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Wahlkampf in den USA: Wie Iowa den Startschuss gibt

Logo des Caucus in Iowa

An einem kalten Winterabend zu Beginn des Wahljahres stimmen die Menschen in Iowa im Vorwahlkampf für die US-Präsidentschaftswahl ab, © dpa

05.02.2020 - Artikel

An einem kalten Winterabend zu Beginn des Wahljahres stimmen die Menschen in Iowa im Vorwahlkampf für die US-Präsidentschaftswahl ab, und zwar mit den Füßen. Wie das funktioniert und warum der amerikanische Wahlkampf dort besonders anschaulich ist, erklärt unsere Botschaft aus Washington.

Warum Iowa? Und warum so früh?

Wartende Bürgerinnen und Bürger bei der Vorwahl in Iowa
Wartende Bürgerinnen und Bürger bei der Vorwahl in Iowa© Deutsche Botschaft Washington

Die Antwort liegt in der Person Jimmy Carters. Aber der Reihe nach: Noch bevor Iowa 1846 ein Staat der Vereinigten Staaten wurde, organisierten die Bürger Iowas ihre Einflussnahme auf die Kandidatenfindung per Caucus, also in Form einer Versammlung der Mitglieder und Anhänger einer Partei zur Vorwahl eines Kandidaten. Genauer wurde das Prozedere aber erst in den 1960er Jahren geregelt. So wurden Fristen festgelegt, denen zufolge vor der landesweiten Kandidatenkür im Sommer eines Wahljahres ausreichend Zeit für die Vorauswahl in den Staaten zur Verfügung stehen soll. Um diese Fristen einzuhalten, terminiert Iowa seither seinen Caucus frühzeitig im Januar oder Februar eines jeden Präsidentschaftswahljahres. Bei der Wahl 1972 zeitigte diese Änderung noch keine Konsequenzen, konnten sich doch die Favoriten Iowas bei der landesweiten Auswahl nicht durchsetzen. Anders aber 1976: Jimmy Carters Sieg in der Präsidentschaftswahl war ein spektakulärer zweiter Platz in Iowa vorausgegangen – spektakulär, weil er als Gouverneur Georgias zuvor wenig bekannt gewesen war. Seither schauen alle politischen Beobachter in den USA auf Iowa . Ein Platz unter den ersten Drei in Iowa gilt seither vielen als Voraussetzung für landesweiten Erfolg.

Was bedeutet Caucus eigentlich genau?

Der Ablauf des Caucus macht ihn – im Vergleich zu den Vorwahlen in anderen Staaten – besonders interessant, wird doch noch am Abend der Entscheidung selbst über die Favoritenrolle gerungen, und zwar durch Repräsentanten der Kandidatinnen und Kandidaten an 1.777 Versammlungsorten im ganzen Bundesstaat. Sie versuchen, Unterstützerinnen und Unterstützer buchstäblich auf ihre Seite zu bringen. Dazu verteilen sich die Anwesenden im Raum auf vorher für die einzelnen Kandidatinnen und Kandidaten festgelegte Orte. Unser Team vor Ort hat dies exemplarisch in Johnston, Iowa, verfolgt. Wer in einer ersten Runde weniger als 15% der caucusgoers auf sich vereinigen kann, scheidet aus; jene Anhänger müssen sich in einer zweiten Runde für einen anderen Bewerber entscheiden. In Johnston beispielsweise schieden die Kandidaten Steyer, Bennett, Gabbard, Yang und Biden aus. Von deren Unterstützern gewann Amy Klobuchar am meisten hinzu, so dass sie, nachdem sie in der ersten Runde noch auf Platz 2 gelegen hatte, dort am Ende vorne lag – vor Sanders, Buttigieg und Warren. Auf diese Weise entwickelt sich in ganz Iowa ein lebendiger Diskurs und letztlich eine Abstimmung „mit den Füßen“.

Wie gestaltet sich der Wahlkampf?

Botschafterin Haber besuchte den Vorwahlkampf in Iowa.
Botschafterin Haber besuchte den Vorwahlkampf in Iowa.© Deutsche Botschaft Washington

Das Wahlsystem zwingt die Kandidatinnen und Kandidaten im Vorfeld zu einem echten grassroots-Wahlkampf. Das erfordert eine bis auf die unterste Ebene gut strukturierte Wahlkampforganisation – und den Einsatz unzähliger Freiwilliger, die im oft bitterkalten Winter des Mittleren Westens über weite Distanzen von Tür zu Tür ziehen, um die Wählerinnen und Wähler zu motivieren. Aber auch schon im Herbst tobt in Iowa der Wahlkampf. Beim traditionell-zünftigen Polk County Steak Fry beispielsweise präsentieren sich die Kandidatinnen und Kandidaten bereits im September interessierten Bürgern. Mehr als 10.000 Steaks werden auf einer Wiese vor den Toren von Des Moines, der Hauptstadt Iowas, gebraten – vegetarische und vegane Alternativen gibt es natürlich auch. Im vergangenen Jahr lockte dies etwa 12.000 Besucher an. So kommen die Iowaner in besonders engen Kontakt mit den Kandidatinnen und Kandidaten. In unzähligen Veranstaltungen, town hall meetings und im Wahlkampf von Tür zu Tür werben diese um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger und hören ihre Sorgen und Anliegen. Hier hat man die realistische Chance, mit einem künftigen US-Präsidenten ein paar Worte wechseln zu können.

Was folgt auf Iowa?

Die Ergebnisse der einzelnen Versammlungsorte fließen nach einem genau festgelegten Schlüssel in das Gesamtergebnis ein. Das komplexe Verfahren ist aber auch fehleranfällig, wie sich in diesem Jahr zeigte: Die Demokratische Partei in Iowa konnte keine Ergebnisse veröffentlichen, bevor der Wahlkampftross nach New Hampshire weiterzog. So bleibt es unklar, ob der Sieger der Caucuses, Pete Buttigieg, den traditionellen Rückenwind aus Iowa mitnehmen kann. Die Panne verstärkte auch die Kritik am Verfahren – und an der Sonderstellung Iowas als “first in the nation”: Iowa sei zu wenig divers, zu weiß und auch zu klein, um als repräsentativer Testfall am Beginn des Vorwahlkampfs zu taugen.

Nach den Caucuses in Iowa geht es noch im Februar mit Vorwahlen in New Hampshire, Nevada und South Carolina weiter, bevor im März der “Super Tuesday” mit Vorwahlen in 14 Staaten stattfindet. So kristallisiert sich unter den Bewerberinnen und Bewerbern immer weiter der Kandidat oder die Kandidatin heraus, der oder die auf einem Parteikongress im Sommer offiziell nominiert wird.

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