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Interview: Der Menschenrechtsbeauftragte Markus Löning zur Verurteilung von Michail Chodorowskij (ARD, Tagesthemen)

27.12.2010 - Interview

Wie bewerten Sie den Schuldspruch?

Der Schuldspruch steht im klaren Widerspruch zu dem, was im ersten Prozess gesagt worden ist. Es kann nur eines wahr sein; wahrscheinlich ist beides nicht wahr.

Ich halte das für kein faires Verfahren.Das war eine Farce, die dort stattgefunden hat. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier ein Exempel statuiert werden soll an jemandem, der unbequem ist.

Ist Russland ein Rechtsstaat?

Ich habe schon erhebliche Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit. Das macht mir große Sorgen.

Wie sollte denn die Bundesregierung auf das Urteil reagieren?

Ich glaube, es ist zunächst mal wichtig, dass wir das komplette Urteil abwarten ... und dass wir dann eine abschließende Beurteilung machen... Es wird darauf ankommen, die Leute, die für ihre Rechte kämpfen, von denen es viele gibt ..., dass wir diesen Leuten in Zukunft den Rücken stärken.

Das klingt ein kleines bisschen abgewogen. Auch die Kanzlerin ist auffallend zurückhaltend. Glauben Sie nicht, dass am Ende wieder die große Rücksicht gegenüber unserem Hauptgaslieferanten Russland überwiegen wird?

Nein, ich glaube, dass hier eine sehr große Enttäuschung da ist... Ich halte das für ein Willkür-Urteil... Ich glaube, dass es ein Stück weit Vertrauen kostet. Ich hoffe sehr, dass es die Beziehungen, die wir haben, nicht beschädigt.

Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir uns in Russland engagieren und bei unserem Engagement - so wie das die Kanzlerin immer sehr klarmacht, so wie das der Außenminister immer sehr klarmacht - weiter darauf drängen, dass Rechtsstaatlichkeit in Russland sich durchsetzt. Wir brauchen verlässliche Partner...

Gibt es in Wirklichkeit gar keinen Unterschied zwischen Putin und Medwedew - und diese ganzen Gegensätze, die die beiden zur Schau stellen, sind nur Show?

Dieser Eindruck drängt sich auf, dass hier ein Spiel zwischen den beiden stattfindet... Wenn man sich die Rhetorik anschaut und wenn man sich das anschaut, was tatsächlich passiert - wie heute -, dann muss man sagen, das schein abgekartet zu sein...

Man sieht, welches Gewicht Herr Medwedew offensichtlich in diesem Gespann hat und wie wenig wichtig das ist, was er dort sagt. Das macht mir sehr viele Sorgen.

Fragen: Tom Buhrow, Tagesthemen vom 27.12.2010

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