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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­­­­­pressekonferenz vom 27.11.2023

27.11.2023 - Artikel

Teilnahme der Bundesaußenministerin am Regionalforum der Union für den Mittelmeerraum

Frage

An das Auswärtige Amt. Ihr Haus hat am Freitag mit Blick auf die Termine der Frau Bundesaußenministerin gesagt, dass sie am Sonntag und Montag, also heute, nach Barcelona fliege und am Regionalforum der Union für den Mittelmeerraum teilnehme. Trifft es zu, dass die Ministerin erst heute Früh geflogen ist und um 13 Uhr schon wieder der Flug zurück von Barcelona geht? Falls das zutrifft: Was sind die Gründe für diese verspätete Teilnahme?

Deschauer (AA)

Die Ministerin befindet sich gerade in Barcelona und nimmt an dem genannten Forum teil. Es ist ein Austausch im Kreise der Anrainerstaaten des Mittelmeerraumes, worüber wir am Freitag informiert hatten. Im Zentrum der dortigen Diskussionen stehen Fragen rund um den Themenkomplex der unglaublichen komplexen Lage in Nahost. Ich habe jetzt hier nicht die ganz exakten Reiseuhrzeiten der Ministerin da. Es ist korrekt, dass sie heute früh angereist ist ‑ pünktlich zu den entsprechenden Gesprächen ‑ und sich dort vor Ort bereits öffentlich geäußert hat. Das haben wir Ihnen bereits zukommen lassen.

Zusatzfrage

Aber warum ist sie denn erst heute geflogen? Das war ja meine Frage. Im Zuge der aktuellen Klimaschutzdebatte in Dubai geht es ja auch um die Frage, wie die Länder im Einzelnen fortgeschritten sind. Insofern sich durchaus die Frage, ob es dann sinnvoll ist, für drei Stunden mit einer Global nach Barcelona zu fliehen.

Deschauer (AA)

Dazu kann ich Ihnen sagen: Seit dem 7. Oktober ringen wir mit einer wirklich außergewöhnlich dramatischen Lage in Nahost, wo ein Angriff einer Terrororganisation gegen Israel besteht. Dazu gibt es Gespräche insbesondere auch mit Mittelmeeranrainerstaaten, die regional involviert sind und die insbesondere dort vor Ort vertreten sind, und da lohnt sich wirklich jegliche Anstrengung, um im Gespräch mit den verschiedenen Stakeholdern um die großen und komplexen Fragen zu ringen. Insofern ist diese Anreise sicherlich ‑ egal in welchem Zeitraum, aber sie ist heute früh erfolgt ‑ alle Mühe wert, weil wir hier um den Frieden in Nahost ringen, und das tut die Außenministerin mit aller Kraft vor Ort.

Zusatzfrage

Den Grund für die spätere Anreise können Sie nicht nennen?

Deschauer (AA)

Das Programm ist entsprechend gestaltet, und die Flugzeiten werden dann je nach Verfügbarkeit und je nach Möglichkeit festgelegt.

Ihre Frage spielte aber, glaube ich, auch darauf an, dass wir immer auch schauen, wie wir möglichst emissionsarm anreisen können. Insofern wurde die Teilnahme und wurden auch die An- und Abreise entsprechend terminiert, damit die Außenministerin diese wichtige politische Teilnahme ermöglichen kann und zu den Gesprächen vor Ort ist.

Nahostkonflikt

Frage

Eine Frage zu Gaza: Frau Deschauer, Frankreich, die USA und sogar Israel haben sich für eine Verlängerung der Feuerpause in Gaza ausgesprochen. Unterstützt die Bundesregierung diese Forderung?

Eine zweite Frage indirekt zu Gaza: In den Vereinigten Staaten wurden drei Muslime auf offener Straße erschossen, weil sie einen Palästinenserschal trugen. Ich hätte bitte gerne eine Stellungnahme dazu.

Deschauer (AA)

Ich fange mit der zweiten Frage an: Dieser konkrete Fall ist mir jetzt leider nicht kenntlich, insofern kann ich mich dazu jetzt nicht anlassbezogen äußern. Wir verurteilen natürlich im Grundsatz jegliche Form entsprechender Gewalt. Aber wie gesagt, ich kann mich zu diesem konkreten Fall nicht äußern, weil er mir nicht kenntlich vorliegt.

Zu Ihrer ersten Frage: Ja, die Außenministerin hat sich geäußert; wir hatten die Äußerung auch entsprechend ‑ vermutlich kurz vor dieser Sitzung ‑ verteilt. Sie hat sich zu den Gesprächen, die in Barcelona stattfinden, geäußert, und ich möchte das etwas einordnen und herleiten, weil vielleicht noch nicht alle die Gelegenheit hatten, sich das anzuschauen.

Seit dem 7. Oktober sehen wir als Bundesregierung, sieht die Außenministerin, wie der Hamas-Terror sowohl Israelis als auch Palästinensern sehr viel Schmerz zufügt und diese Menschen sehr viel Schmerz erleiden müssen. Die Gespräche, die dort heute stattfinden, fokussieren insbesondere auch darauf, wie wir Perspektiven auf eine Zukunft mit weniger Leid für die Menschen in der Region gestalten können. Dafür sind drei Fragestellungen und drei Aspekte ganz entscheidend.

Erstens: Wie erreichen wir die Freilassung aller Geiseln? Sie haben sicherlich mitbekommen, dass die Bundesaußenministerin sich bereits sehr erleichtert darüber äußern konnte, dass erste Geiseln freigelassen wurden, darunter auch deutsch-israelische Doppelstaater, und dass sie auch den Dank ausgesprochen hat an die Partner, die dort insbesondere unterstützend gewirkt haben, nämlich Katar und Ägypten. Wir müssen alles dafür tun ‑ das hat die Außenministerin in Barcelona betont ‑, dass alle Geiseln freikommen.

Zweitens geht es um die große Fragestellung, wie das Leid der Menschen gelindert werden kann, insbesondere das Leid der Menschen in Gaza, die sich in einer unvorstellbaren Situation befinden. Entsprechend hat die Außenministerin es begrüßt, dass die Feuerpause, die derzeit trägt, anhält. Diese Feuerpause muss so lange wie möglich andauern ‑ das beantwortet Ihre Frage ‑, damit Geiseln freikommen und humanitäre Hilfe, die wir in den letzten Wochen und Monaten auch noch einmal massiv verstärkt haben, endlich zu den Menschen überall kommt. Es sind immer noch zu wenige LKWs; es werden mehr, die einreisen können. Aber diese humanitäre Feuerpause zu nutzen, ist das Gebot der Stunde.

Drittens steht bei den Gesprächen in Barcelona natürlich auch die Frage im Raum: Wie kann aus der Freilassung der Geiseln und der Feuerpause eine Brücke hin zu einem politischen Prozess werden?

Darum geht es in den Gesprächen der Außenministerin, und entsprechend hat sie sich auch zur Thematik der Feuerpause geäußert.

Frage

Auch dazu: Wenn ich mich nicht irre, ist Barcelona in Spanien. Frau Deschauer, der spanische Regierungschef, der ja gerade nicht nur spanischer Regierungschef, sondern auch der Vertreter des Landes ist, das die EU-Ratspräsidentschaft innehat, hat Ende letzter Woche in Bezug auf Israels Vorgehen in Gaza gesagt, dass Israel das Recht habe, sich selbst zu verteidigen, aber ‑ Zitat ‑ innerhalb der Grenzen, die das humanitäre Völkerrecht vorgebe. Das sei nicht der Fall, hat Herr Sánchez gesagt. Herr de Croo, der belgische Premierminister, hat in Bezug auf Gaza gesagt, man könne nicht hinnehmen, dass eine Gesellschaft auf diese Weise zerstört wird. Kritisiert die Bundesregierung die Äußerungen dieser EU-Vertreter?

Deschauer (AA)

Sie kennen das hier und ich werde Sie da jetzt leider enttäuschen müssen: Die Äußerungen von Regierungsvertretern, Staats- und Regierungschefs nehmen wir zur Kenntnis, aber kommentieren sie hier nicht weiter.

Was ich sagen kann, ist, dass die Position der Bundesregierung sehr klar ist: Israel hat das Recht, sich im Rahmen des Völkerrechts gegen den schrecklichen Hamas-Terror zu verteidigen. Das betonen wir hier, das betonen wir gegenüber Israel, das betonen wir in Barcelona und an jeder Stelle.

Zusatzfrage

Wenn Herr Sánchez Spanien als Vorsitzland der EU-Ratspräsidentschaft vertritt, dann spricht er ja auch als EU-Vertreter ‑ Herr Hebestreit wird uns das bestätigen können ‑, und er sagt, Israel verteidige sich nicht innerhalb der Grenzen des humanitären Völkerrechts. Das ist eine andere Position ‑ die gegenteilige Position ‑ als die Position, die Herr Scholz als deutscher Regierungschef einnimmt und auch geäußert hat. Dazu wollen Sie nichts sagen? Herr Hebestreit vielleicht?

Hebestreit (BReg)

Was heißt „nichts sagen“? Die Kollegin hat sich eindeutig geäußert und gesagt, dass wir das nicht kommentieren ‑ Sie kennen unsere Position. Insofern können wir sagen: Diese Einschätzung teilen wir ausdrücklich nicht. Die Europäische Union ist aber sehr pluralistisch, und da kann man auch unterschiedliche Auffassungen haben.

Frage

Wird die Außenministerin sich dafür einsetzen, dass aus den humanitären Feuerpausen, die jetzt in der Region gelten, eine langanhaltende Waffenruhe wird?

Deschauer (AA)

Ich glaube, diese Frage war hier bereits mehrfach Thema; ich erläutere aber gerne noch einmal die auch heute in Barcelona dargelegte Position der Außenministerin. Von Beginn an setzen wir uns für humanitäre Feuerpausen ein, und zwar aus dem Grund, dass diese den Raum dafür geben ‑ das zeigt sich jetzt ja auch in der konkreten Umsetzung ‑, dass Geiseln freikommen können und dringend benötigte humanitäre Hilfe nach Gaza kommt, um das Leid der Menschen zu lindern.

Die Frage nach einer Waffenruhe, die Sie stellen, möchte ich gerne mit einer Gegenfrage beantworten, die hier, glaube ich, bereits auch mehrfach diskutiert wurde: Was würde es bedeuten, wenn Israel, das seit dem 7. Oktober von Hamas-Terroristen attackiert wurde, sich dann nicht mehr im Rahmen des Völkerrechts selbst verteidigen könnte?

Insofern ist die Position sehr klar: Israel hat das Recht, sich im Rahmen des humanitären Völkerrechts gegen den Hamas-Terrorismus einzusetzen. Dass die Feuerpause, die derzeit trägt, ein Hoffnungsschimmer ist, haben wir, hat die Außenministerin mehrfach betont, und das hat sie auch gerade in Barcelona betont. Diese Feuerpause muss dringend genutzt werden, um die humanitäre Hilfe weiter zu verstärken und gleichzeitig möglichst alle Geiseln zu befreien.

Frage

Jetzt hätte ich doch noch eine Verständnisfrage. Sie haben gerade wiederholt erklärt, Israel habe das völkerrechtlich verbriefte Recht auf Selbstverteidigung. Gleichzeitig haben Sie hier ebenfalls schon öfter betont, dass Sie sowohl den Gazastreifen wie auch Ost-Jerusalem und die Westbank als besetztes Gebiet betrachten. Es gibt eine Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag von 2004, in der er sehr klar gesagt hat, dass eine Besatzungsmacht sich auf dem von ihr de facto oder real besetzten Territorium nicht selbst verteidigen dürfe. Deswegen würde ich Sie noch einmal bitten, darzulegen, auf welcher Grundlage Sie dieses Selbstverteidigungsrecht Israels im Völkerrecht sehen und wie Sie mit dieser Entscheidung oder dieser Einschätzung des Internationalen Gerichtshofs von 2004 umgehen.

Deschauer (AA)

Auch das ist hier bereits vor einigen Tagen, vielleicht sogar vor ein bis zwei Wochen ‑ ich lasse mir vielleicht noch einmal das Datum von den Kollegen zukommen ‑ thematisiert worden. Da hat mein Kollege Fischer sich geäußert und hat erläutert, dass wir uns in einem bewaffneten Angriff der Hamas auf Israel befinden und entsprechend andere auch rechtliche Regularien gelten. Ich kann gleich vielleicht noch als Service nachliefern, an welchem Datum hier in der Regierungspressekonferenz entsprechend geantwortet wurde und eine völkerrechtliche Einordnung vorgenommen wurde. Das liefere ich dann gerne im Laufe der Sitzung noch nach.

Zusatzfrage

Ich hätte eine zweite Verständnisfrage bezüglich Ihrer Aussage, ein Waffenstillstand würde verhindern, dass Israel sich verteidigen kann. Nun ist die Idee „justement“ von einem Waffenstillstand, dass beide Seiten sich nicht mehr gegenseitig beschießen. Können Sie darlegen, wieso Israel sich bei einem eingehaltenen Waffenstillstand nicht mehr verteidigen könnte?

Deschauer (AA)

Ich glaube, das wurde hier auch schon mehrfach dargelegt: Wir befinden uns in der Situation, dass wir es mit einer Terrororganisation zu tun haben, die weiterhin vom Gazastreifen aus mit Raketen Israel bedroht. Dort sind weiterhin Parolen in der Welt, dass Israel ausgelöscht werden solle, und das Existenzrecht Israels wird dort negiert. Ich glaube, wir alle haben entsprechende Bildszenen vor Augen, wie bei der Freilassung von Menschen aus israelischen Gefängnissen auch Fahnen der Hamas geschwenkt werden. Ich kann jetzt nicht erkennen, dass die Hamas in der jetzigen Situation bereit wäre, ihre proklamierte Vernichtungserklärung gegenüber Israel aufzugeben.

Insofern sage ich noch einmal: Israel hat das verbriefte Recht, sich im Rahmen des Völkerrechts gegen den fortbestehenden, seit dem 7. Oktober bestehenden Angriffskrieg zu wehren und seine Bürger zu verteidigen. Das ist die Position der Bundesregierung. Davon unbenommen setzen wir uns sehr stark dafür ein, dass humanitäre Feuerpausen es ermöglichen, dass Geiseln endlich wieder in die Arme ihrer Angehörigen genommen werden können, aber auch, dass das Leid der Menschen in Gaza dramatisch verringert wird.

Frage

Frau Deschauer, können Sie uns ein Update geben, wie viele deutsche Staatsangehörige sich derzeit noch in Gaza befinden und wie deren Ausreiseperspektive ist?

Deschauer (AA)

Das mache ich gerne. Geben Sie mir eine Sekunde. ‑ Ich glaube, wir sind bei einem ähnlichen Stand wie am Freitag: Ungefähr über 400 Deutsche einschließlich ihrer Familienangehörigen konnten inzwischen über Rafah ‑ das ist ja der Grenzübergang ‑ aus Gaza ausreisen.

Zusatzfrage

Die Frage war, wie viele noch dort sind.

Deschauer (AA)

Eine niedrige dreistellige Zahl. Auch das ist unverändert.

Zusatzfrage

Das Ausfliegen deutscher Staatsbürger aus Israel nach den Hamas-Attacken wurde unter anderem mit Bundeswehrmaschinen durch die Luftwaffe vollzogen. Warum waren ähnliche Schritte für die in Gaza eingeschlossenen Deutschen nicht möglich?

Deschauer (AA)

Ich glaube, zur Einordnung ist es hilfreich, sich noch einmal zu vergegenwärtigen, in was für einer Situation wir uns befanden. Kurz nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel befanden sich sehr viele deutsche Staatsangehörige ‑ ‑ ‑ Ich müsste nochmal in meinen Unterlagen schauen, um welche Größenordnung es dabei ging. Es war auf jeden Fall eindeutig eine Größenordnung, bei der eine organisierte Flugheimkehr logistisch vorteilhaft und angezeigt war. Vielleicht kann der Kollege des BMVg dazu noch etwas ergänzen.

Sie haben ja mitbekommen, dass die Ausreisen aus Gaza ganz anderen, sehr viel schwierigeren Gegebenheiten und Umständen vor Ort folgen, dass die örtlichen Behörden darüber entscheiden, wann Ausreisemöglichkeiten über den Grenzübergang Rafah bestehen und dass dies sehr sukzessive in Schritten erfolgt. Insofern stehen unsere Kolleginnen und Kollegen in der Botschaft Kairo zur Verfügung, um nach der Ausreise aus Rafah konsularisch wie psychologisch die Ausreisenden zu unterstützen. Aufgrund der Sukzessivität der Ausreisen besteht aber ein anderer logistischer Rahmen, der auch diesen Unterschied erklärt.

Zusatzfrage

Es gibt aus Gaza Berichte von Deutschen, die sich nach wie vor dort aufhalten. Sie haben den Eindruck ‑ wir können das nicht verifizieren, aber so wird es gemeldet ‑, dass andere EU-Staaten wie Frankreich oder Spanien ihren dort festsitzenden Staatsangehörigen mehr und intensivere Hilfe zukommen lassen als Deutschland dies tue. Können Sie schildern, in welcher Weise Deutschland den in Gaza immer noch festsitzenden Deutschen Unterstützung zukommen lässt?

Deschauer (AA)

Ich kann nicht für andere Staaten sprechen. Ich kann für Deutschland sprechen und sagen, dass wir alles dafür tun, in unseren Krisenvorsorgelisten eingetragenen deutschen Staatsangehörigen alle Informationen zur Verfügung zu stellen, sie auf dem Laufenden zu halten, informiert zu halten, und ihnen über Telefonate, SMS, Anrufe und E-Mails die Möglichkeiten aufzuzeigen und alle Wege zu erläutern. Das ist das übliche Verfahren, und daran arbeiten wir mit Hochdruck. Wie Sie wissen, haben wir einen Krisenstab im Auswärtigen Amt, der mit Hochdruck daran arbeitet, bzw. inzwischen mehrere Krisenstäbe: einen Krisenstab, der sich separat nur mit der Thematik der Geiseln beschäftigt, aber auch einen Krisenstab, der insgesamt die Lage der Menschen, insbesondere auch in Gaza, im Blick hat und der deutschen Staatsangehörigen ‑ ‑ ‑

Ich muss den Eindruck zurückweisen, dass das Auswärtige Amt bzw. die Bundesregierung sich nicht mit aller Kraft für die entsprechenden Menschen einsetzt. Die Lage ist aber hochkomplex und nichts ist dort einfach. Das ist dann vielleicht auch gelegentlich der Ausgangspunkt für Einschätzungen wie die von Ihnen zitierten.

Frage

Im Fall der deutschen Staatsangehörigen, die aus Israel ausgeflogen sind, gab es ja Personen, die als Schulklassen, als Touristen, als Mitarbeiter deutscher Firmen oder aber als Doppelstaatler dort waren und dann ausgeflogen wurden. Wird auch im Fall von Gaza registriert, aus welchen Gründen und über welchen Zeitraum sich die Personen in Gaza aufgehalten haben und ob da doppelte oder auch andere Staatsangehörigkeiten vorliegen?

Deschauer (AA)

Ich glaube, ich muss noch einmal zu der Ausgangsantwort zurückkommen, dass wir hier mit zwei sehr verschiedenen Situationen umgehen müssen. Wir haben es hier mit einer sehr großen Anzahl von Touristen zu tun, und das auch in unterschiedlicher Vulnerabilität, will ich es einmal nennen. Eine Schulklasse mit minderjährigen Kindern hat vielleicht, weil die Kinder sofort wieder zu ihren Eltern zurückzukehren wollen, einen dringlicheren Wunsch als andere Personenkreise. Dementsprechend waren wir da, glaube ich, sehr gut beraten, Priorisierungen nach Sensitivität und Vulnerabilität vorzunehmen. Grundsätzlich sind wir natürlich darüber informiert, um welche Personenkreise es sich handelt. Ich werde Ihnen das hier an dieser Stelle aber nicht einzeln auffächern. Darüber hinaus ist es so, dass wir uns mit aller Kraft dafür einsetzen, unseren deutschen Staatsangehörigen ‑ so wir denn wissen, dass sie vor Ort sind, und Zugang haben ‑ eine Ausreise zu ermöglichen, wenn sie das möchten.

Zum Thema der völkerrechtlichen Auslegung kann ich ergänzend zu meinen Ausführungen von eben vielleicht noch als Lesetipp nachreichen: Ich glaube, das war am 1. November.

Zuruf

Im Protokoll?

Deschauer (AA)

Im Protokoll.

Frage

Weil Sie meinten, Sie würden sich mit aller Kraft für die Deutschen auch in Gaza einsetzen: Wenn Deutsche es jetzt herausgeschafft haben und geflohen sind vor Bombenangriffen in Gaza, dann müssen diese Deutschen aber selbst zurück nach Deutschland kommen und auch den Flug selber bezahlen und das alles selbst organisieren, korrekt?

Deschauer (AA)

Sie werden von den von den Kolleginnen und Kollegen der deutschen Botschaft konsularisch, psychologisch, logistisch und organisatorisch unterstützt.

Zusatzfrage

Aber anders als Deutsche in Israel, die auch von der Bundeswehr ausgeflogen werden, ist das eine andere Art von Unterstützung, das würden Sie schon sagen?

Hebestreit (BReg)

Vielleicht kann ich dazu noch etwas sagen. Weil das alles ja schon so lange her zu sein scheint, vergisst man so ein bisschen die Logik.

Lange Zeit war es so, dass es kommerzielle Flüge aus Israel nach Europa, nach Westeuropa gegeben hat und dass ‑ unter anderem nach Irland, aber auch anderswohin ‑ selbst organisiert ausgeflogen worden ist. Erst als diese Flüge mehr und mehr nicht mehr möglich waren, ist dann die Bundeswehr mit ihren Flügen eingesprungen und hat dann in mehreren Flügen Deutsche aus Israel zurückgeflogen.

Jetzt geht es um Deutsche oder um Doppelstaatler, die über Rafah erst einmal nach Ägypten ausreisen und die dann von Ägypten aus mit Hilfe der deutschen Botschaft in Kairo mit kommerziellen Flügen nach Deutschland beziehungsweise nach Westeuropa fliegen können.

Insofern ist der Unterschied, den Sie so ein bisschen auszumachen versuchen, hier gar nicht so einschlägig. Wenn es keine Flüge aus Kairo, aus Ägypten zurück nach Deutschland gäbe, dann müsste man sich die Frage stellen, ob man Bundeswehrflüge anbieten müsste. Da das aber weiterhin der Fall ist, brauchen wir das nicht. Insofern ist das eine sehr ähnliche Art und Weise, wie man damit umgeht, solange auch noch kommerzielle Flüge Tel Aviv angeflogen haben. Diejenigen, die da unterwegs sind, wissen, dass es im Augenblick eigentlich nur noch eine Fluggesellschaft gibt, die regelmäßig Tel Aviv anfliegt.

Zusatzfrage

Danke. Das hat ja manchmal auch einen finanziellen Hintergrund.

Frau Deschauer, habe ich das richtig verstanden: Sie sind nicht für einen Waffenstillstand, weil die Hamas als Terrororganisation dann immer noch Israel mit Raketen bedroht. Sie wollen also, dass Hamas total entwaffnet wird, und dann sind Sie bei einem Waffenstillstand?

Deschauer (AA)

Ich schließe mich Ihrer Kausalkette jetzt nicht an.

Zusatzfrage

Ich frage Sie ja.

Deschauer (AA)

Genau, und ich antworte Ihnen ‑ und zwar noch einmal mit der bereits dargelegten und bekannten Position: Die humanitären Feuerpausen, die gerade bestehen und die die Freilassung von Geiseln sowie die vermehrte Unterstützung mit humanitärer Hilfe ermöglichen, begrüßen wir ausdrücklich, und die haben wir von Beginn an gefordert. Die Außenministerin hat vor wenigen Stunden in Barcelona gesagt, dass diese Feuerpausen so lange wie möglich andauern müssten.

Die Frage eines Waffenstillstands, den auch Ihr Kollege in den Raum gestellt hat, nach dem Sie jetzt noch einmal fragen und der hier, glaube ich, bereits sehr oft diskutiert wurde, schließt die Anschlussfrage an, was das für das Selbstverteidigungsrecht Israels bedeuten würde, und ich glaube, ich hatte mich hier sehr eindeutig dazu geäußert. Ich würde es dann gerne dabei belassen.

Frage

Frau Deschauer, es geht um die Anerkennung Palästinas oder eines palästinensischen Staates. Auch darüber gibt es ja mittlerweile in der EU eine Debatte. Ist die Bundesregierung wegen des Pochens auf eine Zweistaatenlösung mittlerweile bereit, die palästinensischen Gebiete als eigenen Staat anzuerkennen, wie die meisten Staaten der UN es ja auch tun?

Deschauer (AA)

Ich glaube, wir müssen da auch noch einmal einen Schritt zurücktreten und noch einmal die Lage, in der wir uns da gerade befinden, anschauen. Dann kann ich noch einmal darauf verweisen, dass die Außenministerin an verschiedenen Stellen im Namen der Bundesregierung gesagt hat, dass wir, die Bundesregierung, uns für eine verhandelte Zweistaatenlösung, so fern sie auch im Moment aufgrund dieser furchtbaren Lage sein mag, einsetzen. Daraus leiten sich dann entsprechend auch Perspektiven für ein friedliches Zusammenleben als einzige Möglichkeit für ein friedliches Zusammenleben der Palästinenserinnen und Palästinenser und Israelis ab.

Über weitere EU-Debatten kann ich Ihnen jetzt in dieser Form nichts berichten, sondern ich glaube, zunächst einmal steht die Bewältigung der unglaublich schwierigen Lage im Zentrum auch der Gespräche in Barcelona.

Zusatz

Das heißt aber, um ganz sicher zu gehen, jetzt gibt es keine Anerkennung.

Deschauer (AA)

Ich wüsste nicht ‑ Sie erwähnten ja EU-Debatten ‑, dass das gerade die Debatte der Stunde ist. Es ist im Moment so, dass sich alle mit aller Kraft bemühen, dass diese schreckliche Situation ‑ der Angriff der Hamas auf Israel ‑ ein Ende nimmt, dass die Menschen in Gaza weniger leiden, dass die Geiseln nach Hause kommen. Das sind die aktuellsten Themen der Stunde. Eine Perspektive einer verhandelten Zweistaatenlösung ist die einzige Möglichkeit, Frieden für alle Menschen in der Region aufzuzeigen.

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