigung gegen Mitarbeiter der Organisation sofort gehandelt und dass Generalkommissar Lazzarini umgehend Maßnahmen ergriffen hat. Wir haben angekündigt, dass Deutschland in Abstimmung mit anderen Geberländern bis zum Ende der Aufklärung temporär keine neuen Mittel für UNRWA bewilligen wird. Ohnehin stehen derzeit keine neuen Zusagen an.

Die humanitäre Hilfe ‑ das beantwortet einen Teil ihrer Frage ‑ läuft weiter. Gerade vor wenigen Tagen haben wir unsere Mittel für IKRK und UNICEF um sieben Millionen Euro aufgestockt.

Das beantwortet, glaube ich, ein wenig Ihre Frage. Wir lassen die palästinensische Zivilbevölkerung nicht im Stich.

Zusatzfrage

Wann würde denn ein Finanzierungsdefizit auftreten? Für wie lange würde also das, was die Bundesregierung schon geleistet hat, humanitäre Lieferungen noch finanzieren?

Fischer (AA)

Das ist eine etwas komplexere Frage, weil die Bundesregierung nicht der einzige Geber ist. Wir haben unsere Leistungen für UNRWA im vergangenen Jahr erhöht. Daraus sind seit dem 7. Oktober lebensnotwendige Güter für die Palästinenser und Palästinenserinnen beschafft worden. Wasser, Lebensmittel, Notunterkünfte sind finanziert, Hygiene- und Sanitäranlagen ausgestattet und medizinische Güter in den Gazastreifen geschafft worden. Ich gehe davon aus, dass ein Teil dieser Güter noch in Lagern liegt, weil wir alle wissen, dass die humanitäre Hilfe nicht so schnell in den Gazastreifen kommt, wie sie sollte.

Was darüber hinaus das operative Budget von UNRWA angeht, muss das in der Tat UNRWA klären, die dazu sicherlich im Gespräch mit den verschiedenen Geberstaaten steht. Unsere Sonderbeauftragte hatte gestern Kontakt mit UNRWA-Generalkommissar Lazzarini. Ich meine, heute Nachmittag wird es ein Gespräch des Generalkommissars mit der Gebergemeinschaft geben. Ich denke, darin wird Herrn Lazzarini auch darüber Auskunft geben, wie sich die finanzielle Situation von UNRWA aus seiner Sicht darstellt.

Frage

Herr Fischer, wenn sich die Vorwürfe bestätigen sollten, würde dies bedeuten, dass die Zahlungen dauerhaft eingestellt würden? Denkt man darüber nach, neue Zahlungen möglicherweise an Bedingungen zu knüpfen?

Fischer (AA)

Ich denke, wir alle sind gut beraten, jetzt erstmal abzuwarten, welche Ergebnisse wir bei der Aufklärung erhalten und welche erkennbaren Schritte dann gegebenenfalls eingeleitet werden. Dann werden wir uns gemeinsam mit den anderen Gebern koordinieren und schauen, wie wir darauf reagieren.

Zusatzfrage

Herr Hebestreit, Herr Fischer, ist Ihnen mittlerweile das Dossier der Israelis bekannt, aus dem die „New York Times“ heute berichtet und das den Amerikanern vorgelegt werden soll, wonach sieben der Beschuldigten offensichtlich unter anderem für Schulen gearbeitet haben? Ist Ihnen das Dossier bekannt?

Zweitens: Zieht man daraus besondere Konsequenzen für die Zusammenarbeit mit den Schulen, die ohnehin kritisiert worden ist?

Fischer (AA)

Ich habe Kenntnis von diesem Dossier ebenfalls aus Medienberichten erhalten. Mir persönlich liegt es nicht vor. Aber ich kann nicht vollständig ausschließen, dass es doch irgendwo im Geschäftsbereich der Bundesregierung eingegangen ist.

Zusatzfrage

Vielleicht im Kanzleramt?

Hebestreit (BReg)

Dazu habe ich keine Informationen. Sollten wir solche haben und liefern dürfen, dann liefern wir sie selbstverständlich nach.

Zusatzfrage

Der Schulbereich?

Fischer (AA)

Zum einen ist die Hilfe, die das Auswärtige Amt liefert, humanitäre Hilfe. Das sind, wie gesagt, Lebensmittel und Nahrung, Wasser; das ist auch medizinische Unterstützung.

Ansonsten gilt natürlich, dass der Schulbereich schon seit Längerem besonders im Blick steht und UNRWA schon seit Langem aufgefordert ist, den Schulbereich genauer in den Griff zu kriegen, und dazu auch erste Maßnahmen ergriffen hat. Aber für das Auswärtige Amt kann ich sagen: In diesem Bereich gibt es keine Förderung durch uns.

Frage

Herr Fischer, die Kritik an UNRWA ist ja altbekannt und immer wieder aufgeworfen worden, speziell von israelischer Seite. Inwiefern sieht die Bundesregierung grundlegenden Reformbedarf oder hält eine Veränderung der Strukturen der UNRWA mittel- oder langfristig für nötig? Inwiefern setzt sich die Bundesregierung dafür international eventuell bereits ein?

Fischer (AA)

UNRWA arbeitet auf Basis eines Mandats der Generalversammlung der Vereinten Nationen. Dieses wurde zuletzt im Dezember 2022 mit großer Mehrheit um weitere drei Jahre verlängert. Das heißt, UNRWA arbeitet unter der Aufsicht der Generalversammlung, die auch die zuständige Stelle wäre, um die Reform einzuleiten.

Natürlich stehen wir mit Blick auf Reformmaßnahmen, die die Organisation zumindest zum Teil auch selbst anstrebt, seit Längerem in Kontakt mit UNRWA. Wir hatten zum Beispiel Diskussionen über Schulbücher. Ein deutsches Institut hat sich die Schulbücher angeschaut und UNRWA beraten. Solcherlei Dinge hat es gegeben.

Auch UNRWA selbst hat umgehend Maßnahmen ergriffen und die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ‑ wahrscheinlich Mitarbeiter ‑ entlassen, was bei solch schwerwiegenden Taten ‑ wir reden hier von brutalster Gewalt und von Terror ‑ natürlich eine Selbstverständlichkeit ist.

Gleichzeitig hat UNRWA jetzt das UN-interne Untersuchungsbüro, wenn ich das einmal so formulieren darf, gebeten, die Aufklärung zu unterstützen, und schon seit Längerem gibt es das Ziel von UNRWA, mithilfe eines externen Reviews seine eigenen Abläufe zu untersuchen. Wir haben UNRWA immer wieder ermutigt, um nicht „sehr klar deutlich gemacht“ zu sagen, dass es Reformbedarf gibt. Dass UNRWA diesen Review schon vor längerer Zeit angestoßen hat, hängt natürlich auch damit zusammen, dass es aus der Gebergemeinschaft oder auch von Deutschland entsprechende Aufforderungen gab.

Frage

Herr Fischer, vielleicht komme ich noch einmal ganz konkret zu den Zahlen. Es heißt ja, im Moment ständen gar keine deutschen Zahlungen an UNRWA an. Wann haben Sie das letzte Mal etwas gezahlt? Wann wäre die nächste Tranche fällig? Wie hoch ist dieser Anteil ‑ Sie haben das jetzt zwei, drei Mal erwähnt ‑ der humanitären Hilfe, also dieser Grundlage für Wasser und Medizin?

Fischer (AA)

Im letzten Haushaltsjahr, und um das geht es ‑ in diesem Haushaltsjahr sind noch keine Zahlungen geflossen ‑, sind insgesamt 206,5 Millionen Euro vonseiten der Bundesregierung an UNRWA geflossen, davon 130,5 Millionen Euro vonseiten des Auswärtigen Amtes. Davon wurden in den palästinensischen Gebieten 83 Millionen umgesetzt, davon 44 Millionen aufgestockt seit dem 7. Oktober. Wenn Sie fragen, was die Bundesregierung insgesamt für Gaza getan hat: Das umfasste auch 83 Millionen Euro.

Frage

Ich habe quasi nur noch eine Zusatzfrage zu dem Letzten: Heißt das, die nächste Zahlung steht halt dann an, sobald der nächste Haushalt beschlossen ist, also quasi in dieser Woche? Dann ist der Haushalt 2024 ja durch. Insofern würden die nächsten 200 Millionen Euro dann anstehen, wenn der Haushalt beschlossen ist. Habe ich das richtig verstanden?

Fischer (AA)

Nein. Der Haushalt ist sozusagen die Voraussetzung dafür, dass Mittel ausgezahlt werden, er gibt den Rahmen vor. Aber wann diese Mittel ausgezahlt werden und wann darüber entschieden wird, bedarf jeweils noch einer Einzelentscheidung. Da gibt es sozusagen auch mit UNRWA und den Vereinten Nationen verabredete Zeiträume, über die man dann gegebenenfalls sprechen muss.

Frage

Herr Fischer, ich wollte noch einmal Herrn Lazzarini zitieren. Der hatte sich ja auch geäußert. Er sagt: Unser humanitärer Einsatz, von dem 2 Millionen Menschen als Rettungsanker in Gaza abhängen, kollabiert. Es ist schockierend, dass solche Entscheidungen ‑ also solche wie die Deutschlands ‑ auf der Grundlage von mutmaßlichem Verhalten einiger weniger Leute getroffen werden. Die Palästinenser in Gaza haben keine zusätzliche kollektive Bestrafung gebraucht.

Jetzt haben Sie selbst gesagt, dass es lebensnotwendige Güter sind, um die es geht, und Sie haben auch gesagt, dass Sie abwarten wollen, welche Ergebnisse Sie erhalten werden. Trotzdem haben Sie schon eine Konsequenz gezogen, die die Palästinenser in Gaza kollektiv bestrafen könnte und die katastrophale Lage noch einmal verschlimmern würde. Wie können Sie das tun?

Fischer (AA)

Ich weise erst einmal entschieden zurück, dass es sich um eine Kollektivbestrafung handelt.

Zuruf

Das sagt Herr Lazzarini!

Fischer (AA)

Ja; ich muss ja auch nicht immer einer Meinung mit Herrn Lazzarini sein. Dann haben Sie ihn ja selbst mit „mutmaßlich“ zitiert.

Gleichzeitig bleibt aber festzustellen, dass UNRWA die betroffenen Mitarbeiter, denen diese Terrorvorwürfe gemacht worden sind, umgehend entlassen hat. Gehen wir also einmal davon aus, dass UNRWA auch nach Recht und Gesetz handelt und dementsprechend Erkenntnisse hatte, die sehr, sehr klar darlegten, dass sich diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Terroranschlägen beteiligt haben, weil sonst die Entlassung dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ja nicht notwendig geworden wäre.

Gleichzeitig haben wir auch gesagt, dass wir die palästinensische Zivilbevölkerung nicht im Stich lassen, dass unsere humanitäre Hilfe weitergeht und dass wir gerade vor wenigen Tagen auch unsere Mittel um 7 Millionen Euro aufgestockt haben, die über das Welternährungsprogramm, UNOCHA, NGOs, UNICEF sowie IKRK an die Bevölkerung in Gaza gehen. Das heißt, es gibt auch andere Wege, die Bevölkerung in Gaza zu versorgen, die wir gerade aufzugreifen versuchen.

Es gibt natürlich trotzdem eine Schwierigkeit, nämlich dass die großen Strukturen der humanitären Hilfe in Gaza derzeit von UNRWA betrieben werden. Aber das heißt nicht, dass das die ausschließliche Quelle von humanitärer Hilfe ist. Momentan ist es ja auch noch so, dass UNRWA seiner Tätigkeit nachgehen kann. Wir befinden uns, wie gesagt, in Gesprächen, und wir werden erst einmal schauen, was Herr Lazzarini heute Nachmittag sagen wird, wie lange der Betrieb fortgesetzt werden kann.

Im Übrigen ‑ dies vielleicht als Allerletztes ‑ ist es jetzt an UNRWA, sehr schnell und rasch die notwendigen Schritte zur Aufklärung zu unternehmen, um diese Situation zu bereinigen.

Zusatzfrage

Hatte Herr Lazzarini auch gegenüber Frau Baerbock geäußert, dass er diese Entscheidung für falsch hält?

Fischer (AA)

Ich glaube, Herr Lazzarini hat sich öffentlich geäußert. Was er in vertraulichen Gesprächen sagt, kann ich leider nicht weitertragen; das wissen Sie. Aber, wie gesagt, unsere Sonderbeauftragte stand gestern mit Herrn Lazzarini in Kontakt, und heute wird es ein Treffen der Geber mit Herrn Lazzarini geben.

Frage

Herr Fischer, welche Rolle spielt die Verhältnismäßigkeit bei der vorläufigen Einstellung der Zahlen? Ich glaube, auch Herr Guterres hat Deutschland dafür kritisiert. Es sind zwölf Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von, glaube ich, 13 000 UNRWA-Mitarbeitern in Gaza. Rechtfertigt diese Relation einen Zahlungsstopp?

Fischer (AA)

Es geht hier um einen ganz furchtbaren, brutalen Terroranschlag, der am 7. Oktober gegen Israel verübt worden ist, und es ist erschreckend, dass sich UNRWA-Mitarbeiter offensichtlich daran beteiligt haben. Das ist sozusagen die Erkenntnis, die wir jetzt haben. Deshalb geht es darum, jetzt für Aufklärung zu sorgen. Das ist die Aufgabe von UNRWA, die das offensichtlich bislang nicht geschafft hat, weil die Informationen ja von anderer Seite an UNRWA herangetragen worden sind. Wenn es da erste Ergebnisse gibt, schauen wir weiter.

Zusatzfrage

Ich glaube, das Skandalöse dieser mutmaßlichen Terrortatbeteiligung stellt ja niemand infrage, soweit ich das sehe. Die Frage ist wirklich nur: Wenn offenbar 13 000 Menschen in Gaza für die Organisation der humanitären Hilfe wichtig sind ‑ Sie haben das eben betont ‑, ist es dann verhältnismäßig, wegen zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sozusagen Hilfe einzustellen oder zu stoppen, unter denen am Ende 13 000 und die von ihnen erreichten Menschen zu leiden haben werden? Nur danach frage ich.

Fischer (AA)

Ich habe hier jetzt schon ein paarmal gesagt, dass wir die palästinensische Bevölkerung nicht im Stich lassen. Wir haben jetzt beschlossen, temporär keine neuen Mittel für UNRWA in Gaza zu bewilligen, und die humanitäre Hilfe läuft weiter. Das heißt, wir treten dafür ein, dass die palästinensische Bevölkerung in Gaza mit humanitärer Hilfe versorgt wird, und wir treten auch weiterhin dafür ein, dass sie mit mehr humanitärer Hilfe versorgt wird. Das ist, glaube ich, das, was ich dazu sagen kann.

Frage

Herr Fischer, Sie haben es gerade eben noch einmal gesagt: Das, was am Samstag vom AA und vom Entwicklungsministerium herausgegeben worden ist, gilt nur für Gaza. Das wurde ja schon da gesagt. Können Sie sagen, wie es dann mit den Zahlungen für das Westjordanland aussieht? Sie hatten vorhin gesagt, dass die 83 Millionen Euro im Prinzip für Gaza sind. Gibt es überhaupt nichts für das Westjordanland? Läuft das dann weiter? Das ist ja eine Frage.

Fischer (AA)

Jetzt einmal ganz grundsätzlich: Ich habe ja gesagt, dass derzeit keine Zahlungen an UNRWA anstehen. Man muss es sich so vorstellen: UNRWA ist ja nicht nur für den Gazastreifen und die palästinensischen Gebiete zuständig, sondern für die palästinensischen Flüchtlinge in der Region. Das heißt, UNRWA operiert auch in Jordanien, operiert auch im Libanon usw. Die Hilfen in Höhe von 83 Millionen Euro, von denen ich gerade gesprochen habe, bezogen sich auf Gaza. Aber die für das Westjordanland bzw. für die anderen UNRWA-Operationen sind derzeit ausgezahlt, und auch da steht derzeit keine Zahlung an.

Frage

Es gibt ja auch Forderungen, die Zusammenarbeit mit UNRWA komplett einzustellen, also auch über den Tag hinaus, und stattdessen auf andere Akteure zu setzen, etwa das Internationale Komitee vom Roten Kreuz oder UNICEF. Was halten Sie denn davon?

Fischer (AA)

Wir setzen jetzt, wie gesagt, erst einmal auf die rasche Aufklärung der Vorgänge und hoffen, dass das schnell Ergebnisse zeitigen wird. Das ist auch im Interesse von UNRWA. Ansonsten habe ich ja schon betont, dass die Rolle von UNRWA für die Grundversorgung der palästinensischen Bevölkerung lebenswichtig ist. Deshalb haben wir alle ein Interesse daran, dass die Aufklärung schnell gelingt, UNRWA, die palästinensische Bevölkerung, aber auch wir.

Nahostkonflikt

Frage

Ich hätte ganz gerne eine Reaktion, Herr Fischer, zu der Veranstaltung, die es am Wochenende gab, auf der sich mehrere Minister der israelischen Regierung für eine Wiederbesiedlung des Gazastreifens und letztendlich, wie es genannt wird, die Abwanderung der Palästinenser aus dem Westjordanland starkgemacht haben. Haben Sie Kontakt mit der israelischen Regierung wegen dieser Äußerungen aufgenommen?

Fischer (AA)

Sie kennen unsere Haltung zu dem Thema. Wir haben diese hier schon mehrfach vorgetragen. Wir haben diese auch in Gesprächen mit der israelischen Regierung angebracht, zum Beispiel die Außenministerin bei ihren Besuchen.

Aber wenn Sie auf die konkrete Veranstaltung einspielen, dann kann ich Ihnen sagen: Wir verurteilen die Teilnahme und Äußerungen von Teilen der israelischen Regierung bei dieser Konferenz zur Besiedlung von Gaza auf das Schärfste und weisen die Äußerungen in aller Deutlichkeit zurück. Solche Überlegungen zur Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung aus Gaza wie zu einer israelischen Wiederbesiedlung von Gaza sind völlig inakzeptabel. Sie tragen im aktuellen Konflikt zu einer Verschlimmerung der Lage bei und verstoßen ganz klar gegen internationales Recht. Wie Sie wissen, hat die Außenministerin immer wieder deutlich gemacht: Die Palästinenser dürfen nicht aus Gaza vertrieben werden. Es darf keine erneute Besetzung oder Besiedlung von Gaza geben, ebenso wenig eine territoriale Reduzierung. Das ist eine Position, die auch sehr breit von der internationalen Gemeinschaft getragen wird. Ich erinnere mich zum Beispiel an G7-Treffen, bei denen das ein Grundkonsens gewesen ist. Es darf keine Lösung über die Köpfe der Palästinenser hinweg geben, denn Gaza gehört den Palästinensern, und sie selbst müssen über ihre Zukunft entscheiden können. Dies sind Grundvoraussetzungen für dauerhaften Frieden und Stabilität in der Region auf dem Weg zu einer Zweistaatenlösung. Wer meint, mit Vertreibungsfantasien Sicherheit für Israel erreichen zu können, ist ganz klar auf dem Holzweg. Es ist in Israels eigenem Interesse, eine nachhaltige Lösung des Konflikts unter Einbeziehung der Palästinenserinnen und Palästinenser zu erreichen, die schlechterdings nur in einer Zweistaatenlösung bestehen kann. Wir wissen alle, dass der Internationale Gerichtshof gerade angeordnet hat, solche aufstachelnden Äußerungen zu unterlassen, und die israelische Gerichtsbarkeit auch aufgerufen hat, diesen nachzugehen. Das ist das, was wir erwarten.

Zusatzfrage

Da das ja nicht das erste Mal ist, dass sich Mitglieder der Regierung Netanjahu in diesem Sinne äußern, noch einmal die Frage: Sind Sie auf die israelische Regierung zugegangen? Fordern Sie vielleicht auch die Entlassung dieser Minister? Bei anderen Regierungen hat die Bundesregierung ja nämlich in solchen Fällen auch etwas härter reagiert. Sie haben es jetzt inhaltlich verurteilt, ganz klar. Aber die Frage ist die nach den Konsequenzen für die Kontakte zwischen Deutschland und dieser israelischen Regierung.

Fischer (AA)

Ich erinnere mich nicht, dass es zum Standardrepertoire der deutschen Bundesregierung gehört, Ministerinnen und Minister anderer Regierungen zum Rücktritt aufzufordern. Das wäre mir neu, und ich bin jetzt auch schon ein bisschen länger in diesem Geschäft.

Zusatzfrage

Also nicht?

Fischer (AA)

Ich meine, das ist eine Forderung, die die Bundesregierung grundsätzlich nicht gegenüber anderen Ländern erhebt, und da wir Israel in diesem Fall wie auch andere Länder behandeln, natürlich auch nicht gegen Israel. Aber trotzdem ist es sehr klar, dass wir die Äußerungen, die auf dieser Konferenz auch von israelischen Ministern getroffen worden sind, verurteilen, dass das aus unserer Sicht auch nicht in Übereinstimmung mit der Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs steht und dass Israel aufgerufen bleibt, diese Entscheidung umzusetzen.

Wir stehen natürlich dazu mit Israel in Kontakt. Die Außenministerin hat dieses Thema bei ihren Besuchen angesprochen. Botschafter Seibert ist vor Ort, und ich bin sehr sicher, dass er dieses Thema jetzt im Nachgang der Veranstaltung auch mit der israelischen Seite aufnehmen wird. Das, was dort passiert ist, ist etwas ‑ das habe ich ja gesagt ‑, das wir inakzeptabel finden, und dies wird Israel von hier aus, aber auch im persönlichen Gespräch noch einmal direkt übermittelt werden.

Frage

Der Kollege hat meine Frage schon ein bisschen vorweggenommen. Ich möchte trotzdem noch einmal nachfragen. Finanzminister Smotrich, Sicherheitsminister Ben-Gvir, aber auch ein Likud-Minister, der Kommunikationsminister Israels, waren dort und haben dort gesprochen. Ben-Gvir sagte: Die einzige menschliche Lösung für Gaza ist die Massendeportation seiner Bewohner. - Verstehe ich es richtig, dass die deutsche Regierung jetzt weiterhin Waffen an ein Land liefert, eine Regierung, die ganz offen die Deportation von Millionen von Menschen fordert?

Fischer (AA)

Sie verstehen richtig, dass wir die Äußerungen und auch die Teilnahme israelische Minister daran inakzeptabel finden. Sie verstehen auch richtig, dass die Entscheidungen über die Kriegsführung Israels vom sogenannten Sicherheitskabinett getroffen werden, in dem keiner der von Ihnen genannten Minister Mitglied ist.

Zusatzfrage

Heißt das, das hat keine Konsequenzen, zum Beispiel, dass sich die Bundesregierung Gedanken darüber macht, die Waffenlieferungen einzustellen?

Fischer (AA)

Diese Äußerungen fließen natürlich und selbst verständlich in unsere Gesamtbewertung der Lage und dann auch darin ein, wie wir einzelne Punkte beurteilen und wie wir diesbezüglich handeln.

Frage

Herr Fischer, da Sie ja jetzt doch in sehr klarer Form das Handeln und die Äußerungen von relevanten Teilen der israelischen Regierung kritisiert haben, ist das ein Anlass oder kann das ein Anlass sein, den israelischen Botschafter einzubestellen, um ihm diese Position sehr deutlich und direkt mitzuteilen?

Fischer (AA)

Ich glaube, ich habe ja gesagt, dass wir ein geeignetes diplomatisches Mittel finden werden, um die israelische Regierung auch in diesem Fall über unsere Haltung zu informieren. Ich bin sehr sicher, dass die Dinge, die wir zum Beispiel hier sagen, relativ rasch auch in Tel Aviv ankommen. Aber nichtsdestotrotz werden wir auch diplomatische Kanäle nutzen.

Zusatzfrage

Können die betreffenden Minister im Moment eigentlich direkte Gesprächspartner deutscher Diplomaten sein?

Fischer (AA)

Na ja, es ist ja so, dass, wenn wir nur mit unseren Freunden reden würden, wir uns in der Europäischen Union, im transatlantischen Raum und vielleicht in einigen Bereichen Südamerikas bewegen würden. Das heißt, Diplomatie besteht ja gerade auch darin, mit denjenigen im Austausch zu stehen, mit denen man nicht einer Meinung ist.

Frage

Hatte ich Sie richtig verstanden, dass Herr Seibert bei der Konferenz war, oder meinten Sie, dass er vor Ort ist?

Fischer (AA)

Herr Seibert ist vor Ort. Er war selbstverständlich nicht bei der Konferenz, aber er ist vor Ort und hat die direkten Gesprächskanäle zur israelischen Regierung.

Zusatz

Es hätte ja sein können. Er schaut sich ja manchmal auch regierungskritische Veranstaltungen an. Darum hätte es ja sein könne, dass es sich das dann auch anschaut.


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