Willkommen auf den Seiten des Auswärtigen Amts

Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­­­­­pressekonferenz vom 18.12.2023

18.12.2023 - Artikel

Nahostkonflikt

Frage

(ohne Mikrofon, akustisch unverständlich)

Wagner (AA)

Vielen Dank für Ihre Frage. Die Außenministerin hatte sich ja am Freitag ‑ das hatte aber einen anderen Hintergrund ‑ zu dem Komplex auch bei der Pressekonferenz mit ihrem libanesischen Außenministerkollegen eingelassen. Solche Vorfälle sind natürlich ganz schlimm. Es ist klar, dass die Pressefreiheit ein hohes Gut ist und wir dem natürlich eine große Wichtigkeit zumessen. Solche Vorfälle müssen aufgeklärt werden. Ich glaube, Sie hat dann auch noch gesagt, dass Pressefreiheit natürlich in Konflikten nie ins Fadenkreuz geraten darf. Insofern muss das aufgeklärt werden. Das sind Vorgänge, die nicht in Ordnung sind.

Frage

(ohne Mikrofon, akustisch unverständlich)

Wagner (AA)

Das habe ich doch gerade in Worten getan.

Frage

Noch einmal zu Gaza: Herr Wagner, wie ist die Einschätzung Ihres Hauses zur humanitären Lage in Gaza?

Wagner (AA)

Die humanitäre Lage in Gaza ist katastrophal. Das haben wir ja in den letzten Wochen auch immer wieder an dieser Stelle und an anderen Stellen kundgetan. Es kommt nicht genug humanitäre Hilfe nach Gaza herein. Insofern ist es eine gute Entwicklung, dass es jetzt einen zusätzlichen Grenzübergang gibt, Kerem Schalom, der für humanitäre Lieferungen geöffnet worden ist. Das begrüßen wir sehr. Aber es muss weiterhin alles von den beteiligten Stellen getan werden, dass mehr humanitäre Hilfe zu den Menschen nach Gaza kommen kann.

Zusatzfrage

Gleichzeitig ist die Außenministerin ja gegen einen sofortigen Waffenstillstand. Die Lage kann also aus ihrer Sicht noch katastrophaler werden?

Wagner (AA)

Ich kann Sie vielleicht auf einen Namensbeitrag verweisen, den die Außenministerin mit dem britischen Kollegen -

Zuruf

Darauf beziehe ich mich ja!

Wagner (AA)

‑ David Cameron am Sonntag in der “Sunday Times” veröffentlicht hat. Darin ist sie ja sehr klar, und sie hat das ja vorher auch schon dargelegt: Wir sind gegen die Forderung eines pauschalen, allgemeinen Waffenstillstands, weil der halt nicht dem Fakt Rechnung trägt, dass sich Israel weiterhin gegen Angriffe der Hamas, aber zum Beispiel auch von der Hisbollah verteidigen muss. Wir sind aber, und das macht sie ja auch sehr deutlich ‑ das hat sie auch schon an anderer Stelle gesagt ‑, für humanitäre Feuerpausen. Wir haben ja bei dieser längeren humanitären Feuerpause, die wir vor zwei Wochen, glaube ich, gesehen haben, auch gesehen, dass das mit Blick auf Geiselfreilassungen und mit Blick darauf, auch mehr humanitäre Hilfe nach Gaza hereinzubekommen, funktioniert. Insofern sind wir sehr dafür, dass es auch weitere dieser humanitären Feuerpausen gibt.

Zusatz

Ich hatte mich auf den Namensbeitrag mit Herrn Cameron bezogen. Aber wer „Kein sofortiger Waffenstillstand!“ sagt, der sagt ja auch, dass die Lage damit noch katastrophaler wird. Das ist ja die Folge der letzten Wochen.

Wagner (AA)

Israel wehrt sich gegen Terror der Hamas und verteidigt sich gegen den Terror der Hamas. Das ist sein gutes Recht, und das ist seine Pflicht. Dass es dabei humanitäres Völkerrecht einzuhalten hat, hat die Bundesregierung an dieser und anderer Stelle ja immer wieder betont. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass es dort auch mehr tun muss. Das hat die Außenministerin jetzt auch mehrfach betont. Natürlich ist es auch so, dass alles getan werden muss, um das humanitäre Leid der Menschen in Gaza zu lindern. Dafür ist es notwendig, dass mehr humanitäre Hilfe nach Gaza hereinkommt.

Frage

Ich hatte eigentlich eine andere Frage, muss jetzt aber dazu nachfragen. Es geht mir einfach darum, es zu verstehen. Was die Außenministerin gesagt hat, ist ein bisschen missverständlich. Auf der einen Seite heißt es, wir müssten alles tun, was wir könnten, um den Weg für eine nachhaltige Waffenruhe zu ebnen. Damit wird gefordert, dass es eine permanente Waffenruhe geben solle. Auf der anderen Seite heißt es dann aber, allerdings lehnten Baerbock und Cameron es ab, von Israel eine allgemeine und sofortige Waffenruhe zu verlangen.

Will man die permanente Waffenruhe, oder will man sie nicht?

Wagner (AA)

Ich erkläre es gern noch einmal. Ich habe es eben schon probiert. Ich bitte, mir nachzusehen, dass ich mich vielleicht nicht ausreichend verständlich ausgedrückt habe. Ich finde aber die Argumentation, die in diesem Gastbeitrag dargelegt wird, sehr klar.

Natürlich haben wir auch den politischen Horizont und eine langfristige Lösung im Blick. Wir haben immer wieder deutlich gemacht, dass das auch Gegenstand von Gesprächen ist. Natürlich muss es am Ende zu einer Zweistaatenlösung kommen, weil das aus unserer Sicht der einzige nachhaltige Weg ist, um Frieden und Sicherheit in der Region zu haben, und zwar für beide Seiten, für Israelis und Palästinenserinnen und Palästinenser.

Andererseits ‑ das habe ich in meiner Antwort schon darzulegen versucht ‑ muss, wer jetzt einen pauschalen, sofortigen Waffenstillstand fordert, die Frage beantworten, ob dann auch die Hamas ihre Waffen niederlegt und ob sich Israel dann nicht weiterhin gegen den Terror der Hamas verteidigen muss. Nach wie vor sind über hundert Israelis als Geiseln in der Hand der Hamas in Gaza.

Insofern ist unsere Forderung sehr klar. Wir haben gesagt, dass es humanitäre Feuerpausen braucht, weil diese erlauben, vielleicht bei der Freilassung der Geiseln und auch beim Zufluss von mehr humanitärer Hilfe nach Gaza voranzukommen. Aber man kann jetzt nicht pauschal einen Waffenstillstand allgemein für alle fordern, ohne zu sagen, wie die Hamas Israel dann nicht weiter angreift.

Frage

Herr Wagner, der Begriff des Waffenstillstands bedeutet doch eine zweiseitige verpflichtende Vereinbarung. Ein Waffenstillstand würde doch nicht bedeuten, einseitig von Israel zu verlangen, die Waffen ruhen zu lassen, sondern ein Waffenstillstand wäre eine vertragliche Vereinbarung zwischen Israel und der Hamas über das dauerhafte Schweigen der Waffen, was bedeuten würde, dass, wenn sie von welcher Seite auch immer gebrochen würde, die jeweils andere Seite wieder weiterkämpfen könnte wie bisher.

Warum soll eine solche Vereinbarung nicht angestrebt werden können?

Wagner (AA)

Was wir anstreben ist, dass es zu weiteren Freilassungen von Geiseln und zu mehr humanitärer Hilfe nach Gaza kommt. Gleichzeitig muss sich Israel aber weiterhin gegen den Terror der Hamas verteidigen können. Insofern gibt es letztlich tatsächlich einen semantischen Unterschied. Vor einiger Zeit haben wir eine mehrtägige humanitäre Pause gesehen, die funktioniert hat. Es kam mehr Hilfe nach Gaza hinein, und es wurden Geiseln freigelassen. Insofern ist es das, was wir anstreben.

Gleichzeitig gibt es den langfristigen Horizont ‑ das umreißt die Außenministerin in diesem Gastbeitrag ebenfalls ‑, dass wir zusammen mit unseren internationalen, aber eben auch mit unseren arabischen Partnern alles tun müssen, um zu einem langfristigen Frieden in der Region zu kommen. Das ist der Weg über die Zweistaatenlösung. Ich sehe dabei keine Unverständlichkeiten.

Zusatzfrage

Ich möchte noch einmal fragen. Im Verständnis dessen, was ein Waffenstillstand ist, nämlich eine gegenseitige, von beiden Seiten akzeptierte und unterschriebene Vereinbarung: Ist die Außenministerin für einen Waffenstillstand, wenn erreicht werden kann, dass die Hamas eine solche Erklärung des tatsächlichen dauerhaften Waffenstillstandes unterzeichnet?

Wagner (AA)

Die Hamas muss ihre Waffen dauerhaft niederlegen und den Kampf gegen Israel einstellen. Die Hamas tut im Moment Folgendes: Sie greift Israel weiterhin jeden Tag an und sagt, dass sie nicht aufhören werde, bis Israel in seiner Existenz sozusagen vernichtet sei. ‑ Solange das so ist, ist Israel angegriffen.

Frage

Auf der anderen Seite sterben jeden Tag Menschen in Gaza. Wie wir inzwischen wissen, sind ungefähr 60 Prozent, vielleicht über 60 Prozent, der Menschen, die dort sterben, Zivilisten. Das kann nur dann aufhören, wenn die Bomben aufhören. Insofern verstehe ich nicht, warum Sie sich weiterhin weigern, eine tatsächliche, permanente Waffenruhe zu fordern. Wie Herr Jessen dargestellt hat, würde das inkludieren, dass auch Hamas die Angriffe stoppt.

Wagner (AA)

Wir sehen das Leid in Gaza, und wir probieren hier jedes Mal, wenn wir diese Fragen von Ihnen, die berechtigt sind, beantworten, die Komplexität der Situation aufzublättern. Das Leid der Menschen in Gaza hat einen Ursprungszeitpunkt. Das ist der 7. Oktober, und zwar der Angriff der Hamas auf Israel. Die Hamas verschanzt und versteckt sich hinter der Zivilbevölkerung in einem sehr schwierigen Territorium, das sehr dicht besiedelt und in dem es unglaublich schwer ist, zu operieren.

Dass Israel natürlich das humanitäre Völkerrecht einzuhalten hat und seine Strategie in seinem Vorgehen in Gaza anpassen und die Zivilisten besser schützen muss, das haben wir, die Bundesaußenminister und andere Mitglieder der Bundesregierung, mehrfach auch öffentlich gesagt. Das steht ja auch für sich.

Zusatz

Dass sie das Recht einhält ‑ ‑ ‑ Es gibt wirklich so viele Indizien dafür, dass es das nicht tut, sowohl in Gaza als auch in der Westbank und im Libanon. Wir wiederholen das Spiel sehr oft. Die Regierung mahnt, aber sie tut sonst nichts. Es scheint keine Sanktionen für dieses Fehlverhalten zu geben. Insofern reicht es vielleicht nicht aus, wenn die Regierung das Leid sieht und humanitäre Hilfe dorthin bringt. Das ist gut, aber es beendet das Leid nicht.

Wagner (AA)

Es gibt einen qualitativen Unterschied zwischen dem, was die Hamas tut, und dem, was Israel tut. Die Hamas hat die Verantwortung, das Leid der Bevölkerung in Gaza zu beenden, indem sie ihre Waffen niederlegt und den Terror einstellt.

Mögliches Migrations­abkommen mit Irak

Frage

Meine Frage geht zunächst an das BMI, dann vielleicht auch an das Auswärtige Amt. Was können Sie uns über den offenbar wenig bekannten Stand der Verhandlungen mit der irakischen Regierung über einen Rückführungs- bzw. Migrationsdeal sagen?

Beylage-Haarmann (BMI)

Diese Frage hat mein Kollege Herr Ata am Freitag schon beantwortet. Sie wissen, dass wir mit vielen Ländern über die Verbesserung der Rückkehr in all ihren Facetten und insgesamt über das Thema der Migration sprechen. Über einzelne Verhandlungsstände sprechen wir hier nicht.

Ganz konkret zum Irak hat Herr Ata am Freitag auch schon ausgeführt, dass die Zusammenarbeit mit dem Irak derzeit auf Grundlage der völkerrechtlichen Verpflichtung zur Rückübernahme eigener Staatsangehöriger im sogenannten vertragslosen Verfahren läuft.

Zusatzfrage

Können Sie bestätigen, dass insofern ein Durchbruch erzielt wurde, als der Irak selbst jetzt die Identität von Menschen, die in Deutschland kein Aufenthaltsrecht haben, nachweisen will?

Beylage-Haarmann (BMI)

Wie gesagt, berichten wir hier nicht über einzelne Verhandlungsstände oder Gesprächsstände oder überhaupt aus den Gesprächen mit den Ländern.

Vorsitzender Feldhoff

Haben Sie Ergänzungen, Herr Wagner?

Wagner (AA)

Nein.

Frage

Wollen Sie dementieren, dass es einen Deal zwischen der Bundesregierung und der irakischen Regierung gibt, der bisher nur noch nicht öffentlich ist?

Beylage-Haarmann (BMI)

Ich bleibe bei dem, was ich bisher gesagt habe.

Schlagworte

nach oben