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Grußwort von Außenminister Heiko Maas anlässlich der Eröffnung des Kolleg „Frauen, Frieden und Sicherheit“

10.05.2021 - Rede

Es ist mittlerweile schon zwei Jahre her, liebe Nadia, dass wir gemeinsam am Tisch des Sicherheitsrats in New York beiden Vereinten Nationen saßen, wo Du damals von den barbarischen Verbrechen der IS-Terrormiliz gegen Jesidinnen berichtet hast. Dabei ist mir Dein Satz ganz besonders im Ohr geblieben: „Die Hoffnungen und Erwartungen ganzer Generationen wurden vernichtet“.

Ja, wenn man Frauen ihre Würde nimmt, ist es nicht nur eine Gerechtigkeitsfrage. Wenn man Frauen ihre Würde nimmt, erlöschen Zukunftsperspektiven ganzer Generationen.

Dieser Satz, der gehört auch heute deshalb hierher, weil wir heute vor einer neuen Generation von deutschen Diplomatinnen und Diplomaten stehen. Ich würde Sie lieber hier physisch vor mir sehen, aber ich sehe Sie da hinten irgendwo in der Ecke auf einem Bildschirm. Und wir wollen die Gelegenheit heute hier nutzen, mit dem, was wir hier tun, Ihnen auch drei Botschaften mit auf den Weg zu geben für Ihre zukünftige Arbeit, die eine außerordentlich wichtige sein wird, für Deutschland, und nicht nur für Deutschland als Land, sondern für die Menschen, die in diesem Land leben:

Erstens: Bewahren Sie sich Ihre Mitmenschlichkeit! Schauen Sie nicht weg, wenn Sie Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Menschenrechtsverletzungen wie damals im Irak in Ihrer zukünftigen Arbeit erleben. Sie sind nicht nur die Antennen Deutschlands in der Welt, das sollen Sie auch sein, aber eben nicht nur – Sie sind auch die Alarmglocken. Bleiben Sie sich dieser Funktion bewusst, egal wo auf der Welt Sie in den nächsten Jahren arbeiten werden!

Zweitens: Als deutsche Diplomatinnen und Diplomaten ist Ihr Platz an der Seite derjenigen, deren Rechte bedroht werden. Die Schutz und Unterstützung brauchen.

Dabei geht es nicht um blinden Idealismus. Sondern letztlich um Fragen von Frieden und Sicherheit, denn dort, wo Menschenrechte mit Füßen getreten werden, gibt es auf Dauer auch keine politische Stabilität. Die Achtung der Rechte von Frauen und Mädchen ist dabei ein ganz zentraler Indikator. Auch deshalb ist die Agenda „Frauen, Frieden und Sicherheit“ in den letzten Jahren zu einem Kernbestandteil unserer, der deutschen Außenpolitik geworden.

Am Tag Deiner Rede, liebe Nadia, im Sicherheitsrat, haben wir gemeinsam die Resolution 2467 zum Schutz der Opfer sexualisierter Gewalt durchgesetzt. Die Widerstände waren groß, die es damals gegeben hat, auch von ganz unerwarteter Seite.

Aber Stillstand hätte einen Sieg für diejenigen bedeutet, die Frauen z. B. die Selbstbestimmung über ihren Körper und ihre Gesundheit vorenthalten wollten.

Mit Deinem Appell im Ohr haben wir in den letzten Jahren darüber hinaus viele weitere wichtige Weichen gestellt:

Wir haben Aktivistinnen im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen Gehör verschafft, so häufig wie kein anderes Mitglied das zuvor getan hat.

Wir haben die Rolle von Frauen in vielen Mandaten von Friedensmissionen gestärkt. Wir brauchen auch mehr Peacekeeperinnen.

Und wir haben in den vergangenen vier Jahren rund 700 Maßnahmen zur Unterstützung von Frauen und Mädchen in Krisenkontexten und für mehr Teilhabe an Friedensprozessen auf die Schiene setzen können: Von der Unterstützung Überlebender sexueller Gewalt im Kongo, über Schutzeinrichtungen für Friedensaktivistinnen in Afghanistan bis hin zu Verhandlungstrainings für Frauen in Transitionsländern wie dem Sudan.

Und damit bin ich bei der dritten Botschaft: Egal wo auf der Welt Sie bald im Einsatz sein werden - packen Sie dieses Thema mit an. Sensibilisieren Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen für diese politische Priorität, denn die muss es bleiben. Unterstützen Sie unsere neu geschaffenen Ansprechpersonen für „Frauen, Frieden und Sicherheit“ an den Auslandsvertretungen, natürlich vor allen Dingen in den Krisenländern. Erinnern Sie sich vielleicht einfach an den heutigen Tag und an die Worte, die Nadia Murad zu Ihnen sprechen wird. Es geht um Gerechtigkeit und um die Hoffnungen und Erwartungen ganzer Generationen. Auch Ihrer!

Der neue Name dieses Kollegs „Frauen, Frieden und Sicherheit“ steht für diesen Arbeitsauftrag an Sie und an uns, einer, der uns alle angeht. Und deshalb, liebe Nadia, ist es mir eine ganz besondere Ehre und Freude, dieses Kolleg heute gemeinsam mit Dir und unseren Anwärterinnen und Anwärtern eröffnen zu können.

Vielen Dank!

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